Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 183



125 II 183

17. Auszug aus dem Urteil der II. Öffentlichrechtlichen Abteilung vom 29.
Januar 1999 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen A., Steuerverwaltung
des Kantons Basel-Landschaft und Steuerrekurskommission des Kantons
Basel-Landschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG; Art. 151 und 152 ZGB; Frage der
Abzugsfähigkeit eines kapitalisierten Unterhaltsbeitrags.

    Grundsätzliche Abzugsfähigkeit von «Unterhaltsbeiträgen» bei der
direkten Bundessteuer (E. 3a). Zivilrechtlicher Ursprung und Ausgestaltung
des Begriffs «Unterhaltsbeitrag» (E. 3b). Fehlen einer ausdrücklichen
Bestimmung im Gesetz (DBG und StHG) zur steuerlichen Behandlung von in
Kapitalform geleisteten Unterhaltsbeiträgen (E. 3c; E. 6d).

    Auslegung von Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG. Abzugsfähigkeit von
Kapitalleistungen verneint (E. 4-8).

Sachverhalt

    A.- Gestützt auf eine am 16. Dezember 1993 durch das Bezirksgericht
Liestal mit berichtigtem Urteil genehmigte Scheidungsvereinbarung vom
24. August 1993 bezahlte A. seiner geschiedenen Ehefrau eine pauschale
Abfindung im Betrag von Fr. 93'000.-- zur Abgeltung einer lebenslänglichen
unabänderlichen Unterhaltsrente gemäss Artikel 151 ZGB von monatlich
Fr. 380.--.

    Für diese Abfindung machte A. im Bemessungsjahr 1994 einen Abzug von
Fr. 93'000.-- geltend; die Steuerverwaltung strich diesen indessen in der
definitiven Veranlagung der direkten Bundessteuer 1995/96 vom 19. Februar
1996 und veranlagte A. für ein steuerbares Einkommen von Fr. 102'176.--.

    A. erhob am 20. März 1996 gegen diese Verfügung Einsprache. Mit
Schreiben vom 16. April 1996 leitete die Steuerverwaltung des
Kantons Basel-Landschaft die Einsprache mit Zustimmung von A. an die
Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft (im Folgenden:
Rekurskommission) weiter. Diese hiess den Rekurs mit Entscheid vom 30.
August 1996 teilweise gut und liess einen reduzierten Betrag von Fr.
78'000.- im Bemessungsjahr 1994 als Unterhalt nach Art. 33 Abs. 1 lit. c
des Bundesgesetzes vom 14. Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer
(DBG; SR 642.11) zum Abzug zu.

    Hiergegen führt die Eidgenössische Steuerverwaltung mit Eingabe vom 18.
April 1997 Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Sie beantragt, den Entscheid
der Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft vom 30. August
1996 aufzuheben und die zum Abzug zugelassene Kapitalabfindung von
Fr. 78'000.-- dem steuerbaren Einkommen von A. in der Bemessungsperiode
1994 wieder hinzuzurechnen.

    Die Steuerrekurskommission des Kantons Basel-Landschaft
schliesst auf Abweisung des Rechtsmittels. A. beantragt, die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde abzuweisen und den Entscheid der Vorinstanz
zu bestätigen. Die Steuerverwaltung des Kantons Basel-Landschaft
verzichtete auf einen Antrag. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut

Auszug aus den Erwägungen:

                    aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG werden von den Einkünften
«die Unterhaltsbeiträge an den geschiedenen, gerichtlich oder tatsächlich
getrennt lebenden Ehegatten...» abgezogen. Dieser hat die erhaltenen
Beiträge zu versteuern (Art. 23 lit. f. DBG).

    Unterhaltsbeiträge für den geschiedenen Ehegatten sind somit
grundsätzlich als Aufwendungen vom steuerbaren Einkommen des
Unterhaltsverpflichteten abziehbar, vom Unterhaltsberechtigten jedoch
als Einkommen zu versteuern.

    b) Der Begriff «Unterhaltsbeitrag» stammt aus dem Zivilrecht (Art. 151
und 152 ZGB). In der Regel werden Unterhaltsbeiträge gemäss Art. 151 und
152 ZGB in der Form einer periodisch zu leistenden Rente zugesprochen,
die Unterhaltsverpflichtung kann jedoch auch durch Vereinbarung oder
durch richterliches Urteil kapitalisiert und durch Bezahlung einer
Kapitalleistung erfüllt werden (BGE 116 II 103; HINDERLING/STECK,
Das schweizerische Ehescheidungsrecht, Zürich 1995, S. 293 ff.;
BÜHLER/SPÜHLER, Berner Kommentar, Ergänzungsband, Bern 1991, S. 175, Rz. 45
zu Art. 151, und S. 186, Rz. 19 zu Art. 152 ZGB; TUOR/SCHNYDER/SCHMID,
Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 11. Auflage, Zürich 1995, S. 185).

    c) Das Gesetz über die direkte Bundessteuer äussert sich nicht
ausdrücklich dazu, ob die im Zivilrecht verwendete Formulierung, die
sowohl Renten- als auch Kapitalzahlungen zulässt, auch für Art. 33
Abs. 1 lit. c bzw. Art. 23 Abs. 1 lit. f DBG massgebend sein soll. Es
muss daher im Folgenden durch Auslegung ermittelt werden, ob der Begriff
«Unterhaltsbeitrag» im Gesetz über die direkte Bundessteuer in seiner
zivilrechtlichen Erscheinung benutzt wird, oder ob er nur als Vorbild zur
Ausgestaltung eines eigenen steuerrechtlichen Instituts herangezogen wurde
(vgl. dazu BLUMENSTEIN/LOCHER, System des Steuerrechts, 5. Auflage, Zürich
1995, S. 31 f., mit weiteren Hinweisen), womit sich eine unterschiedliche
Behandlung der beiden vom Zivilrecht zur Verfügung gestellten Formen der
Unterhaltsleistung rechtfertigen würde.

Erwägung 4

    4.- Ein Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst
nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck der Regelung verstanden werden.
Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die das Gericht
allerdings nicht nach seinen eigenen, subjektiven Wertvorstellungen,
sondern nach den Vorgaben und Regelungsabsichten des Gesetzgebers aufgrund
der herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln hat. Das Bundesgericht
befolgt bei der Gesetzesauslegung einen pragmatischen Methodenpluralismus
und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer
hierarchischen Prioritätsordnung zu unterstellen (BGE 123 II 464 E. 3a S.
468, 595 E. 4a S. 600 f.; 121 III 219 E. 1d/aa S. 224 f.).

Erwägung 5

    5.- a) Die Beschwerdeführerin beruft sich auf den Wortlaut von
Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG und folgert, insbesondere mit Blick auf die
französische Fassung, der Gesetzgeber habe - aufgrund der Formulierung,
die im grammatikalischen Sinne eine Kapitalabfindung ausschliesse -
beabsichtigt, nur eine Rentenauszahlung, nicht aber eine Kapitalabfindung
zum Abzug zuzulassen.

    b) Anders als die offene Formulierung «Unterhaltsbeiträge» in
der deutschen bzw. «alimenti versati al coniuge divorziato o separato
legalmente o di fatto» (etwa gemäss Giacomo Devoto/Gian Carlo Oli, Il
dizionario della lingua italiana, Firenze 1990: «mezzi di sussistenza
che, per legge o sentenza del magistrato, si è tenuti a corrispondere
ad altri...) in der italienischen Fassung von Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG
verwendet der französische Text den Ausdruck «la pension». Dieser umfasst
grundsätzlich nur periodisch geleistete Beiträge (vgl. etwa Le nouveau
petit Robert, Paris 1996, oder Gérard Cornu, Vocabulaire juridique,
3. Auflage, Paris 1992).

    c) Indessen lässt sich aus der in den Materialien festgehaltenen
Entstehungsgeschichte von Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG bzw. des damit in engem
Zusammenhang stehenden Art. 23 Abs. 1 lit. f DBG nicht schliessen, dass
der Gesetzgeber durch die vom ihm gewählte Formulierung Kapitalzahlungen
nicht zum Abzug zulassen wollte. Die Frage der Abzugsfähigkeit
von Kapitalleistungen wurde weder in der Botschaft (BBl 1983 III 1,
insbes. S. 165 und 172), noch anlässlich der Verhandlungen der beiden
Gesetzesartikel in den Räten (siehe etwa AB S 1986, 179; AB N 1987, 1750
ff., 1801; 1988, 817) erörtert, weshalb AGNER/JUNG/STEINMANN, Kommentar
zum Gesetz über die direkte Bundessteuer, Zürich 1995, S. 129 f., Rz. 9
zu Art. 33 DBG, dafür halten, dass es für die Besteuerung keine Rolle
spiele, ob die Unterhaltszahlungen periodisch in Form einer Rente oder
als Kapitalabfindung geleistet würden.

    d) Dem Wortsinn nach sind Unterhaltsleistungen Leistungen aller
Art, die dem Lebensunterhalt einer Person dienen (PATRICK HOLTZ,
Steuerrechtliche Folgen der Ehescheidung, Diss. St. Gallen 1989, S. 120),
insbesondere alle in einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung begründeten
Unterstützungs- und Unterhaltsleistungen, so nicht zuletzt auch die
Unterhaltsvereinbarungen in der Scheidungskonvention (HOLTZ, aaO, S.
124). Unterhaltsansprüche gelten als Vermögensrechte (BÜHLER/SPÜHLER,
Berner Kommentar, Ergänzungsband, Bern 1991, S. 167, Rz. 21 zu Art. 151
ZGB). Sie sind, gleich ob sie in Renten oder in Kapitalform ausbezahlt
werden, Folgen der Scheidung. Aus wirtschaftlicher Sicht haben somit
beide die gleiche Funktion (JEAN LAMPERT, Prévoyance, famille, droit
pénal: quelques points de la LIFD méritant discussion, in ASA 62 17,
S. 25; CHRISTINE JAQUES, De divers aspects du régime de déduction et
d'imposition des pensions alimentaires, in RDAF 1998, 329, insbes. S. 342
f., mit weiteren Hinweisen).

    e) Mit Blick auf die zivilrechtliche Bedeutung des Begriffs
«Unterhaltsbeitrag» - für den im Übrigen in der französischen Version von
Art. 152 ZGB ebenso der Ausdruck «pension alimentaire» verwendet wird (vgl.
dazu auch LAMPERT, aaO, S. 24 f.) - wäre es daher durchaus denkbar, als
Kapital geleistete Unterhaltsbeiträge steuerlich gleich zu behandeln, wie
die periodisch erbrachten Unterhaltsrenten (so auch die Beschwerdeführerin
in ihrem Kreisschreiben vom 29. Juli 1994 in ASA 63 284, S. 291).

    f) Zu beantworten blieben dabei aber etwa die im Gesetz über die
direkte Bundessteuer ebenfalls ungeregelten Fragen, nach welchem Steuersatz
der aufgrund von Art. 151 bzw. 152 ZGB geleistete Kapitalbetrag beim
Berechtigten zu besteuern wäre und wie vorgegangen werden müsste, wenn
die vom Steuerpflichtigen für die Kapitalabfindung zu leistende Summe den
Betrag seines gesamten steuerbaren Jahreseinkommens überstiege, so dass
dieser nach Abzug des geleisteten Kapitals in seiner Steuererklärung
einen Verlust auswiese, der nicht auf die folgende Steuerperiode
vortragbar wäre; der verpflichtete Ehegatte könnte diesfalls einen
Teil der Unterhaltsbeiträge nie steuerlich zum Abzug bringen, während
der berechtigte Ehegatte den ganzen Betrag zu versteuern hätte. Eine
Lösung müsste auch für die praktischen Probleme gefunden werden, die
sich im Einzelfall dadurch ergeben könnten, dass mit einer pauschalen
Kapitalabfindung nicht immer nur Unterhaltsersatz-, sondern häufig auch
andere, gemäss Art. 24 lit. a und e DBG von vornherein nicht abzugsfähige
güter- bzw. familienrechtliche Ansprüche abgegolten werden, wodurch der
auf den Unterhaltsersatz fallende Abfindungsanteil nicht ohne weiteres
ersichtlich ist.

    Diese Fragen können indessen offen gelassen werden, da, wie sich
im Folgenden zeigen wird, der Begriff des Unterhaltsbeitrages im Gesetz
über die direkte Bundessteuer nicht allein nach seiner zivilrechtlichen
Bedeutung, sondern auch mit Blick auf die wirtschaftlichen Unterschiede
zwischen Kapital- und Rentenleistungen auszulegen ist.

Erwägung 6

    6.- a) Das Steuerrecht geht vom Grundsatz aus, dass der
Steuerpflichtige die Lebenshaltungskosten für sich und seine Familie
(Art. 34 lit. a DBG und Art. 24 lit. e DBG) sowie die Leistungen in
Erfüllung familienrechtlicher Verpflichtungen im Allgemeinen (Art. 33
Abs. 1 lit. c und Art. 24 lit. e DBG) nicht vom steuerbaren Einkommen
abziehen kann; auf Seiten der empfangenden Person sind diese Leistungen
einkommenssteuerrechtlich irrelevant (BLUMENSTEIN/LOCHER, aaO, S. 222;
PETER LOCHER, Auswirkungen der Scheidung im Bereich der Steuern, in
AJP/PJA 3/98 S. 283 ff., insbes. S. 284).

    b) Entsprechend liess Art. 22 Abs. 1 lit. d des Bundesratsbeschlusses
vom 9. Dezember 1940 über die Erhebung einer direkten Bundessteuer
(BdBSt) für die an den Unterhalt des geschiedenen Ehegatten geleisteten
Beiträge keinen Abzug zu. Diese wurden als Erfüllung einer auf
Familienrecht beruhenden Unterhaltspflicht betrachtet, die wie die übrigen
Unterhaltskosten nicht vom steuerbaren Einkommen abgesetzt werden konnte
(ERNST KÄNZIG, Wehrsteuer [direkte Bundessteuer], 2. Auflage, Basel 1982,
S. 639 Rz. 147 zu Art. 22 Abs. 1 lit. d; JAQUES, aaO, S. 331).

    c) Unterhaltsbeiträge wurden auf Bundesebene erst durch das Gesetz
über die direkte Bundessteuer abzugsfähig (Art. 23 lit. f und 33 Abs. 1
lit. c DBG); was gemäss den Materialien «dem Postulat der Besteuerung nach
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wesentlich besser» entspricht
als die alte Regelung (Botschaft zum DBG in BBl 1983 III 1, S. 165 f.;
siehe auch etwa Votum Reichling, Berichterstatter, AB 1987 N 1752). Nach
dieser sei der Unterhaltspflichtige für ein fiktives Einkommen besteuert
worden, für ein Einkommen, das er nicht mehr hatte (vgl. Votum Bundesrat
Stich, AB 1987 N 1752 f.). Die sich aus der Unterhaltszahlung ergebenden
Einkünfte sollen nun neu beim Leistungsempfänger, also dort besteuert
werden, wo sie als Einkommen zur Verfügung stehen bzw. ausgegeben werden
können (vgl. etwa Voten Reichling, Berichterstatter, AB 1987 N 1752, und
Reichmuth, Berichterstatter, AB 1988 S 817). Gemäss bundesgerichtlicher
Rechtsprechung sind im Übrigen auch im interkantonalen Verhältnis
Unterhaltsrenten allein im Wohnsitzkanton des Berechtigten zu versteuern
(BGE 121 I 150).

    d) Im Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung
der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14)
verankerte der Gesetzgeber, einem alten Anliegen der Steuerharmonisierung
entsprechend, gleich wie bei der direkten Bundessteuer die Abzugsfähigkeit
von Unterhaltsbeiträgen (Art. 23 lit. f und 33 Abs. 1 lit. c DBG; Art. 7
Abs. 4 lit. g und Art. 9 Abs. 2 lit. c StHG; vgl. auch Botschaft zum
Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone
und Gemeinden, BBl 1983 III S. 91 und 94). Die Frage der steuerlichen
Behandlung von Unterhaltsleistungen in Form der Kapitalzahlung wurde aber
auch im Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der
Kantone und Gemeinden nicht speziell geregelt. Ob daraus geschlossen werden
darf, dass es den Kantonen trotz des Harmonisierungsbedarfs frei steht,
unter den Begriff des Unterhaltsbeitrags nur periodisch wiederkehrende
Leistungen oder auch Kapitalzahlungen zu subsumieren (so MARKUS REICH in
Zweifel/Athanas, Kommentar zum schweizerischen Steuerrecht, Band I/1,
Basel und Frankfurt a. Main 1997, S. 109, Rz. 100 zu Art. 7, sowie
S. 147, Rz. 39 zu Art. 9), ist indessen zumindest zweifelhaft; regeln
doch Art. 7 Abs. 4 bzw. Art. 9 Abs. 4 erster Satz StHG die steuerfreien
Einkünfte bzw. die Abzüge von den steuerbaren Einkünften abschliessend
(DANIELLE YERSIN, Steuerharmonisierung und kantonales Recht, in ASA 64 97,
insbes. S. 114; MARKUS REICH, aaO, S. 103, Rz. 76 zu Art. 7, sowie S. 144,
Rz. 24 ff. zu Art. 9). Da vorliegend nicht die kantonale, sondern die
Regelung auf Bundesebene zur Diskussion steht, kann diese Frage jedoch
offen gelassen werden.

    e) In den Kantonen können die Verpflichteten schon heute die als Folge
einer Scheidung geleisteten periodischen Beiträge an den Unterhalt des
Ehegatten vom Einkommen abziehen (vgl. Kreisschreiben der Eidgenössischen
Steuerverwaltung vom 29. Juli 1994 in ASA 63 284, S. 291; HOLTZ, aaO, S.
126 f.); nicht immer jedoch auch Kapitalabfindungen, wie die folgenden
Beispiele zeigen:

    Während etwa die Kantone Luzern (StE 1996 B. 27.2 Nr. 17) Basel-Stadt,
Basel-Landschaft und Wallis (vgl. dazu HOLTZ, aaO, S. 166, sowie Peter
Böckli, Eintracht und Hader mit Steuerfolgen, Die Einkommenssteuer unter
dem Einfluss des neuen Eherechts, in StR 46 223, S. 295) entsprechende
Leistungen zum Abzug zulassen, wird dieser dem Steuerpflichtigen
beispielsweise in den Kantonen Aargau (AGVE 1981, 352), Bern (vgl.
Mitteilungen der Steuerverwaltung des Kantons Bern vom Februar 1997, in
NStP 1997 S. 25 f.; NStP 1980 S. 102 und 223), Fribourg (RDAF 1990, 467;
StE 1990 B. 26.22 Nr. 1), Genf (StR 49 599; 44, 89; RDAF 1988, 200; 1971,
59), Schwyz (StPS 2/98 S. 76 ff.), St. Gallen (GVP SG 1978 Nr. 64, S. 143 =
StR 34 273), Waadt (RDAF 1990, 467; 1961, 177; StR 42 207, insbes. S. 214;)
und Zürich (StR 43 166; StE 1988 B 27.2 Nr. 7) nicht gewährt.

    Das Bundesgericht hat sowohl die Praxis des Kantons Zürich (Urteil des
Bundesgerichts vom 13. Dezember 1983, publiziert in StE 1984 A 21.12 Nr. 1;
unveröffentlichtes Urteil des Bundesgerichts vom 10. Juni 1996 i.S. F.) als
auch diejenige des Kantons Genf (Urteil des Bundesgericht vom 31. Januar
1984, publiziert in RDAF 1984, 132) als nicht willkürlich geschützt.

    f) Die Abzugsfähigkeit der durch die Scheidung begründeten
Unterhaltsleistungen (Art. 33 Abs. 1 lit. c DBG) stellt somit in Bezug
sowohl auf die übrigen Lebenshaltungskosten als auch auf die sich aus
dem Familienrecht ergebenden finanziellen Verpflichtungen die Ausnahme
und nicht die Regel dar (vgl. auch BLUMENSTEIN/LOCHER, aaO, S. 222 f.;
PETER LOCHER, aaO, S. 284; JAQUES, aaO, S. 331). Diese wird wiederum von
der Mehrheit der Kantone restriktiv - nur auf periodische Leistungen,
nicht auch auf Kapitalzahlungen - angewendet.

    g) Im Interesse der vertikalen Steuerharmonisierung zwischen Bund
und Kantonen ist diese Ausnahme nicht auf Kapitalleistungen auszudehnen.

    Der Begriff «Unterhaltsbeitrag» im Gesetz über die direkte
Bundessteuer ist somit allein aufgrund des steuerrechtlichen Kontexts
auszulegen. Die vom Zivilrecht gewährte Wahlmöglichkeit wird indessen
dadurch nicht vereitelt: Die Beteiligten können sowohl bei der Wahl der
Unterhaltsleistung als auch bei der Festsetzung des konkret zu leistenden
Betrages der unterschiedlichen Aufteilung der Steuerlast Rechnung tragen.

Erwägung 7

    7.- Diese Betrachtungsweise fügt sich widerspruchslos in das
gesetzliche System der Einkommensbesteuerung ein.

    a) Gemäss Art. 34 lit. c DBG können Aufwendungen für die
Schuldentilgung nicht vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden.

    Der Pflichtige, der eine Kapitalabfindung ausrichtet, erfüllt die
durch das Scheidungsurteil oder eine gerichtlich genehmigte Konvention
konkretisierte, gesetzliche Schuldpflicht. Die Kapitalabfindung
erweist sich somit als nicht abzugsfähige Schuldentilgung (so auch die
Beschwerdeführerin in ASA 63 284, S. 292, mit Hinweis auf Entscheide aus
den Kantonen Zürich, Freiburg, St. Gallen, Bern, Waadt und Genf; JAQUES,
aaO, S. 343).

    b) Im Übrigen wird auch dem Art. 4 BV im Bereich der Steuern
konkretisierenden Grundsatz Rechnung getragen, gemäss welchem sich
die Steuerbelastung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des
Steuerpflichtigen zu richten hat und dieser nach Massgabe der ihm
zustehenden Mittel gleichmässig zu belasten ist (BGE 122 I 305 E. 6a
S. 313 f., mit Hinweisen).

    Da eine gesetzliche Regelung fehlt, die den Abzug einer Kapitalleistung
zum Rentensatz vorsieht, würde diese sich - wenn die Abzugsfähigkeit
bejaht würde - vollumfänglich auf den Steuersatz auswirken, welcher auf
das Einkommen des Pflichtigen angewendet wird (vgl. JAQUES, aaO, S. 343;
LAMPERT, aaO, S. 25). Der Begünstigte indessen hätte die Leistung wohl nur
zum Rentensatz (Art. 37 DBG) zu versteuern. Die gleichmässige Besteuerung
wäre somit nicht mehr gewährleistet.

Erwägung 8

    8.- Wie sich gezeigt hat, ist der Begriff «Unterhaltsbeitrag» im
Gesetz über die direkte Bundessteuer aufgrund seines steuerrechtlichen
Kontexts auszulegen. Es rechtfertigt sich daher, die beiden vom Zivilrecht
zur Verfügung gestellten Formen der Unterhaltsleistung steuerlich
unterschiedlich zu behandeln.

    Der als Kapitalleistung ausgerichtete Betrag an den Unterhalt des
geschiedenen Ehegatten kann folglich - anders als periodisch ausgerichtete
Rentenzahlungen - vom Verpflichteten nicht vom steuerbaren Einkommen
abgezogen werden; der Begünstigte wiederum muss diesen nicht als Einkommen
versteuern.