Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 123 III 137



123 III 137

23. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 11. März 1997 i.S. Crédit Suisse (Beschwerde) Regeste

    Art. 46 Abs. 2 SchKG; Betreibungsort bei Verlegung des Sitzes einer
Aktiengesellschaft.

    Verlegt eine in Betreibung gesetzte Aktiengesellschaft ihren Sitz, so
gilt als Betreibungsort im Sinne von Art. 46 Abs. 2 SchKG der bisherige
Sitz bis zum Zeitpunkt, wo er im dortigen Handelsregister gelöscht
worden ist.

Sachverhalt

    A.- Am 6. Dezember 1996 reichte das Transportunternehmen G.
beim Betreibungsamt Bern ein Betreibungsbegehren ein, welches dort
am 16. Dezember 1996 einging. Die Betreibung richtete sich gegen die
Schweizerische Volksbank, Weltpoststrasse 5, 3001 Bern; und die Zustellung
des Zahlungsbefehls in der Betreibung Nr. 9'652'650 des Betreibungsamtes
Bern erfolgte am 8. Januar 1997.

    B.- Mit Rechtsschrift vom 20. Januar 1997 beschwerte sich die Crédit
Suisse bei der Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen für
den Kanton Bern, indem sie die Aufhebung des erwähnten Zahlungsbefehles
verlangte. Zur Begründung ihrer Beschwerde führte sie aus, im Rahmen der
Restrukturierung der

CS Holding seien die Firma der Schweizerischen Volksbank in Crédit
Suisse geändert und deren Sitz von Bern nach Zürich verlegt worden. Der
Zahlungsbefehl an die Schweizerische Volksbank in Bern sei nach der
Sitzverlegung nach Zürich und demzufolge in Verletzung von Art. 46 Abs. 2
SchKG zugestellt worden.

    Mit Entscheid vom 17. Februar 1997 wurde die Beschwerde von der
kantonalen Aufsichtsbehörde abgewiesen. Ebenso wies die Schuldbetreibungs-
und Konkurskammer des Bundesgerichts die hierauf bei ihr erhobene
Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Die Beschwerdeführerin beruft sich, nicht anders als die
kantonale Aufsichtsbehörde, auf BGE 116 III 1; und beide Seiten sind sich
darüber einig, dass es bei einer Sitzverlegung einer Aktiengesellschaft
entgegen der sonst geltenden Regel (Art. 932 Abs. 2 OR) nicht auf
die Publikation im schweizerischen Handelsamtsblatt ankommt, wenn der
Betreibungsort im Sinne von Art. 46 Abs. 2 SchKG zu bestimmen ist (so auch
- aber nicht weitergehend - Gilliéron, Poursuite pour dettes, faillite
et concordat, 3. Auflage 1993, S. 83). Während nun aber im angefochtenen
Entscheid die Auffassung vertreten wird, die Sitzverlegung werde mit der
Eintragung der Löschung des bisherigen Sitzes im Handelsregister wirksam,
hält die Beschwerdeführerin dafür, die Sitzverlegung werde mit deren
Eintrag sowie mit dem Eintrag der Firmenänderung im Handelsregister des
neuen Sitzes - im vorliegenden Fall also in jenem von Zürich - wirksam.

    Entgegen der Darstellung der Beschwerdeführerin ist indessen dem
zitierten BGE 116 III 1 (Seite 4) zu entnehmen, dass bei der Bestimmung
des Betreibungsortes auf den Zeitpunkt abzustellen ist, wo der bisherige
Sitz der in Betreibung gesetzten Aktiengesellschaft im Handelsregister des
bisherigen Sitzes gelöscht worden ist. Im Lichte dieser Rechtsprechung
erweist sich daher die von der kantonalen Aufsichtsbehörde vertretene
Rechtsauffassung als bundesrechtskonform.

    b) Vergeblich ruft die Beschwerdeführerin Art. 647 OR an, indem
sie geltend macht, dass mit der von der kantonalen Aufsichtsbehörde
vertretenen Auffassung ein doppelter Sitz der Aktiengesellschaft in Kauf
genommen werde. Es geht indessen nicht allgemein um das Problem des Sitzes
einer Aktiengesellschaft, sondern nur um die Frage, welches der Sitz -
und somit der Betreibungsort - im Sinne von Art. 46 Abs. 2 SchKG bei
Verlegung des Sitzes einer Aktiengesellschaft ist.

    Dem kurzfristigen Nebeneinander von bisherigem und neuem Sitz wird
in Art. 49 HRegV (SR 221.411) Rechnung getragen. Doch kann sich die
Beschwerdeführerin zur Untermauerung ihres Rechtsstandpunktes nicht auf
diese Bestimmung berufen; denn sie weist die den Sitz verlegende Firma
sowie den Registerführer an, was im Falle der Sitzverlegung vorzukehren
ist, und bestimmt den Registerinhalt. Für die Beantwortung der Frage nach
dem Betreibungsort kann daraus nichts abgeleitet werden.

Erwägung 4

    4.- Der Sachverhalt ist für die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
verbindlich festgestellt worden (Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81
OG) und im übrigen unbestritten: Der Sitz der Schweizerischen Volksbank
ist am 22. Januar 1997 im Handelsregister Bern-Mittelland gelöscht
worden. Am 8. Januar 1997 ist der Zahlungsbefehl vom Betreibungsamt Bern
in der Betreibung Nr. 9'652'650 der Schweizerischen Volksbank zugestellt
worden. Diese Zustellung noch vor der Löschung im Handelsregister
am bisherigen Sitz der Schuldnerin war, wie die Aufsichtsbehörde in
Betreibungs- und Konkurssachen für den Kanton Bern zu Recht erkannt hat,
zulässig.