Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 348



125 II 348

33. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 26. März 1999 i.S. Stockwerkeigentümergemeinschaft K. gegen
Eidgenössische Steuerverwaltung und Eidgenössische Steuerrekurs-kommission
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 24 Abs. 5 VStG, Art. 55 VStV; Verrechnungssteuer;
Rückerstattungsanspruch von Personenvereinigungen und Rechtsgemeinschaften
ohne juristische Persönlichkeit.

    Die Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf Erträgen der
Stockwerkeigentümergemeinschaft ist von den einzelnen Stockwerkeigentümern
geltend zu machen.

Sachverhalt

    Mit Entscheid vom 4. Februar 1997 wies die Eidgenössische
Steuerverwaltung den Antrag der Stockwerkeigentümergemeinschaft
K. auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer, fällig geworden auf
den Erträgen des Jahres 1995, ab. Sie begründete ihren Entscheid
damit, dass der Anspruch auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer
nicht der Stockwerkeigentümergemeinschaft, sondern jedem einzelnen
Stockwerkeigentümer entsprechend dem Verhältnis seines Anteils
am Ertrag respektive Vermögen der Stockwerkeigentümergemeinschaft
zustehe. Mit Einspracheentscheid vom 30. April 1998 bestätigte sie ihren
Entscheid. Eine Beschwerde der Stockwerkeigentümergemeinschaft wies die
Eidgenössische Steuerrekurskommission am 4. November 1998 ab.

    Die Stockwerkeigentümergemeinschaft führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde
mit dem Antrag, dem Begehren auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer
an die Stockwerkeigentümergemeinschaft sei stattzugeben.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                   aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine
Stockwerkeigentümergemeinschaft im Sinne der sachenrechtlichen Regelung des
Stockwerkeigentums (Art. 712a ff. ZGB). Einzig streitig und zu entscheiden
ist die Frage, ob die Rückerstattung der auf den Erträgen 1995 erhobenen
Verrechnungssteuer von der Stockwerkeigentümergemeinschaft selbst oder
vom einzelnen Stockwerkeigentümer geltend zu machen ist.

    a) Nach Art. 1 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 13. Oktober 1965 über
die Verrechnungssteuer (VStG; SR 642.21) wird die Verrechnungssteuer
dem Empfänger der um die Steuer gekürzten Leistung nach Massgabe dieses
Gesetzes vom Bund oder vom Kanton zu Lasten des Bundes zurückerstattet.
Art. 21-33 des Gesetzes regeln die Rückerstattung der auf Kapitalerträgen
und Lotteriegewinnen sowie Versicherungsleistungen erhobenen
Verrechnungssteuer. Natürliche Personen haben die Rückerstattung der
Verrechnungssteuer - mit Ausnahme derjenigen auf Versicherungsleistungen
(Art. 33 Abs. 2 VStG) - beim Kanton, in dem sich der Wohnsitz befindet,
zu beantragen (Art. 30 Abs. 1 VStG). Sie haben Anspruch auf Rückerstattung,
wenn sie bei Fälligkeit der steuerbaren Leistung im Inland Wohnsitz hatten
(Art. 22 VStG) und in diesem Zeitpunkt das Recht zur Nutzung des den
steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes besassen (Art. 21 Abs. 1
lit. a VStG). Den Anspruch verwirkt, wer die mit der Verrechnungssteuer
belasteten Einkünfte und entsprechenden Vermögenswerte entgegen den
gesetzlichen Vorschriften den zuständigen Steuerbehörden nicht angibt
(Art. 23 VStG). Juristische Personen sowie Handelsgesellschaften ohne
juristische Persönlichkeit haben die Rückerstattung bei der Eidgenössischen
Steuerverwaltung zu beantragen (Art. 30 Abs. 2 VStG). Auch für sie
besteht ein Rückerstattungsanspruch nur, wenn sie bei Fälligkeit der
steuerbaren Leistung ihren Sitz im Inland hatten (Art. 24 Abs. 2 VStG),
in diesem Zeitpunkt das Recht zur Nutzung des den steuerbaren Ertrag
abwerfenden Vermögenswertes besassen (Art. 21 Abs. 1 lit. a VStG) und die
mit der Verrechnungssteuer erfassten Einkünfte ordnungsgemäss als Ertrag
verbucht haben (Art. 25 Abs. 1 VStG). Im Übrigen regelt die Verordnung den
Rückerstattungsanspruch von Personenvereinigungen oder Vermögensmassen,
die das Recht der Persönlichkeit nicht erlangt haben, aber über eine eigene
Organisation verfügen und im Inland tätig sind oder verwaltet werden (Art.
24 Abs. 5 VStG).

    b) Gestützt auf diese Vorschrift hat der Bundesrat in Art. 55 der
Vollziehungsverordnung vom 19. Dezember 1966 zum Bundesgesetz über die
Verrechnungssteuer (VStV; SR 642.211) Folgendes festgelegt:

    Gleich den juristischen Personen haben Anspruch auf Rückerstattung
der Verrechnungssteuer:
      a. Gemeinschaftsunternehmen (Baukonsortien u. dgl.), wenn die

    Verrechnungssteuer von Zinsen von Guthaben abgezogen wurde, die sie

    ausschliesslich für Zwecke des Gemeinschaftsunternehmens unterhalten,
und

    sofern dem Rückerstattungsantrag ein Verzeichnis aller Teilhaber
beigelegt

    wird;
      b. Personenvereinigungen, die das Recht der Persönlichkeit nicht
      erlangt

    haben, aber über eine eigene Organisation verfügen und ausschliesslich
oder

    vorwiegend im Inland tätig sind, wenn die Mitglieder für ihren
Anteil am

    Einkommen und Vermögen der Vereinigung nicht steuerpflichtig sind
und für

    ihren Anteil an den Einkünften der Vereinigung persönlich keinen

    Rückerstattungsanspruch geltend machen;
      c. Im Inland verwaltete Vermögensmassen, die einem besonderen Zweck

    gewidmet sind, jedoch das Recht der Persönlichkeit nicht erlangt haben,

    wenn die Vermögenswerte und ihr Ertrag steuerlich nicht bestimmten
Personen

    zugerechnet werden können.

Erwägung 2

    2.- Stockwerkeigentum ist besonders ausgestaltetes Miteigentum
an einem Grundstück, das dem Miteigentümer das Sonderrecht gibt,
bestimmte Teile eines Gebäudes ausschliesslich zu benutzen und
innen auszubauen (Art. 712a Abs. 1 ZGB). Die Stockwerkeigentümer
bilden in ihrer Gesamtheit die Stockwerkeigentümergemeinschaft. Diese
Rechtsgemeinschaft des Sachenrechts ist zwar zur Wahrung der Interessen
der Stockwerkeigentümer aufgestellt (s. auch BGE 111 II 330 E. 7 S. 338
f.), sie entsteht aber kraft gesetzlicher Anordnung und ist nicht zur
Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes bestimmt. Darin unterscheidet
sich die Stockwerkeigentümergemeinschaft von den Gesellschaften des
Handelsrechts und namentlich der Kollektivgesellschaft (MEIER-HAYOZ/REY,
Berner Kommentar, Vorbemerkungen zu den Art. 712a-712t, N. 50; WERNER
VON STEIGER, Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII/1, S. 235, 332). Die
Stockwerkeigentümergemeinschaft ist auch keine juristische Person. Sie
weist zwar von Gesetzes wegen gewisse körperschaftliche Züge auf, die
zudem im Bereich der gemeinschaftlichen Verwaltung durch eine beschränkte
Vermögens- und Handlungsfähigkeit mit entsprechender Prozess- und
Betreibungsfähigkeit ergänzt werden (vgl. Art. 712l ZGB; BGE 119 II 404 E.
5 S. 408), sie erlangt deswegen jedoch noch keine Rechtspersönlichkeit. Die
Funktion der Stockwerkeigentümergemeinschaft besteht darin, das gemeinsame
Grundstück zu nutzen und zu verwalten und dessen Wert zu erhalten;
darin erschöpft sie sich auch. Formell ist die Gemeinschaft in gewissen
Bereichen rechtszuständig, die materielle Rechtszuständigkeit verbleibt
indes, bedingt durch die sachenrechtliche Struktur des Stockwerkeigentums,
beim einzelnen Miteigentümer. Diesem steht das ausschliessliche Recht zu,
bestimmte Teile des Gebäudes zu nutzen und über seinen zum Grundstück
ausgestalteten Miteigentumsanteil (Art. 655 Abs. 2 Ziff. 4 ZGB) zu
verfügen (vgl. RENÉ BÖSCH, Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht,
Vorbemerkungen zu Art. 712a-t ZGB, Rz. 7; MEIER-HAYOZ/REY, aaO, N. 49,
51; HEINZ REY, Strukturen des Stockwerkeigentums, ZSR 99/1980 I S. 263 f.).

    Gemäss dieser rechtlichen Qualifikation der
Stockwerkeigentümergemeinschaft kommt aber als Grundlage für die
Rückerstattung der Verrechnungssteuer Art. 24 Abs. 2 VStG nicht in
Betracht. Bei der Stockwerkeigentümergemeinschaft handelt es sich
weder um eine juristische Person noch um eine Handelsgesellschaft
ohne juris- tische Persönlichkeit im Sinne dieser Vorschrift. Unter
Handelsgesellschaften sind Kollektiv- und Kommanditgesellschaften zu
verstehen. Einfache Gesellschaften und andere Personenvereinigungen oder
Rechtsgemeinschaften wie die Stockwerkeigentümergemeinschaft fallen nicht
darunter (vgl. PFUND/ZWAHLEN, Verrechnungssteuer, II. Teil Basel 1985,
N. 4.1 zu Art. 24 VStG).

Erwägung 3

    3.- Eine Rückerstattungsberechtigung der
Stockwerkeigentümergemeinschaft kommt daher nur in Betracht, wenn der
Bundesrat sie gestützt auf die Ermächtigungsnorm (Art. 24 Abs. 5 VStG)
in Art. 55 VStV vorgesehen hat.

    a) Die Rückerstattung gemäss lit. b oder c von Art. 55 VStV setzt
voraus, dass die Mitglieder der Personenvereinigung für ihren Anteil
am Einkommen und Vermögen der Vereinigung nicht steuerpflichtig sind
(lit. b) bzw. dass die fraglichen Vermögenswerte und ihr Ertrag steuerlich
nicht bestimmten Personen zugerechnet werden können (lit. c). Diese
Voraussetzung erfüllen Stockwerkeigentümergemeinschaften nicht, da die
einzelnen Stockwerkeigentümer steuerpflichtig sind und der Ertrag ihnen
auch anteilmässig zugerechnet werden kann.

    b) Fragen kann sich nur, ob Art. 55 lit. a VStG als
Grundlage für die Rückerstattung der Verrechnungssteuer an die
Stockwerkeigentümergemeinschaft herangezogen werden kann. Nach dieser
Vorschrift haben Anspruch auf Rückerstattung: «Gemeinschaftsunternehmen
(Baukonsortien u. dgl.), wenn die Verrechnungssteuer von Zinsen
von Guthaben abgezogen wurde, die sie ausschliesslich für
Zwecke des Gemeinschaftsunternehmens unterhalten, und sofern dem
Rückerstattungsantrag ein Verzeichnis aller Teilhaber beigelegt wird». Was
unter Gemeinschaftsunternehmen zu verstehen ist, wird deutlich aus dem vom
Verordnungsgeber gemachten Hinweis auf «Baukonsortien u. dgl.». Der Begriff
des Gemeinschaftsunternehmens ist offensichtlich restriktiv zu verstehen.
Es soll kein Auffangtatbestand für alle Personenvereinigungen geschaffen
werden, die aus irgendeinem Grund die Rechtspersönlichkeit nicht besitzen
oder erlangt haben (so auch PFUND/ZWAHLEN, aaO, N. 8.5 zu Art. 24 VStG).
Vielmehr trifft die Verrechnungssteuerverordnung eine sehr beschränkte
Auswahl. Bei den Gemeinschaftsunternehmen nach der Art von Baukonsortien
handelt es sich nach PFUND/ZWAHLEN (aaO, N. 5.17 zu Art. 21 VStG) um
vertragliche Zusammenschlüsse einiger weniger Personen zur Verfolgung
eines bestimmten wirtschaftlichen Zwecks (in der Regel zur Ausführung
eines grösseren Werkes, wofür die Arbeitskapazität und der finanzielle
Rückhalt des Einzelnen nicht ausreicht), zeitlich begrenzt bis dieser Zweck
erreicht ist und betrieblich nur insoweit, als es der Zweck erheischt.
Stockwerkeigentümergemeinschaften entsprechen dieser Umschreibung nicht.
Sie sind nicht Gemeinschaftsunternehmen im Sinne eines vertraglichen
Zusammenschlusses zur Erreichung eines bestimmten wirtschaftlichen
Zwecks, und ebenso fehlt das Element der zeitlichen Begrenzung, wie es
sich zwanglos aus dem Hinweis des Verordnungsgebers auf Baukonsortien
und dergleichen ableiten lässt.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, Art. 55 VStV sei
gesetzeskonform und rechtsgleich auszulegen. Daraus ergebe sich, dass sich
die Sachlage bei Stockwerkeigentümergemeinschaften genau gleich darstelle
wie bei den in Art. 55 lit. a VStV genannten Gemeinschaftsunternehmen.

    Einzuräumen ist, dass ein Rückerstattungsanspruch für
Stockwerkeigentümergemeinschaften den Rahmenbedingungen von Art. 24
Abs. 5 VStG entsprechen würde und der Bundesrat befugt wäre, in der
Verordnung einen solchen vorzusehen. Gesetzlich verpflichtet ist er dazu
aber nicht, und auch der Begriff des Gemeinschaftsunternehmens in lit. a
der fraglichen Verordnungsbestimmung muss nicht ausdehnend interpretiert
werden. Die Verrechnungssteuer dient in erster Linie - wenn auch nicht
ausschliesslich - der Sicherung der Kantons- und Gemeindesteuern und soll
die Steuerhinterziehung von im Inland domizilierten Steuerpflichtigen
eindämmen (BGE 118 Ib 317 E. 2 S. 322; PFUND, Verrechnungssteuer,
I. Teil, Basel 1971, VStG Einl., N. 41). Der Entscheid, wie weit
Personenvereinigungen berechtigt sein sollen, die Verrechnungssteuer
selber zurückzuverlangen, darf auf den Sicherungszweck dieser Steuer
ausgerichtet werden. Da die einzelnen Stockwerkeigentümer und nicht die
Gemeinschaft ihren Anteil am Ertrag und Vermögen aus dem Erneuerungsfonds
zu deklarieren und versteuern haben, entspricht es dem Sicherungszweck
am besten, wenn die Verrechnungssteuerrückerstattung an diese Deklaration
anknüpft. Die Eidgenössische Steuerverwaltung verweist denn auch darauf,
dass die bisher - «auf Zusehen hin» - geübte Praxis, welche sowohl
Rückerstattungsanträge der Gemeinschaft wie auch solche der einzelnen
Stockwerkeigentümer zuliess, mit erheblichem administrativem Aufwand
verbunden war und die Gefahr doppelter Rückerstattungen - sowohl durch die
Eidgenössische Steuerverwaltung als auch die kantonalen Steuerbehörden -
mit sich brachte. Zudem kann der einzelne Steuerpflichtige die Deklaration
leicht vergessen, wenn er die Rückerstattung nicht selber beantragen
muss, was dem Sicherungszweck zuwiderläuft. Bei Gemeinschaftsunternehmen
wird dementsprechend nur zurückhaltend ein Rückerstattungsanspruch
bejaht. Es geht dort im Wesentlichen darum, dass Zinsen auf Bankkonti,
über die der gemeinschaftliche Zahlungsverkehr für die Erfüllung eines
Werkvertrags oder Auftrags (Lieferanten, Löhne, Abschlagszahlungen des
Werkherrn) abgewickelt wird, vom Gemeinschaftsunternehmen als solchem
zurückgefordert werden können, dies unter der Voraussetzung, dass die
verrechnungssteuerbelasteten Zinsen brutto in der Gemeinschaftsrechnung
verbucht werden (PFUND/ZWAHLEN, aaO, N. 5.17 zu Art. 21 VStG). Für ein
solches Verfahren mögen verfahrensökonomische Gründe sprechen, die bei
Stockwerkeigentümergemeinschaften nicht gegeben sind.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführerin wendet gegen die Rückerstattung der
Verrechnungssteuer an die einzelnen Stockwerkeigentümer ein, dass die
Nutzung des sich aus der Verwaltung der Stockwerkeigentümergemeinschaft
ergebenden Vermögens der Gemeinschaft zustehe. Das wirft zwei Fragen auf:
Zunächst, ob der einzelne Stockwerkeigentümer das «Recht zur Nutzung des
den steuerbaren Ertrag abwerfenden Vermögenswertes» besitzt; nur unter
dieser Voraussetzung besteht nach Art. 21 Abs. 1 lit. a VStG ein Anspruch
des Stockwerkeigentümers auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer. Sodann
ist zu fragen, ob die Rückerstattung an die einzelnen Stockwerkeigentümer
der zivilrechtlichen Regelung zuwiderläuft.

    a) Art. 21 Abs. 1 lit. a VStG muss im Lichte des hauptsächlichen
Zwecks der Verrechnungssteuer - Sicherung der direkten Steuern der Kantone
und Gemeinden auf den Einkünften der Steuerpflichtigen aus beweglichem
Kapitalvermögen, aus Lotteriegewinnen und Versicherungen, sowie auf den
Vermögenswerten, woraus solche Einkünfte fliessen - gesehen werden. Aus
dieser Sicht steht aber das «Recht zur Nutzung» derjenigen Person zu,
welcher der den steuerbaren Ertrag abwerfende Vermögenswert steuerrechtlich
zuzurechnen ist und die gegebenenfalls auch einkommenssteuerpflichtig
ist (vgl. PFUND/ZWAHLEN, aaO, N. 2.20 zu Art. 21 VStG). Das sind
die einzelnen Stockwerkeigentümer, nicht die Gemeinschaft. Art. 712h
Abs. 2 Ziff. 3 ZGB bringt zwar zum Ausdruck, dass Steuern auch den
Stockwerkeigentümern gemeinschaftlich auferlegt werden können, doch
bestimmt das kantonale Steuerrecht, ob der Miteigentumsanteil als solcher
oder die ganze Liegenschaft besteuert werden soll (HANS-PETER FRIEDRICH,
Das Stockwerkeigentum, 2. Aufl. 1972, § 17 Rz. 11; MEIER-HAYOZ/REY, aaO,
N. 59 zu Art. 712h ZGB). Miteigentumsanteile an Grundstücken und deren
Ertrag werden denn auch bei den direkten Steuern vom Einkommen und Vermögen
regelmässig bei den einzelnen Stockwerkeigentümern besteuert. Diesen steht
daher das Recht zur Nutzung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 lit. a VStG zu.

    b) Mit der zivilrechtlichen Regelung des Stockwerkeigentums
steht dies nicht im Widerspruch. Art. 712l Abs. 1 ZGB erklärt die
Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer im Bereich der gemeinschaftlichen
Verwaltung für befähigt, das anfallende Vermögen und insbesondere
die Mittel des Erneuerungsfonds unter eigenem Namen zu erwerben. Das
bedeutet, dass die mit der Verrechnungssteuer belasteten Leistungen,
wie namentlich die Erträge auf dem Erneuerungsfonds, der Gemeinschaft
unter eigenem Namen zustehen. Der Gesetzgeber hat mit dieser
Regelung der Stockwerkeigentümergemeinschaft beschränkte Vermögens-
und Handlungsfähigkeit verliehen, um sie als geschlossene Einheit am
Rechtsverkehr teilnehmen zu lassen. Diese Ordnung wird aber dadurch,
dass der Rückerstattungsanspruch für die Verrechnungssteuer den einzelnen
Stockwerkeigentümern und nicht der Gemeinschaft zuerkannt wird, nicht in
Frage gestellt.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführerin wirft der Eidgenössischen Steuerverwaltung
vor, sie habe ihre bisherige Praxis unzulässigerweise geändert. Tatsächlich
hat die Eidgenössische Steuerverwaltung bisher Anträge auf Rückerstattung
der Verrechnungssteuer von Stockwerkeigentümergemeinschaften «auf
Zusehen hin» (vgl. PFUND/ZWAHLEN, aaO, N. 5.18 zu Art. 21 VStG)
entgegengenommen. Sie hat aber die Änderung in einem Kreisschreiben
vom 16. Januar 1995 angekündigt. Die Rechtsprechung des Bundesgerichts
verlangt von einer Praxisänderung, dass sie sich auf ernsthafte,
sachliche Gründe zu stützen vermag (BGE 111 II 308 E. 2). Solche sind
vorliegend gegeben. Die Eidgenössische Steuerverwaltung verweist zu
Recht darauf, dass die bisherige Praxis uneinheitlich war, indem sowohl
die Stockwerkeigentümer selber als auch die Gemeinschaft ein Begehren
stellen konnte, was zu praktischen Schwierigkeiten führte. Zudem vermochte
sich die bisherige Praxis nicht auf die Regelung in der Verordnung zu
stützen. Ein hinreichender Grund für die Änderung der Verwaltungspraxis
ist damit gegeben.