Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 III 445



123 III 445

69. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 20. November 1997 i.S.
P. S. gegen M. S. (Berufung) Regeste

    Keine gemeinsame elterliche Gewalt der Eltern nach der Scheidung
(Art. 297 Abs. 3 ZGB); Bemessung des Besuchsrechtes (Art. 273 ZGB).

    Bestätigung der Rechtsprechung, wonach gemäss Art. 297 Abs. 3 ZGB
die gemeinsame elterliche Gewalt beider Elternteile nach der Scheidung
ausgeschlossen ist (E. 2).

    Ist in einer Scheidungskonvention ein ausgedehntes Besuchsrecht
vereinbart worden, kann deren Genehmigung nicht allein mit der Begründung
verweigert werden, die Konvention gehe weiter als das nach kantonaler
Praxis übliche Besuchsrecht; vielmehr ist zu prüfen, ob die vorgeschlagene
Regelung im konkreten Fall mit dem in Art. 273 ZGB vorgesehen "Anspruch
auf angemessenen persönlichen Verkehr" und insbesondere mit dem Kindeswohl
vereinbar ist (E. 3).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Parteien haben in ihrem Scheidungsverfahren eine
Scheidungskonvention abgeschlossen und dem Scheidungsrichter zur
Genehmigung vorgelegt, in welcher sie einerseits vereinbarten, dass
die elterlichen Gewalt beiden Elternteilen gemeinsam zuzuweisen sei;
andrerseits haben sie sich auf ein ausgedehntes Besuchs- und Ferienrecht
geeinigt, welches dem Kläger das Recht einräumt, die beiden Kinder jedes
zweite Wochenende von Samstag bis Montag und jeden Montag zu betreuen.

    Sowohl das Bezirksgericht Unterlandquart als auch das Kantonsgericht
von Graubünden haben die Genehmigung der Scheidungskonvention in diesen
beiden Punkten verweigert. In bezug auf die Zuweisung der elterlichen
Gewalt hat das Kantonsgericht festgehalten, dass Art. 297 Abs. 3 ZGB ein
gemeinsames Sorgerecht der Eltern nach der Scheidung ausschliesse und
stellte in der Folge die beiden Kinder unter die elterliche Gewalt der
Beklagten. Hinsichtlich des von den Parteien vereinbarten ausgedehnten
Besuchs- und Ferienrechtes verweigerte das Kantonsgericht die Genehmigung
der Konvention im wesentlichen mit dem Argument, dass keine Gründe
dargetan seien, die ein Abweichen von der Praxis der Bündner Gerichte
(vgl. PKG 1992 Nr. 1) rechtfertigten; das Kantonsgericht bestätigte daher
das Urteil des Bezirksgerichts, das ein - der Praxis entsprechendes -
Besuchsrecht von einem Wochenende pro Monat und ein Ferienrecht von drei
Wochen angeordnet hatte.

Erwägung 2

    2.- In seiner Berufung kritisiert der Kläger zunächst die
Nichtgenehmigung des gemeinsamen Sorgerechtes beider Ehegatten. In
BGE 117 II 523 ff. habe das Bundesgericht zwar festgehalten, Art. 297
Abs. 3 ZGB verbiete die Genehmigung einer Konvention, welche vorsehe,
dass die Kinder nach der Scheidung unter die gemeinsame elterliche
Gewalt beider Elternteile zu stellen sei. Eine teleologische und
geltungszeitliche Auslegung dränge aber eine andere Lösung auf; auch
eine konventionskonforme Auslegung, die Art. 8 EMRK mitberücksichtige,
sowie eine völkerrechtskonforme Auslegung, die Art. 2, 3 und 18
der UNO-Konvention über die Rechte der Kinder (BBl 1994 V S. 79 ff)
miteinbeziehe, schliesse die gemeinsame elterliche Gewalt der geschiedenen
Eltern über ihre Kinder nicht aus.

    a) Gemäss Art. 297 Abs. 1 ZGB steht den Eltern während der Dauer der
Ehe die elterliche Gewalt über die Kinder gemeinsam zu. Nach Art. 297
Abs. 2 ZGB kann der Richter die elterliche Gewalt einem Ehegatten allein
zuteilen, wenn der gemeinsame Haushalt aufgehoben oder die Ehe getrennt
wird. Art. 297 Abs. 3 ZGB bestimmt schliesslich, dass die elterliche Gewalt
nach dem Tod dem überlebenden Ehegatten und bei Scheidung dem Ehegatte
zusteht, dem die Kinder anvertraut werden. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtes hat der Scheidungsrichter, der gemäss Art. 156 Abs. 1 ZGB
auch über die Gestaltung der Elternrechte zu befinden hat, einer Konvention
über die Nebenfolgen der Ehescheidung die Genehmigung zu verweigern,
welche die gemeinsame elterliche Gewalt vorsieht, weil Art. 297 Abs. 3
ZGB ausschliesse, dass die elterliche Gewalt nach der Scheidung der Ehe
durch beide Eltern gemeinsam ausgeübt werde: Nach der herrschenden Lehre
sowie dem Wortlaut und Wortsinn von Art. 297 Abs. 3 ZGB, der sich u.a. auch
aus der Entstehungsgeschichte im Rahmen der Kindesrechtsrevision von 1976
ergebe, sei das vom Gesetzgeber bewusst getroffene Werturteil, nach der
Scheidung die elterliche Gewalt einem Elternteil zuzuweisen, das beste
Mittel zur Gewährleistung des Kindeswohls; daran vermöge auch nichts zu
ändern, dass kantonale Gerichte vereinzelt dazu übergegangen seien, die
elterliche Gewalt auch nach der Scheidung beiden Ehegatten zu belassen
(BGE 117 II 523 E. 1 mit zahlreichen Hinweisen).

    b) Es besteht kein Anlass, auf diese Rechtsprechung zurückzukommen. In
der Literatur wurde der Auffassung des Bundesgerichtes im Ergebnis
beigepflichtet, dass Art. 297 Abs. 3 ZGB keine durch die Rechtsprechung
zu korrigierende rechtspolitische Lücke enthalte, weil die Anwendung von
Art. 297 Abs. 3 ZGB nach ihrem klaren Wortlaut keinen Rechtsmissbrauch
darstelle (HANS MICHAEL RIEMER, Umfang und Schranken richterlicher
Gebotsberichtigung, dargestellt anhand aktueller Beispiele aus dem
Familienrecht, recht 1993, S. 128). Im übrigen ist die vereinzelt im
Anschluss an BGE 117 II 523 ff. erhobene Kritik unbegründet. Unzutreffend
ist die Auffassung, das Bundesgericht habe zu Unrecht auf den Willen
des Reformgesetzgebers von 1976 abgestellt, weil das damals geltende
Recht inhaltlich unverändert geblieben sei und die Beratungen in
den Räten deshalb in bezug auf Art. 297 Abs. 3 ZGB gar nicht zu einem
gesetzgeberischen Akt geführt hätten (PETER BALSCHEIT, Gesetzgebung und
Rechtsprechung zur gemeinsamen elterlichen Gewalt, AJP 1993, S. 1208). In
der parlamentarischen Beratung wurde nämlich ein Antrag, dass der Richter
bei Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes, Trennung oder Scheidung der
Ehegatten die elterliche Gewalt beiden Ehegatten oder nur einem zuweisen
könne, vom Nationalrat abgelehnt (AB 1975 N, S. 1777 ff.); wenn es der
Ständerat in der Folge bei der zweiten Lesung (AB 1976 S, S. 85 ff.) in
Kenntnis der Beratungen des Nationalrates nicht für nötig erachtete,
die Frage aufzugreifen, liegt darin sehr wohl ein gesetzgeberischer
Akt im Sinn eines negativen Entscheides über die Aufrechterhaltung der
gemeinsamen elterlichen Gewalt über den Scheidungszeitpunkt hinaus. Weiter
wurde dem Bundesgericht vorgeworfen, sich nur an den Gesetzeswortlaut und
den Gesetzgeberwillen geklammert zu haben, aber in keiner Art neuere -
seit 1976 grundlegend veränderte - humanwissenschaftliche Erkenntnisse,
die Rechtsentwicklung in anderen Staaten sowie supranationales Recht -
namentlich Art. 8 EMRK und die UNO-Kinderrechtekonvention - berücksichtigt
zu haben (INGEBORG SCHWENZER, Besprechung des Bundesgerichtsentscheides
vom 12.12.1991, AJP 1992, S. 906 ff.). Diese Kritik ist in doppelter
Hinsicht unbegründet:

    aa) Einmal verkennt sie die Befugnis des Bundesgerichtes als
rechtsanwendende Instanz. Der Richter darf nur vom Gesetz abweichen,
wo sich der Gesetzgeber offenkundig über gewisse Tatsachen geirrt hat
oder sich die Verhältnisse seit Erlass eines Gesetzes gewandelt haben,
so dass die Vorschrift unter legislativpolitischen Gesichtspunkten nicht
mehr befriedigt und deren Anwendung einen Normmissbrauch darstellt,
d.h. wenn ein krasser Fall von Unvollkommenheit vorliegt (ARTHUR
MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar, N. 296 zu Art. 1 ZGB; HANS MERZ, Berner
Kommentar, N. 40 f. zu Art. 2 ZGB). Wie auch immer man sich zu einem
gemeinsamen Sorgerecht der Eltern nach deren Scheidung stellen mag, kann
in der Anwendung der von Art. 297 Abs. 3 ZGB vorgesehenen gesetzlichen
Lösung kein Normmissbrauch erblickt werden, wie das Bundesgericht
unter Hinweis auf die herrschende - und auch aktuelle - Lehrmeinung
ausgeführt hat. Vielmehr ist es allein Sache des Gesetzgebers, von der
bisherigen gesetzlichen Lösung in geeigneter Art abzuweichen; in der
laufenden Revision des Ehescheidungsrechtes wurde denn auch das Postulat
aufgegriffen, die gemeinsame elterliche Gewalt nach der Scheidung unter
bestimmten Voraussetzungen zu ermöglichen (vgl. Art. 133 Abs. 3 und Art.
297 Abs. 3 VE ZGB; BBl 1996 I, S. 125 ff., Ziff. 233.62).

    bb) Sodann ist die Auffassung unzutreffend, Art. 297 Abs. 3 ZGB sei
mit Art. 8 EMRK in jedem Fall unvereinbar. Zwar zeichnet sich in den
europäischen Staaten die Entwicklungstendenz ab, die Zusprechung eines
gemeinsamen Sorgerechtes an geschiedene Eltern zu ermöglichen (CHRYSANT
VON STURM ZU VEHLINGEN, Gemeinsame elterliche Sorge nach Ehescheidung,
AJP 1997, insbes. S. 1063 ff.). Indessen ist diese Tendenz noch nicht
allgemein genug und auch empirisch noch nicht genügend als befriedigend
ausgewiesen, als dass das gemeinsame Sorgerecht nach der Scheidung
bereits als Teilgehalt von Art. 8 EMRK angesehen werden könnte (LUZIUS
WILDHABER, Internationaler Kommentar zur EMRK, N. 406 ff. zu Art. 8). Im
übrigen hat die Europäische Kommission für Menschenrechte eine gegen BGE
117 II 523 ff. erhobene Beschwerde wegen Verletzung von Art. 8 EMRK für
offensichtlich unbegründet erklärt (Entscheid der Europäischen Kommission
für Menschenrechte vom 30. November 1994, in: VPB 59 [1995], Nr. 120,
S. 989 ff.).

    Was schliesslich die Art. 2, 3 und 18 UNO-Kinderrechtekonvention
betrifft, äussert sich der Kläger weder zur kontroversen Frage der
direkten Anwendbarkeit dieser Bestimmungen (offengelassen in BBl 1994 V,
S. 20; bejahend: INGEBORG SCHWENZER, Die UN-Kinderkonvention und das
schweizerische Kindesrecht, AJP 1994, S. 819 und CHRISTIAN ULLMANN,
Verfassungs- und völkerrechtliche Widersprüche bei der Ratifikation
der UNO-Kinderrechtekonvention, FamRZ 1991, S. 899; verneinend: BEA
VERSCHRAEGEN, Die Kinderrechtekonvention, Wien 1996, S. 52 f.), noch
dazu, ob der Konvention überhaupt eine über die Scheidung hinausdauernde
gemeinsame elterliche Gewalt zu entnehmen sei (bejahend: SCHWENZER, aaO,
S. 822; verneinend: HANS A. STÖCKER, Die UN-Kinderkonvention und das
deutsche Familienrecht, FamRZ 1992, S. 250 ff. und VERSCHRAEGEN, aaO,
S. 79 f.).

    c) Aus diesen Gründen erweist sich die Berufung insoweit als
unbegründet, als der Beklagte das Urteil des Kantonsgerichts als
bundesrechtswidrig rügt, weil der Scheidungskonvention in bezug auf
das vereinbarte gemeinsame Sorgerecht die Genehmigung verweigert wurde;
vielmehr hat das Kantonsgericht zutreffend festgehalten, dass unter der
Geltung von Art. 297 Abs. 3 ZGB ein gemeinsames Sorgerecht der Eltern
nach der Auflösung der Ehe nicht zugesprochen werden kann ...

Erwägung 3

    3.- Der Beklagte kritisiert das Urteil des Kantonsgerichtes ferner
als bundesrechtswidrig, weil das ausgedehnte Besuchs- und Ferienrecht,
das die Parteien in ihrer Scheidungskonvention vom 18. Juli/15. Oktober
1996 vereinbart hatten, nicht genehmigt wurde. In dieser Konvention gingen
die Parteien davon aus, dass der Vater die Kinder jedes zweite Wochenende
von Freitag, 1800 Uhr, bis Montag, 1800 Uhr und jeden Montag, beginnend am
Sonntagabend, 1800 Uhr, bis Montagabend, 1800 Uhr, zu sich nehme; zudem
wurde dem Vater das Recht eingeräumt, jährlich vier Wochen Ferien mit
den Kindern zu verbringen. Das Kantonsgericht lehnte dieses grosszügige
Besuchs- und Ferienrecht unter Hinweis auf die Praxis der Bündner Gerichte
ab (vgl. PKG 1992, Nr. 1) und bestätigte das Urteil des Bezirksgerichtes;
darin wurde der Beklagte für berechtigt erklärt, seine Kinder jeweils am
ersten Wochenende eines jeden Monats von Samstag, 1200 Uhr, bis Sonntag,
2000 Uhr, zu sich zu nehmen und mit den Kindern jährlich drei Wochen Ferien
zu verbringen. Nach Auffassung des Beklagten verstösst die Ablehnung der
Genehmigung der von den Parteien einvernehmlich beantragten Besuchsregelung
gegen Art. 273 ZGB; zusätzlich verstosse das angefochtene Urteil auch
gegen Art. 8 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 9 Abs. 3 UNO-Kinderrechtekonvention.

    a) Der Scheidungsrichter hat gemäss Art. 156 Abs. 2 ZGB auch über den
persönlichen Verkehr des Ehegatten mit den Kindern zu entscheiden, die
ihm durch die Gestaltung der Elternrechte entzogen werden. Diesbezüglich
bestimmt Art. 273 ZGB, dass die Eltern Anspruch auf angemessenen
persönlichen Verkehr mit dem unmündigen Kind haben, das nicht unter
ihrer elterlichen Gewalt oder Obhut steht. Die Vorstellung darüber,
was in durchschnittlichen Verhältnissen als angemessenes Besuchsrecht zu
gelten habe, gehen in der Lehre und der Praxis auseinander, wobei auch
regionale Unterschiede festzustellen sind: Während das Besuchsrecht
in der Westschweiz üblicherweise jedes zweite Wochenende, die Hälfte
der Schulferien und alternierend die Doppelfeiertage umfasst, wird in
der Deutschschweiz - im Streitfall - das Besuchsrecht üblicherweise
für Kinder im Vorschulalter auf ein bis zwei Halbtage monatlich, für
Schulkinder auf ein Wochenende und zwei bis drei Wochen Ferien jährlich
festgesetzt; ist das Besuchsrecht nicht umstritten, gelten inzwischen
ähnliche Prinzipien wie in der Westschweiz (LÜCHINGER/GEISER, Basler
Kommentar, N. 14 zu Art. 156 ZGB; INGEBORG SCHWENZER, Basler Kommentar,
N. 14 zu Art. 273 ZGB). Auch wenn solchen Übungen bei der Bemessung des
Besuchsrechtes eine gewisse Bedeutung zukommt, kann im Einzelfall nicht
allein darauf abgestellt werden. Der angefochtene Entscheid erweckt daher
schon deshalb Bedenken, weil er - ohne auf den konkreten Fall einzugehen -
einfach mit der kantonalen Praxis argumentiert, wonach "im Streitfall ein
Besuchsrecht von einem Wochenende pro Monat angemessen sei und dies als
Regel gelten solle"; zudem ist das Besuchs- und Ferienrecht im vorliegenden
Fall gar nicht umstritten.

    b) Das Recht des Elternteils, der durch die Scheidung die elterliche
Gewalt verliert, auf angemessenen persönlichen Verkehr mit seinen
Kindern steht dem Betroffenen Elternteil um seiner Persönlichkeit willen
zu; in erster Linie dient das Besuchsrecht indessen dem Interesse des
Kindes. Bei der Festsetzung des Besuchsrechtes geht es nicht darum, einen
gerechten Interessenausgleich zwischen den Eltern zu finden, sondern
den elterlichen Kontakt mit dem Kind in dessen Interesse zu regeln (BGE
122 III 404 E. 3a S. 406 f. mit Hinweisen). Als oberste Richtschnur für
die Ausgestaltung des Besuchsrechtes gilt somit immer das Kindeswohl,
das anhand der Umstände des konkreten Einzelfalles zu beurteilen ist;
allfällige Interessen der Eltern haben zurückzustehen. Schon daraus ergibt
sich, dass sich das Kantonsgericht bei der Frage der Genehmigung des von
den Parteien vereinbarten ausgedehnten Besuchsrechtes nicht einfach auf
seine feste Praxis berufen und auf die Prüfung der Frage verzichten durfte,
ob die von den Eltern vorgeschlagene Regelung im konkreten Fall mit dem
Kindeswohl vereinbar ist. Der Hinweis auf allfällige Loyalitätskonflikte
des Kindes, die durch ein häufiges Hin und Her zwischen den Elternteilen
hervorgerufen werden könne, mag zwar bei fehlendem Einvernehmen der
Eltern der Erfahrung entsprechen; im vorliegenden Fall ist jedoch weder
ein fehlendes Einvernehmen der Parteien dargetan, noch sind irgendwelche
Hinweise dafür ersichtlich, dass sich ein ausgedehntes Besuchsrecht
negativ auf die Entwicklung der Kinder auswirken würde. Weiter hat das
Kantonsgericht die Genehmigung des Besuchs- und Ferienrechtes mit dem
Argument verweigert, dass die Regelung des persönlichen Verkehrs des
Ehegatten mit den Kindern, die ihm entzogen werden, nicht nur aufgrund
einer aktuellen Situation zu beurteilen sei, sondern auch mögliche spätere
Veränderungen mitberücksichtigt werden müssten, weshalb die Festsetzung
des Besuchsrechtes nur eine Minimalregelung im Hinblick auf allfällige
Konflikte zwischen den Eltern sein könne. Dem Kantonsgericht ist zwar
insoweit beizupflichten, als es sich bei der Regelung des persönlichen
Verkehrs bei der Scheidung - ungeachtet der Möglichkeit der Anpassung
an veränderte Verhältnisse (Art. 157 ZGB; BGE 111 II 405 E. 3 S. 408)
- nicht um eine vorsorgliche, sondern um eine auf Dauer angelegte
Massnahme handelt, die einer prospektiven Beurteilung bedarf. Indessen
finden sich auch diesbezüglich keine konkreten Bezüge zum vorliegenden
Fall: das Kantonsgericht hat - abgesehen von Erfahrungssätzen - keine
möglichen künftigen Probleme namhaft gemacht, die im vorliegenden Fall
die Durchführung eines grosszügigen Besuchs- und Ferienrechtes als
problematisch erscheinen lassen könnten.

    c) Im übrigen erweist sich ein ausgedehntes Besuchsrecht keineswegs
schon "per se" als bundesrechtswidrig. Es ist allgemein anerkannt, dass
aufgrund des schicksalhaften Kind-Eltern-Verhältnisses die Beziehung des
Kindes zu beiden Elternteilen sehr wichtig und von hohem Wert ist und bei
der Identitätsfindung des Kindes eine entscheidende Rolle spielen kann
(BGE 122 III 404 E. 3a mit Hinweisen). Dabei kommt dem zeitlichen Faktor
hinsichtlich der Qualität einer Beziehung wesentliche Bedeutung zu. Ideale
Verhältnisse vorausgesetzt kann das Modell alternativer Obhut den durch die
Scheidung erlittenen Verlust intensiver Beziehungen zu beiden Elternteilen
am ehesten aufwiegen. Umgekehrt wird in der Literatur kritisch vermerkt,
dass eine alternative Obhut einen hohen Grad von Kooperationsfähigkeit
und günstige Wohnverhältnisse voraussetze und im Schulalter nur in
geringer Entfernung von Wohn- und Besuchsort möglich sei, wobei eine
solche Obhutsregelung eine Mehrzahl von Eltern und Kindern überfordere
(HEGNAUER, Berner Kommentar, Bern 1997, N. 97 zu Art. 273 ZGB). Ohne hier
die Problematik alternativer Obhut abschliessend zu erörtern, erscheint es
angezeigt, an die Voraussetzungen der Genehmigung solcher Vereinbarungen
einen strengen Massstab anzulegen; im übrigen erreicht die grosszügige
Bemessung des Besuchsrechtes im vorliegenden Fall noch nicht die Schwelle
einer eigentlichen alternativen Obhut.

    d) Eine abschliessende Beurteilung der angefochtenen Besuchs- und
Ferienregelung ist im vorliegenden Fall nicht möglich. Der angefochtene
Entscheid enthält praktisch keine Tatsachenfeststellungen, die einen
Entscheid darüber gestatten, ob die von den Eltern vorgeschlagene
Regelung mit dem in Art. 273 ZGB vorgesehenen "Anspruch auf angemessenen
persönlichen Verkehr" und insbesondere mit der übergeordneten Maxime
des Kindeswohls unvereinbar ist. Insbesondere wurden die bei den Akten
liegenden Sachverständigenberichte mit keinem Wort gewürdigt; und allein
mit dem Hinweis, die Parteien hätten nicht überzeugend dargetan, weshalb
sich in ihrem Fall eine Abweichung von der Bündner Praxis rechtfertige,
durfte die Genehmigung der Konvention nicht verweigert werden. Die Berufung
ist daher hinsichtlich der Regelung des Besuchs- und Ferienrechtes
im Sinn der Erwägungen gutzuheissen und die Sache zur Ergänzung des
Sachverhaltes und zur Neuentscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen
(Art. 64 Abs. 1 OG). Damit kann dahingestellt bleiben, ob der angefochtene
Entscheid auch bei einer Auslegung von Art. 273 ZGB unter Berücksichtigung
von Art. 8 EMRK und Art. 18 UNO-Kinderrechtekonvention aufzuheben wäre ...