Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 II 595



123 II 595

62. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 10. Dezember 1997 i.S. BAP gegen Aguamina Corporation
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Rechtshilfe in Strafsachen an die Republik der Philippinen; Art. 74a
IRSG: Herausgabe von Vermögenswerten zur Einziehung oder Rückerstattung.

    Auslegung von Art. 74a Abs. 3 IRSG; Voraussetzungen, unter denen
ausnahmsweise auf das Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheids des
ersuchenden Staats verzichtet werden kann (E. 4).

    Angesichts des erheblichen Interesses der Schweiz an einer vorzeitigen
Rückführung der Vermögenswerte und deren offensichtlich deliktischer
Herkunft ist die vorzeitige Herausgabe gerechtfertigt, sofern die
Philippinen zusichern, dass über die Einziehung bzw. die Rückerstattung
nur in einem dem UNO-Pakt II genügenden gerichtlichen Verfahren entschieden
wird (E. 5).

    Rechte Dritter i.S. von Art. 74a Abs. 4 und 5 IRSG stehen der
sofortigen Herausgabe nicht entgegen (E. 6).

    Im Rahmen von Art. 1a IRSG ist den in internationalen Verträgen
garantierten Menschenrechten Rechnung zu tragen; Berücksichtigung der
Interessen der Opfer von Menschenrechtsverletzungen unter dem Marcos-Regime
(Art. 2, 6, 7, 9, 14 und 41 UNO-Pakt II; Art. 13, 14, 16 Abs. 1 und 30
UN-Übereinkommen gegen die Folter von 1984) (E. 7c).

    Die in den Vereinigten Staaten ergangenen gerichtlichen Verfügungen
bezüglich der in der Schweiz gesperrten Vermögenswerte sowie allfällige
sich daraus ergebende Nachteile für die schweizerischen Banken stehen
einer Herausgabe an die Philippinen nicht entgegen (E. 7d).

Sachverhalt

    Die Republik der Philippinen ersuchte im April 1986 das
Bundesamt für Polizeiwesen (BAP) um Rechtshilfe im Zusammenhang
mit der Rückführung von Vermögenswerten, die sich Ferdinand Marcos,
seine Angehörigen und ihm nahestehende Personen in Ausübung ihrer
öffentlichen Funktionen unrechtmässig angeeignet haben sollen. Gestützt
auf dieses Rechtshilfeersuchen wurden in den Kantonen Zürich, Freiburg
und Genf u.a. Vermögenswerte der Stiftungen Maler 1, Maler 2 und der
Arelma Inc. beim Schweizerischen Bankverein (SBV) in Genf, der Aguamina
Corporation und der liquidierten Rosalys Foundation beim Schweizerischen
Bankverein in Freiburg und der Palmy, der Avertina und der Vibur Stiftung
bei der Schweizerischen Kreditanstalt (SKA) in Zürich gesperrt und die
Herausgabe von Kontounterlagen an die Philippinen bewilligt (zu den
Einzelheiten vgl. BGE 116 Ib 452 S. 454 f.).

    Die Rechtsmittelentscheide über die Anordnungen des Freiburger
Untersuchungsrichters und der Bezirksanwaltschaft Zürich wurden durch
die Erben des am 28. September 1989 verstorbenen Ferdinand Marcos und
durch Imelda Marcos, die Aguamina Corporation sowie die Stiftungen Palmy,
Avertina und Vibur an das Bundesgericht weitergezogen. Am 21. Dezember 1990
fällte das Bundesgericht zwei übereinstimmende Urteile. Das Bundesgericht
bewilligte die Übermittlung der beim SBV in Freiburg und bei der SKA in
Zürich erhobenen Bankunterlagen unter dem Vorbehalt, dass der ersuchende
Staat eine ausdrückliche und unmissverständliche Erklärung abgegeben
habe, gemäss welcher er sich verpflichte, die den Angeschuldigten
aufgrund der Schweizerischen Bundesverfassung und der Europäischen
Menschenrechtskonvention zustehenden Minimalgarantien zu gewähren und
das in Art. 67 IRSG vorgesehene Spezialitätsprinzip zu beachten. Sodann
bewilligte das Bundesgericht grundsätzlich die Herausgabe der beim SBV
Freiburg und bei der SKA Zürich beschlagnahmten Vermögenswerte, wobei
es allerdings den Vollzug aufschob, bis ein rechtskräftiges Urteil des
Sandiganbayan oder eines anderen gesetzlich zuständigen philippinischen
Gerichts in Strafsachen über die Rückerstattung dieser Gelder an die
Berechtigten oder über deren Einziehung vorliege (BGE 116 Ib 452 E. 5
S. 459 ff.). In bezug darauf traf es folgende Anordnungen (in der Fassung
des deutschsprachigen Urteils):

    "Will der ersuchende Staat zu diesem Zweck einen Prozess einleiten, so
   muss er das innert einer Frist von maximal einem Jahr seit der Fällung
   des heutigen Bundesgerichtsurteils tun, ansonsten die Beschlagnahme der

    Guthaben auf Ersuchen der Betroffenen aufgehoben würde. Ausserdem muss
   dieser Prozess den Anforderungen der Art. 4 BV, 58 BV und 6 EMRK
   entsprechen.

    Es ist im weiteren festzuhalten, dass die Behörden des ersuchten
Staates
   vor der Vollziehung eines allfälligen Entscheids über die Rückerstattung
   der Gelder an die Berechtigten oder über deren Einziehung abzuklären
   hätten, ob dieser Entscheid in einem den oben erwähnten formellen

    Anforderungen entsprechenden Verfahren getroffen worden ist und ob sein

    Inhalt nicht dem schweizerischen ordre public widerspricht."

    Der Genfer Untersuchungsrichter passte die von ihm erlassenen
Rechtshilfeanordnungen an die Bundesgerichtsurteile vom 21. Dezember
1990 an.

    Das BAP bezeichnete mit Verfügung vom 23. Mai 1991 den Kanton Zürich
als Leitkanton im Sinne des Rechtshilfegesetzes und mithin als zuständig
für die im Anschluss an die bundesgerichtlichen Urteile vom 21. Dezember
1990 in der Rechtshilfesache Marcos zu treffenden Entscheidungen
(vgl. dazu BGE 119 Ib 56 ff.). Die Bezirksanwaltschaft Zürich stellte
mit Verfügung vom 6. Februar 1992 fest, mit der in der Zwischenzeit
beim Sandiganbayan erfolgten Einreichung von sechs Anklageschriften
(gegen Imelda Marcos-Romualdez) sei innerhalb eines Jahres bei einem
zuständigen Gericht ein Verfahren eingeleitet worden, das zu einer
Verurteilung der Angeschuldigten führen könne; den Angeschuldigten sei
sodann die Möglichkeit eingeräumt worden, am Prozess in uneingeschränkter
Weise teilzunehmen. Diese Verfügung wurde nicht angefochten.

    Die Republik der Philippinen reichte am 10. August 1995 ein
"zusätzliches" Rechtshilfeersuchen ("additional request for mutual
assistance") der Presidential Commission on Good Government (PCGG) ein. Im
Gesuch wird verlangt, dass die in der Schweiz blockierten Vermögenswerte
vorzeitig, d.h. vor dem Vorliegen eines rechtskräftigen philippinischen
Entscheids, auf ein Sperrkonto ("Escrow-Konto") der philippinischen
National Bank transferiert werden.

    Die Bezirksanwaltschaft Zürich entsprach diesem Ersuchen und ordnete in
drei separaten Verfügungen vom 21. August 1995 die vorzeitige Herausgabe
der Vermögenswerte, an welchen Imelda Marcos und die Erben des Ferdinand
Marcos formell oder wirtschaftlich berechtigt seien, an den ersuchenden
Staat an. Die betroffenen Banken - d.h. der Schweizerische Bankverein in
Genf, der Schweizerische Bankverein in Freiburg und die Schweizerische
Kreditanstalt in Zürich - wurden darauf hingewiesen, die Herausgabe der
Vermögenswerte erfolge im Rahmen der Verpflichtungen der philippinischen
Republik sowie der PNB gemäss der Escrow-Vereinbarung vom 14. August 1995.

    Gegen die Verfügungen der Bezirksanwaltschaft vom 21. August
1995 rekurrierten neben den Inhabern der betroffenen Konten und
den Banken der Nachlass Marcos, Imelda Marcos-Romualdez sowie die
Arrestgläubiger Anderson, Hibey & Blair und die Arrestgläubigerin
Golden Budha Corporation. Das Obergericht fällte am 20. Februar 1997 neun
Entscheide. Auf die Rekurse der Banken trat es wegen fehlender Legitimation
nicht ein. Gestützt auf die Rechtsmittel der übrigen Rekurrenten hob
es die drei Verfügungen der Bezirksanwaltschaft vom 21. August 1995
auf. Das Obergericht hielt es für angezeigt, an den vom Bundesgericht
mit den Urteilen vom 21. Dezember 1990 festgelegten Bedingungen, die vor
einer Transferierung erfüllt sein müssen, weiterhin festzuhalten.

    Das BAP hat gegen die sechs gutheissenden Rekursentscheide des
Obergerichts je eine Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht
eingereicht. Es beantragt, die angefochtenen Entscheide seien aufzuheben
und es sei festzustellen, dass die mit den Bundesgerichtsurteilen
vom 21. Dezember 1990 festgelegte Bedingung (eines rechtskräftigen
philippinischen Urteils) an den Vollzug der Herausgabe der Vermögenswerte
weggefallen sei. Eventuell sei die Herausgabe der in der Schweiz gesperrten
Vermögenswerte, mit Ausnahme eines vom Bundesgericht festzulegenden
angemessenen Anteils, unverzüglich zu vollziehen.

    Die vorliegende Verwaltungsgerichtsbeschwerde richtet sich gegen den
Rekursentscheid, der gestützt auf das Rechtsmittel der Aguamina Corporation
ergangen ist. Diese beantragt die Abweisung der Beschwerde und stellt
diverse Eventualbegehren. Die Republik der Philippinen unterstützt den
Antrag des Beschwerdeführers.

Auszug aus den Erwägungen:

                       Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, dass der von
der Bezirksanwaltschaft angeordnete Transfer der beschlagnahmten
Vermögenswerte gestützt auf das am 4. Oktober 1996 revidierte Bundesgesetz
über internationale Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. März 1981 (IRSG;
SR 351.1), namentlich Art. 74a IRSG, zulässig sei. Das Obergericht
nimmt im angefochtenen Entscheid den gegenteiligen Standpunkt ein: Die
Anwendung des neuen Rechts führe nicht dazu, dass auf das Erfordernis eines
rechtskräftigen Urteils des ersuchenden Staates verzichtet werden könne.

    Aufgrund der Bundesgerichtsurteile vom 21. Dezember 1990 steht fest,
dass die beschlagnahmten Vermögenswerte als Erzeugnis oder Erlös aus einer
strafbaren Handlung im Sinne von Art. 74a Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. b
IRSG in Betracht fallen und der Philippinischen Republik zur Einziehung
oder Rückerstattung an die Berechtigten grundsätzlich herauszugeben
sind. Nach Art. 74a Abs. 3 IRSG kann die Herausgabe in jedem Stadium
des ausländischen Verfahrens erfolgen, "in der Regel gestützt auf
einen rechtskräftigen und vollstreckbaren Entscheid des ersuchenden
Staates". Indessen können gemäss Art. 74a Abs. 4 IRSG die Gegenstände oder
Vermögenswerte in der Schweiz zurückbehalten werden, wenn bestimmte Rechte
Dritter einer sofortigen Herausgabe entgegenstehen. Macht ein Berechtigter
in diesem Sinn an den Gegenständen oder Vermögenswerten Ansprüche geltend,
so wird deren Freigabe bis zur Klärung der Rechtslage aufgeschoben; die
streitigen Gegenstände oder Vermögenswerte dürfen dann nur unter den im
Gesetz genannten Voraussetzungen dem Berechtigten herausgegeben werden
(Art. 74a Abs. 5 IRSG). Aufgrund dieser Ordnung ist im vorliegenden
Fall zunächst zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine vorzeitige
Herausgabe der beschlagnahmten Vermögenswerte gemäss Art. 74a Abs. 3
IRSG gegeben sind, d.h. ob auf das Erfordernis eines rechtskräftigen und
vollstreckbaren Entscheids des ersuchenden Staates verzichtet werden kann
(vgl. im folgenden E. 4 und 5). Erst wenn dies zu bejahen ist, stellt sich
die Frage, ob allfällige Rechte Dritter im Sinne von Art. 74a Abs. 4 IRSG
eine Zurückbehaltung der Vermögenswerte erfordern (E. 6). Schliesslich
ist zu beachten, dass Art. 74a IRSG als "Kann-Bestimmung" formuliert
ist: Auch wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen, ist die
Rechtshilfebehörde nicht zur Herausgabe verpflichtet, sondern entscheidet
nach pflichtgemässem Ermessen (vgl. dazu E. 7).

Erwägung 4

    4.- Art. 74a Abs. 3 IRSG verlangt das Vorliegen eines rechtskräftigen
und vollstreckbaren Entscheids des ersuchenden Staates nur in der
Regel. Das Gesetz überlässt es somit der rechtsanwendenden Behörde, in
gewissen Fällen von diesem Erfordernis abzusehen, wobei die vorzeitige
Herausgabe die Ausnahme bleiben muss und nicht zur Regel werden
darf. Welche rechtlichen Kriterien für die Unterscheidung zwischen
gesetzlichem Regel- und Ausnahmefall gelten, ist im Wege der Auslegung
zu ermitteln.

    a) Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst
nach Wortlaut, Systematik, Sinn und Zweck der Regelung verstanden werden.
Auszurichten ist die Auslegung auf die ratio legis, die das Gericht
allerdings nicht nach seinen eigenen, subjektiven Wertvorstellungen,
sondern nach den Vorgaben und Regelungsabsichten des Gesetzgebers aufgrund
der herkömmlichen Auslegungselemente zu ermitteln hat (BGE 121 III 219
E. 1d/aa S. 224 mit Hinweisen; 123 II 464 E. 3a S. 468). Im vorliegenden
Fall stellt sich die Frage, welchem Zweck das Erfordernis eines vorgängigen
rechtskräftigen Entscheids in Art. 74a Abs. 3 IRSG zugedacht ist, um daraus
allfällige Rückschlüsse für eine verallgemeinerungsfähige Ausnahmeregelung
ziehen zu können. Das Bundesgericht befolgt bei der Gesetzesauslegung
einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab,
die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Prioritätsordnung
zu unterstellen (BGE 121 III 219 E. 1d/aa S. 225 mit Hinweisen). Die
Gesetzesmaterialien können als Auslegungshilfe herangezogen werden; ihre
Bedeutung ist unterschiedlich je nach dem, ob es sich um neuere oder
ältere Gesetze handelt (BGE 116 II 411 E. 5b S. 415 mit Hinweisen).

    b) Dem Wortlaut von Art. 74a IRSG lässt sich über den Zweck des
Erfordernisses eines rechtskräftigen Urteils wenig entnehmen. Immerhin
lassen sich folgende Negativaussagen machen: Die Herausgabe kann in
jedem Stadium des ausländischen Strafverfahrens erfolgen, und es ist
somit nicht erforderlich, dass der Angeschuldigte bereits rechtskräftig
verurteilt wurde; damit ist die Unschuldsvermutung für die Annahme eines
Ausnahmefalles grundsätzlich unerheblich. Ferner enthalten Art. 74a Abs. 4
und 5 IRSG besondere Bestimmungen zum Schutz konkurrierender Ansprüche;
daraus lässt sich schliessen, dass Abs. 3 nicht demselben Zweck dient,
sondern andere Ziele verfolgt. Schliesslich verzichtet die neue Regelung
auf ein Exequaturverfahren im Sinn der Art. 94 ff. IRSG. Dies beruht
zum einen auf dem völkerrechtlichen Vertrauensprinzip (Botschaft des
Bundesrates betreffend die Änderung des Rechtshilfegesetzes vom 29. März
1995 [im folgenden: Botschaft], BBl 1995 III, S. 25); zum anderen liegt
dieser Regelung auch der Gedanke zugrunde, dass der Staat, in dem das
Strafverfahren durchgeführt wird und in dem sich regelmässig auch die
Geschädigten befinden, am besten geeignet ist, über die Verteilung der
Vermögenswerte zu entscheiden. Daraus folgt, dass Art. 74a Abs. 3 IRSG
jedenfalls keine materielle (inhaltliche) Kontrolle des gerichtlichen
Einziehungs- oder Rückerstattungsentscheids durch die schweizerischen
Rechtshilfebehörden bezweckt.

    c) Systematisch betrachtet, unterscheidet das Gesetz zwischen der
Herausgabe von Beweismitteln (Art. 74), der Herausgabe zur Einziehung oder
Rückerstattung (Art. 74a) und der Herausgabe im Zusammenhang mit einer
Auslieferung (sog. Sachauslieferung; Art. 59 IRSG). Die Sachauslieferung
entspricht, was die herauszugebenden Gegenstände und Vermögenswerte sowie
den Rechtsschutz Dritter betrifft, der Regelung in Art. 74a IRSG. Im
Gegensatz zu jener Bestimmung verlangt Art. 59 IRSG jedoch keinen
rechtskräftigen Entscheid des ersuchenden Staates; gemäss Art. 22 Satz 1
der Verordnung vom 24. Februar 1982 über internationale Rechtshilfe in
Strafsachen (IRSV; SR 351.11) ist nicht einmal ein besonderes Ersuchen
der Behörden des ersuchenden Staates erforderlich. Die Gegenstände und
Vermögenswerte können selbst dann übergeben werden, wenn sie erst nach
dem Vollzug der Auslieferung aufgefunden werden oder wenn die Auslieferung
des Verfolgten nicht vollzogen werden kann (Art. 59 Abs. 7 IRSG, Art. 22
Satz 2 IRSV).

    Die Sachauslieferung beschränkt sich auf Gegenstände und
Vermögenswerte, die sich bei der auszuliefernden Person befinden, wozu auch
solche Gegenstände und Vermögenswerte zählen, die bei einer Bank oder bei
Dritten deponiert sind, sofern die auszuliefernde Person rechtlich oder
tatsächlich darüber verfügen kann (vgl. BGE 103 Ia 616 E. 4a S. 622 f.;
115 Ib 517 E. 7e S. 535 f.; 97 I 372 E. 6b S. 386; Botschaft, BBl 1995
III, S. 21). Es erscheint allerdings fraglich, ob diesem Aspekt ein
so grosses Gewicht zukommt, dass es die unterschiedliche Regelung (und
allenfalls auch die Annahme eines Ausnahmefalls i.S.v. Art. 74a Abs. 3
IRSG) zu rechtfertigen vermag. Der Vergleich mit der Sachauslieferung
gibt jedenfalls keinen überzeugenden Aufschluss über den Zweck des
Erfordernisses eines vorgängigen Urteils in Art. 74a Abs. 3 IRSG.

    d) Aufschlussreicher ist dagegen die Entstehungsgeschichte dieser
Bestimmung, die im folgenden kurz aufzuzeigen ist:

    Eine der wesentlichen Anliegen der Gesetzesrevision war die Neuregelung
der Herausgabe beschlagnahmter Gegenstände und Vermögenswerte, weil die
geltenden Bestimmungen - wie die Fälle Pemex (BGE 115 Ib 517) und Marcos
(BGE 116 Ib 452) gezeigt hatten - lückenhaft und widersprüchlich waren
(Botschaft, BBl 1995 III S. 13 und S. 25). Nach dem bundesrätlichen Entwurf
sollte die Herausgabe nur auf der Grundlage eines rechtskräftigen und
vollstreckbaren Entscheids des ersuchenden Staates über die Einziehung
oder Rückerstattung der Gegenstände oder Vermögenswerte erfolgen. Die
Mehrheit der ständerätlichen Kommission wollte auf dieses Erfordernis
verzichten und schlug eine Regelung vor, wonach die Herausgabe in jedem
Stadium des Verfahrens erfolgen könne, "wenn der betreffende Fall oder
die Besonderheiten des ausländischen Rechts es erfordern" (AB S 1996
S. 229). Damit wollte die Kommissionsmehrheit die Vorschriften über die
Herausgabe an diejenigen über die Auslieferung von Personen angleichen
(vgl. Voten Küchler, AB SR 1996 S. 230; MARTY, aaO, S. 230 und 232, und
BEERLI, aaO, S. 232). Zudem wurde darauf hingewiesen, dass das Festhalten
am Erfordernis eines rechtskräftigen Entscheids zu stossenden Ergebnissen
führen könne, namentlich im Verhältnis zu anglo-amerikanischen Staaten,
deren Gerichte für den Entscheid über im Ausland befindliche Sachen
unzuständig seien; dies habe im Fall Pemex dazu geführt, dass das Geld
schliesslich wieder den Angeschuldigten habe ausgehändigt werden müssen
(Votum Marty, aaO, S. 230). Sodann gebe es Fälle, die so offensichtlich
seien, dass es unverhältnismässig wäre, ein rechtskräftiges ausländisches
Urteil abzuwarten, wie z.B. im Fall des aus den Uffizien in Florenz
gestohlenen Gemäldes von Piero della Francesca (Votum Marty, aaO, S.
230 f.). Unter Bezugnahme auf den Fall Marcos wurden auch staats- und
aussenpolitische Argumente für den Antrag der Kommissionsmehrheit ins
Feld geführt (Votum Simmen, aaO, S. 231).

    Die Kommissionsminderheit gab dagegen zu bedenken, dass im
Anfangsstadium des Verfahrens noch nicht feststehe, wer überhaupt
Berechtigter der Vermögenswerte sei (Votum Danioth, AB SR 1996 S. 231)
und ob die Werte tatsächlich in strafrechtlich relevanter Weise erworben
worden seien (Voten Danioth, aaO, S. 230, und CARLO SCHMID, aaO,
S. 231). Der Antrag der Kommissionsmehrheit öffne dem freien Ermessen
der Untersuchungsinstanzen Tür und Tor, um unter Missachtung aller
Rechtsrücksichten Opportunes unter dem Gesichtswinkel der Staatspolitik
zu tun (Votum Schmid, aaO, S. 231). Das Erfordernis eines rechtskräftigen
Urteils stelle ein minimales verfahrensrechtliches Erfordernis dar (Voten
Schmid und Danioth, aaO, S. 230 und 231).

    Bundesrat Koller (AB S 1996 S. 232) hielt den Vergleich mit der
Auslieferung nicht für stichhaltig, weil bei der Auslieferung mindestens
ein klarer Haftbefehl vorliege, in dem die Straftaten und der Zweck der
Verhaftung klar umschrieben seien, während im Bereich der akzessorischen
Rechtshilfe, zumal im Anfangsstadium des Verfahrens, oft nur sehr vage
Angaben vorhanden seien. Zudem stehe bei der Auslieferung die Identität
des Auszuliefernden von Anfang an fest, während es bei der akzessorischen
Rechtshilfe möglicherweise mehrere Prätendenten auf die Vermögensgüter
gebe. Schliesslich könne die Schweiz im Rahmen der Rechtshilfe nicht
weiter gehen als in einem innerstaatlichen Verfahren, in dem ebenfalls eine
richterliche Verfügung erforderlich sei. Indessen räumte er ein, dass das
Bundesgericht im Entscheid Marcos, an dem sich der bundesrätliche Entwurf
orientiert habe, das Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils nur "en règle
générale" verlangt habe und es vielleicht zu weit gehe, eine richterliche
Entscheidung absolut zu verlangen. Dagegen könne er der Formulierung der
Kommissionsmehrheit nie zustimmen, weil darin alle normativen Leitplanken
für die wichtige Frage der Aushändigung von Vermögenswerten fehlten.

    Im Sinne eines Kompromisses brachte die Kommissionsminderheit den
Vorschlag ein, in die Fassung des Bundesrates den Zusatz "in der Regel"
aufzunehmen. Damit werde einerseits die Schranke des rechtskräftigen
und vollstreckbaren Entscheids des ersuchenden Staates beibehalten;
anderseits solle in bestimmten Fällen - wo dies nicht möglich oder
auch nicht erforderlich sei oder wo es aus anderen Gründen wegen des
ordre public geboten sei zu handeln - eine Ausnahmemöglichkeit bestehen
(Votum Danioth, AB SR 1996 S. 243). Diesem modifizierten Antrag der
Kommissionsminderheit stimmte der Ständerat zu, welchem Beschluss sich der
Nationalrat im Differenzbereinigungsverfahren anschloss (AB N 1996 S. 747).

    Die Entstehungsgeschichte von Art. 74a Abs. 3 IRSG zeigt einzelne
Richtpunkte der Regelungsabsicht des Gesetzgebers auf, an denen sich die
Suche nach Kriterien zur Abgrenzung des Ausnahmefalles vom Regelfall zu
orientieren hat.

    e) Der Einziehungs- oder Rückerstattungsentscheid des ersuchenden
Staates klärt, ob die beschlagnahmten Gegenstände und Vermögenswerte
tatsächlich in strafrechtlich relevanter Weise erworben wurden und
wer als Berechtigter zu gelten hat, und ordnet die Einziehung oder die
Rückerstattung an den Berechtigten an. Damit ist der Sachverhalt geklärt
und verbindlich über die Möglichkeit der Einziehung bzw. der Rückerstattung
nach dem Recht des ersuchenden Staates entschieden. Auf dieser Grundlage
können die Rechtshilfebehörden i.d.R. ohne weiteres die Herausgabe der
beschlagnahmten Gegenstände oder Vermögenswerte anordnen. Gleichzeitig
ermöglicht das Erfordernis eines rechtskräftigen Entscheids dem
ersuchten Staat eine nachträgliche Kontrolle der Rechtsstaatlichkeit
des ausländischen Entscheids: Wie das Bundesgericht im Entscheid
Pemex (BGE 115 Ib 517 E. 14 S. 556 f.) ausgeführt hat, liegt in der
zweckungebundenen Herausgabe von Vermögenswerten noch nicht Verurteilter
ein schwerer Eingriff in deren Rechtsstellung, der nur angeordnet werden
darf, wenn alle Garantien dafür vorhanden sind, dass über das Schicksal
dieser Vermögenswerte in einem den Verfahrensgrundsätzen der EMRK
entsprechenden Prozess entschieden werde und dass zudem die Verfolgten,
sollten sie freigesprochen werden, in jeder Hinsicht schadlos gehalten
würden. Ein anderes Ergebnis wäre mit der schweizerischen Rechtsordnung
und insbesondere mit der Eigentumsgarantie nicht vereinbar. Für das
Bundesgericht stand somit die bessere Kontrollmöglichkeit nach Ergehen
des ausländischen Urteils im Vordergrund. An dieser Zielsetzung hat sich
mit der Revision des IRSG grundsätzlich nichts geändert. Fraglich ist
allerdings der Umfang der Kontrollmöglichkeit. Der Bundesrat betonte in
seiner Botschaft das Vertrauensprinzip: Die Schweiz sei nicht ermächtigt,
Entscheide einer unabhängigen ausländischen Gerichtsbehörde auf ihre
Begründetheit zu überprüfen, sofern diese Entscheide nicht offensichtlich
den schweizerischen ordre public oder elementare Grundsätze der EMRK
verletzten. Nach der neuen Regelung genüge es, wenn die ausführende
Behörde den ausländischen Entscheid summarisch überprüfe, nachdem sie
sich vergewissert habe, dass der ausländische Staat ein Rechtsstaat
sei und die erwähnten allgemeinen Grundsätze respektiere (BBl 1995
III S. 25 f.). Diese Sicht kam auch in der ständerätlichen Debatte zum
Ausdruck. Die Regelungsabsicht des Gesetzgebers zielt demnach darauf ab,
eine Kontrolle darüber zu ermöglichen, dass die Einziehung oder Rückgabe
von Vermögenswerten an den Geschädigten aufgrund eines gerichtlichen
Verfahrens erfolgt, das den in der EMRK und im Internationalen Pakt vom
16. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II; SR
0.103.2) festgelegten Verfahrensgrundsätzen entspricht und der ausländische
Entscheid weder dem schweizerischen ordre public noch den international
gewährleisteten Menschenrechten widerspricht. Ausgeschlossen ist dagegen,
wie bereits oben (E. 4b) dargelegt wurde, eine inhaltliche Kontrolle,
d.h. eine Kontrolle der Begründetheit des ausländischen Entscheids. Daraus
folgt, dass im Fall der vorzeitigen Herausgabe gewährleistet sein muss,
dass im ersuchenden Staat über das Schicksal der Vermögenswerte in
einem den Mindestanforderungen von EMRK bzw. UNO-Pakt II genügenden
Gerichtsverfahren entschieden wird.

    f) Für die Frage, wann ein Ausnahmefall nach Art. 74a Abs. 3 IRSG
angenommen werden kann, kommt es grundsätzlich auf die konkrete Sachlage
an; diese muss Besonderheiten aufweisen, die es rechtfertigen, auf das
Erfordernis eines vorgängigen rechtskräftigen Urteils zu verzichten. Aus
dem Gesetz lässt sich nicht direkt ableiten, welche Gründe im allgemeinen
eine Ausnahme zu rechtfertigen vermögen. Bei den in den Beratungen
zur Sprache gekommenen Fällen handelt es sich um Beispiele, an denen
man den gesetzgeberischen Willen erläutern wollte. Insofern besteht
ein Ermessensspielraum der Rechtshilfebehörde. Aus dem Gesetz ergeben
sich indessen Schranken, die den Ermessensspielraum eingrenzen: Die
Zulassung von Ausnahmen darf nicht dazu führen, dass die Zielsetzung des
Erfordernisses eines rechtskräftigen Entscheids unterlaufen wird.

    Dies trifft jedenfalls dann nicht zu, wenn derart klare Verhältnisse
vorliegen, dass hinsichtlich der deliktischen Herkunft überhaupt kein
Klärungsbedarf besteht, weshalb es wenig Sinn macht, einen Einziehungs-
oder Rückerstattungsentscheid zu fordern (Beispiel: Fall des aus
den Uffizien gestohlenen Gemäldes von Piero della Francesca). So
erachtete es das Bundesgericht gestützt auf Art. 74a Abs. 3 IRSG als
zulässig, dem um Rechtshilfe ersuchenden Staat Frankreich ein Gemälde
vorzeitig herauszugeben, das dem rechtmässigen Eigentümer in Frankreich
gestohlen und nachher in der Schweiz verkauft worden war. Da es sich
bei diesem Gemälde klarerweise um Deliktsgut im Sinne von Art. 74a
Abs. 2 lit. b IRSG handelte, konnte nach Ansicht des Bundesgerichts
auf das Erfordernis eines Einziehungs- oder Rückerstattungsentscheids
des ersuchenden Staates verzichtet werden (BGE 123 II 134 E. 5c und d
S. 140 f.; vgl. auch BGE 123 II 268 E. 4a S. 274). Demgegenüber ist ein
Ausnahmefall grundsätzlich ausgeschlossen, wenn die deliktische Herkunft
der Vermögenswerte klärungsbedürftig ist; diese Klärung ist nicht Aufgabe
der schweizerischen Rechtshilfebehörden, sondern hat vor der Herausgabe
in einem gerichtlichen Verfahren im ersuchenden Staat zu erfolgen (BGE
123 II 268 E. 4b S. 274 ff.).

    Ist die deliktische Herkunft der Vermögenswerte aber offensichtlich,
so ist das Interesse des ersuchten Staates an einer nachträglichen
Kontrolle auf die Beachtung elementarer rechtsstaatlicher Garantien
bei der Verteilung (Einziehung oder Rückerstattung an die Berechtigten)
beschränkt. Dieses Interesse kann im Einzelfall von geringerer Tragweite
sein und gegenüber anderen Interessen zurücktreten. Dies kann u.U. einen
Verzicht auf einen vorgängigen Einziehungs- oder Rückerstattungsentscheid
rechtfertigen, soweit auf andere Weise sichergestellt ist, dass die
Einziehung bzw. Rückgabe der Vermögenswerte an die Berechtigten in einem
der EMRK bzw. dem UNO-Pakt II entsprechenden gerichtlichen Verfahren
erfolgt.

Erwägung 5

    5.- Im Lichte dieses Auslegungsergebnisses ergibt sich für den
vorliegenden Fall folgendes:

    a) Wie bereits in der ständerätlichen Beratung von Art. 74a IRSG -
u.a. unter Hinweis auf den Fall Marcos - betont wurde, widerspricht es
dem Landesinteresse, wenn die Schweiz zu einem Hort für Fluchtgelder oder
kriminelle Gelder wird (vgl. das Postulat Aeppli Wartmann Nr. 96.3280
vom 18. Juni 1996, AB N 1996 S. 2404 f.; in diesem Sinne auch Botschaft
des Bundesrats vom 19. August 1992 über die Ratifikation des Übereinkommens
Nr. 141 des Europarats über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme
und Einziehung von Erträgen aus Straftaten, BBl 1992 VI S. 11 und Botschaft
vom 12. Juni 1989 zur Strafgesetzgebung über die Geldwäscherei und die
mangelnde Sorgfalt bei Geldgeschäften, BBl 1989 II 1062, 1067). Es ist
in erster Linie Aufgabe des Gesetz- und Verordnungsgebers sowie der
Banken und ihrer Standesorganisationen, dafür zu sorgen, dass nicht -
wie im vorliegenden Fall geschehen - Staatschefs diktatorischer Regime
Millionenbeträge offensichtlich unlauterer Herkunft auf schweizerische
Bankkonten deponieren können. Werden solche Gelder dennoch in der
Schweiz aufgefunden und vom geschädigten ausländischen Staat im Wege der
Rechtshilfe herausverlangt, sind die Rechtshilfebehörden und Gerichte zum
Entscheid berufen. Nach Art. 1a IRSG ist bei der Anwendung des Gesetzes
u.a. der öffentlichen Ordnung oder anderen wesentlichen Interessen der
Schweiz Rechnung zu tragen. Zwar trägt die Bestimmung die Überschrift
"Begrenzung der Zusammenarbeit"; es gibt aber keinen Grund, die öffentliche
Ordnung sowie die wesentlichen Interessen der Schweiz unberücksichtigt
zu lassen, sofern diese für die Leistung von Rechtshilfe sprechen. Es ist
allerdings einschränkend zu berücksichtigen, dass Art. 17 Abs. 1 IRSG den
Entscheid über die Anwendung von Art. 1a IRSG dem Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartement vorbehält und dessen Entscheide der Beschwerde
an den Bundesrat unterliegen (Art. 26 IRSG). Insofern lässt sich der
gesetzlichen Regelung entnehmen, dass in erster Linie die politischen
Behörden darüber entscheiden sollen, ob wesentliche Interessen der Schweiz
einer Zusammenarbeit entgegenstehen. Dies bedeutet aber nicht, dass sie
im Rahmen des den Vollzugsbehörden zustehenden Entscheidungsspielraums
unberücksichtigt bleiben müssten. So hat das Bundesgericht mehrfach das
Ansehen der Schweiz berücksichtigt und entgegenstehenden Interessen an
einer Verweigerung der Rechtshilfe gegenübergestellt (vgl. BGE 115 Ib
517 E. 4b; 123 II 153 E. 7c S. 161; vgl. auch RUDOLF WYSS, Die Revision
der Gesetzgebung über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen, SJZ
93/1997, S. 39). Es kommt in der Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich
zum Ausdruck und liegt im übrigen auf der Hand, dass es im Interesse der
Schweiz liegt, die grundsätzlich bewilligte Herausgabe der Marcos-Gelder
möglichst bald vollziehen zu können. Diesem Ziel dient die vorzeitige
Rückführung der Vermögenswerte. Es ist daher nicht zu beanstanden, dieses
Interesse als Grund für einen Verzicht auf einen rechtskräftigen Entscheid
des ersuchenden Staates in Betracht zu ziehen.

    b) Die illegale Herkunft der beschlagnahmten Gelder kann nach heutigem
Wissensstand nicht ernsthaft in Zweifel gezogen werden. Allerdings lassen
sich nach der Aktenlage die einzelnen Vermögenswerte nicht konkreten
Delikten zuordnen und es ist daher möglich, dass auch legale Geldmittel
der Familie Marcos in die Stiftungen flossen. Dabei könnte es sich aber -
wie der Beschwerdeführer zutreffend dargelegt hat - im Vergleich zur Höhe
der beschlagnahmten Vermögenswerte nur um geringfügige Summen handeln. In
bezug auf den überwiegenden Teil der beschlagnahmten Vermögenswerte
besteht ausreichende Gewissheit, um von offensichtlicher deliktischer
Herkunft sprechen zu können. Unter diesen Umständen ist eine vorzeitige
Herausgabe der Vermögenswerte nicht von vornherein ausgeschlossen, wenn
sichergestellt ist, dass der Einziehungs- bzw. Rückerstattungsentscheid
in einem rechtsstaatlichen Verfahren ergeht. Die Auseinandersetzung über
die Einziehung beziehungsweise Rückerstattung der beschlagnahmten Gelder
hat in den Philippinen, wo die Straftaten begangen wurden, zu erfolgen.

    c) Nach Art. 2 lit. a IRSG ist einem Rechtshilfeersuchen nicht
zu entsprechen, wenn Gründe für die Annahme bestehen, dass das
Verfahren im Ausland den in der EMRK oder im UNO-Pakt II festgelegten
Verfahrensgrundsätzen nicht entspricht. Ist der ersuchende Staat
nicht Vertragsstaat der EMRK, ist grundsätzlich auf den UNO-Pakt II
abzustellen, sofern dieser einen der EMRK zumindest gleichwertigen Schutz
gewährleistet (BGE 123 II 511 E. 7d S. 525 f.). Wie bereits ausgeführt
wurde, muss auch bei einer vorzeitigen Herausgabe gemäss Art. 74a Abs. 3
IRSG sichergestellt sein, dass im konkreten Fall die völkerrechtlich
normierten Grundrechte - hier also die Verfahrensgarantien des UNO-Pakts
II - eingehalten werden. Diesbezüglich ist eine Prognose vorzunehmen, wie
sie im Anwendungsbereich von Art. 2 IRSG auch anderweitig zu treffen ist
(vgl. dazu BGE 123 II 161 E. 6b S. 167 mit Hinweisen).

    aa) Im vorliegenden Fall hat die Bezirksanwaltschaft Zürich
ausgeführt, der Hinterlegungsvertrag vom 14. August 1995 zwischen der
PCGG (Presidential Commission on Good Government) und der PNB (Philippine
National Bank) [sogenannte Escrow-Vereinbarung] stelle sicher, dass die
Rechte der Beteiligten gewahrt würden, wobei es Sache der philippinischen
Gerichte und Behörden sein werde, allfällige Streitigkeiten aus dieser
Vereinbarung zu beseitigen. Nach Ziff. 2 Abs. VII des Vertrages darf über
die Vermögenswerte nicht anders verfügt werden als in Übereinstimmung mit
einem vollstreckbaren Urteil des zuständigen philippinischen Gerichts
oder in Übereinstimmung mit identischen Instruktionen der PCGG und
entweder der betroffenen Stiftung oder des (nach philippinischem Recht)
gehörig vertretenen Nachlasses oder der Erben respektive der potentiell
Berechtigten. Das Obergericht hat aus dieser Vereinbarung gefolgert, dass
über die hinterlegten Vermögenswerte auch ohne ein den oben erwähnten
Mindestanforderungen genügendes Gerichtsurteil verfügt werden könne;
an dessen Stelle könne, sofern ein entsprechendes Begehren bzw. eine
Instruktion der PCGG vorliegt, die blosse Zustimmung der gegen
den Willen der Erben eingesetzten Nachlassverwalterin treten. Der
Hinterlegungsvertrag vermöge daher einen gerichtlichen Einziehungs-
bzw. Rückerstattungsentscheid nicht in jedem Fall sicherzustellen. Dagegen
machen die Philippinen geltend, die streitigen Vermögenswerte unterlägen
bis zum rechtskräftigen Abschluss des hängigen Einziehungsverfahrens der
Obhut des Gerichts ("custodia legis"). Die PNB könne daher, ungeachtet
der Bestimmungen der Escrow-Vereinbarung, die Vermögenswerte nur auf
Geheiss des Sandiganbayan transferieren oder freigeben. Daraus folgt aber
jedenfalls, dass es auch nach Auffassung der Philippinen nicht in erster
Linie auf den Hinterlegungsvertrag ankommt, sondern die philippinischen
Behörden und namentlich das oberste Gericht die Verantwortung dafür tragen,
dass über die Vermögenswerte in einem rechtsstaatlichen gerichtlichen
Verfahren entschieden wird.

    bb) Es fragt sich deshalb, ob es nicht genügt, wenn der ersuchende
Staat die Zusicherung gibt, über die Einziehung bzw. Rückerstattung der
Vermögenswerte nur in einem den Anforderungen von Art. 2 IRSG genügenden
gerichtlichen Verfahren zu entscheiden.

    Die Philippinische Republik ist Vertragsstaat des UNO-Pakts II
und daher zur innerstaatlichen Durchsetzung aller Rechte des Pakts
völkerrechtlich verpflichtet. Die im Pakt gewährleisteten Rechte sind
unmittelbar anwendbar und können vor den philippinischen Gerichten
und Verwaltungsbehörden angerufen werden (Philippines Initial Report
zum UNO-Pakt II vom 7. März 1989, N 16, unter Berufung auf Art. II
sec. 2 und Art. XIII sec. 18(7) der philippinischen Verfassung von
1987). Darüber hinaus haben die Philippinen das 1. Fakultativprotokoll
zu diesem Pakt vom 16. Dezember 1966 ratifiziert, das Einzelbeschwerden
an den UN-Ausschuss für Menschenrechte zulässt (JEAN-BERNARD MARIE,
International Instruments Relating to Human Rights, Classification and
Status of Ratifications as of 1 Januar 1997, Human Rights Law Journal
18/1997, S. 79 ff., insbes. S. 84). Die Philippinen verfügen über eine
unabhängige Gerichtsbarkeit und gewährleisten dem Angeklagten umfassende
Verteidigungsrechte, die dem Mindeststandard von Art. 14 UNO-Pakt II
genügen (vgl. Art. III [Bill of Rights], sec. 11-17 der philippinischen
Verfassung von 1987 sowie Rule 115 [Rights of Accused] der Philippine
Rules of Court).

    Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Schweiz am 19. Oktober 1989
mit der Republik der Philippinen einen Auslieferungsvertrag abgeschlossen
hat. Dieser ist am 23. Februar 1997 in Kraft getreten (SR 0.353.964.5;
AS 1997 S. 1313 ff.). Mit Genehmigung des Auslieferungsvertrags
(Bundesbeschluss vom 20. März 1991, AS 1997 S. 1312) hat das schweizerische
Parlament dem Justizsystem der Philippinischen Republik generell sein
Vertrauen erwiesen.

    Aus den Akten geht hervor, dass die Verteidigungsrechte in den
Verfahren gegen Imelda Marcos und ihre Kinder tatsächlich gewährleistet
werden: Die Angeklagten konnten sich ausführlich verteidigen und haben
ausgiebigen Gebrauch von ihren Verfahrensrechten gemacht. Dagegen
wurde die Beschwerdegegnerin, die formell Inhaberin der einzuziehenden
bzw. rückzuerstattenden Vermögenswerte ist, bisher an dem in den
Philippinen hängigen Einziehungsverfahren nicht beteiligt. Auch wenn es
sich bei ihr um eine juristische Konstruktion zur Verdeckung der wahren
Inhaberschaft der Marcos-Familie an den Vermögenswerten handelt, hat sie
doch Anspruch auf rechtliches Gehör, soweit das Verfahren die ihr nominell
zustehenden Konten betrifft. Die Zusicherung der Philippinen muss daher
neben den Verfahrensansprüchen der Angeschuldigten auch diejenigen der
formellen Inhaber der herauszugebenden Vermögenswerte gewährleisten. Aus
den oben erwähnten Umständen ist die Annahme gerechtfertigt, dass auf
eine entsprechende Zusicherung der Philippinen Verlass wäre.

    d) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass in bezug auf den überwiegenden
Teil der beschlagnahmten Vermögenswerte die deliktische Herkunft
offensichtlich ist und dass die Schweiz ein erhebliches Interesse an
einer vorzeitigen Rückführung der Gelder hat. Bei dieser Sachlage kann
gestützt auf Art. 74a Abs. 3 IRSG auf das Erfordernis eines rechtskräftigen
und vollstreckbaren Entscheids verzichtet werden, unter der Auflage,
dass die Philippinen die Zusicherung abgeben, über die Einziehung
bzw. Rückerstattung an Berechtigte nur in einem gerichtlichen Verfahren
zu entscheiden, das den im UNO-Pakt II festgelegten Verfahrensgrundsätzen
entspricht. Dabei müssen die Verfahrensrechte sowohl der Angeschuldigten
als auch der Beschwerdegegnerin als formeller Inhaberin der Vermögenswerte
gewährleistet werden.

    e) Entgegen der Auffassung der Beschwerdegegnerin ist es seit
der IRSG-Revision nicht mehr erforderlich, dass die Einziehung
bzw. Rückerstattung durch ein Strafgericht erfolgt. Art. 74a
IRSG verlangt lediglich, dass die Einziehung (bzw. Rückerstattung)
deliktisch erlangte Gegenstände oder Vermögenswerte betrifft (Abs. 2)
und gerichtlich angeordnet wird (Abs. 3 i.V.m. Art. 14 UNO-Pakt
II). Dagegen ist es unerheblich, ob dies im Rahmen des Strafverfahrens
gegen den Angeschuldigten oder in einem getrennten Verfahren geschieht
und ob dieses Verfahren vor einem Straf-, einem Zivil- oder einem
Verwaltungsgericht erfolgt. Es spielt daher keine Rolle, dass die
Philippinen das Einziehungsverfahren vor den Sandiganbayan als "civil case"
bezeichnen und nach Zivilprozessrecht verhandeln.

Erwägung 6

    6.- Ist eine vorzeitige Herausgabe der Vermögenswerte grundsätzlich
möglich, ist zu prüfen, ob allfällige Rechte Dritter der sofortigen
Herausgabe entgegenstehen. Gemäss Art. 74a Abs. 4 IRSG können Gegenstände
oder Vermögenswerte zurückbehalten werden, wenn:

    "a) der Geschädigte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz
hat und

    sie ihm zurückzugeben sind;

    b) eine Behörde Rechte daran geltend macht;

    c) eine an der strafbaren Handlung nicht beteiligte Person, deren

    Ansprüche durch den ersuchenden Staat nicht sichergestellt sind,
glaubhaft
   macht, sie habe an diesen Gegenständen oder Vermögenswerten in der
   Schweiz oder, sofern sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz
   hat, im

    Ausland gutgläubig Rechte erworben; oder

    d) die Gegenstände oder Vermögenswerte für ein in der Schweiz hängiges

    Strafverfahren benötigt werden oder für die Einziehung in der Schweiz
   geeignet sind."

    a) Die Beschwerdegegnerin beruft sich auf den Anwendungsfall von
Art. 74a Abs. 4 lit. c IRSG. Sie ist der Meinung, diese Bestimmung
komme hier deshalb zur Anwendung, weil es sich bei ihr um eine "an der
strafbaren Handlung nicht beteiligte Person" handle. Die Umschreibung
des Berechtigten in Art. 74a Abs. 4 lit. c IRSG erinnert an diejenige
in Art. 10 Abs. 1 IRSG a.F., die den Geheimbereich des "unbeteiligten
Dritten" schützte. Das Bundesgericht hatte hierzu eine sehr restriktive
Praxis entwickelt, wonach es nicht darauf ankomme, ob der Dritte im
strafrechtlichen Sinne als Teilnehmer der Tat anzusehen sei, sondern
massgeblich sei, ob eine unmittelbare Beziehung mit der im Ersuchen
geschilderten Tat bestehe (BGE 112 Ib 462 E. 2b S. 463 f.; 107 Ib 252
E. 2b/bb S. 255). Nach dieser Rechtsprechung galt eine Person, die
Vermögenswerte deliktischen Ursprungs erhalten hatte, von vornherein
nicht als unbeteiligter Dritter, gleichgültig, ob sie guten Glaubens war
oder nicht. Diese Rechtsprechung lässt sich nicht ohne weiteres auf Art.
74a Abs. 4 lit. c IRSG übertragen, der den gutgläubigen Erwerber von der
Einziehung unterliegenden Gegenständen bzw. Vermögenswerten schützen will.
Immerhin aber muss verlangt werden, dass es sich wenigstens um einen
"Dritten" handelt und nicht um eine vom Angeschuldigten vorgeschobene, nur
formal selbständige juristische Person, die vom Angeschuldigten beherrscht
wird, so dass dieser weiter die tatsächliche Verfügungsmacht über die
deliktisch erlangten Vermögenswerte bzw. ihren Ersatzwert ausübt. In diesem
Fall ist im übrigen auch die Gutgläubigkeit der Gesellschaft zu verneinen,
die sich den bösen Glauben des Angeschuldigten zurechnen lassen muss. Im
vorliegenden Fall ist die Beschwerdegegnerin nominell Berechtigte der
streitigen Bankguthaben; sie wurde aber von Ferdinand Marcos beherrscht,
der - ungeachtet der rechtlichen Selbständigkeit der Gesellschaft - die
tatsächliche Verfügungsmacht über die Vermögenswerte behalten hatte. Die
Beschwerdegegnerin hat dies nicht bestritten bzw. einen von Ferdinand
Marcos unabhängigen, gutgläubigen Erwerb der Bankguthaben nicht glaubhaft
gemacht.

    b) Im weiteren erblickt die Beschwerdegegnerin einen Hinderungsgrund
im Sinne dieser Vorschrift im Umstand, dass Drittparteien zivilrechtliche
Arreste auf den strafrechtlich blockierten Vermögenswerten erwirkt haben.

    aa) Gemäss Art. 74a Abs. 4 lit. c IRSG können Gegenstände und
Vermögenswerte in der Schweiz zurückbehalten werden, wenn eine an der
strafbaren Handlung nicht beteiligte Person, deren Ansprüche durch
den ersuchenden Staat nicht sichergestellt sind, glaubhaft macht, sie
habe an diesen Gegenständen oder Vermögenswerten in der Schweiz, oder,
sofern sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz hat, im Ausland
gutgläubig Rechte erworben. Die gleiche Formulierung findet sich in
Art. 59 Abs. 4 lit. c IRSG (betr. Sachauslieferung). Der Wortlaut dieser
Bestimmungen ("Rechte ... an diesen Gegenständen oder Vermögenswerten")
spricht dafür, nur dingliche Rechte darunter zu fassen, nicht aber
blosse Forderungen, auch wenn für diese ein Arrest an den in der Schweiz
befindlichen Vermögenswerten erwirkt wurde. Der Arrest ist ein reines
Sicherungsinstrument, das dem Gläubiger kein materielles Vorzugsrecht
verschafft (BGE 116 III 111 E. 3 S. 115 ff.; KURT AMONN/DOMINIK GASSER,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, Bern 1997, § 51 Rz.
2 S. 406).

    bb) Diese Auslegung entspricht der Regelung nach schweizerischem
Recht, wonach die strafrechtliche Beschlagnahme dem zivilrechtlichen
Arrest vorgeht (BGE 93 III 89 E. 3 S. 93 mit weiteren Hinweisen)
und nur Inhaber eines dinglichen Rechts an den Vermögenswerten deren
Einziehung verhindern können (Botschaft des Bundesrats zur Änderung
des Schweizerischen Strafgesetzbuchs und des Militärgesetzbuchs vom
30. Juni 1993, BBl 1993 III S. 310 zu Art. 59 Ziff. 1 Abs. 2 StGB;
STEFAN TRECHSEL, StGB Kurzkommentar, 2. Auflage, Zürich 1997, Art. 59
Rz. 16; NIKLAUS SCHMID, Das neue Einziehungsrecht nach StGB Art. 58
ff., ZStrR 113/1995 S. 343s; a.M. DENIS PIOTET, Les effets civils de la
confiscation pénale, Bern 1995, S. 95 ff., insbes. Rz. 270 ff., der das
Prioritätsprinzip anwenden will). Eine Ausnahme sieht Art. 60 Abs. 1
lit. b StGB nur zu Gunsten des Geschädigten vor, dem der Richter unter
gewissen Voraussetzungen die eingezogenen Gegenstände und Vermögenswerte,
deren Verwertungserlös oder Ersatzforderungen zusprechen muss (vgl. BGE
117 IV 107 E. 2c S. 111 f.), sofern diese das Ergebnis der gegen
ihn gerichteten Straftat darstellen (BGE 122 IV 365 E. III/2b S. 374
f.). Diese Ausnahmeregelung des innerstaatlichen Rechts wurde im übrigen
nicht unverändert ins Rechtshilfegesetz übernommen: Art. 74a Abs. 4
lit. a IRSG berücksichtigt nur Rückgabeansprüche (und nicht generell
Entschädigungsansprüche) von Geschädigten und verlangt überdies, dass
jene ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Schweiz haben.

    cc) Schliesslich lässt sich auch der Botschaft des Bundesrates
zu Art. 74a Abs. 4 lit. c IRSG nichts für den Standpunkt der
Beschwerdegegnerin entnehmen: Zwar heisst es dort (BBl 1995 III S. 26
Fn. 45), eine Herausgabe der Vermögenswerte an den ersuchenden Staat
sei vor Abschluss des in der Schweiz hängigen Verfahrens nicht möglich,
wenn ein Gläubiger die formellen Bedingungen von Absatz 4 erfülle und
beispielsweise ein Verfahren eingeleitet habe, um die Gültigkeit eines
auf den Erlös der Straftat gelegten Arrests festzustellen; diese Aussage
trägt jedoch nichts zum Verständnis des Gesetzestextes bei, verlangt sie
doch die Bewilligung eines Arrests zusätzlich zum Vorliegen der formellen
Bedingungen von Abs. 4.

    dd) Es spricht daher viel für die Auffassung, dass zivilrechtliche
Arreste einer Herausgabe im Rechtshilfeverfahren generell nicht
entgegenstehen (so auch MAURICE HARARI, Remise internationale d'objets
et valeurs: réflexions à l'occasion de la modification de l'EIMP, in:
Procédure pénale, droit pénal international, entraide pénale, Etudes
en l'honneur de DOMINIQUE PONCET, 1997, S. 167 ff., insbes. S. 191
f.; gleicher Ansicht zum alten Recht CURT MARKEES, Internationale
Rechtshilfe in Strafsachen, Das Bundesgesetz vom 20. März 1981 (IRSG),
Schweizerische Juristische Kartothek Nr. 422 (1982) S. 21; derselbe, Die
Herausgabe von Gegenständen im internationalen Strafrechtshilfeverkehr,
in: Aktuelle Probleme des internationalen Strafrechts, Festschrift für
Heinrich Grützner, Hamburg 1970, S. 92-99, insbes. S. 94; LIONEL FREI,
Beschlagnahme und Einziehung als Rechtshilfemassnahmen, in ZStrR 105/1988
S. 312 ff., insbes. S. 333; zum Staatsvertrag vom 25. Mai 1973 zwischen
der Schweiz und den Vereinigten Staaten über gegenseitige Rechtshilfe in
Strafsachen vgl. BGE 120 III 123 E. 3b S. 126). Die Frage braucht aber
nicht abschliessend geklärt zu werden, da die zivilrechtlichen Arreste im
vorliegenden Fall zeitlich nach der Kontensperre im Rechtshilfeverfahren
erwirkt wurden, nachdem das Bundesgericht die Herausgabe der Vermögenswerte
an die Philippinen bereits grundsätzlich bewilligt hatte. In dieser
Situation besteht jedenfalls kein Anlass, den Arrestgläubigern Vorrang
vor den Interessen des ersuchenden Staates einzuräumen.

Erwägung 7

    7.- Schliesslich stellt sich im Rahmen des allgemeinen, den
Rechtshilfebehörden nach Art. 74a Abs. 1 und 3 IRSG eingeräumten Ermessens
die Frage, ob allfällige Rechte anderer, von Art. 74a Abs. 4 und 5
IRSG nicht geschützter Personen eine Abweisung des Rechtshilfegesuchs
rechtfertigen.

    a) Noch zu Lebzeiten von Ferdinand Marcos reichten ungefähr 10'000
Personen philippinischer Nationalität Schadenersatzklagen vor dem District
Court of Hawaii ein, mit der Begründung, Ferdinand Marcos sei für die
während seiner Amtszeit begangenen gravierenden Menschenrechtsverletzungen
verantwortlich (Folterungen, Ermordung und Verschwinden von Personen im
Gewahrsam der philippinischen Polizei, der Armee und paramilitärischer
Gruppen).

    Nach dem Tod von Ferdinand Marcos am 28. September 1989 wurde das
Verfahren gegen den Nachlass Marcos weitergeführt. Am 16. November
1991 erliess der District Court of Hawaii eine Verfügung ("preliminary
injunction"), die es dem Beklagten, seinen Vertretern und Beauftragten
verbot, irgendwelche Vermögenswerte zu transferieren, zu übertragen, zu
belasten, zu verändern, zu verstecken oder in anderer Weise darüber zu
verfügen. Das Gericht verurteilte den Nachlass Marcos am 27. Januar 1995,
135 zufällig ausgewählten individuellen Klägern Schadenersatzbeträge
zwischen USD 10'000.-- und USD 185'000.-- zu zahlen; der Gruppe der
Folteropfer wurden insgesamt USD 251'891'811.--, den Erben von in
Gefangenschaft hingerichteten Personen insgesamt USD 409'191'760.--
und den Erben von verschwundenen Personen USD 94'910'640.--
zugesprochen. Zusätzlich verurteilte das Gericht den Nachlass zu
"exemplary damages" von USD 94'910'640.--, die pro rata an alle
Kläger zu verteilen seien. Insgesamt beträgt die zugesprochene Summe
USD 1'964'005'859.90. Das Urteil enthält eine "permanent injunction"
u.a. gegenüber dem Schweizerischen Bankverein und der Schweizerischen
Kreditanstalt als "agents and representatives" des Nachlasses von Ferdinand
Marcos, die ihnen den Transfer, die Übertragung, Belastung, Verteilung,
Umwandlung, das Verstecken und jede sonstige Verfügung über Gelder des
Marcos-Nachlasses verbietet.

    Das Urteil des District Court wurde am 8. Januar 1997 vom Ninth
Circuit Court of Appeals bestätigt und ist vollstreckbar (zur weiteren
Prozessgeschichte vgl. unten, E. 7d). Die Kläger sind daran interessiert,
auf die in der Schweiz gelegenen Vermögenswerte des Marcos-Nachlasses
zuzugreifen, während die schweizerischen Banken Nachteile in den USA
befürchten, falls sie die Vermögenswerte an die Philippinen herausgeben
und damit gegen die "permanent injunction" verstossen.

    b) Wie oben ausgeführt wurde, berücksichtigt Art. 74a Abs. 4
IRSG grundsätzlich nur die Rechte von Geschädigten mit gewöhnlichem
Aufenthalt in der Schweiz sowie von dinglich gesicherten Gläubigern. Dies
bedeutet aber nicht, dass Interessen anderer Gläubiger unbeachtlich
wären. Dies gilt insbesondere für Personen, die durch die Straftat
geschädigt wurden, welche Gegenstand des Rechtshilfebegehrens ist
und aus welcher die herauszugebenden Vermögenswerte herrühren: Ist
anzunehmen, dass das Opfer einer Straftat weder vom Angeschuldigten,
einem Dritten (z.B. einer Versicherung) noch vom ersuchenden Staat eine
Entschädigung erlangen wird, ist sein Interesse, auf die in der Schweiz
beschlagnahmten Vermögenswerte zuzugreifen, grundsätzlich schutzwürdig -
diese Wertung liegt innerstaatlich dem im Rahmen des Opferhilfegesetzes
vom 4. Oktober 1991 revidierten Art. 60 StGB zugrunde und wurde auch im
Entscheid des Bundesgerichts im Fall Gelli (BGE 112 Ib 610 E. 9b S. 626)
beachtet. Im vorliegenden Fall besteht allerdings kein Zusammenhang
zwischen den Straftaten, aus denen die in der Schweiz beschlagnahmten
Vermögenswerte vermutlich herrühren, und den Ansprüchen der Gläubiger:
Dies gilt sowohl für die in E. 6 erwähnten Arrestgläubiger als auch
für die Opfer von Menschenrechtsverletzungen, denen der District Court
of Hawaii einen Schadenersatzanspruch gegen den Nachlass von Ferdinand
Marcos zugesprochen hat. Nach innerstaatlichem Recht (Art. 60 StGB)
hätten sie daher keinen Anspruch auf Zusprechung dieser Vermögenswerte
(vgl. BGE 122 IV 365 E. III/2b S. 374 f.).

    c) Dennoch fragt es sich, ob die Interessen der Opfer von
Menschenrechtsverletzungen unter dem Regime Marcos nicht zu berücksichtigen
sind: Das Ermessen, das Art. 74a IRSG den Rechtshilfebehörden einräumt,
muss unter Beachtung der grundlegenden Wertungen des IRSG sowie der
schweizerischen Rechtsordnung und der internationalen Verpflichtungen
der Schweiz ausgeübt werden. Hierzu gehört namentlich die Wahrung
der Menschenrechte, zu deren Durchsetzung Verwaltung und Gerichte als
Vollzugsträger der Völkerrechtsordnung berufen sind (vgl. DANIEL THÜRER,
Internationales "Rule of Law" - innerstaatliche Demokratie, SZIER 4/1995
S. 455-478, insbes. S. 471; OLIVIER JACOT-GUILLARMOD, Le juge suisse face
au droit européen, ZSR 1993 II S. 227-576, insbes. S. 377, 517 und 539
f.; LUZIUS WILDHABER, Länderbericht Schweiz, in: Kontrolle der auswärtigen
Gewalt, VVDStRL 56/1997, S. 67-80, insbes. S. 75-79; siehe auch Gemeinsame
Stellungnahme des Bundesamtes für Justiz und der Direktion für Völkerrecht
vom 26. April 1989, Das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht im
Rahmen der schweizerischen Rechtsordnung, VPB 53/1989 Ziff. 13 a,b und 3
und Ziff. 15 S. 417 ff. und S. 459 ff. sowie BGE 117 Ib 367 E. 1e S. 373).

    In diesem Zusammenhang ist auch auf Art. 16 des
schweizerisch-philippinischen Auslieferungsabkommens hinzuweisen,
der multilaterale Übereinkommen, die beide Vertragsparteien binden,
vorbehält. Damit räumt das Abkommen namentlich internationalen
Staatsverträgen zum Schutz der Menschenrechte Vorrang vor den bilateralen
Rechtshilfeverpflichtungen ein (im gleichen Sinne BGE 122 II 485,
teilweise veröffentlichte E. 3c S. 488; vgl. auch WALTER KÄLIN,
Menschenrechtsverträge als Gewährleistung einer objektiven Ordnung,
in: Aktuelle Probleme des Menschenrechtsschutzes, Heidelberg 1994,
S. 9-48, insbes. S. 24 f. und S. 35 f. und JÖRG PAUL MÜLLER, Wandel
des Souveränitätsbegriffs im Lichte der Grundrechte - dargestellt am
Beispiel von Einwirkungen des internationalen Menschenrechtsschutzes
auf die schweizerische Rechtsordnung, in: Fragen des internationalen
und nationalen Menschenrechtsschutzes, Symposium zum 60. Geburtstag
von LUZIUS WILDHABER, Basel 1997, S. 45-66, insbes. S. 56 f.). Dieser
Vorrang, der Ausdruck des internationalen ordre public ist, muss erst
recht beachtet werden, wenn die Rechtshilfe, wie im vorliegenden Fall,
nicht aufgrund eines Abkommens sondern im Rahmen des IRSG geleistet wird
(vgl. Art. 1 Abs. 1 und 4 IRSG).

    Art. 2 IRSG will verhindern, dass sich die Schweiz im Wege des
Rechtshilfe- oder des Auslieferungsverfahrens an Verfahren beteiligt,
die dem internationalen Mindeststandard der EMRK bzw. des UNO-Pakts II
nicht entsprechen oder dem internationalen ordre public zuwiderlaufen
(BGE 123 II 161 E. 6a S. 167, 511 E. 5a S. 517; 122 II 140 E. 5a S. 142
mit Hinweis). Nach Art. 1a IRSG ist bei der Anwendung dieses Gesetzes der
öffentlichen Ordnung sowie den wesentlichen Interessen der Schweiz Rechnung
zu tragen, zu denen die Wahrung der Menschenrechte zählt (vgl. Bericht des
Bundesrats vom 2. Juni 1982 über die schweizerische Menschenrechtspolitik,
BBl 1982 II S. 729 ff. und Bericht des Bundesrats vom 29. November 1993
über die Aussenpolitik der Schweiz in den 90er Jahren, BBl 1994 I 153 ff.,
insbes. S. 159 unten, 179 ff. und 200 f.; WALTER KÄLIN/ALOIS RIKLIN,
Ziele, Mittel und Strategien der schweizerischen Aussenpolitik, in:
A. RIKLIN/H. HAUG/R. PROBST (Hrsg.), Neues Handbuch der schweizerischen
Aussenpolitik, Bern, Stuttgart, Wien 1992, S. 167 ff., insbes. S. 180 f.;
MATHIAS-CHARLES KRAFFT/JEAN-DANIEL VIGNY, La politique suisse à l'égard des
droits de l'homme, in: Neues Handbuch der schweizerischen Aussenpolitik,
S. 223 ff., insbes. S. 223-227 und 229 f.). Das Bundesgericht hat Art. 74a
IRSG in seinem ersten Entscheid zu dieser Bestimmung im Lichte von Art. 1a
und 2 lit. a IRSG sowie des einschlägigen internationalen Rechts ausgelegt
und sich vergewissert, dass Dritte über einen effektiven, Art. 6 und 13
EMRK genügenden Rechtsschutz im ersuchenden Staat verfügen, um etwaige
Rechte am herauszugebenden Gegenstand geltend zu machen, und dass der
Schutz der Grundrechte einer Herausgabe im Rechtshilfeverfahren nicht
entgegensteht (BGE 123 II 134 E. 7a S. 143).

    aa) Im vorliegenden Verfahren sind vor allem die Garantien des
UNO-Pakts II zu berücksichtigen, dem sowohl die Schweiz als auch die
Philippinen beigetreten sind. Art. 2 dieses Pakts verpflichtet die
Vertragsstaaten, die im Pakt niedergelegten Menschenrechte zu achten
und sie allen in ihrem Gebiet befindlichen und ihrer Herrschaftsgewalt
unterstehenden Personen zu gewährleisten (Abs. 1). Jeder Vertragsstaat
verpflichtet sich, die erforderlichen Schritte zu unternehmen, um
die gesetzgeberischen oder "sonstigen Vorkehrungen" zu unternehmen,
die notwendig sind, um den im Pakt anerkannten Rechten Wirksamkeit zu
verleihen (Abs. 2). Er muss dafür Sorge tragen, dass jeder, der in
seinen vom Pakt anerkannten Rechten oder Freiheiten verletzt worden
ist, das Recht hat, eine wirksame Beschwerde einzulegen, selbst wenn
die Verletzung von Personen begangen worden ist, die in amtlicher
Eigenschaft gehandelt haben (Abs. 3 lit. a). Wer eine solche Beschwerde
erhebt, muss sein Recht durch das zuständige Gerichts-, Verwaltungs- oder
Gesetzgebungsorgan oder durch eine andere, nach den Rechtsvorschriften des
Staates zuständige Stelle feststellen lassen können (Abs. 3 lit. b). Zu
den vom Pakt anerkannten Rechten und Freiheiten, auf die sich Art. 2
bezieht, gehören insbesondere das Recht auf Leben (Art. 6), das Verbot
der Folter, grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder
Strafe (Art. 7) und die persönliche Freiheit (Art. 9). Art. 14 Abs. 1
UNO-Pakt II gewährleistet den Anspruch darauf, dass vor einem unabhängigen
und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht über strafrechtliche
Anklagen sowie zivilrechtliche Ansprüche und Verpflichtungen in billiger
Weise und öffentlich verhandelt wird. Sowohl die Schweiz als auch die
Philippinen haben eine Erklärung gemäss Art. 41 UNO-Pakt II abgegeben,
der ihnen eine gegenseitige Kontrolle über die Einhaltung des Pakts und
die Anrufung des UN-Menschenrechtsausschusses ermöglicht.

    bb) Zu erwähnen ist ferner das UN-Übereinkommen gegen Folter und andere
grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10.
Dezember 1984 (SR 0.105), das sowohl die Schweiz als auch die Philippinen
ratifiziert haben. Art. 13 verpflichtet jeden Vertragsstaat dafür Sorge zu
tragen, dass jeder, der behauptet, er sei in einem der Hoheitsgewalt des
betreffenden Staates unterstehenden Gebiet gefoltert worden, das Recht
auf Anrufung der zuständigen Behörden und auf umgehende unparteiische
Prüfung seines Falles durch diese Behörden hat. Jeder Vertragsstaat
muss gemäss Art. 14 sicherstellen, dass das Opfer einer Folterhandlung
Wiedergutmachung erhält und ein einklagbares Recht auf gerechte und
angemessene Entschädigung einschliesslich der Mittel für eine möglichst
vollständige Rehabilitation hat. Diese Verpflichtungen gelten entsprechend
für andere Formen grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung
oder Strafe (Art. 16 Abs. 1).

    cc) Opfer von gravierenden Menschenrechtsverletzungen haben nach diesen
Bestimmungen Anspruch auf Entschädigung sowie auf ein faires Verfahren,
in dem sie ihre Entschädigungsansprüche durchsetzen können. Diese
Ansprüche richten sich in erster Linie gegen die Philippinen, auf deren
Gebiet und unter deren Herrschaftsgewalt die Menschenrechtsverletzungen
begangen wurden. Dagegen lässt sich weder aus dem UNO-Pakt II noch aus
dem UN-Übereinkommen gegen Folter ein Recht der Opfer auf vorrangige
Befriedigung aus bestimmten Vermögenswerten ableiten. Die Geschädigten
des Marcos-Regimes sind daher grundsätzlich darauf angewiesen, sich
entweder am Nachlassverfahren zu beteiligen, wenn sie die persönliche
Verantwortlichkeit von Ferdinand Marcos für die in seiner Amtszeit
begangenen Menschenrechtsverletzungen geltend machen wollen, oder
aber eine Entschädigung vom philippinischen Staat für das von seinen
Organen begangene Unrecht zu verlangen. Sofern der philippinische Staat
- wie dies anscheinend von Präsident Ramos am 21. März 1997 erwogen
wurde (vgl. Artikel der Saudi Gazette vom 21. und 22. März 1997) - die
eingezogenen Vermögenswerte ganz oder teilweise zur Entschädigung der Opfer
von Menschenrechtsverletzungen verwendet, wäre dies jedoch zu begrüssen.

    dd) Nach dem Gesagten stehen die Interessen dieser Personen einer
Herausgabe der Vermögenswerte an die Philippinen nicht grundsätzlich
entgegen. Es fragt sich immerhin, ob die Rechtshilfe nicht mit einer
Auflage zur Sicherstellung ihrer Rechte in den Philippinen versehen werden
sollte (Art. 80p IRSG).

    Wie aufgezeigt wurde, gewährleisten bereits die von den Philippinen
ratifizierten Staatsverträge (UNO-Pakt II und UN-Folterkonvention) das
Recht der Opfer auf ein wirksames und faires Verfahren zur Durchsetzung
ihrer Entschädigungsansprüche. Diese Staatsverträge können vor den
philippinischen Behörden und Gerichten unmittelbar angerufen werden
(Art. II sec. 2 phil.Verf.; Philippines Initial Report N 16). Nach
Erschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzugs kann Individualbeschwerde
an den UN-Menschenrechtsausschuss erhoben werden (1. Fakultativprotokoll
zum UNO-Pakt II vom 16. Dezember 1966).

    Darüber hinaus enthält auch die philippinische Verfassung
einschlägige Bestimmungen: Art. III Sec. 12(4) Verf. verpflichtet den
Gesetzgeber, straf- und zivilrechtliche Sanktionen für die Verletzung
von Menschenrechten vorzusehen und die Opfer von Folter und ähnlichen
Praktiken sowie ihre Familien zu entschädigen und zu rehabilitieren. Die
Entschädigungsansprüche können vor den Zivilgerichten eingeklagt
werden (Philippine Initial Report, N 22). Art. III Sec. 16 Verf. gibt
jedermann Anspruch auf eine rasche Erledigung seines Ersuchens vor allen
gerichtlichen, quasi-gerichtlichen und administrativen Behörden. Seit der
Abschaffung der Sondergerichtsbarkeit für Angehörige von Armee, Polizei
und Bürgermilizen für im Dienste begangene Straftaten im Jahre 1991
können Menschenrechtsverletzungen der Streit- und Ordnungskräfte von den
ordentlichen Gerichten verfolgt werden. Die Verfassung hat überdies eine
Kommission zum Schutz der Menschenrechte ("Commission on Human Rights";
CHR) eingesetzt (Art. XIII sec. 17), die von Amtes wegen oder aufgrund
von Anzeigen jede Form der Verletzung bürgerlicher oder politischer Rechte
untersucht (Art. XIII sec. 18[1]) und angemessene Massnahmen zum Schutz
der Menschenrechte fördert (sec. 18[3]). Die Kommission ist beauftragt,
die Einhaltung der internationalen Menschenrechtsverpflichtungen
durch die philippinische Regierung zu kontrollieren (sec. 18[7]) und
dem Kongress u.a. wirksame Massnahmen zur Entschädigung der Opfer
von Menschenrechtsverletzungen sowie ihrer Familien vorzuschlagen
(sec. 18[6]). Die Verfahrensrechte der Opfer von Menschenrechtsverletzungen
sind also auch nach philippinischem Recht gewährleistet.

    ee) Allerdings ist nicht zu verkennen, dass Defizite bei der Umsetzung
dieser Rechte bestehen. Die philippinische Justiz gilt als schwerfällig
und für Korruption und politischen Einfluss anfällig (vgl. - auch zum
folgenden - US Department of State, Philippines Report on Human Rights
Practices for 1996 S. 1 und 4 f.; Report of the Philippine Alliance
of Human Rights Advocates to the Session of the UN Commission on Human
Rights, März 1996, S. 15). Die Strafverfolgungsbehörden sind personell
und finanziell unterdotiert und arbeiten im allgemeinen äusserst
langsam. Die oft jahrelangen Verzögerungen von Verfahren untergraben das
Vertrauen der Verfolgten in die Justiz und führen dazu, dass die Täter
am Ende oftmals ungeschoren davonkommen. Auch bei der Aufklärung von
Altfällen aus der Marcos-Zeit und der Verfolgung der Verantwortlichen
sind wenig Fortschritte erzielt worden. Dies liegt jedoch nicht am
schlechten Willen der philippinischen Behörden, denen übereinstimmend
eine grosse Aufgeschlossenheit für die Menschenrechtsproblematik
attestiert wird, sondern an strukturellen und finanziellen Mängeln der
philippinischen Justiz. Diese Mängel lassen sich nur durch langfristige
Reformen verbessern, die zum Teil bereits eingeleitet wurden: So hat der
Supreme Court der Philippinen einen Plan zur beschleunigten Erledigung
der vor ihm und den unteren Gerichten hängigen Verfahren beschlossen
(vgl. Art. XVIII sec. 12 phil.Verf.). Unter Präsidentin Aquino wurde 1988
eine Task Force zur Verbesserung der Justizgewährung und Beschleunigung
der Gerichtsverfahren eingesetzt, die zahlreiche Vorschläge gemacht hat,
von denen einige bereits umgesetzt worden sind (Philippine Initial
Report N 125-133). Präsident Ramos und sein Innenminister Robert
Barbers haben überdies Anstrengungen unternommen, Strafverfahren auch
gegen einflussreiche Persönlichkeiten einzuleiten und haben zahlreiche
Polizisten wegen Amtspflichtverletzungen entlassen (US Department of State,
Philippines Report 1996, S. 4 f.).

    ff) In mehreren Auslieferungsentscheiden hat das Bundesgericht konkrete
Zusicherungen vom ersuchenden Staat verlangt, um die grundlegenden
Menschen- und Verfahrensrechte des Ausgelieferten sicherzustellen
(z.B. BGE 122 II 373 Dispositiv S. 381; 123 II 161 E. 6f/cc S. 172,
511 Dispositiv S. 526 f.). Im Fall BGE 123 II 134 E. 7b S. 143 wurden
formelle Auflagen auch zugunsten des angeblich gutgläubigen Erwerbers eines
gestohlenen Gemäldes erwogen, aber nicht für erforderlich erachtet, weil
die unmittelbar anwendbaren Bestimmungen der einschlägigen Staatsverträge
ausreichende Verfahrensgarantien boten. In beiden Fallgruppen handelte es
sich um Personen, die von der Rechtshilfehandlung unmittelbar betroffen
wurden. In derartigen Fällen würde die Schweiz selbst gegen ihre
internationalen Verpflichtungen verstossen, wenn sie die Rechtshilfe
oder die Auslieferung bewilligen würde, obwohl den davon Betroffenen
im ersuchenden Staat eine die EMRK oder den UNO-Pakt II verletzende
Behandlung droht (BGE 123 II 161 E. 6a S. 167 mit Hinweis, 511 E. 5a
S. 517). Im vorliegenden Fall besteht dagegen kein unmittelbarer
Zusammenhang zwischen dem Gegenstand des Rechtshilfeverfahrens und
den Menschenrechtsverletzungen, die den vom District Court of Hawaii
zugesprochenen Entschädigungsansprüchen zugrundeliegen. Immerhin sind
gewisse Berührungspunkte vorhanden. Die Kläger jenes Verfahrens sind
Gläubiger des Nachlasses von Ferdinand Marcos und als solche von der
Herausgabe der Vermögenswerte an die Philippinen betroffen; der Ausgang
des Rechtshilfeverfahrens beeinflusst (faktisch) ihre Aussichten,
für die erlittenen Menschenrechtsverletzungen Entschädigungen zu
erhalten. Andererseits soll der philippinische Staat, der den Opfern
gegenüber völkerrechtlich zur Wiedergutmachung verpflichtet ist, durch
die ersuchte Rechtshilfe in die Lage versetzt werden, über das Schicksal
der umstrittenen Vermögenswerte, die von den Opfern als Haftungssubstrat
beansprucht werden, zu entscheiden.

    gg) Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheint der Entscheid
des Bezirksanwalts, die Vermögenswerte an die Philippinen herauszugeben,
ohne eine konkrete Zusicherung der Philippinen zugunsten der Opfer von
Menschenrechtsverletzungen unter dem Marcos-Regime zu verlangen, nicht
ermessensfehlerhaft. Immerhin rechtfertigt es sich, von den Philippinen
zu verlangen, dass sie die schweizerischen Behörden über den jetzigen
Verfahrensstand sowie regelmässig über alle wesentlichen Entwicklungen
informieren, und zwar nicht nur bezüglich des gerichtlichen Einziehungs-
bzw. Rückerstattungsverfahrens, sondern auch über die Vorkehrungen
bzw. Verfahren i.S.v. Art. 2 Ziff. 2 und 3 und Art. 14 UNO-Pakt II,
Art. 12-16 (insbes. 14) UN-Folterkonvention zur Entschädigung der Opfer
von Menschenrechtsverletzungen unter dem Marcos-Regime.

    hh) Diese Information ermöglicht und bedingt zugleich eine begleitende
Kontrolle durch den Bundesrat, der allenfalls Schritte gemäss Art. 41
UNO-Pakt II oder Art. 30 UN-Folterkonvention ergreifen muss (Art. 102
Abs. 8 BV; vgl. den bereits zitierten Bericht über die Aussenpolitik
der Schweiz in den 90er Jahren vom 20. November 1993, S. 200 zum
Einsatz zugunsten der Stärkung des Völkerrechts und der friedlichen
Streitbeilegung als Schwerpunkt der schweizerischen Aussenpolitik;
D. Schindler in Kommentar BV, Art. 102 Rz. 115-119; zur gemeinsamen
Verantwortung der Staatsorgane für die Verwirklichung völkerrechtlicher
Verpflichtungen vgl. die bereits zitierte gemeinsame Stellungnahme vom
Bundesamt für Justiz und Direktion für Völkerrecht, VPB 53/1989 Ziff. 13
S. 417 f. und BGE 117 Ib 367 E. 2e S. 373).

    d) Zu prüfen ist schliesslich, ob der Bezirksanwalt auch die Interessen
der schweizerischen Banken hätte berücksichtigen müssen.

    aa) Die Banken machen geltend, bei einem Transfer der Vermögenswerte
in die Philippinen könnten sie in den USA wegen "contempt of court"
(Missachtung des Gerichts) zur Verantwortung gezogen und mit hohen Bussen
bestraft werden. Überdies könnten die Opfer versuchen, ihre Forderungen
bei den US-amerikanischen Geschäftsstellen der schweizerischen Banken
einzutreiben. In der Tat sind seit dem Urteil des District Court of Hawaii
Verfahren in den Vereinigten Staaten mit dem Ziel eingeleitet worden,
die schweizerischen Banken zum Transfer der in der Schweiz gesperrten
Marcos-Gelder an den Rechtsvertreter der Opfer zu verpflichten. Das
US-Appellationsgericht in San Francisco (United States Court of Appeals
for the Ninth Circuit) hat jedoch am 3. Dezember 1997 entschieden,
dass derartige Anordnungen im Widerspruch zu der von der Schweiz auf
Ersuchen der Philippinen angeordneten Sperre der gleichen Gelder stehen
würden. Die von den Klägern verlangten Schritte würden die vom US-Supreme
Court entwickelte "Act of State Doctrine" verletzen, welche es US-Gerichten
verbietet, Hoheitsakte ausländischer Staaten für rechtsungültig zu erklären
(vgl. Underhill v. Hernandez, 168 U.S. 250 (1897); Banco Nacional
de Cuba v. Sabbatino, 376 U.S. 398 (1964); W.S. Kirkpatrick & Co.,
Inc. v. Environmental Tectonics Corp., Int'l, 493 U.S. 400 (1990)). Das
Appellationsgericht wies daher das Bundesbezirksgericht (US District Court
for the Central District of California) an, alle Handlungen zu unterlassen,
welche die in der Schweiz gesperrten Marcos-Vermögenswerte betreffen
(US9 Credit Suisse v. US District Court of California, 97 C.D.O.S. 9042).

    bb) Selbst wenn das Appellationsgericht nicht so entschieden hätte,
wäre eine Abweisung des philippinischen Rechtshilfegesuches aufgrund der
in den USA ergangenen Verfügungen schon aus grundsätzlichen Erwägungen
nicht in Betracht gekommen. Die Marcos-Guthaben wurden bereits am 24. März
1986 vom Schweizer Bundesrat vorsorglich gesperrt und blieben seither auf
Anordnung der zuständigen kantonalen Rechtshilfebehörden zugunsten der
Philippinen blockiert. Am 21. Dezember 1990 bewilligte das Bundesgericht
grundsätzlich die Herausgabe der Vermögenswerte an die Philippinen
zur Einziehung bzw. zur Rückerstattung an die Berechtigten. Die erste
Verfügung ("preliminary injunction") des Hawaii District Court aus dem
Jahre 1991 erging nach diesem Entscheid des Bundesgerichts. Sie bezog
sich auf in der Schweiz gelegene Vermögenswerte und richtete sich gegen
schweizerische Banken, die nicht Partei des Verfahrens in Hawaii waren;
sie bezweckte klarerweise, die Herausgabe der Vermögenswerte an die
Philippinen zu verhindern und damit eine von den schweizerischen Behörden
im Rahmen ihrer Zuständigkeit rechtmässig angeordnete Rechtshilfehandlung
zu vereiteln. Die schweizerischen Behörden haben denn auch mehrfach bei
den Behörden und Gerichten der Vereinigten Staaten interveniert und
darauf hingewiesen, dass den Schweizer Rechtshilfemassnahmen Vorrang
zukommen müsse und dass einseitige Massnahmen amerikanischer Gerichte,
um schweizerische Gesellschaften innerhalb der Schweiz zur Herausgabe der
gesperrten Gelder in die USA zu zwingen, die schweizerische Souveränität
verletzen würden. Würde das Bundesgericht im vorliegenden Fall auf die -
bereits 1990 grundsätzlich bewilligte - Rechtshilfe verzichten, würde
es einzelnen Gläubigern die Möglichkeit einräumen, durch die Anrufung
amerikanischer Gerichte Rechtshilfemassnahmen der Schweiz zu verhindern,
obgleich sich die Vermögenswerte auf schweizerischem Hoheitsgebiet befinden
und die Rechtshilfe IRSG- und völkerrechtskonform ist.

Entscheid:

                   Demnach erkennt das Bundesgericht:

    1.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der
Entscheid des Obergerichts des Kantons Zürich vom 20. Februar 1997
i.S. Aguamina Corporation c. Bezirksanwaltschaft des Kantons Zürich
(UK950182) wird aufgehoben. Die Sache wird an das Obergericht zur
Neuverlegung der Kosten des kantonalen Verfahrens zurückgewiesen.

    2.- Die Verfügung der Bezirksanwaltschaft IV für den Kanton Zürich
vom 21. August 1995 betreffend den Schweizerischen Bankverein Fribourg
(REC 1/384/86) wird bestätigt und um folgende Auflagen ergänzt:

    a) Die Philippinen sichern zu, über die Einziehung bzw. Rückerstattung
der Vermögenswerte an Berechtigte in einem gerichtlichen Verfahren zu
entscheiden, das den in Art. 14 des Internationalen Pakts vom 16. Dezember
1966 über bürgerliche und politische Rechte (UNO-Pakt II) festgelegten
Verfahrensgrundsätzen entspricht.

    b) Die Philippinen informieren die schweizerischen Behörden über den
jetzigen Stand sowie regelmässig über wesentliche Entwicklungen

    - im gerichtlichen Einziehungs- bzw. Rückerstattungsverfahren und

    - betreffend Vorkehrungen und Verfahren zur Entschädigung der Opfer
von Menschenrechtsverletzungen unter dem Marcos-Regime (Art. 2 Ziff. 2 und
3 und 14 UNO-Pakt II, Art. 14 und 16 Abs. 1 des UN-Übereinkommens gegen
Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung
oder Strafe vom 10. Dezember 1984).