Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 V 193



123 V 193

36. Urteil vom 23. Juli 1997 i.S. Betriebliche Altersvorsorge Wirte
gegen R. und Versicherungsgericht des Kantons Aargau Regeste

    Art. 26 Abs. 2 BVG, Art. 24 Abs. 2 BVV2, Art. 40 UVG.  Taggelder der
Unfallversicherung sind bei der Berechnung der Überentschädigung zu
berücksichtigen.

    Art. 24 Abs. 1 und 5 BVV2

    - Eine Leistungsanpassung von 10% gilt grundsätzlich als wesentliche
Veränderung der Verhältnisse im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV2.

    - Frage offengelassen, ob Kinderzulagen zum mutmasslich entgangenen
Verdienst zählen und ob dieser der Teuerungs- und Reallohnentwicklung
anzupassen ist.

Sachverhalt

    A.- R. (geboren 1960) war ab 1982 bei K., Hotel D., als Hausbursche,
später als Hilfskoch tätig und dadurch der Betrieblichen Altersvorsorge
Wirte (nachfolgend BAV Wirte) angeschlossen. Am 22. April 1988 erlitt er
einen schweren Verkehrsunfall und war in der Folge ganz oder teilweise
arbeitsunfähig. Die Basler-Versicherungs-Gesellschaft richtete
ihm als obligatorische Unfallversicherung bis zum 28. Februar 1992
Taggeldleistungen und ab 1. März 1992 bei einem Invaliditätsgrad von 75%
eine UVG-Invalidenrente aus, beide Leistungen wegen Selbstverschuldens um
20% gekürzt. Von der Ausgleichskasse Wirte bezog er ab 1. April 1989 eine
halbe einfache und ab 1. Februar 1990 eine ganze einfache Invalidenrente
nebst Zusatzrente für die Ehefrau und zwei Kinderrenten. Die gleichzeitig
verfügte Rentenkürzung um 20% hob die Ausgleichskasse ab 1. April 1991
auf. In der Zeit vom 4. März bis 3. Juni 1991 und vom 2. bis 6. September
1991 sprach ihm die Ausgleichskasse während Eingliederungsmassnahmen
Taggeldleistungen zu.

    Im Oktober 1993 liess R. gegenüber der BAV Wirte die Ausrichtung
von Invalidenleistungen beantragen. Die Vorsorgeeinrichtung lehnte
dieses Begehren ab, weil die Leistungen der Invalidenversicherung und
der obligatorischen Unfallversicherung mehr als 90% des massgebenden
Verdienstes erreichten.

    B.- Am 19. November 1994 liess R. beim Versicherungsgericht des Kantons
Aargau Klage einreichen mit dem Begehren, es seien ihm die obligatorischen
Leistungen für Invalidität zuzusprechen. Nach Durchführung eines doppelten
Schriftenwechsels hiess das Versicherungsgericht mit Entscheid vom
27. Juni 1995 die Klage gut und verpflichtete die BAV Wirte, dem Kläger
Invalidenleistungen für das Jahr 1989 von Fr. 1'120.50, für 1990 von Fr.
2'863.50, für die Jahre 1991 und 1992 von je Fr. 2'988.-- und für die Jahre
1993 und 1994 von je Fr. 3'465.-- sowie für das Jahr 1995 von Fr. 3'607.--
nebst Zins zu 5% auszurichten.

    C.- Die BAV Wirte führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides sei festzustellen, dass der
Beschwerdegegner für die Jahre 1989 bis 1991 und 1993 sowie 1994 keinen
Anspruch auf Invalidenleistungen habe.

    R. lässt auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
schliessen. Das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) äussert sich zur
Sache, ohne einen Antrag zu stellen.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- (Zuständigkeit)

Erwägung 2

    2.- (Kognition)

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner
nach Art. 23 ff. BVG und Art. 9 des Reglementes der BAV Wirte in der ab
1. Januar 1985 gültigen und auf den 1. Januar 1989 geänderten Fassung
Anspruch zunächst auf eine halbe und anschliessend auf eine ganze
Invalidenrente hat. Unbestritten ist nunmehr auch, dass der Beginn
der halben Rente auf den 1. April 1989 und derjenige auf eine ganze
Rente auf den 1. Februar 1990 festzusetzen ist. Die Parteien stimmen
schliesslich darin überein, dass von einem koordinierten Lohn von
Fr. 4'980.-- auszugehen ist, so dass sich die versicherte Invalidenrente
auf Fr. 1'992.-- jährlich und die zwei Kinderrenten auf je Fr. 498.--
jährlich, somit auf insgesamt Fr. 2'988.--, belaufen. Streitig und im
folgenden zu prüfen ist, inwieweit die dem Beschwerdegegner im Zeitraum
vom 1. April 1989 bis 31. Dezember 1995 an und für sich zustehende Leistung
zufolge Überentschädigung entfällt.

Erwägung 4

    4.- a) Nach Art. 34 Abs. 2 BVG erlässt der Bundesrat Vorschriften
zur Verhinderung ungerechtfertigter Vorteile des Versicherten oder seiner
Hinterlassenen beim Zusammentreffen mehrerer Leistungen. Die Bestimmung
hält des weitern u.a. fest, dass beim Zusammentreffen von Leistungen nach
diesem Gesetz mit solchen nach dem Bundesgesetz vom 20. März 1981 über die
Unfallversicherung oder nach dem Bundesgesetz über die Militärversicherung
vom 19. Juni 1992 grundsätzlich die Leistungen der Unfallversicherung
oder der Militärversicherung vorgehen.

    Unter dem Titel "Ungerechtfertigte Vorteile" hat der Bundesrat in
Art. 24 BVV2 nähere Vorschriften zur Überentschädigung in der beruflichen
Vorsorge erlassen. Nach Abs. 1 der Bestimmung kann die Vorsorgeeinrichtung
die Hinterlassenen- und Invalidenleistungen kürzen, soweit sie zusammen
mit anderen anrechenbaren Einkünften 90% des mutmasslich entgangenen
Verdienstes übersteigen. Als anrechenbare Einkünfte gelten gemäss
Abs. 2 (in der bis Ende Dezember 1992 gültig gewesenen Fassung)
Renten- oder Kapitalleistungen mit ihrem Rentenumwandlungswert in-
und ausländischer Sozialversicherungen und Vorsorgeeinrichtungen,
mit Ausnahme von Hilflosenentschädigungen, Abfindungen und ähnlichen
Leistungen. Bezügern von Invalidenleistungen wird überdies das weiterhin
erzielte Erwerbseinkommen angerechnet. Nach Abs. 3 (in der bis Ende
Dezember 1992 gültig gewesenen Fassung) dürfen Ehepaar-, Kinder- und
Waisenrenten der AHV/IV nur zur Hälfte, Zusatzrenten für die Ehefrau
überhaupt nicht angerechnet werden. Die Einkünfte der Witwe und der Waisen
werden zusammengerechnet.

    Laut Art. 25 Abs. 1 BVV2 (in der ursprünglichen Fassung)
kann die Vorsorgeeinrichtung die Gewährung von Hinterlassenen- oder
Invalidenleistungen ausschliessen, wenn die Unfallversicherung oder die
Militärversicherung für den gleichen Versicherungsfall leistungspflichtig
ist. Diese Bestimmung hat das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 116 V
189 für gesetzwidrig erklärt.

    b) Mit Verordnungsänderung vom 28. Oktober 1992, in Kraft seit
1. Januar 1993, hat der Bundesrat die Absätze 2 und 3 von Art. 24 BVV2
sowie die Absätze 1 und 2 von Art. 25 BVV2 neu gefasst. Nach Art. 24
Abs. 2 BVV2 gelten nunmehr als anrechenbare Einkünfte Leistungen
gleicher Art und Zweckbestimmung, die der anspruchsberechtigten
Person aufgrund des schädigenden Ereignisses ausgerichtet werden,
wie Renten oder Kapitalleistungen mit ihrem Rentenumwandlungswert in-
und ausländischer Sozialversicherungen und Vorsorgeeinrichtungen,
mit Ausnahme von Hilflosenentschädigungen, Abfindungen und ähnlichen
Leistungen. Bezügern von Invalidenleistungen wird überdies das weiterhin
erzielte Erwerbseinkommen angerechnet. Nach Abs. 3 dürfen Ehepaarrenten
der AHV/IV nur zu zwei Dritteln angerechnet werden. Die Einkünfte der
Witwe und der Waisen werden zusammengerechnet.

    Gemäss Art. 25 Abs. 1 BVV2 kann die Vorsorgeeinrichtung ihre
Leistungen nach Art. 24 kürzen, wenn die Unfallversicherung oder die
Militärversicherung für den gleichen Versicherungsfall leistungspflichtig
ist.

    c) Das Reglement der beschwerdeführenden Vorsorgeeinrichtung
enthält in Art. 12 Bestimmungen über das "Verhältnis zu anderen
Versicherungen". Nach Abs. 1 dieser Vorschrift gehen die Leistungen
der AHV/IV, der Unfallversicherung und der Militärversicherung
vor. Gemäss Abs. 2 entfällt ein Anspruch aus der Basisversicherung
der Vorsorgeeinrichtung, wenn die Leistungen der Unfallversicherung
oder der Krankentaggeldversicherung 80% des entgangenen Verdienstes
erreichen. Abs. 3 bestimmt, dass die Vorsorgeeinrichtung ihre Leistungen
herabsetzt, soweit die Leistungen aus der Basisversicherung zusammen mit
Leistungen von anderer Seite 90% des entgangenen Verdienstes übersteigen.

Erwägung 5

    5.- a) Streitig ist zunächst, was unter dem Begriff "mutmasslich
entgangener Verdienst" im Sinne von Art. 24 Abs. 1 BVV2 zu verstehen
ist. Die beschwerdeführende Vorsorgeeinrichtung stellt sich in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde auf den Standpunkt, mit diesem Begriff
sei der AHV-Lohn im Zeitpunkt des Eintritts des versicherten Ereignisses
gemeint. Demgegenüber interpretieren ihn Beschwerdegegner und Vorinstanz
als dasjenige Einkommen, welches der Versicherte erzielt hätte, wenn er
gesund geblieben und das versicherte Ereignis nicht eingetreten wäre.

    Inzwischen hat sich das Eidg. Versicherungsgericht eingehend mit dieser
Streitfrage auseinandergesetzt und entschieden, dass sich der Begriff
seinem wörtlichen Sinn entsprechend auf das hypothetische Einkommen
bezieht, welches der Versicherte ohne Invalidität erzielen könnte (BGE
122 V 151 und 316 Erw. 2a), und zwar im Zeitpunkt, in welchem sich die
Kürzungsfrage stellt (nicht veröffentlichtes Urteil M. vom 28. Mai 1996,
SZS 1997 S. 469 Erw. 2c). Als ein Faktor der Überversicherungsberechnung
kann der mutmasslich entgangene Verdienst im Rahmen von Art. 24 Abs. 5
BVV2 im übrigen jederzeit neu festgelegt werden (nicht veröffentlichtes
Urteil F. vom 22. Januar 1997 und erwähntes Urteil M. vom 28. Mai 1996).

    b) Das kantonale Gericht zieht im angefochtenen Entscheid die
Rechtmässigkeit der vom Bundesrat in Art. 24 Abs. 1 BVV2 auf 90%
des mutmasslich entgangenen Verdienstes festgelegten Grenze für
die Überentschädigungsberechnung in Zweifel. Bei der konkreten
Überentschädigungsberechnung ist es allerdings von der Grenze von 90%
ausgegangen. Der Beschwerdegegner lässt in der Vernehmlassung unter Hinweis
auf SCHLAURI (Beiträge zum Koordinationsrecht der Sozialversicherungen,
St. Gallen 1995, S. 57) geltend machen, die auf 90% festgelegte
Beschränkung sei gesetzwidrig und die Koordination der Leistungen der
Vorsorgeeinrichtung habe bei 100% des mutmasslich entgangenen Verdienstes
stattzufinden. Unlängst hat indessen das Eidg. Versicherungsgericht auch
diese Streitfrage beurteilt und die vom Bundesrat in Art. 24 Abs. 1 BVV2
festgesetzte Überentschädigungslimite von 90% als gesetzmässig erachtet
(BGE 122 V 306, insbesondere 314 Erw. 6).

    c) Streitig ist des weitern, ob die vom Beschwerdegegner bis zum
28. Februar 1992 bezogenen Taggeldleistungen der Unfallversicherung in
die Überentschädigungsberechnung einzubeziehen sind.

    aa) Das kantonale Gericht vertritt die Auffassung, die Rechtsprechung,
wonach die Vorsorgeeinrichtungen in Nachachtung des Urteils des Eidg.
Versicherungsgerichts vom 31. August 1990 zu altArt. 25 Abs. 1 BVV2 (BGE
116 V 189) verpflichtet seien, ab 1. November 1990 Invalidenleistungen
zu erbringen (BGE 120 V 319 und 337), sei im vorliegenden Fall nicht
anwendbar, weil die Beschwerdeführerin in ihrem Vorsorgereglement
vom 1. Januar 1985 keinen Leistungsausschluss bei Leistungen durch
die Unfallversicherung statuiert habe. Aus diesem Grund stelle sich
die intertemporalrechtliche Frage auch nicht, ab welchem Zeitpunkt
die Gesetzwidrigkeit von altArt. 25 Abs. 1 BVV2 zu beachten sei. Die
Taggeldleistungen der Unfallversicherung seien im übrigen angesichts
des Wortlautes von altArt. 24 Abs. 2 BVV2, der nur von Renten spreche,
nicht anrechenbar.

    bb) Der Auffassung der Vorinstanz kann nicht gefolgt werden. In
einem analogen Fall, in welchem der Beschwerdeführer ebenfalls unter der
Geltung der alten Fassung von Art. 24 Abs. 2 BVV2 Taggeldleistungen der
Unfallversicherung bezogen hatte, hielt das Eidg. Versicherungsgericht
fest, ein theoretischer Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Rente der
Vorsorgeeinrichtung ab 1. Dezember 1991 komme nicht in Betracht, weil der
Beschwerdeführer nebst der Rente der Invalidenversicherung Taggelder der
Unfallversicherung bezogen habe. Nach der Koordinationsregel des Art. 40
UVG würden die Taggeldleistungen gekürzt, soweit sie zusammen mit der
Rente der Invalidenversicherung den mutmasslich entgangenen Verdienst
überstiegen. Im Rahmen der von Art. 24 Abs. 1 BVV2 gezogenen Grenzen
bestehe daher kein Raum für die Ausrichtung einer Rente der beruflichen
Vorsorge (BGE 122 V 317 Erw. 2b).

    cc) Des weitern ist in diesem Zusammenhang Art. 26 Abs. 2 BVG zu
beachten, wonach die Vorsorgeeinrichtung in ihren reglementarischen
Bestimmungen vorsehen kann, dass der Anspruch auf Invalidenleistungen
aufgeschoben wird, solange der Versicherte den vollen Lohn erhält. Bei
Art. 26 Abs. 2 BVG handelt es sich, wie das Eidg. Versicherungsgericht
in BGE 120 V 61 Erw. 2b festgehalten hat, um eine Koordinationsnorm
in zeitlicher Hinsicht, die verhindern soll, dass - aufgrund von
Lohnzahlungen oder der Ausrichtung von Ersatzleistungen, die den
Arbeitgeber von der Verpflichtung zur Lohnfortzahlung befreien -
dem Versicherten nach Eintritt der Invalidität mehr Geldmittel zur
Verfügung stehen als zur Zeit seiner Erwerbsfähigkeit (Botschaft des
Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenvorsorge vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 233). Der
Anspruch auf eine Invalidenrente kann jedoch nur aufgeschoben werden,
wenn die reglementarischen Bestimmungen der Vorsorgeeinrichtung dies
ausdrücklich vorsehen (MOSER, Die Zweite Säule und ihre Tragfähigkeit,
Diss. Basel 1992, S. 206; NEF, Die Leistungen der Beruflichen Vorsorge in
Konkurrenz zu anderen Versicherungsträgern sowie haftpflichtigen Dritten,
SZS 1987 S. 30). Eine solche Bestimmung ist in Art. 12 des Reglementes der
Beschwerdeführerin zu erblicken. Dieser Artikel hält u.a. die Priorität
der Leistungen der Unfallversicherung fest (Abs. 1) und bestimmt, dass die
Leistung aus der Basisversicherung der Vorsorgeeinrichtung entfällt, wenn
durch Leistungen der Unfallversicherung oder der Krankentaggeldversicherung
80% des entgangenen Verdienstes erreicht werden (Abs. 2). Damit setzen
die Leistungen der Vorsorgeeinrichtung erst ein, wenn die Leistungen der
Unfallversicherung oder der Krankentaggeldversicherung 80% des entgangenen
Verdienstes nicht decken. Die Koordinationsbestimmung von Art. 12 des
Reglementes, die generell von Leistungen der Unfallversicherung spricht,
erfasst auch die Taggeldleistungen, wie insbesondere die Erwähnung der
Krankentaggeldversicherung in Abs. 2 deutlich macht. Damit liegt die nach
Art. 26 Abs. 2 BVG für den Aufschub der Invalidenleistungen erforderliche
reglementarische Grundlage vor. Auch aus diesem Grunde sind die Taggelder
der Unfallversicherung in die Überentschädigungsberechnung einzubeziehen.

    dd) Schliesslich kann sich die Beschwerdeführerin entgegen der
Auffassung des kantonalen Gerichts im Zusammenhang mit BGE 116 V 189
auf Art. 50 Abs. 3 BVG berufen. Sie hat trotz des in Art. 25 Abs. 1 BVV2
ursprünglich statuierten Leistungsausschlusses eine für die Versicherten
günstigere Lösung getroffen und Leistungen der Vorsorgeeinrichtung unter
Anrechnung der Leistungen der Unfallversicherung vorgesehen (Art. 12
Abs. 1 und 2 des Reglementes). Bis zum Urteil BGE 116 V 189 durfte sie
davon ausgehen, dass Art. 12 Abs. 1 und 2 ihres Reglementes gesetzes-
und verordnungsgemäss ist. Sie kann sich unter diesen Umständen bis
zum Stichtag gemäss BGE 120 V 319, d.h. bis 1. November 1990 (vgl. BGE
120 V 337 Erw. 11), ebenfalls auf den Gutglaubensschutz gemäss Art.
50 Abs. 3 BVG berufen. Selbst wenn die Anrechnung der Taggelder der
Unfallversicherung nicht zulässig wäre, müssten diese daher im vorliegenden
Fall bis 31. Oktober 1990 bei der Berechnung der Überentschädigung
berücksichtigt werden. Ab diesem Zeitpunkt hat sie sich auch die von
ihr nicht mehr bestrittene Erhöhung der Grenze gemäss Art. 12 Abs. 2 des
Reglementes von 80% auf 90% gefallen zu lassen.

    d) Ebenfalls im Streit liegt die Höhe des mutmasslich entgangenen
Verdienstes. Die Beschwerdeführerin stellt sich auf den Standpunkt, der
von der Vorinstanz angenommene Ausgangslohn von Fr. 2'800.-- pro Monat
sei unzutreffend, richtig seien Fr. 2'500.-- pro Monat.

    Der Lohn von Fr. 2'800.-- pro Monat als Hilfskoch ist durch die
Bestätigung der Arbeitgeberin in der Unfallmeldung vom 6. Juni 1988
ausgewiesen. Darin werden ein jährlicher Grundlohn von Fr. 33'600.--,
Kinderzulagen von Fr. 2'640.-- und eine Gratifikation/13. Monatslohn von
Fr. 1'000.--, somit total Fr. 37'240.--, angegeben. Auf diese Bestätigung
der Arbeitgeberin ist mit dem kantonalen Gericht und dem Beschwerdegegner
grundsätzlich abzustellen. Nicht entscheidend ist entgegen der Auffassung
der Beschwerdeführerin die AHV-Abrechnung für das Jahr 1988, weil die
kurz vor dem Unfall auf den 1. April 1988 erfolgte Lohnerhöhung im Rahmen
des mutmasslich entgangenen Verdienstes, welcher ein hypothetisches,
frühestens im Zeitpunkt des Rentenbeginns liegendes Einkommen darstellt,
zu berücksichtigen ist. Mit einzubeziehen ist ferner mit dem kantonalen
Gericht und dem BSV der 13. Monatslohn, auf welchen der Beschwerdegegner
nach Art. 34 des Landes-Gesamtarbeitsvertrages des Gastgewerbes von 1992
spätestens ab 1. Januar 1992 Anspruch gehabt hätte.

    Was die Anpassung des Ausgangslohnes für die Folgezeit betrifft,
so ist folgendes festzuhalten. Gemäss Art. 24 Abs. 5 BVV2 kann
die Vorsorgeeinrichtung die Voraussetzungen und den Umfang einer
Kürzung jederzeit überprüfen und ihre Leistungen anpassen, wenn die
Verhältnisse sich wesentlich ändern. Nach dem Bericht vom Sommer 1983,
welchen das BSV zum Entwurf vom 2. August 1983 der Verordnung 2 über
die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge (BVV2)
erstellt hat, soll eine Anpassung jederzeit möglich sein, vorausgesetzt
sie erreicht ein Ausmass von gewisser Bedeutung. Die Expertenkommission
habe dabei an eine Grössenordnung von 10% gedacht (Bericht S. 39). Eine
solche Leistungsanpassung in der Grössenordnung von 10% zugunsten oder
zuungunsten des Rentenbezügers ist grundsätzlich als wesentliche Änderung
der Verhältnisse zu betrachten. Des weitern ist in diesem Zusammenhang
zu beachten, dass die Renten nach Massgabe der gesetzlichen und
reglementarischen Bestimmungen der Teuerung angepasst werden (Art. 36
BVG; Verordnung über die Anpassung der laufenden Hinterlassenen-
und Invalidenrenten an die Preisentwicklung vom 16. September 1987, SR
831.426.3). Als ein Faktor der Überentschädigungsberechnung ist daher der
einmal bestimmte mutmasslich entgangene Verdienst in der Folgezeit nur
dann neu festzulegen, wenn hinreichender Grund für die Annahme besteht,
dass sich die Verhältnisse im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV2 wesentlich
geändert hätten (vgl. BGE 122 V 154 Erw. 3c). Die Berechnungsweise der
Vorinstanz, wonach der mutmasslich entgangene Verdienst für jedes einzelne
Jahr um die jeweilige Teuerungs- und Reallohnentwicklung zu erhöhen ist,
lässt sich mit Art. 24 Abs. 5 BVV2 nicht vereinbaren. Nicht anders zu
entscheiden ist, wenn die Leistungen wie im vorliegenden Fall erst Jahre
später retrospektiv festgesetzt werden.

    e) Schliesslich wendet die Beschwerdeführerin noch ein, es gehe
für die Zeit bis 1. Februar 1990 bei einem Invaliditätsgrad von 50%
nicht an, die mit einer zumutbaren Verwertung der Restarbeitsfähigkeit
erzielbaren Einkünfte ausser Rechnung zu lassen. Im Rahmen von Art. 24
Abs. 2 BVV2 ist jedoch, dem klaren Wortlaut der Bestimmung entsprechend,
nur das effektiv erzielte, nicht auch das zumutbarerweise erzielbare
Erwerbseinkommen Teilinvalider anzurechnen (BGE 123 V 88).

Erwägung 6

    6.- In Berücksichtigung der vorstehend in Erw. 5 gemachten
Ausführungen ist im folgenden zu prüfen, ob für die einzelnen Jahre eine
Überentschädigung vorliegt oder nicht.

    a) Der Beschwerdegegner hat bis zum 28. Februar 1992 Taggelder
der Unfallversicherung bezogen, teilweise für eine Arbeitsunfähigkeit
von 50% und für eine solche von 100%. Der Unfallversicherer hat mit
Verfügung vom 4. Februar 1992 im Verhältnis zur Invalidenversicherung
gestützt auf Art. 40 UVG, welcher als Grenze den mutmasslich entgangenen
Verdienst (d.h. 100%) vorsieht, die Koordination vorgenommen. Für die
Zeit vom 22. April 1988 bis 31. Dezember 1991 ergaben sich nach Abzug
einer 20%igen Leistungskürzung von Fr. 16'006.40 wegen schuldhafter
Herbeiführung des Unfalles (vgl. dazu auch Art. 25 Abs. 2 BVV2 und
BGE 122 V 306) ausbezahlte Sozialversicherungsleistungen in Höhe von
Fr. 122'279.10 bei einem entgangenen Verdienst von Fr. 109'785.85 in dieser
Periode. Aus dieser Rechnung resultierte auf der Basis des mutmasslich
entgangenen Verdienstes von 100% eine Überentschädigung zugunsten des
Unfallversicherers gegenüber der Invalidenversicherung in Höhe von Fr.
12'493.25. Daraus ergibt sich bei inhaltlich gleicher Umschreibung des
mutmasslich entgangenen Verdienstes nach Art. 40 UVG und Art. 24 Abs. 1
BVV2 (vgl. BGE 122 V 154 Erw. 3c) ohne weiteres, dass bis Ende Dezember
1991 die anrechenbaren Einkünfte des Beschwerdegegners aus Invaliden- und
Unfallversicherung den massgeblichen Grenzwert von 90% übersteigen. Die
Beschwerdeführerin ist daher für den Zeitraum vom 1. April 1989 bis 31.
Dezember 1991 nicht leistungspflichtig.

    b) Die vom kantonalen Gericht für das Jahr 1992 als geschuldet
betrachteten Invalidenleistungen in Höhe von Fr. 2'988.-- hat die
Beschwerdeführerin mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ausdrücklich
nicht angefochten. Wiewohl der vorliegende Prozess einen Streit um
Versicherungsleistungen im Sinne von Art. 132 OG darstellt, besteht
vorliegend kein Grund, die richterliche Prüfungspflicht auf die nicht
mehr bestrittene Invalidenleistung für das Jahr 1992 auszudehnen. Dazu
besteht weder nach der Aktenlage noch den Vorbringen der Parteien Anlass
(BGE 110 V 53 ff.).

    c) Bei der Berechnung der Überentschädigung für die Jahre 1993 bis 1995
ist zu beachten, dass nach Art. 24 Abs. 2 und 3 BVV2 in der geänderten,
ab 1. Januar 1993 gültigen Fassung auch die Zusatzrente für die Ehefrau
sowie die ganzen Kinderrenten der Invalidenversicherung anrechenbar
sind. Diese Änderungen sind auch auf bereits laufende Invalidenleistungen
ab Inkrafttreten am 1. Januar 1993 anwendbar (BGE 122 V 319 Erw. 3c). Sie
rechtfertigen auch eine Neufestlegung des mutmasslich entgangenen
Verdienstes per 1. Januar 1993, zumal die massgeblichen Leistungen der
Invalidenversicherung und der Unfallversicherung in der Zwischenzeit
verschiedentlich der Lohn- und Preisentwicklung (Art. 33ter AHVG) sowie
der Teuerung (Art. 34 UVG) angepasst worden sind.

    Das kantonale Gericht hat die anrechenbaren
Sozialversicherungsleistungen für das Jahr 1993 auf Fr. 29'785.--
(Fr. 28'152.-- IV-Leistungen, Fr. 1'633.-- UV-Rente) festgelegt, was
aufgrund der Akten erstellt ist und wovon auch die Parteien ausgehen.

    Der Beschwerdegegner hat ab 1. April 1988 Fr. 2'800.-- im Monat als
Hilfskoch verdient. Gestützt auf Art. 34 des Landes-Gesamtarbeitsvertrages
des Gastgewerbes kommt für das Jahr 1993 noch ein ganzer 13. Monatslohn
dazu. Ohne Berücksichtigung der seit 1988 eingetretenen Teuerung
und Reallohnentwicklung sowie ohne Einbezug der Kinderzulagen ergibt
sich für das Jahr 1993 ein mutmasslich entgangener Jahresverdienst
von Fr. 32'760.-- (90% von Fr. 36'400.-- [13 x Fr. 2'800.--]). Bei
anrechenbaren Sozialversicherungsleistungen von Fr. 29'785.-- resultiert
eine Differenz von Fr. 2'975.-- im Jahr bei jährlichen Invalidenleistungen
der Beschwerdeführerin von Fr. 2'988.--. Da der mutmasslich entgangene
Verdienst das hypothetische Einkommen darstellt, welches der Versicherte
ohne Invalidität im Zeitpunkt, in welchem sich die Kürzungsfrage stellt,
erzielen könnte (Erw. 5a hievor) und sich wegen der durch die Änderung
von Art. 24 Abs. 2 und 3 BVV2 für das Jahr 1993 erfolgten Neuberechnung
auch die Anpassung des mutmasslich entgangenen Verdienstes rechtfertigt,
sind die auf den Angaben des Arbeitgebers für das Jahr 1988 beruhenden
Verdienstzahlen zumindest teilweise teuerungsbedingt auf das Jahr 1993
hochzurechnen. Daraus folgt ohne weiteres, dass für das Jahr 1993 - auf
die Invalidenleistungen von Fr. 2'988.-- bezogen - keine Überentschädigung
vorliegt. Da kein Grund zur Annahme besteht, dass sich die Verhältnisse
für die Jahre 1994 und 1995 im Sinne von Art. 24 Abs. 5 BVV2 wesentlich
geändert hätten, sind die Invalidenleistungen auch für diese beiden Jahre
geschuldet. Bei diesem Ergebnis kann daher offenbleiben, ob und in welchem
Umfang die Teuerungs- und Reallohnentwicklung sowie die Kinderzulagen
beim mutmasslich entgangenen Verdienst zu berücksichtigen sind.

    d) Die von der Vorinstanz für die Zeitspanne 1993 bis 1995 ermittelten
Invalidenleistungen von Fr. 3'465.-- (1993 und 1994) und Fr. 3'607.--
(1995) basieren auf einer Anpassung des ursprünglichen Rentenbetrages von
Fr. 2'988.-- an die Preisentwicklung gemäss Art. 36 Abs. 1 BVG. Eine solche
Anpassung kommt jedoch für die Jahre 1993 bis 1995 nicht in Betracht,
weil der Beschwerdegegner erst ab 1. Januar 1992 Invalidenleistungen
beanspruchen kann. Deren Laufzeit hat am 1. Januar 1995 - wie von
Art. 36 Abs. 1 BVG vorausgesetzt - drei Jahre noch nicht überschritten,
weshalb eine Teuerungsanpassung entfällt. Entsprechend sieht die durch
das BSV am 1. November 1995 bekanntgegebene "Anpassung der laufenden
BVG-Hinterlassenen- und Invalidenrenten an die Preisentwicklung auf den
1. Januar 1996" eine erstmalige Anpassung der im Verlaufe des Jahres 1992
zum ersten Mal ausgerichteten Invalidenleistungen erst auf den 1. Januar
1996 vor.

    e) Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin
dem Beschwerdegegner für die Jahre 1992 bis und mit 1995 jährliche
Invalidenleistungen von je Fr. 2'988.-- auszurichten hat.