Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 II 152



125 II 152

14. Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 23. Februar 1999 i.S.
Kanton St. Gallen gegen Schweizerische Eidgenossenschaft (staatsrechtliche
Klage) Regeste

    Art. 83 lit. a OG; Abgrenzung der eidgenössischen und der kantonalen
Kompetenzen bei der Zulassung von Geldspielautomaten.

    Eintretensvoraussetzungen im Verfahren der staatsrechtlichen
Klage, zulässige Rügen und Begehren, Kognition des Bundesgerichtes
(E. 1-3). Der Bundesrat hat durch den Erlass der eidgenössischen
Geldspielautomatenverordnung nicht in die kantonale Zuständigkeit
eingegriffen. Es besteht kein Anspruch der Kantone auf Weiterführung der
bisherigen Praxis der Homologation von Geschicklichkeitsspielautomaten,
die sich als bundesrechtswidrig erweist (E. 4 u. 5). Kostenfolgen des
bundesgerichtlichen Verfahrens (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Nach Art. 35 BV in der Fassung vom 14. Dezember 1927/7. Dezember
1958 und dem Bundesgesetz über die Spielbanken vom 5. Oktober 1929
(SBG, SR 935.52) sind Spielbanken - das heisst Unternehmen, die
Glücksspiele betreiben - grundsätzlich verboten. Ausnahmsweise können die
Kantonsregierungen den Betrieb des Boulespiels in Kursälen bewilligen (Art.
35 Abs. 2 BV, Art. 5 SBG, Art. 1 der Verordnung über den Spielbetrieb in
Kursälen vom 1. März 1929, SR 935.53), doch bedürfen solche Bewilligungen
der bundesrätlichen Genehmigung (Art. 35 Abs. 4 BV, Art. 1 Abs. 4 der
genannten Verordnung). Die Regelung über Geschicklichkeitsspiele mit
Gewinnmöglichkeit belässt das Bundesrecht dagegen seit jeher den Kantonen.
Das Aufstellen von Spielautomaten und ähnlichen Apparaten gilt nach Art. 3
Abs. 1 SBG dann als Geschicklichkeitsspiel und nicht als Glücksspiel,
wenn der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz oder vorwiegend auf
Geschicklichkeit beruht. Den Entscheid darüber, welche Apparate als
Geschicklichkeitsautomaten gelten können und welche dem Glücksspiel
dienen, trifft gemäss Art. 3 Abs. 2 SBG das Eidgenössische Justiz-
und Polizeidepartement.

    Durch den neuen Art. 35 der Bundesverfassung, der in der
eidgenössischen Abstimmung vom 7. März 1993 angenommen wurde, aber
noch nicht in Kraft gesetzt worden ist, wird das Spielbankenverbot
aufgehoben und die Gesetzgebung über die Errichtung und den Betrieb
von Spielbanken einschliesslich Glücksspielautomaten mit Geldgewinn
dem Bund übertragen. Nach Art. 35 Abs. 4 BV bleibt die Zulassung von
Geschicklichkeitsspielautomaten der kantonalen Gesetzgebung vorbehalten.

    B.- Die Vorarbeiten für die Ausführungsgesetzgebung zum neuen
Verfassungsartikel wurden 1993 an die Hand genommen. Im Jahre 1995
ging ein erster Gesetzesentwurf in Vernehmlassung, wurde aber in der
Folge durch ein neues Konzept ersetzt. Am 24. April 1996 gelangte
das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement angesichts der
seit Annahme des Verfassungsartikels eingetretenen Entwicklung -
es waren inzwischen zahlreiche neue Bewilligungsgesuche für Kursäle
mit Boulespiel und Geldspielautomaten eingegangen - mit einem
Orientierungsschreiben an die Kantone. In diesem wurde ausgeführt, der
Bundesrat befürchte, dass das ganze Glücksspielwesen ausser Kontrolle
geraten und die Spielbankengesetzgebung präjudiziert werden könnte. Die
Landesregierung habe daher eine Lageanalyse vorgenommen und sei zum
Schluss gelangt, dass die bisherige sehr liberale Praxis der Genehmigung
kantonaler Kursaalbewilligungen und der Homologierung sogenannter
Geschicklichkeitsspielautomaten einer grundsätzlichen Überprüfung bedürfe.
Der erwähnten Präjudizierung solle dadurch begegnet werden, dass bis auf
weiteres keine neuen kantonalen Boulespielbewilligungen mehr genehmigt
würden; die Zulassungspraxis auf dem Gebiet der Geldspielautomaten werde
überprüft.

    C.- Im Kanton St. Gallen ist nach Art. 4 lit. a des kantonalen
Gesetzes über Spielgeräte und Spiellokale vom 6. Juni 1982 (kantonale
Gesetzessammlung 554.3) die Verwendung von Spielgeräten, die Geld oder
geldwerte Gegenstände als Gewinn abgeben, verboten. Dieses generelle
Verbot wurde vom Grossen Rat im Anschluss an die Änderung von Art. 35 BV
in Frage gestellt und die Regierung im Mai 1995 mit der Überarbeitung
des kantonalen Gesetzes beauftragt. Nach der parlamentarischen Motion
sollte das Verbot von Geldspielautomaten in dem Sinne gelockert werden,
dass solche Apparate inskünftig in Kursälen mit Boulespiel - insbesondere
im Kursaal Bad Ragaz als bisher einzigem Kursaal auf Kantonsgebiet -
ebenfalls betrieben werden könnten.

    Am 11. Juni 1996 erteilte die St. Galler Regierung dem Seerestaurant
in Rorschach eine Bewilligung zum Boulespiel, eine weitere wurde
am 27. August 1996 der Überbauung «Adlerberg» in St. Gallen gewährt.
Beide Bewilligungen fielen jedoch unter das vom Bundesrat im April 1996
beschlossene Genehmigungsmoratorium.

    Am 18. März 1997 legte die St. Galler Regierung die Botschaft
und den Entwurf zu einem Nachtragsgesetz zum Gesetz über Spielgeräte
und Spiellokale vor. Der Entwurf sieht vor, dass die Inhaber von
Kursälen mit Boulespielbewilligung auch Geschicklichkeitsspiele
mit Gewinnmöglichkeiten betreiben dürfen; darüber hinaus können
Bewilligungen für Geschicklichkeitsspiele an Gesuchsteller erteilt
werden, welche im gleichen Gebäude eine vielseitige Unterhaltung auf
Dauer anbieten, die den Tourismus fördern kann. In ihrer Botschaft
zum Gesetzesentwurf hielt die Regierung fest, der Bund wolle durch
eine Änderung der bisherigen Homologierungspraxis die zur Zeit in
zahlreichen Kantonen zugelassenen Geschicklichkeitsspielgeräte mit
Gewinnmöglichkeit neu als Glücksspielgeräte qualifizieren. Dadurch würde
auf kaltem Wege die bisherige Zuständigkeit der Kantone im Bereich der
Geschicklichkeitsspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit ausgehöhlt. Sollte
der Bund die beabsichtigte Neuhomologierung gegen den Widerstand der
Kantone durchsetzen, könnten die heutigen Geschicklichkeitsspielgeräte
mit Gewinnmöglichkeit unter der Geltung des künftigen Bundesrechts
voraussichtlich nur noch als Glücksspielgeräte in vom Bund
bewilligten Spielbanken betrieben werden. Bei der Bewerbung um künftige
Spielbankenbewilligungen des Bundes würden Betriebe und Standorte einen
faktischen Vorteil geniessen, die bereits über dannzumal altrechtliche
kantonale Bewilligungen für Geschicklichkeitsspielgeräte verfügten. Da
der Kanton St. Gallen dabei nicht zurückstehen wolle, rechtfertige es
sich nicht, das geltende kantonale Verbot von Spielautomaten weiter
aufrechtzuerhalten.

    D.- Im Anschluss an die Vorlage der Botschaft des Bundesrates zu
einem neuen Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die Spielbanken
im Februar 1997 wandte sich der Vorsteher des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartementes mit Schreiben vom 27. Juni 1997 erneut an
die Kantone. Er wies auf das vom Bundesrat beschlossene Moratorium
für die Genehmigung kantonaler Boulespielbewilligungen hin und stellte
fest, in einigen Kantonen seien Tendenzen erkennbar, diese Massnahme zu
unterlaufen. Solche Bestrebungen liefen der Übereinkunft von Bund und
Kantonen zuwider, wonach für das Glücksspiel eine gemeinsame ganzheitliche
Regelung zu treffen sei. Was die Geldspielautomaten anbelange, so sei
im Rahmen des Moratoriumsbeschlusses eine eingehende Überprüfung der
Homologationspraxis angeordnet worden, wobei sich schon heute zeige, dass
die Praxis geändert werden müsse. Wer sich daher nicht diesem Beschluss
entsprechend verhalte, tue dies auf eigenes Risiko.

    E.- Der Grosse Rat des Kantons St. Gallen stimmte dem Nachtragsgesetz
zum kantonalen Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale am 27. November
1997 zu. Die Gesetzesänderung sollte am 1. Januar 1998 in Kraft treten. Da
jedoch gegen das Nachtragsgesetz das Referendum ergriffen wurde, setzte
die Regierung die Volksabstimmung auf den 7. Juni 1998 fest.

    F.- Am 22. April 1998 erliess der Bundesrat eine Verordnung über
Geldspielautomaten (Geldspielautomatenverordnung, GSAV; SR 935.522, AS
1998 S. 1518), die er am selben Tag in Kraft setzte. In dieser Verordnung
werden die Geldspielautomaten - Glücksspielautomaten einerseits und
Geschicklichkeitsspielautomaten andererseits - sowie die Jackpotsysteme
umschrieben, wobei Art. 2 Abs. 3 für die Geschicklichkeitsspielautomaten
verlangt, dass die spielentscheidenden Phasen von der Spielerin oder dem
Spieler gesteuert werden und die Entscheidung über Gewinn und Verlust
in unverkennbarer Weise von der Geschicklichkeit der Spielerin oder des
Spielers abhängen muss. Im Weiteren werden die Prüfung der Automaten
durch das Bundesamt für Polizeiwesen und das Entscheidverfahren vor
dem Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement geregelt (Art. 5 bis
8 GSAV).

    In den Schlussbestimmungen der Verordnung wird Folgendes festgelegt:
      «Art. 9: Bisherige Homologationen und hängige Gesuche 1Die vom
      Departement für Geldspielautomaten und Jackpotsysteme erteilten

    Homologationen verlieren mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung ihre

    Gültigkeit.
      2Homologationsgesuche, die vor dem Inkrafttreten dieser Verordnung

    eingereicht wurden, sind nach den Artikeln 1-8 dieser Verordnung zu

    beurteilen.
      Art. 10: Bereits in Betrieb stehende Geldspielautomaten und

    Jackpotsysteme
      Homologierte Geldspielautomaten und Jackpotsysteme, die vor dem

    Inkrafttreten dieser Verordnung bereits in einem Kursaal im Sinne der

    Verordnung vom 1. März 1929 über den Spielbetrieb in Kursälen, in einem

    Spielsalon oder in einer Gaststätte in Betrieb waren, sind vom
Erlöschen

    der Gültigkeit der bisherigen Homologation nach Artikel 9 Absatz
1 nicht

    betroffen. Sie können im Rahmen der nachfolgenden Bestimmungen an ihrem

    bisherigen Standort und in bisherigem Umfang weiter betrieben werden.»

    Die Verordnung gilt gemäss Art. 13 bis zum Inkrafttreten des neuen
Bundesgesetzes über das Glücksspiel und die Spielbanken und insbesondere
dessen eigene Übergangsbestimmungen. Sie ist den Kantonen mit Schreiben
des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes vom 22. April 1998
und den interessierten Branchenverbänden und Unternehmen mit Brief des
Bundesamtes für Polizeiwesen vom gleichen Tage bekanntgegeben worden. Die
Veröffentlichung erfolgte in der Amtlichen Sammlung des Bundesrechts vom 2.
Juni 1998 (AS 1998 II S. 1518).

    In seinem den neuen Erlass begleitenden Schreiben wies der
Departementsvorsteher darauf hin, dass in der Verordnung die seit
längerem angekündigte Änderung der Homologationspraxis verankert sei,
welche die Begriffsdefinitionen von Glücks- und Geschicklichkeitsspiel
wieder in bessere Übereinstimmung mit Verfassung und Gesetz bringe. Dies
habe unter anderem zur Folge, dass keine Geldspielautomaten mehr gemäss
bisheriger Praxis homologiert werden könnten und keine nach bisheriger
Praxis homologierte Geldspielautomaten mehr an neuen Standorten in
Betrieb genommen werden könnten. Die Eröffnung reiner Automatencasinos
ohne eine durch den Bund genehmigte Boulespielbewilligung sei damit nicht
mehr möglich.

    G.- Angesichts der sofort in Kraft gesetzten eidgenössischen
Übergangsregelung beschloss die St. Galler Regierung am 28. April 1998,
die Volksabstimmung über das Nachtragsgesetz zum kantonalen Gesetz über
Spielgeräte und Spiellokale bis auf weiteres zu verschieben. Gleichzeitig
wandte sie sich mit einem Schreiben an den Vorsteher des Eidgenössischen
Justiz- und Polizeidepartementes, in welchem sie ihr Erstaunen und
Unverständnis gegenüber dem Vorgehen des Bundesrates ausdrückte.

    Am 19. Mai 1998 fand eine Aussprache zwischen einer Delegation
der St. Galler Regierung und von Parlamentariern einerseits und
dem Vorsteher sowie weiteren Vertretern des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartementes andererseits statt. An dieser legte die
St. Galler Vertretung den Bundesbehörden einen neu formulierten Text der
Verordnungs-Übergangsbestimmungen vor, gemäss welchem gewissen Kantonen
unter bestimmten Voraussetzungen noch die Inbetriebnahme einer beschränkten
Anzahl bereits homologierter Automaten erlaubt werden könnte. Dem Vorschlag
wurde jedoch keine Folge gegeben.

    H.- Die St. Galler Regierung hat am 30. September 1998 namens des
Kantons St. Gallen gegen die Schweizerische Eidgenossenschaft gestützt auf
Art. 83 lit. a OG staatsrechtliche Klage mit folgenden Anträgen erhoben:
      «1. Feststellungsanträge 1.1.  Es sei festzustellen, dass die
      Beklagte mit dem Erlass von Art. 9 und 10

    GSAV in die Kompetenz des Klägers im Bereich der Geldspielautomaten

    eingegriffen hat.
      1.2.  Insbesondere sei festzustellen, dass die Beklagte beim Erlass
      von Art. 9

    und 10 GSAV verfassungsrechtlich gebotene sachgerechte
Differenzierungen

    unterliess und dadurch ihre Kompetenzen im Bereich der
Geldspielautomaten

    willkürlich von den Kompetenzen des Klägers im gleichen Bereich
abgegrenzt

    hat: in einer Weise, die eine rechtsungleiche Behandlung der Kantone

    bewirkt und den Kläger benachteiligt.
      2. Aufhebungs- und Gestaltungsanträge 2.1.  Art. 9 und 10 GSAV
      seien aufzuheben. Die Beklagte sei einzuladen,

    Art. 9 und 10 GSAV im Sinn der Erwägungen neu zu erlassen.
      2.2.  Bis dahin sei die GSAV ausser Kraft zu setzen.  3. Kosten-
      und Entschädigungsantrag Unter Kosten- und Entschädigungsfolge.»

    Auf die Klagebegründung wird in den nachfolgenden Erwägungen
eingegangen.

    I.- Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement stellt namens des
Bundesrates bzw. der Eidgenossenschaft den Antrag, auf die staatsrechtliche
Klage sei nicht einzutreten; eventuell sei die Klage abzuweisen, soweit auf
sie einzutreten sei. Dem Kanton St. Gallen ist in sinngemässer Anwendung
von Art. 93 Abs. 2 OG Gelegenheit gegeben worden, seine Klage zu ergänzen.
Die Eidgenossenschaft hat sich zu den ergänzenden Bemerkungen nochmals
geäussert.

    K.- Die Eidgenössischen Räte haben am 18. Dezember 1998 dem
Bundesgesetz über Glücksspiele und Spielbanken zugestimmt (vgl. BBl
1998 S. 5726). Dieses sieht in Art. 60 vor, dass nach bisheriger
Praxis homologierte Geschicklichkeitsspielautomaten, die nach der neuen
Gesetzgebung als Glücksspielautomaten gelten, nur noch in Grands Casinos
und Kursälen betrieben werden dürfen. An anderen Orten können je höchstens
fünf bereits installierte Automaten während einer Übergangsfrist von fünf
Jahren in Betrieb bleiben, sofern sie bereits vor dem 1. November 1997
in Betrieb waren.

    Das Bundesgesetz untersteht dem fakultativen Referendum. Über das
Inkrafttreten bestimmt der Bundesrat.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 113 Abs. 1 Ziff. 1 BV und Art. 83 lit. a OG beurteilt das
Bundesgericht im Verfahren der staatsrechtlichen Klage Kompetenzkonflikte
zwischen Bundesbehörden einerseits und kantonalen Behörden andererseits.
Der Kanton St. Gallen hat seine Klage im Anschluss an den Erlass der
eidgenössischen Geldspielautomatenverordnung und die nachfolgenden
fruchtlosen Bemühungen um eine Verordnungsänderung erhoben. In der Klage
wird geltend gemacht, mit der Verordnung und der durch diese eingeleitete
Änderung der Homologationspraxis werde in kantonale Zuständigkeiten
eingegriffen, die der Kläger durch das Nachtragsgesetz zum kantonalen
Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale habe ausüben wollen. Tatsächlich
ist dieses Nachtragsgesetz, das eine beschränkte Zulassung von nach
alter Praxis homologierten Geldspielautomaten vorsieht, vom Grossen
Rat verabschiedet und dem Volk zur Abstimmung vorgelegt worden. Die
Kompetenzstreitigkeit ist somit konkreter und aktueller Natur und das
vom Kanton St. Gallen ergriffene Rechtsmittel grundsätzlich zulässig
(vgl. BGE 103 Ia 333 E. 2; 117 Ia 202 E. 1b, je mit Hinweisen).

    Der Bundesrat wendet allerdings gegen ein Eintreten auf die Klage ein,
da die eidgenössische Verordnung mit keiner geltenden kantonalen Norm
kollidiere, könne gar kein aktueller und konkreter Kompetenzkonflikt
gegeben sein. Weiter sei die Umsetzung der kantonalen Gesetzesvorlage
auch nach Erlass der eidgenössischen Geldspielautomatenverordnung
nicht ausgeschlossen, da ja den Kantonen die Bewilligung echter
Geschicklichkeitsspiele weiterhin erlaubt sei. Im Übrigen berühre der
behauptete Konflikt die Kompetenzen des Klägers schon deshalb nicht,
weil dieser nach geltender Zuständigkeitsordnung erst nach der vom Bund
vorgenommenen Homologierung der Spielautomaten über deren Inbetriebnahme
entscheiden könne; durch die Änderung der Homologationspraxis werde die
Erteilung von Betriebsbewilligungen nicht betroffen.

    Diese Einwände ändern jedoch an der Existenz des dem Bundesgericht
vorgelegten Konflikts nichts. Ein Kompetenzkonflikt kann nicht nur
gegeben sein, wenn beide Seiten auf einem bestimmten Gebiet Recht setzen
oder gesetzt haben, sondern auch dann, wenn sie sich zur Rechtsetzung
anschicken und entsprechende Verfahren eingeleitet haben (BGE 103 Ia
329 E. 2a; 65 I 114 E. 1). Im vorliegenden Fall hat, wie geschildert,
der Bundesrat mit seiner im April 1998 erlassenen Verordnung eine Materie
geregelt, für die im Kanton St. Gallen ebenfalls ein Gesetzgebungsverfahren
im Gange war. Ob dadurch die Kompetenzordnung verletzt worden sei, ist
Sache der materiellen Beurteilung, nicht Eintretensfrage.

    Auf die vom Kanton St. Gallen eingereichte staatsrechtliche Klage
ist somit dem Grundsatze nach einzutreten. Zu prüfen bleibt, inwieweit
auf die einzelnen Anträge und Vorbringen eingegangen werden kann.

Erwägung 2

    2.- Der Kläger stellt nicht nur Antrag auf Aufhebung von Art. 9
und 10 der Geldspielautomatenverordnung, sondern ersucht gleichzeitig
um Feststellung, dass die beiden Bestimmungen verfassungswidrig und
mit der Kompetenzordnung unvereinbar seien. Feststellungsbegehren
sind zwar im staatsrechtlichen Klageverfahren an sich zulässig
(vgl. BGE 117 Ia 202 E. 1b S. 207, mit Hinweisen), doch gilt auch in
diesem Verfahren die Voraussetzung, dass der Kläger ein rechtliches
Interesse an sofortiger Feststellung haben muss, das er nicht durch ein
Gestaltungs- oder Leistungsbegehren wahrnehmen kann. Den hier neben dem
Gestaltungsbegehren gestellten Feststellungsanträgen kommt daher keine
eigenständige Bedeutung zu.

Erwägung 3

    3.- Ob der Bundesrat durch den Erlass von Art. 9 und 10 der Verordnung
über die Geldspielautomaten in die kantonale Zuständigkeit eingegriffen
habe, prüft das Bundesgericht frei. Nicht zu untersuchen ist dagegen, ob
die beanstandeten Bestimmungen allgemein mit der Verfassung in Einklang
stünden. Die Frage, ob der Bund von seiner Rechtsetzungskompetenz in der
richtigen Art und Weise Gebrauch gemacht habe, kann nur insofern Gegenstand
des vorliegenden Verfahrens sein, als in der unrichtigen Kompetenzausübung
ein Übergriff in kantonale Zuständigkeiten liegen könnte, nicht dagegen
insoweit, als andere Verfassungsgrundsätze verletzt sein könnten
(vgl. BGE 117 Ia 202 E. 2b; 221 E. 1b, je mit Hinweisen). Insbesondere
ist hier nicht erheblich, ob die getroffene Übergangslösung mit den
verfassungsmässigen Individualrechten vereinbar sei oder vor weiteren
verfassungsmässigen Prinzipen - wie dem Legalitätsprinzip und dem Gebot
der Verhältnismässigkeit - standhalte. Ebenso wenig kann das Bundesgericht
über die Angemessenheit und die politische Opportunität der getroffenen
Lösung befinden (vgl. WILHELM BIRCHMEIER, Handbuch des Bundesgesetzes
über die Organisation der Bundesrechtspflege, S. 287 f.).

Erwägung 4

    4.- Der Kanton St. Gallen weist in seiner Klage auf die jahrzehntelange
Homologationspraxis hin, wonach eine für den Gesamtverlauf des Spiels
unwesentliche Geschicklichkeitsphase ausgereicht habe, damit ein
Geldspielautomat als Geschicklichkeitsspielautomat qualifiziert worden sei.
Demnach seien die Kantone zuständig gewesen, auch für Spielautomaten,
die nicht als reine Geschicklichkeitsspielautomaten gelten könnten,
Betriebsbewilligungen zu erteilen. Diese seit langem bestehende
Kompetenzaufteilung, welche im neuen Art. 35 Abs. 4 BV übernommen
worden sei, sei nun durch die Neudefinition der Glücksspielautomaten
in der eidgenössischen Geldspielautomatenverordnung geändert und die
bisher von den Kantonen ausgeübte Kompetenz auf den Bund übertragen
worden. Jedenfalls werde die den Kantonen zustehende Befugnis zur
Bewilligung von Spielautomaten durch die eidgenössische Verordnung ihres
wirtschaftlichen Gehalts beraubt und damit bedeutungslos. Die Kantone
hätten aber gemäss dem neuen Art. 35 Abs. 4 BV, der die bisherige Praxis
festschreibe, und aufgrund des Gebotes der Bundestreue einen Anspruch
darauf, dass ihnen auf dem Gebiet der Spielautomaten eine wirtschaftlich
bedeutsame Bewilligungskompetenz verbleibe.

    a) Hiezu ist vorweg festzuhalten, dass die Vereinbarkeit der
Geldspielautomatenverordnung mit der bundesrechtlichen Kompetenzordnung
aufgrund von Art. 35 BV in der Fassung vom 14. Dezember 1927/7. Dezember
1958 und den Bestimmungen des Spielbankengesetzes vom 1. März 1929 zu
beurteilen ist. Der neue Art. 35 Abs. 4 BV und das von den Eidgenössischen
Räten am 18. Dezember 1998 beschlossene Bundesgesetz über Glücksspiele und
Spielbanken stehen noch nicht in Kraft, und die umstrittene Verordnung ist
ja gerade als Übergangslösung bis zum Inkrafttreten des neuen Verfassungs-
und Gesetzesrechts geschaffen worden.

    b) Art. 35 BV in der bisherigen Fassung spricht wie dargelegt ein
grundsätzliches Verbot von Spielbanken aus und äussert sich nicht zu
den Geschicklichkeitsspielen. Nach Art. 2 Abs. 1 des Bundesgesetzes
über die Spielbanken von 1929 gilt als - verbotene - Spielbank jede
Unternehmung, die Glücksspiele betreibt. Als Glücksspiele bezeichnet das
Gesetz diejenigen Spiele, bei welchen gegen Leistung eines Einsatzes ein
Geldgewinn in Aussicht steht, der ganz oder vorwiegend vom Zufall abhängt
(Art. 2 Abs. 2 SBG). Weiter gilt nach Art. 3 Abs. 1 SBG das Aufstellen
von Spielautomaten und ähnlichen Apparaten als Glücksspielunternehmung,
sofern nicht der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz oder
vorwiegend auf Geschicklichkeit beruht. Aus diesen Umschreibungen
ergibt sich, dass nach bisheriger Bundesgesetzgebung jene Apparate
als Geschicklichkeitsspielautomaten zu betrachten sind, bei denen
der Spielausgang in unverkennbarer Weise ganz oder vorwiegend auf
Geschicklichkeit beruht. Die Bewilligung allein solcher Automaten wird
durch die geltende eidgenössische Gesetzgebung nicht geregelt und ist
daher den Kantonen überlassen (vgl. BGE 97 I 748 E. 6).

    Art. 2 Abs. 3 der vom Kläger beanstandeten Geldspielautomatenverordnung
beschreibt den Geschicklichkeitsspielautomat als Automat oder ähnlichen
Apparat, der gegen Leistung eines Einsatzes ein Geschicklichkeitsspiel
anbietet und bei dem die spielentscheidenden Phasen von der Spielerin oder
dem Spieler gesteuert werden; die Entscheidung über Gewinn und Verlust
muss in unverkennbarer Weise von der Geschicklichkeit der Spielerin oder
des Spielers abhängen. Diese Definition stimmt mit den Umschreibungen im
Spielbankengesetz und der durch diese vorgezeichneten Kompetenzabgrenzung
überein. Der Kanton St. Gallen behauptet denn auch nicht, dass Art. 2 Abs.
3 GSAV den bundesgesetzlichen Rahmen sprenge, und stellt kein Begehren
um dessen Aufhebung. Lässt sich aber Art. 2 Abs. 3 GSAV ohne weiteres
mit den massgebenden Gesetzesbestimmungen vereinbaren, so kann die vom
Kläger beanspruchte Zuständigkeit zur Bewilligung von Geldspielautomaten,
die der gesetzlichen Definition von Geschicklichkeitsspielautomaten
nicht entsprechen, jedenfalls nicht aus der geltenden Rechtsordnung
hergeleitet werden.

    c) Wie dargelegt beruft sich der Kanton St. Gallen auf
die jahrzehntelange Praxis des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes, nach welcher eine für den Gesamtverlauf
des Spiels unwesentliche Geschicklichkeitsphase ausreichte, um
einen Geldspielautomaten als Geschicklichkeitsspielautomaten zu
homologieren. Diese Praxis stand - wie sich aus dem Gesagten ergibt und
der Bundesrat in seiner Botschaft zum neuen Bundesgesetz sinngemäss selbst
einräumt (Botschaft zum Bundesgesetz über das Glücksspiel und über die
Spielbanken vom 26. Februar 1997, BBl 1997 III 149 ff., 159) - mit dem
Spielbankengesetz im Widerspruch. Es kann sich daher hier nur fragen, ob
sich aus der nun als rechtswidrig erkannten Praxis, die zur Folge hatte,
dass die kantonale Kompetenz über den gesetzlichen Rahmen hinaus ausgeübt
werden konnte, ein Anspruch der Kantone gegenüber dem eidgenössischen
Gesetz- und Verordnungsgeber auf Weiterbehandlung wider die Rechtsordnung
und Gewährleistung der «überschiessenden» Zuständigkeit entstanden ist.
Dies ist offensichtlich nicht der Fall.

    aa) Der Entscheid des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes darüber, dass ein bestimmter Geldspielautomat als
Geschicklichkeitsspielgerät gelten kann, die sog. Homologation, ergeht
in Form einer Verfügung. Beim Erlass gleichartiger Verfügungen, die auf
ähnlichen Sachverhalten beruhen und in Anwendung der gleichen Rechtsnormen
ergehen, hat die Behörde nach einheitlichen, über den Einzelfall hinaus
gültigen Kriterien vorzugehen, mit anderen Worten eine Praxis zu bilden.
Eine Praxis ist indes nicht unwandelbar, sondern muss sogar geändert
werden, wenn die Behörde zur Einsicht gelangt, dass das Recht bisher
unrichtig angewendet worden ist oder eine andere Rechtsanwendung dem
Sinne des Gesetzes oder veränderten Verhältnissen besser entspricht. Die
Praxisänderung muss sich jedoch auf ernsthafte, sachliche Gründe stützen
können, die umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder
nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung praktiziert worden ist. Ist
diese Voraussetzung erfüllt, steht eine Praxisänderung weder mit dem
Grundsatz der Rechtssicherheit noch der Rechtsgleichheit im Widerspruch,
obschon jede Änderung der bisherigen Rechtsanwendung zwangsläufig mit
einer Ungleichbehandlung der früheren und der neuen Fälle verbunden ist
(vgl. zum Ganzen ULRICH HÄFELIN/GEORG MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen
Verwaltungsrechts, 3. A. 1998, S. 103 f., FRITZ GYGI, Verwaltungsrecht, S.
158, THOMAS MERKLI/ARTHUR AESCHLIMANN/RUTH HERZOG, Kommentar zum Gesetz
über die Verwaltungsrechtspflege im Kanton Bern, N. 5 zu Art. 51, EUGEN
WETTSTEIN, Die Praxisänderung im Verwaltungsrecht, Diss. Zürich 1983,
S. 6 ff.; vgl. zur Praxisänderung durch Gerichte: BGE 122 I 57 E. 3c/aa;
122 V 125 E. 4; 120 II 137 E. 3f, je mit Verweisungen).

    Besteht aber gegenüber der rechtsanwendenden Verwaltungsbehörde kein
Recht auf Beibehaltung einer als rechtswidrig oder als unzweckmässig
erkannten Praxis, so kann ein solcher Anspruch auch nicht gegenüber
der Aufsichtsinstanz erhoben werden, die - wie hier - die überholte
Praxis als Verordnungsgeber auf dem Wege der Normsetzung korrigiert. Die
Tatsache, dass durch die Änderung in bisher ausgeübte Rechte und vor
allem wirtschaftliche Interessen eingegriffen wird, ändert an deren
Zulässigkeit nichts. Übrigens bestreitet der Kanton St. Gallen nicht,
dass es ernsthafte und sachliche Gründe für eine Praxisänderung bei
der Homologierung der Geldspielautomaten gibt, und räumt ein, dass
berechtigterweise Massnahmen ergriffen worden sind, um eine Präjudizierung
der laufenden Spielbankengesetzgebung zu verhindern. Es kann daher offen
bleiben, inwieweit der Kanton dem eidgenössischen Verordnungsgeber im
Verfahren nach Art. 83 lit. a OG überhaupt vorwerfen könnte, er habe eine
als rechtswidrig erkannte Praxis ohne genügenden Anlass geändert.

    bb) In der Klage wird zur Begründung des Anspruchs auf Fortsetzung der
bisherigen Bewilligungspraxis auf das Prinzip der Bundestreue verwiesen,
das dem Bund zurückhaltende Ausübung seiner Kompetenzen gebiete. Diesem
Grundsatz kommt jedoch keine selbständige rechtliche Bedeutung zu.
Bundestreue im hier geltend gemachten Sinn will heissen, dass Bund und
Kantone zu gegenseitiger Achtung und Rücksichtnahme verpflichtet sind. In
rechtlicher Hinsicht hält sich jedoch das Gebot der Rücksichtnahme
innerhalb der Grenzen von Verfassung und Gesetz; insbesondere ergibt
sich aus ihm keine Rechtspflicht zum positiven Handeln eines Partners
zugunsten des anderen, sofern eine solche Pflicht nicht durch eine
Rechtsnorm vorgesehen ist. Die Kantone können daher aus dem Grundsatz
der Bundestreue gegenüber dem Bund kein Recht darauf herleiten, dass
dieser ihnen einen bisher belassenen wirtschaftlichen Vorteil - gleichsam
bestandesschutzmässig - weiterhin gewähren müsse. Auch schliesst die
Bundestreue einen Zielkonflikt von Bundesrecht und kantonalem Recht zum
Beispiel auf wirtschaftlichem Gebiet nicht aus (vgl. BGE 111 Ia 303 E. 6c).
Der Grundsatz stellt nicht mehr als eine besondere Ausgestaltung des
an die Gemeinwesen gerichteten Gebotes dar, sich nicht nur ihren Bürgern
gegenüber, sondern auch im gegenseitigen Verkehr jeden missbräuchlichen und
widersprüchlichen Handelns zu enthalten (zum Begriff der Bundestreue vgl.
PETER SALADIN, Kommentar zur Bundesverfassung, N. 24-36 zu Art. 3 BV,
ALFRED KÖLZ, Bundestreue als Verfassungsprinzip? in: ZBl 81/1980 S. 145
ff., insbes. S. 167 ff.).

    cc) Der Standpunkt des Klägers erwiese sich somit nur als richtig,
wenn mit dem Erlass der Geldspielautomatenverordnung gegen die Verbote
widersprüchlichen Verhaltens oder des Rechtsmissbrauchs - beide Ausflüsse
aus dem Prinzip von Treu und Glauben (vgl. etwa HÄFELIN/MÜLLER, aaO N.
522) - verstossen worden wäre. Das trifft jedoch nicht zu.

    Dass in der Änderung einer selbst langjährigen Praxis kein
widersprüchliches Verhalten gesehen werden kann, wenn hiefür ernsthafte,
sachliche Gründe vorliegen, ist bereits dargelegt worden. Ebenso wenig kann
beanstandet werden, dass der Bundesrat - wie der Kläger hervorhebt - im
Vorfeld der Volksabstimmung über den neuen Verfassungsartikel versichert
hat, dass über die Zulassung von Geschicklichkeitsspielautomaten mit
Gewinnmöglichkeit «wie bisher» die Kantone entscheiden würden. Damit ist
keine Garantie für die Weiterführung der bisherigen Homologationspraxis
abgegeben worden. Selbst wenn aber der Bundesrat im Jahre 1993 und noch
später davon ausging, dass die Praxis einstweilen werde beibehalten werden
können, war es ihm nicht verwehrt, der in den folgenden Jahren eintretenden
Entwicklung und den veränderten Verhältnissen durch eine Übergangsregelung
bis zum Inkrafttreten des neuen Rechts Rechnung zu tragen. Er hat die in
Aussicht genommene Änderung der Homologierungspraxis den Kantonen denn
auch frühzeitig, erstmals durch Schreiben des Eidgenössischen Justiz- und
Polizeidepartementes vom 24. April 1996, bekanntgegeben. Die St. Galler
Regierung, die ihren Entwurf zu einem Nachtragsgesetz zum kantonalen
Gesetz über Spielgeräte und Spiellokale erst nach diesem Zeitpunkt - am
18. März 1997 - dem Grossen Rat unterbreitete (vgl. Sachverhalt lit. C),
kann demnach dem Bundesrat kein widersprüchliches Verhalten vorwerfen.

    Im Weiteren macht der Kläger selbst nicht geltend, dass der Bundesrat
mit der Geldspielautomatenverordnung als Übergangslösung andere Zwecke
verfolgt hätte, als die von ihm angegebenen, nämlich eine Entwicklung
stoppen zu wollen, welche die Wirksamkeit der neu ausgearbeiteten
gesetzlichen Regelung über die Geldspielgeräte gefährden könnte. Es kann
somit auch von Rechtsmissbrauch nicht die Rede sein (vgl. BGE 110 Ib 332
E. 3a).

Erwägung 5

    5.- In der Klage wird weiter ausgeführt, selbst wenn man
anerkennen würde, dass der Bund die Kompetenzabgrenzung im Bereich der
Geldspielautomaten ändern dürfe, so hätte er dies in sachgerechter und
differenzierter Weise tun müssen. Insbesondere hätte keine Übergangslösung
getroffen werden dürfen, welche die «bundestreuen» Kantone, die sich an das
bundesrätliche Moratorium gehalten hätten, benachteilige, während durch
Art. 10 GSAV und die darin enthaltene Besitzstandgarantie gerade jene
Kantone belohnt würden, die für den vom Bundesrat bekämpften «Missstand»
verantwortlich seien. Anstelle der Schlussbestimmungen der GSAV, die
eine Ungleichbehandlung der Kantone bewirkten, müsse eine angemessene
Übergangsordnung geschaffen werden, die den sonst benachteiligten Kantonen
zum Beispiel die Bewilligung eines «Restkontingents» bisher homologierter
Geldspielautomaten und Jackpotsysteme erlaube.

    Aus dem Gesagten ergibt sich jedoch klar, dass der Bund durch den
Erlass der Artikel 9 und 10 der Geldspielautomatenverordnung - nur diese
Frage kann hier im Streite liegen - keine kantonalen Zuständigkeiten
verletzt hat. Ist der Bund kompetent, auf dem Verordnungsweg eine
Änderung der Homologationspraxis vorzunehmen, so ist er auch befugt,
die Praxisänderung mit einer Übergangsregelung zu verbinden. Von dieser
dürfen die Privaten, die noch während der alten Praxis und vor Ankündigung
der Wende in Geschicklichkeitsspielautomaten investiert haben, erwarten,
dass sie verhältnismässig sei und eine angemessene Übergangsfrist zur
Amortisation der Kosten vorsehe (vgl. BGE 106 Ia 191 E. 7; 107 Ib 89
E. 3b, s.a. BGE 118 Ib 241 E. 5e S. 251). Dagegen können die Kantone, die
bisher Geldspielautomaten verboten haben, nicht verlangen, dass das alte
Regime zu ihren Gunsten in beschränktem Umfang weitergeführt werde, damit
sie mit den übrigen Kantonen gleichziehen könnten. Ein solcher Anspruch
ergibt sich entgegen der Meinung des Klägers auch nicht aus der Gleichheit
der Kantone. Dieser Grundsatz bezieht sich allein auf die Stellung der
Kantone als Gliedstaaten im Bundesstaat und bedeutet, dass die Kantone
gleiche Kompetenzen, gleiche Rechte und Pflichten untereinander und im
Verhältnis zum Bund haben (ULRICH HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches
Bundesstaatsrecht, 4.A. 1998, N. 194; JEAN-FRANÇOIS AUBERT, Traité de
droit constitutionnel suisse, Bd. I, N. 562-565). Aus diesem Prinzip
der bundesstaatlichen Organisation kann der Kanton St. Gallen nichts
für sich herleiten. Ebenso wenig vermag ihm das aus Art. 4 BV fliessende
Gleichbehandlungsgebot zu helfen. Abgesehen davon, dass sich die Kantone
im Rahmen eines Kompetenzkonfliktsverfahrens nicht auf verfassungsmässige
Individualrechte berufen können (vgl. oben E. 2), liegt in einer Praxis-
oder Gesetzesänderung, wie ebenfalls bereits dargelegt (E. 3c/aa), kein
Verstoss gegen die Rechtsgleichheit, wenn auch für die Rechtsunterworfenen
unterschiedliche Regelungen gelten je nachdem, ob der rechtlich erfasste
Tatbestand für sie vor oder nach der Revision wirksam wird (BGE 122 II
113 E. 2b, mit Hinweisen; 118 Ia 245 E. 5d S. 257 f.).

    Da die bisherige Homologationspraxis wie gesehen nicht als
bundesrechtskonform gelten kann, verlangt der Kanton St. Gallen im Grunde
genommen nichts anderes als eine - nachträgliche - Gleichbehandlung
im Unrecht. Eine solche könnte aber als Ausnahme vom Grundsatz der
Gesetzmässigkeit nur in Betracht fallen, wenn die zuständige Behörde zu
erkennen gäbe, dass sie auch in Zukunft nicht gesetzeskonform entscheiden
werde (BGE 122 II 446 E. 4a; 123 II 248 E. 3c, je mit Hinweisen). Eine
Weiterführung der gesetzwidrigen Praxis hat hier aber der Bundesrat durch
die Geldspielautomatenverordnung gerade unterbunden.

    Ob schliesslich die vom Bundesrat getroffene Übergangsregelung
wirtschafts- und sozialpolitisch angemessen sei, hat das Bundesgericht
nicht zu untersuchen. Hängt die gesetzgeberische Lösung in weitem Mass
von politischen Wertungen ab und geniesst daher der Gesetzgeber einen
breiten Spielraum der Gestaltungsfreiheit, ist es weder im Klage- noch im
Beschwerdeverfahren Sache des Bundesgerichts, sein Ermessen an die Stelle
desjenigen des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers zu setzen (BGE 122 II 113 E.
2b S. 118, mit Verweisungen).

    Den Begehren des Klägers kann somit nicht entsprochen werden.

Erwägung 6

    6.- Praxisgemäss ist in Verfahren gemäss Art. 83 lit. a OG von einer
Kostenerhebung und der Zusprechung von Parteientschädigungen abzusehen.