Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 125 III 209



125 III 209

35. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. März 1999 i.S. X.
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 161 ZBG und Art. 271 ZGB; Verfassungsmässigkeit und
EMRK-Konformität des zivilgesetzlichen Bürgerrechtserwerbs durch Heirat
und kraft Abstammung.

    In Zivilstandssachen ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zulässig (E. 2). Die zivilgesetzlichen Bestimmungen über den
Bürgerrechtserwerb durch Heirat und kraft Abstammung widersprechen
dem Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter (E. 3 und 4),
sind für Verwaltungsbehörden und Gerichte aber gleichwohl massgebend
(E. 5). Der Erwerb eines Kantons- und Gemeindebürgerrechts fällt weder in
den Schutzbereich des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens
noch in denjenigen der Ehefreiheit, so dass das Diskriminierungsverbot
der EMRK nicht mit Erfolg angerufen werden kann (E. 6).

Sachverhalt

    Frau A.X. und Herr B.Y. heirateten am 31. März 1994. Ihr Gesuch, den
Namen X. als Familiennamen zu führen, wurde bewilligt (Art. 30 Abs. 2 ZGB),
und Herr B.Y. erklärte, seinen Namen dem Familiennamen X. voranzustellen
(Art. 177a ZStV, Zivilstandsverordnung, SR 211.112.1). Durch die
Eheschliessung erwarb Frau A.X. das Bürgerrecht der Stadt Winterthur
und des Kantons Zürich, ohne ihr Ledigenbürgerrecht der Stadtgemeinde
und des Kantons Zug zu verlieren (Art. 161 ZGB). Der Ehe entspross am
17. Juni 1995 der Sohn C. Er trägt den Familiennamen X. und erhielt das
Bürgerrecht der Stadt Winterthur und des Kantons Zürich (Art. 270 Abs. 1
und Art. 271 Abs. 1 ZGB).

    Am 8. Juli 1995 reichten A.X., B.Y.X. und C.X. beim Zivilstandsamt Zug
das Gesuch ein, B.Y.X. und C.X. im Familienregister der Stadtgemeinde Zug
einzutragen. Sie bezweckten damit, B.Y.X. und C.X. das zugerische Kantons-
und Gemeindebürgerrecht zu verschaffen und dadurch die Zugehörigkeit
zur Korporation Zug durch Einkauf zufolge Heirat bzw. durch Geburt
zu ermöglichen. Das Zivilstandsamt Zug wies das Gesuch ab (Verfügung
vom 9. Oktober 1995). Beschwerden bei der Direktion des Innern und beim
Verwaltungsgericht (Verwaltungsrechtliche Kammer) des Kantons Zug blieben
ohne Erfolg (Entscheid vom 3. Mai 1996 und Urteil vom 19. November 1998).

    A.X., B.Y.X. und C.X. haben wegen Verletzung von Bestimmungen
der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK, SR 0.101) staatsrechtliche Beschwerde erhoben und beantragen dem
Bundesgericht, das verwaltungsgerichtliche Urteil vom 19. November 1998
aufzuheben und das Zivilstandsamt Zug anzuweisen, B.Y.X. und C.X. im
Familienregister einzutragen; eventualiter sei B.Y.X. als berechtigt zu
erklären, allenfalls auch ohne Erwerb des Gemeindebürgerrechts von Zug
sich in die Korporation Zug einkaufen zu können, und C.X. sei auch ohne
Erwerb des Gemeindebürgerrechts von Zug als Angehöriger der Korporation
Zug zu erklären. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden.

    Das Bundesgericht hat die staatsrechtliche Beschwerde als
Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegengenommen und diese abgewiesen,
soweit es darauf eintrat.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Anfechtungsobjekt ist die verweigerte Eintragung im
Familienregister. Das kantonal letztinstanzliche Urteil in dieser
Zivilstandssache unterliegt der Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das
Bundesgericht (Art. 43 Abs. 2 ZGB und Art. 20 ZStV; BGE 97 I 389 E. 1
S. 391). Mit der in der Sache zulässigen Verwaltungsgerichtsbeschwerde
kann auch eine Verletzung von Bundesverfassungsrecht geltend gemacht
werden, soweit sie sich auf die Anwendung von Bundesrecht bezieht
(Art. 104 lit. a OG; BGE 124 II 132 E. 2a S. 137 mit Hinweisen);
die Verwaltungsgerichtsbeschwerde übernimmt insoweit die Funktion der
Verfassungsbeschwerde gemäss Art. 84 Abs. 1 lit. a OG. Dies gilt auch
für die Anrufung von Bestimmungen der EMRK (z.B. BGE 122 V 47 E. 1
S. 50; 118 Ib 417 E. 2a S. 423 f.), da ja die Konventionsverletzung
verfahrensrechtlich der Verletzung verfassungsmässiger Rechte
gleichgestellt ist (BGE 101 Ia 67 E. 2c S. 69; 117 Ib 367
E. 2c S. 370/371). Die Eingabe der Beschwerdeführer ist als
Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegenzunehmen.

Erwägung 3

    3.- Über die Verweigerung von Einträgen im Familienregister hinaus
dehnen die Beschwerdeführer den Verfahrensgegenstand auf die Mitgliedschaft
in der Korporation Zug aus. Nach ihrer Darstellung ergibt sich die
Konventionswidrigkeit der zivilgesetzlichen Bürgerrechtsregelung daraus,
dass den Beschwerdeführern 2 und 3 die Zugehörigkeit zur Korporation Zug
verschlossen bleibe. Der Staat habe indessen die Pflicht, dafür zu sorgen,
dass die Beschwerdeführerin 1 (Mutter) ihr Korporationsbürgerrecht
auf den Beschwerdeführer 3 (Sohn) übertragen könne, und es bestehe
diesfalls ein Anspruch gegen die Korporation auf Anerkennung der
Korporationsbürgerschaft des Beschwerdeführers 3 (Sohn), selbst wenn
dieser noch nicht im Familienregister der Bürgergemeinde eingetragen
sei, mit welcher die Korporation verbunden sei; der gleichlaufende
Anspruch des Beschwerdeführers 2 (Ehemann) ergebe sich aus dem Anspruch
auf Nichtdiskriminierung der Beschwerdeführerin 1 (Ehefrau). Vor diesem
Hintergrund steht der Eventualantrag, der sich nicht gegen die verfügenden
Behörden richtet, sondern die nicht am Verfahren beteiligten Organe der
Korporation Zug binden soll.

    a) Die Bürgerrechtsgesetzgebung ist zwischen Bund und Kantonen
aufgeteilt: Der Bund regelt den Erwerb und Verlust der Bürgerrechte aus
familienrechtlichen Gründen (Abstammung, Heirat und Adoption) sowie den
Verlust des Schweizer Bürgerrechts und die Wiedereinbürgerung; bezüglich
des Erwerbs des Schweizer Bürgerrechts durch Einbürgerung erteilt
er die Einbürgerungsbewilligung und erlässt Mindestvorschriften. Die
Kantone regeln die Einbürgerung von Schweizern und deren Entlassung aus
dem Kantons- und Gemeindebürgerrecht sowie - im Rahmen der (erwähnten)
Mindestvorschriften - die Einbürgerung von Ausländern (vgl. Art. 44 BV;
statt vieler: HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 14-16 zu Art. 271 ZGB).

    Der Bundesgesetzgeber hat die Wirkungen von Abstammung, Heirat
und Adoption auf das Bürgerrecht in Art. 1-11 BüG (Bürgerrechtsgesetz,
Bundesgesetz über Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts, SR 141.00)
sowie in Art. 271, Art. 161 und Art. 267a ZGB geregelt. Die Bestimmungen
des Zivilgesetzbuches sind allein anwendbar, wenn alle Beteiligten
Schweizer sind, und wirken sich infolgedessen nur auf das Kantons- und
Gemeindebürgerrecht aus. Sind hingegen ausländische Staatsangehörige
beteiligt, richten sich Erwerb und Verlust des Schweizer Bürgerrechts aus
familienrechtlichen Gründen nach den Vorschriften des Bürgerrechtsgesetzes
(vgl. etwa HEGNAUER, N. 17 zu Art. 271 ZGB). Ob einer Person das
Gemeindebürgerrecht zusteht, wird durch Eintragung im Familienregister der
Gemeinde festgestellt; der Entscheid des Registerhalters unterliegt der
Beschwerde bis an das Bundesgericht (Art. 19 f. ZStV). Ist hingegen das
Schweizer Bürgerrecht fraglich, so entscheidet die Behörde des Kantons,
um dessen Bürgerrecht es geht; der Entscheid unterliegt der Beschwerde
bis an das Bundesgericht (Art. 49 ff. BüG; HEGNAUER, N. 21 und N. 26
f. zu Art. 271 ZGB; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht,
Bd. I, Bern 1988, N. 43 f. zu Art. 161 ZGB).

    Der Kanton Zug regelt die Einbürgerung der Ausländer (im Rahmen
der bundesrechtlichen Mindestvorschriften), der kantonsfremden Schweizer
Bürger und der Kantonsbürger mit ortsfremdem Gemeindebürgerrecht im Gesetz
betreffend Erwerb und Verlust des Gemeinde- und des Kantonsbürgerrechts
vom 3. September 1992 (BGS 121.3). Voraussetzungen für den Erwerb (§§
5 ff.) sind Eignung, Wohnsitz und - je nach Gemeinde - Bezahlung einer
Einbürgerungstaxe. Zuständig für die Erteilung des Gemeindebürgerrechts
sind die Bürgergemeinden, die das kantonale Recht neben den Einwohner-,
Kirch- und Korporationsgemeinden kennt (§ 1 und § 120 Abs. 1 des kantonalen
Gemeindegesetzes; Gesetz über die Organisation und die Verwaltung der
Gemeinden vom 4. September 1980, BGS 171.1). Die Korporationsgemeinden
verleihen also kein Gemeindebürgerrecht, setzen dieses allerdings oftmals
für die Aufnahme in das Korporationsbürgerrecht voraus (z.B. Zug, nicht
hingegen Blickenstorf); die Zugehörigkeit zu einer der zehn Korporationen
ist nicht einheitlich geregelt und bestimmt sich nach der jeweiligen
Satzung (§ 136 Abs. 2 des Gemeindegesetzes; FRIGO, Die Bürger- und
Korporationsgemeinden im Kanton Zug, Diss. Zürich 1971, S. 31 ff.; vgl.
SCHWEIZER, Bürgerrecht und Korporationen, ZZW 57/1989 S. 337 ff.). Genossen
der Korporation Zug sind Bürgerinnen und Bürger der Stadtgemeinde Zug,
die den Familiennamen eines der 36 Zuger Korporationsgenossen-Geschlechter
tragen; der Entscheid über die Zugehörigkeit zur Korporation unterliegt
auf Bundesebene der staatsrechtlichen Beschwerde (z.B. BGE 29 I 397 Nr. 85;
117 Ia 107 Nr. 19).

    b) Aus den unterschiedlichen Gesetzgebungszuständigkeiten folgt
erstens, dass das kantonale Recht das übergeordnete Bundesrecht
zu beachten bzw. sich diesem anzupassen hat und nicht umgekehrt.
Bürgergemeinden und Korporationen sind einzelnen Kantonen völlig
fremd und in den kantonalen oder gar kommunalen Erlassen verschieden
ausgestaltet (SCHWEIZER, aaO, S. 338 f.; E. GRISEL, in: Kommentar zur
Bundesverfassung, Stand Juni 1988, N. 55 zu Art. 43 BV). Das Bundesrecht
lässt eine erhebliche Vielfalt öffentlich-rechtlicher Körperschaften
zu, die ihren Angehörigen Sonderrechte und -pflichten einräumen. In
der Ausgestaltung ihrer Satzungen sind die Korporationen an sich
frei, haben aber gewisse verfassungsrechtliche Schranken zu beachten
(SCHWEIZER, aaO, S. 340 f.; z.B. Art. 4 BV: BGE 117 Ia 107 E. 6 und 7
S. 114 ff.) und wohl auch den grundsätzlichen Wertentscheidungen und
den Leitvorstellungen des Bürgerrechtsgesetzgebers Rechnung zu tragen
(SCHWEIZER, aaO, S. 342 ff.); machen sie ihre Mitgliedschaft ausdrücklich
vom Bürgerrecht einer Gemeinde abhängig, so binden sie sich (freiwillig)
an die entsprechenden Vorschriften über das Bürgerrecht (HEGNAUER, N. 18 zu
Art. 271 ZGB). Sollte daher die Auffassung der Beschwerdeführer zutreffen,
dass die Korporation Zug als Familie zu begreifen und das Zusammenleben
der über 4'000 Korporationsbürger von Art. 8 EMRK geschützt ist, so
hätte die Korporation Zug ihnen die Teilnahme an diesem Familienleben zu
ermöglichen und seine Satzungen der EMRK anzupassen, aber sicher nicht
der Bundesgesetzgeber seine Bürgerrechtsregelung derart auszugestalten,
dass die Mitgliedschaft in einer kommunalen Partikularität möglich
wird. Die behauptete Konventionswidrigkeit der Bundesgesetzgebung über
das Bürgerrecht lässt sich mit anderen Worten nicht mit einem Anspruch
auf Zugehörigkeit zu einer kommunalen Korporation begründen. Dieser
mag die Beschwerdeführer zur Ergreifung von Rechtsmitteln legitimieren,
Prüfungsgegenstand des vorliegenden Verfahrens kann aber nur sein, ob
die bundesgesetzliche Bürgerrechtsregelung als solche übergeordnetem
Recht widerspricht.

    c) Aus den unterschiedlichen Gesetzgebungszuständigkeiten folgt
zweitens, dass auf den Eventualantrag der Beschwerdeführer nicht
eingetreten werden kann. Der Zivilstandsbeamte hat die Eintragung
in das Familienregister der Stadtgemeinde Zug verweigert, weil kein
bundesrechtlicher Bürgerrechtserwerb erfolgt sei, und damit lediglich
festgestellt, dass die Beschwerdeführer 2 und 3 auf Grund bundesrechtlicher
Bestimmungen nicht Bürger der Stadtgemeinde Zug sind. Über die Aufnahme
in die Korporation Zug hat er nicht entschieden, und hatte er - mangels
Zuständigkeit - auch nicht zu entscheiden; dies ist Aufgabe der Verwaltung
der Korporation Zug, deren Beschluss unter Berufung auf übergeordnetes
Gesetzes-, Verfassungs- oder Staatsvertragsrecht selbstständig angefochten
werden kann (BGE 117 Ia 107 E. 2 S. 110 mit Hinweisen).

Erwägung 4

    4.- Eine Wirkung der Ehe besteht darin, dass die Ehefrau das Kantons-
und Gemeindebürgerrecht des Ehemannes erhält, ohne das Kantons- und
Gemeindebürgerrecht zu verlieren, das sie als ledig hatte (Art. 161 ZGB).
Was den Erwerb des Kantons- und Gemeindebürgerrechts als Wirkung des
Kindesverhältnisses angeht, unterscheidet Art. 271 ZGB danach, ob die
Eltern miteinander verheiratet sind: Trifft dies zu, so erhält das Kind
das Kantons- und Gemeindebürgerrecht des Vaters (Abs. 1), andernfalls
dasjenige der Mutter (Abs. 2), ausser es erwerbe durch Namensänderung den
Familiennamen des Vaters, weil es unter seiner elterlichen Gewalt aufwächst
(Abs. 3).

    a) Der Bürgerrechtserwerb durch Heirat bzw. kraft Abstammung war
bereits im Zivilgesetzbuch von 1907/12 im Wesentlichen gleich geregelt
und beinhaltet den Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie
(EGGER, Zürcher Kommentar, N. 1 zu aArt. 161 ZGB; HEGNAUER, N. 7 f. zu
aArt. 270 ZGB), dessen Rechtfertigung sowohl im Interesse der Familie
als auch in deren Rolle im Staat als Zelle der sozialen Ordnung zu
sehen ist (BGE 69 I 141 E. 3 S. 142 mit Hinweisen). An diesem Prinzip
haben die Revisionen des Kindesrechts von 1976/78 und des Eherechts von
1984/88 nichts geändert. Bundesrat und Parlament waren sich bewusst,
dass das Familienbürgerrecht mit der Forderung nach Gleichbehandlung
der Ehegatten nicht voll vereinbar ist (BBl 1974 II 1, S. 49 f. Ziffer
321.11, und BBl 1979 II 1191, S. 1245 ff. Ziffer 212.3) und dass durch
das Festhalten an dieser Bürgerrechtseinheit wieder eine Differenz
zwischen Mann und Frau geschaffen wurde, und zwar trotz des Zusatzes,
wonach die Frau ihr Ledigenbürgerrecht nicht verliert (vgl. z.B. die
Voten von StR Hänsenberger, Amtl.Bull. 1981 S. 72 und 1984 S. 128
sowie von NR Gerwig und NR Günter, Amtl.Bull. 1983 S. 641 f.). Die
grundsätzliche Bestätigung des Konzepts eines einheitlichen Bürgerrechts
für die Familie kann damit begründet werden, dass nicht nur die Interessen
zweier gleichgestellter Ehepartner zu berücksichtigen waren, sondern auch
jene der aus der Ehe hervorgegangenen Kinder (HAUSHEER/REUSSER/GEISER,
N. 14 der Vorbem. vor Art. 159 ff. ZGB). Die fehlende Rechtsgleichheit hat
aber auch zur Kritik Anlass gegeben (HEGNAUER, N. 98 f. zu Art. 271 ZGB;
HEGNAUER/BREITSCHMID, Grundriss des Eherechts, 3.A. Bern 1993, S. 143
N. 14.31). Ihren heutigen Wortlaut haben Art. 161 und Art. 271 ZGB mit
der Revision des Bürgerrechtsgesetzes von 1990/92 erhalten.

    b) Im Unterschied zur Regelung des Bürgerrechtserwerbs
im Zivilgesetzbuch hat der Gesetzgeber in den Revisionen des
Bürgerrechtsgesetzes von 1984/85 und 1990/92 eine weitgehende
Gleichstellung von Mutter und Vater bei der Vermittlung des Schweizer
Bürgerrechts an die Kinder (Art. 1 Abs. 1 lit. a und Art. 4 Abs. 1
BüG) und die Gleichstellung von Frau und Mann in Bezug auf die
bürgerrechtlichen Wirkungen der Ehe (vgl. Art. 26 ff. BüG) erreicht. Der
bisher geltende Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie
ist eingeschränkt, aber nicht völlig preisgegeben worden. Er zeigt sich
noch darin, dass der Gesetzgeber nicht jeglichen Einfluss der Heirat
auf die Staatsangehörigkeit beseitigt hat, sondern dem ausländischen
Ehegatten einen Anspruch auf erleichterte Einbürgerung gewährt (SCHÄRER,
Die neue Revision des Bürgerrechtsgesetzes, ZZW 58/1990 S. 197 ff.,
S. 198 und S. 200). Weitere Annäherungen an das traditionelle Prinzip
des Familienbürgerrechts finden sich in den Bestimmungen über den Erwerb
des Kantons- und Gemeindebürgerrechts des Kindes und des ausländischen
Ehegatten (z.B. Art. 4 Abs. 2 bis 4 BüG; JÄGER, Die Teilrevision vom
23. März 1990 des BüG, ZZW 60/1992 S. 2 ff., S. 5 f.).

    c) Vorab die Entstehungsgeschichte macht deutlich, dass der klare
und unzweideutige Wortlaut von Art. 161 und Art. 271 ZGB den wahren
Sinn dieser Bürgerrechtsbestimmungen wiedergibt. Der Gesetzgeber ist
sich darüber im Klaren gewesen, dass das von ihm geschaffene Recht die
Gleichstellung von Frau und Mann nur teilweise verwirklicht und dass er
den Verfassungsgrundsatz dem Prinzip der Einheit des Bürgerrechts in der
Familie teilweise unterordnet. Der Vergleich mit den Bestimmungen des
Bürgerrechtsgesetzes zeigt, dass selbst dort die Idee eines einheitlichen
Familienbürgerrechts nicht völlig verschwunden ist. Eine Auslegung gegen
den Wortlaut des Gesetzes verbietet sich unter diesen Umständen (BGE 124
III 266 E. 4 S. 268 mit Hinweisen); ausser Betracht fallen damit auch
eine verfassungs- und konventionskonforme Auslegung (BGE 123 II 9 E. 2
S. 11 mit Hinweis).

Erwägung 5

    5.- Die Bürgerrechtsregelung in Art. 161 und Art. 271 ZGB ist
für das Bundesgericht massgebend (Art. 113 Abs. 3 und Art. 114bis
Abs. 3 BV; vgl. BGE 123 V 310 E. 6b/bb S. 322 mit Hinweisen,
betreffend Anwendungsgebot, nicht aber Prüfungsverbot). Dass sie dem
Verfassungsgrundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter widerspricht,
zeigt die Entstehungsgeschichte (E. 4 hiervor) und ist vom Bundesgericht
bereits früher festgestellt worden (BGE 116 II 657 E. 5 S. 665). Die
durch Art. 161 ZGB bewirkte Ungleichheit findet sich zudem im Bericht
des Bundesrates über das Rechtsetzungsprogramm «Gleiche Rechte für Mann
und Frau» erwähnt (BBl 1986 I 1144, S. 1173 Ziffer 4.6.1).

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer rügen mehrfache Diskriminierungen durch
die Bürgerrechtsbestimmungen des Zivilgesetzbuches: Diskriminiert werde
die Beschwerdeführerin 1 als mit einem Schweizer Bürger verheiratete
Schweizer Bürgerin gegenüber einer mit einem Ausländer verheirateten
und gegenüber einer nicht verheirateten Schweizer Bürgerin, weil diese
ihr Kantons- und Gemeindebürgerrecht an ihre Kinder weitergeben könnten,
diskriminiert werde der Beschwerdeführer 2 als mit einer Schweizer Bürgerin
verheirateter Schweizer Bürger, weil er im Unterschied zu jener durch die
Eheschliessung kein weiteres Kantons- und Gemeindebürgerrecht erhalte,
und diskriminiert werde der Beschwerdeführer 3 als Sohn einer mit einem
Schweizer Bürger verheirateten Schweizer Bürgerin, weil er im Gegensatz zum
(unmündigen) Kind einer mit einem Ausländer verheirateten wie auch einer
nicht verheirateten Schweizer Bürgerin das Kantons- und Gemeindebürgerrecht
seiner Mutter nicht erhalte.

    a) Die Geltung des in Art. 14 EMRK enthaltenen Diskriminierungsverbots
setzt die Anwendbarkeit einer andern Grundrechtsvorschrift der EMRK voraus
(VILLIGER, Handbuch der EMRK, Zürich 1993, § 32 N. 631 f. S. 377 f. mit
Hinweis auf die Praxis des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte),
mag vereinzelt auch ein selbstständiges Diskriminierungsverbot und damit
eine von andern Konventionsrechten und -freiheiten losgelöste Bedeutung
von Art. 14 EMRK befürwortet werden (LAMBERT, Vers une évolution de
l'interprétation de l'article 14 de la Convention européenne des droits de
l'homme?, in: Revue trimestrielle des droits de l'homme 9/1998 S. 497 ff.).

    b) Art. 8 EMRK schützt ein Recht auf Achtung des Privat- und
Familienlebens vor Eingriffen durch staatliche Behörden. Dass dieser
Anspruch einen Einfluss auf das Kantons- und Gemeindebürgerrecht ausübe,
nachdem diesen Rechten heute weder für die Niederlassung noch für die
Sozialhilfe Bedeutung zukomme, hat das Bundesgericht verneint (BGE 116
II 657 E. 5 S. 665). Diese Beurteilung steht in Übereinstimmung mit der
Praxis der EMRK-Organe, wonach ein Anspruch auf Einbürgerung ausserhalb
des Rechts auf Achtung des Privatlebens liegt und von Art. 8 EMRK nicht
gewährleistet wird, unter Vorbehalt jener Fälle, wo das Privatleben und
vor allem die Familieneinheit eine andere Interessenabwägung gebieten
(statt vieler: WILDHABER/BREITENMOSER, in: Internationaler Kommentar
zur Europäischen Menschenrechtskonvention, Stand April 1992, N. 136 und
N. 138 zu Art. 8 EMRK). Für eine abweichende Interessenabwägung bringen
die Beschwerdeführer keine stichhaltigen Gründe vor, und solche sind
mit Bezug auf den fraglichen Erwerb des Bürgerrechts in einem Kanton und
einer Gemeinde - nicht etwa in der Schweiz - auch nicht ersichtlich. Das
Zusammenleben der Beschwerdeführer als Familie und der Anspruch der
Beschwerdeführer 2 und 3 auf Identität werden durch den Entscheid des
Familienregisterhalters nicht beeinträchtigt. Wie einleitend dargelegt
(E. 3 hiervor), geht es den Beschwerdeführern letztlich nicht um den Erwerb
des Bürgerrechts der Stadtgemeinde und des Kantons Zug, über die hier in
Anwendung von Bundesrecht einzig zu entscheiden ist, sondern um den Erwerb
der Mitgliedschaft der Korporation Zug, was nicht dasselbe ist und worüber
die zuständigen Korporationsorgane in Anwendung ihrer autonomen Satzung
(noch) nicht entschieden haben; lediglich der Vollständigkeit halber
ist darauf hinzuweisen, dass das Bürgerrecht der Stadtgemeinde Zug als
Voraussetzung für die Aufnahme in die Korporation Zug offenkundig nicht
aus familienrechtlichen Gründen erworben sein muss und vielmehr ein Erwerb
durch ordentliche Einbürgerung ausreicht.

    c) Was den Art. 5 des Protokolls Nr. 7 zur EMRK (SR 0.101.07) angeht,
der im Privatrecht den Ehegatten untereinander und in den Beziehungen zu
ihren Kindern gleiche Rechte und Pflichten zusichert, ist diese Bestimmung
gemäss Art. 7 des Protokolls ein Zusatzartikel der Konvention und kann
infolgedessen Art. 8 EMRK weder ersetzen noch dessen Tragweite einschränken
(Burghartz c. CH, in: PCourEDH série A No. 280-B, § 23 S. 28 mit Hinweis).
Insoweit kann den Beschwerdeführern zugestimmt werden.

    d) Im Umstand, dass die Beschwerdeführerin 1 durch den Eheschluss das
Bürgerrecht des Beschwerdeführers 2 erwerben konnte, dieser aber nicht
ihr Bürgerrecht, erblicken die Beschwerdeführer eine Diskriminierung und
rügen die Verletzung von Art. 12 i.V.m. Art. 14 EMRK. Es wurde bereits
darauf hingewiesen, dass die Geltung des Diskriminierungsverbots die
Anwendbarkeit einer Grundrechtsvorschrift der EMRK voraussetzt (E. 6a
hiervor). Ein Zusammenhang zwischen dem Bürgerrecht und Art. 12 EMRK,
welcher das Recht, eine Ehe einzugehen und eine Familie zu gründen,
schützt, ist aber sowenig zu sehen als ein solcher zwischen Art. 12 EMRK
und der Behandlung von Ehegatten im Steuerrecht (Urteil des Bundesgerichts
vom 10. März 1989, E. 4b, in: ASA 59-1990/91 S. 485 ff. und auszugsweise
in: SJIR 1990 S. 263 f. Ziffer 12.1). Die Beschwerdeführer machen auch
nicht geltend, dass die Garantie des Rechts, zu heiraten und eine Familie
zu gründen, durch die behauptete Diskriminierung ausgehöhlt würde. Die
Rüge erweist sich als unbegründet.

    e) Zusammenfassend fällt die Bürgerrechtsregelung des Zivilgesetzbuches
nicht in den Schutzbereich des Konventionsrechts. Ob und wie dieses jene
überhaupt zu «korrigieren» vermöchte, kann bei diesem Ergebnis offen
bleiben. In einem kürzlich ergangenen Entscheid wird zwar der Primat
des Völkerrechts hervorgehoben und von der bisherigen Praxis, die eine
Überprüfung des hier später erlassenen Landesrechts auf seine Konformität
mit dem früher eingegangenen Staatsvertrag ausgeschlossen hätte,
offenbar abgerückt, doch hat der Entscheid eine in den Geltungsbereich
des Bundesgesetzes über internationale Rechtshilfe in Strafsachen
(IRSG; SR 351.1) fallende Angelegenheit betroffen, dessen Art. 1 Abs. 1
internationale Vereinbarungen gegenüber Gesetzesrecht ohnehin ausdrücklich
vorbehält (BGE 122 II 485 Nr. 59). Insofern blosses «obiter dictum», ist
die Erwähnung des Völkerrechtsvorrangs dennoch nicht völlig bedeutungslos,
sondern zeigt an, wie das Bundesgericht den Konflikt zwischen Bundesgesetz
und Völkerrecht dereinst zu lösen gewillt sein könnte, wenn er denn einmal
einträte (vgl. MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N. 538 zu Art. 1 ZGB). Diese
Voraussetzung ist hier nicht erfüllt.