Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 V 445



120 V 445

63. Urteil vom 5. Dezember 1994 i.S. Einwohnergemeinde H. gegen Kantonale
Pensionskasse Solothurn und Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Regeste

    Art. 11 BVG, Art. 49 Abs. 2 BVG: Anschlussvertrag. Auslegung der
Kündigungsklausel eines Anschlussvertrages zwischen einer kantonalen
Vorsorgeeinrichtung und einer Einwohnergemeinde, deren Wortlaut mit
Bezug auf die Berechnung der Austrittsleistung unklar ist. Dabei
kommt dem Umstand entscheidende Bedeutung zu, dass die Beendigung der
Rechtsbeziehungen zwischen Vorsorgeeinrichtung und Arbeitgeber (durch
Auflösung des Anschlussvertrages) keinen Freizügigkeitsfall im Sinne von
Art. 27 Abs. 2 BVG und Art. 331a Abs. 1, 331b Abs. 1 OR darstellt (Erw. 5).

    Art. 4 BV: Verfassungsrechtlicher Vertrauensschutz im Verhältnis
zwischen zwei juristischen Personen des öffentlichen Rechts?

    - Sind die Rechtsbeziehungen zwischen zwei juristischen Personen
des öffentlichen Rechts (verwaltungs- oder privat-)vertraglicher Natur,
besteht für die Anrufung des öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzes
kein Raum. Denn es stehen sich zwei gleichberechtigte Rechtssubjekte
gegenüber, deren Rechte und Pflichten sich in erster Linie aus Vertrag
ergeben (Erw. 4b).

    - In casu Anwendbarkeit des öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzes
verneint im Verhältnis zwischen einer kantonalen Vorsorgeeinrichtung
und einer ihr berufsvorsorgerechtlich angeschlossenen Einwohnergemeinde
(Erw. 4c und d).

Sachverhalt

    A.- Die Einwohnergemeinde H. hatte mit Vertrag vom 25. April 1969
(nachfolgend: Anschlussvertrag) das vollamtliche Gemeindepersonal bei der
Staatlichen Pensionskasse Solothurn (PKS) berufsvorsorgeversichert. Im
Hinblick auf einen allfälligen Anschluss an die Pensionskasse für Spital-,
Heim- und Pflegepersonal (SHP) erkundigte sich die Einwohnergemeinde bei
der PKS über die Höhe der Austrittsleistungen im Kündigungsfalle. Mit
Schreiben vom 14. Januar 1992 teilte die PKS mit, die "Rückerstattung bei
Vertragsauflösung" betrage gestützt auf Art. 11 des Anschlussvertrages
insgesamt Fr. 1'131'562.60. In der Folge gelangte die Einwohnergemeinde
erneut an die PKS mit der Bitte, ihr "umgehendst schriftlich mitzuteilen,
welche Berechnungsart angewendet wurde"; es sei ihr anhand der
bekanntgegebenen Zahlen nicht klar, ob die Freizügigkeitsleistungen
nach dem "Abkommen 90" gerechnet worden seien. In dem wiederum mit
"Rückerstattung bei Vertragsauflösung" betitelten Antwortschreiben vom
20. März 1992 gab die PKS 'wunschgemäss (...) die Freizügigkeitsleistungen
nach dem "Abkommen 90" [insgesamt Fr. 1'538'527.70] bekannt'.

    Mit Schreiben vom 26. Juni 1992 kündigte die Einwohnergemeinde H. den
Anschlussvertrag auf den 31. Dezember 1992; gleichzeitig ersuchte sie um
Überweisung der 'Freizügigkeitsleistungen gemäss "Abkommen 90"', zuzüglich
die Beiträge für das laufende Jahr 1992, an die neue Pensionskasse
(SHP). Nachdem die PKS im September 1992 die Kündigung bestätigt hatte,
teilte sie der Einwohnergemeinde H. mit Schreiben vom 23. Dezember 1992
mit, das Freizügigkeitsabkommen 90 sei auf Fälle wie den vorliegenden
nicht anwendbar, weshalb sie die Leistungen nach Anschlussvertrag, somit
lediglich im Umfange von Fr. 1'131'562.60, entrichte.

    B.- Die hiegegen eingereichte Klage der Einwohnergemeinde H. wies
das Versicherungsgericht des Kantons Solothurn nach Durchführung eines
zweifachen Schriftenwechsels und einer Hauptverhandlung ab (Entscheid
vom 21. Dezember 1993).

    C.- Die Einwohnergemeinde H. lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen
und beantragen, der kantonale Gerichtsentscheid sei aufzuheben und die PKS
sei zu verpflichten, Austrittsleistungen gemäss Freizügigkeitsabkommen
90 in der Höhe von Fr. 1'538'527.70, zuzüglich Verzugszins von 5% ab
1. Januar 1993 auf dem Fr. 1'159'460.45 übersteigenden Betrag, an die
SHP zu überweisen.

    Die PKS schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde;
das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) äussert sich ebenfalls in
abweisendem Sinne, verzichtet jedoch auf einen Antrag.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage,
welche Ansprüche der beschwerdeführenden Einwohnergemeinde gegenüber der
PKS, einer registrierten öffentlichrechtlichen Vorsorgeeinrichtung im Sinne
von Art. 48 BVG, nach Auflösung des Anschlussvertrages (vom 25. April 1969)
zustehen. Es handelt sich dabei um eine vorsorgerechtliche Streitigkeit,
die der Gerichtsbarkeit der in Art. 73 BVG erwähnten richterlichen Behörden
unterliegt, welche sowohl in zeitlicher als auch in sachlicher Hinsicht
zuständig sind (BGE 120 V 18 Erw. 1a, 117 V 50, je mit Hinweisen).

Erwägung 2

    2.- a) Der Umfang der Überprüfungsbefugnis des Eidg.
Versicherungsgerichts in Beschwerdesachen ergibt sich aus Art. 132 in
Verbindung mit Art. 104 und 105 OG.

    aa) Nach Art. 104 lit. a OG kann mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
die Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder
Missbrauch des Ermessens gerügt werden. Die vorinstanzliche Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig oder unvollständig ist oder unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgte (Art. 104 lit. b in
Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 OG). Im Beschwerdeverfahren um die
Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen (einschliesslich
deren Rückforderung) erstreckt sich dagegen die Überprüfungsbefugnis des
Eidg. Versicherungsgerichts auch auf die Angemessenheit der angefochtenen
Verfügung; das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche Feststellung
des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die Begehren
der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG;
erweiterte Kognition; BGE 117 V 306 Erw. 1a mit Hinweisen).

    bb) Unter den Begriff der Versicherungsleistungen im Sinne
von Art. 132 OG fallen Leistungen, über deren Rechtmässigkeit bei
Eintritt des Versicherungsfalles befunden wird (BGE 116 V 333 Erw. 2a
mit Hinweisen). Dazu zählen namentlich Freizügigkeitsleistungen im
Rahmen der beruflichen Vorsorge (BGE 114 V 36 Erw. 1c). Es handelt sich
dabei um Ansprüche von Versicherten. Angeschlossene Arbeitgeber sind
keine Versicherten und können demzufolge auch keinen Versicherungsfall
im genannten Sinne auslösen. Deshalb unterliegt die Beurteilung der
streitigen Höhe der von der PKS aus dem Anschlussvertrag geschuldeten
Austrittsleistung der eingeschränkten Kognition nach Art. 104 lit.
b in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 OG (BGE 115 V 364 Erw. 3b).

    b) Im Rahmen von Art. 73 Abs. 4 BVG prüft das
Eidg. Versicherungsgericht die Anwendung kantonalen und kommunalen
Vorsorgerechts frei (BGE 118 V 254 Erw. 3a mit Hinweis).

Erwägung 3

    3.- Mit dem angefochtenen Entscheid hat die Vorinstanz den Standpunkt
der PKS geschützt, wonach bei Auflösung des Anschlussvertrages (vom
25. April 1969) das Freizügigkeitsabkommen 90 nicht anwendbar sei und die
Rückerstattung sich einzig nach den Bestandteil des Anschlussvertrages
bildenden PKS-Statuten bemesse. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin
ergibt sich die Anwendbarkeit des Freizügigkeitsabkommens 90 aus dem
Wortlaut von Art. 11 Abs. 2 des Anschlussvertrages; das Abkommen müsse
jedoch schon aus Gründen des Vertrauensschutzes angewendet werden.

Erwägung 4

    4.- a) Zu prüfen ist vorab, ob die Beschwerdeführerin gestützt
auf den Grundsatz von Treu und Glauben bei unrichtigen behördlichen
Auskünften Anspruch auf Mitgabe von Leistungen nach Massgabe des
Freizügigkeitsabkommens 90 hat. In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird
dazu vorgebracht, der Geschäftsleiter-Stellvertreter der PKS habe aufgrund
der schriftlichen und telefonischen Anfragen des Gemeindeverwalters
gewusst oder zumindest wissen müssen, dass die Beschwerdeführerin einen
Austritt aus der PKS in Betracht zog und dabei von der Auffassung ausging,
im Austrittsfalle müsste gegebenenfalls auch das Freizügigkeitsabkommen
90 Anwendung finden. Es sei schlechthin unverständlich, dass im Schreiben
vom 20. März 1992 nicht ein entsprechender Vorbehalt angebracht worden
sei, wenn die PKS die Bestimmungen dieses Abkommens überhaupt nicht für
anwendbar hielt. Um so mehr wäre ein solcher Vorbehalt angesichts des
Drängens des Gemeindeverwalters angezeigt gewesen. Die vorbehaltlose
Bestätigung vom 20. März 1992 habe bei der in Vorsorgefragen nicht
fachkundigen Beschwerdeführerin die bestimmte Erwartung auslösen
können, "dass bei der Auflösung des Anschlussvertrages und bei
Anwendung von Art. 11 Abs. 2 dieses Vertrages gegebenenfalls auch das
Freizügigkeitsabkommen 90 zur Anwendung gelangt, wenn der Übertritt in eine
Vorsorgeeinrichtung erfolgt, die ihrerseits dem Abkommen beigetreten ist".

    b) Der aus Art. 4 BV fliessende Grundsatz von Treu und Glauben schützt
den Bürger in seinem berechtigten Vertrauen auf behördliches Verhalten und
bedeutet unter anderem, dass unrichtige Auskünfte von Verwaltungsbehörden
unter bestimmten Voraussetzungen eine vom materiellen Recht abweichende
Behandlung des Rechtsuchenden gebieten (BGE 119 V 307 Erw. 3a, 118
Ia 254 Erw. 4b, je mit Hinweisen; RHINOW/KRÄHENMANN, Schweizerische
Verwaltungsrechtsprechung, Ergänzungsband, Nr. 75 B/II, III). Die
Rechtsfigur des öffentlichrechtlichen Vertrauensschutzes beschlägt
die durch den Staat kraft seiner hoheitlichen Entscheidungskompetenz
einseitig und verbindlich geregelten Rechtsbeziehungen zum Bürger. Ob
dieser Grundsatz auch zwischen Behörden gilt, wird von der Lehre
grundsätzlich bejaht (HÄFELIN/MÜLLER, Grundriss des Allgemeinen
Verwaltungsrechts, 2. Aufl., Rz. 555). Das Bundesgericht hat diese Frage
im Verhältnis zwischen Kanton und Gemeinde offengelassen (BGE 103 Ia
197 Erw. 4b/aa mit Hinweis). Für die Anrufung des öffentlichrechtlichen
Vertrauensschutzes besteht dann kein Raum, wenn die Rechtsbeziehungen
zwischen zwei juristischen Personen des öffentlichen Rechts (verwaltungs-
oder privat-)vertraglicher Natur sind. Denn diesfalls stehen sich zwei
gleichberechtigte Rechtssubjekte gegenüber (HÄFELIN/MÜLLER, aaO, Rz. 850
am Ende), deren Rechte und Pflichten sich in erster Linie aus dem Vertrag
ergeben.

    c) Die Pflicht zur Auskunftserteilung über die Austrittsleistungen
bei Auflösung des Anschlussvertrages gehört zu den vertraglichen
Nebenpflichten der PKS (vgl. die gestützt auf Art. 64 Abs. 2 BVG vom
Bundesrat erlassenen Weisungen vom 11. Mai 1988 über die Pflicht der
registrierten Vorsorgeeinrichtungen zur Auskunftserteilung an ihre
Versicherten; vgl. auch Art. 13 Abs. 2 der Verordnung über die Erhaltung
des Vorsorgeschutzes und die Freizügigkeit [SR 831.425]). Eine Verletzung
dieser Pflicht stellt ein vertragswidriges Verhalten (GAUCH/SCHLUEP,
Schweizerisches Obligationenrecht Allgemeiner Teil, Band II, 5. Aufl.,
Rz. 2606 bis 2609) dar, das unter Umständen eine Schadenersatzpflicht
nach sich zieht. Voraussetzung für eine Schadenersatzpflicht und im
vorliegenden Fall vorab zu prüfen ist, ob den schriftlichen und mündlichen
Auskünften des Geschäftsleiter-Stellvertreters der PKS, insbesondere
seinem Schreiben vom 20. März 1992, die Bedeutung einer Zusicherung im
Sinne eines die Vertragslage klärenden verbindlichen Leistungsversprechens
zukommt. Diese Frage beurteilt sich aufgrund des Vertrauensprinzips, wonach
das Verhalten einer Vertragspartei so zu gelten hat, wie es von der anderen
Vertragspartei nach Treu und Glauben, in den Grenzen zumutbarer Sorgfalt,
verstanden werden durfte und musste (GAUCH/SCHLUEP, aaO, Band I, Rz. 207
ff.; GUHL/MERZ/KUMMER, Das Schweizerische Obligationenrecht, 7. Aufl.,
S. 91; HÄFELIN/MÜLLER, aaO, Rz. 888; BGE 118 II 132 Erw. 2b, 366 oben).

    d) In tatsächlicher Hinsicht hat das kantonale Versicherungsgericht
folgendes festgestellt:

    "Nachdem Herr S. der PKS im Dezember 1991 telefoniert hatte, erstellte

    Herr F. unter dem Rubrum "Rückerstattung bei Vertragsauflösung"
den Brief
   vom 14.1.1992, worin ganz klar festgehalten ist, dass gestützt auf den

    Anschlussvertrag im Falle einer Kündigung Art. 11 gelte. Auf welcher

    Grundlage sich die sich anschliessende Berechnung der massgebenden

    Rückerstattungen stützt, ist dem Schreiben allerdings nicht
ausdrücklich zu
   entnehmen. Der Vertreter der SHP stufte diese Leistungen als zu gering
   ein, weil er der Meinung war, diese müssten nach dem "Abkommen 90"
   berechnet werden. Deshalb ersuchte Herr S. die PKS mit Brief vom
   21.1.1992 um

    Bekanntgabe, welche Berechnungsart angewendet worden sei. Es sei nicht
   klar, ob die mit Schreiben vom 14.1.1992 mitgeteilten Zahlen nach dem

    "Abkommen 90" berechnet worden seien. Auf telefonisches Drängen
von Herrn

    S. hin gab dann Herr F. ebenfalls unter dem Rubrum "Rückerstattung bei

    Vertragsauflösung" "wunschgemäss" die Freizügigkeitsleistungen nach dem

    "Abkommen 90" mit Brief vom 20.3.1992 bekannt."

    Diese unbestritten gebliebenen Feststellungen sind für das Eidg.
Versicherungsgericht verbindlich (Erw. 2a). Die daraus gezogene
Schlussfolgerung der Vorinstanz, in den drei Schreiben der PKS an die
Beschwerdeführerin könne keine Zusicherung von Austrittsleistungen nach
Massgabe des Freizügigkeitsabkommens erblickt werden, verletzt Bundesrecht
nicht. Vielmehr ist der Beschwerdeführerin vorzuhalten, sie hätte aufgrund
der auch sie treffenden Sorgfaltspflicht, in Anbetracht von Abfolge und
Inhalt der Korrespondenz, bei der PKS durch Rückfrage die Verhältnisse
klären sollen. Ein solches Vorgehen drängte sich schon deshalb auf, weil
das Schreiben vom 20. März 1992 mit keinem Wort auf die Mitteilung
vom 14. Januar 1992 Bezug nahm, insbesondere die darin gemachten
Angaben nicht widerrief, und die jeweiligen Rückerstattungsbeträge
ganz erheblich differierten. Es widerspricht den im kaufmännischen
Leben geltenden Sorgfaltspflichten und dem Grundsatz von Treu und
Glauben im Geschäftsverkehr, wenn der Gemeinderat kurzerhand jene
Angaben als richtig betrachtete, welche in das gewünschte Ziel einer
preiswerteren Personalvorsorge passten (vgl. Gemeinderatsbeschluss vom
15. Juni 1992). Dabei verloren die Gemeindeverantwortlichen aus den Augen,
dass die Ansprüche gegenüber der PKS in jenem Zeitpunkt noch gar nicht
definitiv geklärt waren.

Erwägung 5

    5.- Es stellt sich somit weiter die Frage, ob die Beschwerdeführerin
gestützt auf Art. 11 Abs. 2 des Anschlussvertrages Anspruch auf Erbringung
der Austrittsleistungen hat, berechnet nach dem Freizügigkeitsabkommen 90
- welchem die PKS wie auch die (private) SHP als neue Vorsorgeeinrichtung
der Beschwerdeführerin beigetreten sind -, oder ob sich der Mitgabeanspruch
auf die Leistung nach Massgabe von § 26 PKS-Statuten beschränkt.

    a) Die Bestimmung von Art. 11 Abs. 2 des Anschlussvertrages hat
folgenden Wortlaut:

    "Bei Auflösung des Vertrages werden dem Arbeitgeber der Anteil seines

    Personals am Deckungskapital, abzüglich Fehlbetrag im Zeitpunkt der

    Auflösung sowie die Sparguthaben, mindestens aber die Summe der

    Rückerstattungen im Falle des freiwilligen Austrittes der einzelnen

    Mitglieder, ausbezahlt."

    Aufgrund der Berechnungen der PKS steht fest, dass die zweite der
beiden Berechnungsvarianten zum Zuge kommt. Die Austrittsleistungen
entsprechen somit der Summe der Rückerstattungen im Falle des freiwilligen
Austrittes der einzelnen Mitglieder. Bedeutung und Tragweite dieser
Berechnungsvorschrift sind jedoch unklar und durch Auslegung zu
bestimmen. Ausgehend vom Wortlaut ist nach dem Vertrauensgrundsatz
(vgl. Erw. 4c in fine) der Vertragswille zu ermitteln, den die Parteien
mutmasslich gehabt haben. Dabei sind alle Umstände des Vertragsschlusses,
namentlich die Interessenlage der Parteien, der Vertragszweck wie auch das
Verhalten der Parteien nach Vertragsschluss zu berücksichtigen. Sodann
sind gemäss der Unklarheitenregel mehrdeutige Wendungen in allgemeinen,
formularmässig vorgeformten Vertragsbedingungen im Zweifel zu
Lasten ihres Verfassers auszulegen. Bei Verwendung juristischer
Fachausdrücke schliesslich ist in der Regel zu vermuten, dass der
technische Sinn gemeint ist (BGE 119 II 372 f. Erw. 4b mit Hinweisen;
GAUCH/SCHLUEP, aaO, N. 1222 ff.; zur Rechtsnatur des Anschlussvertrages
vgl. THOMAS LÜTHY, Das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgeber und
Personalvorsorgestiftung, insbesondere der Anschlussvertrag mit einer
Sammel- oder Gemeinschaftsstiftung, Zürcher Diss. 1989, S. 86 ff.,
S. 103).

    b) aa) Das kantonale Gericht hat richtig und insoweit auch
unwidersprochen festgehalten, dass unter dem freiwilligen Austritt des
einzelnen Mitgliedes im Sinne von Art. 11 Abs. 2 des Anschlussvertrages
der Freizügigkeitsfall gemeint ist, wie er in Art. 27 Abs. 2 BVG
und Art. 331a und 331b Abs. 1 OR umschrieben wird. Danach setzt
der Freizügigkeitsfall die Auflösung des Arbeitsverhältnisses
(vor Eintritt eines Versicherungsfalles) und das Verlassen der
Vorsorgeeinrichtung voraus. Davon geht auch § 26 PKS-Statuten aus,
wonach die Austrittsentschädigung in der Weise ausgerichtet wird,
dass zugunsten des austretenden Mitgliedes eine Forderung auf künftige
Vorsorgeleistungen gegen die Personalvorsorgeeinrichtung eines andern
Arbeitgebers (...) errichtet wird. Sodann hat die Vorinstanz richtig
erkannt, dass der freiwillige Individualaustritt, auf welchen Art. 11
Abs. 2 des Anschlussvertrages im Sinne eines hypothetischen Geschehens
für die Festlegung der Rückerstattung Bezug nimmt, nichts Abschliessendes
darüber aussagt, welche Leistungen das Mitglied diesfalls beanspruchen
könnte. An den Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung knüpfen sich in
der Tat, je nach dem Austrittsgrund, unterschiedliche Rechtsfolgen
hinsichtlich Form, Höhe und Verwendungsweise der Freizügigkeitsleistung
(vgl. Art. 28 f. BVG und § 26 Abs. 4 bis 6 PKS-Statuten); denn der
Übertritt in eine Abkommenskasse wird leistungsmässig abweichend
von den übrigen Freizügigkeitstatbeständen behandelt. Somit lässt
der Wortlaut von Art. 11 Abs. 2 des Anschlussvertrages offen, ob der
Tatbestand der Auflösung des Vertrages mit nachfolgendem Anschluss an
eine Abkommenskasse freizügigkeitsleistungsmässig als die Summe von
(hypothetischen) Einzelübertritten zu einer Abkommens- oder zu einer
Nichtabkommenskasse zu behandeln ist.

    bb) In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird argumentiert,
Art. 11 Abs. 2 des Anschlussvertrages erkläre ausdrücklich "selber jene
Regelung als anwendbar, die im Falle eines freiwilligen Austrittes
eines einzelnen Kassenmitglieds, also im Freizügigkeitsfall, zur
Anwendung gelangen müsste". Damit wird aber als gegeben vorausgesetzt,
was gerade zu prüfen ist, ob nämlich der in dieser Klausel gewählte
Anknüpfungspunkt des freiwilligen Austrittes tatsächlich mit einem
Freizügigkeitsfall nach "Abkommen 90" gleichzusetzen sei. Dieselbe
Überlegung gilt auch mit Bezug auf den Hinweis, gemäss dem Schreiben
vom 14. Januar 1992 gehe die PKS selber von einem hypothetischen
Freizügigkeitsfall aus, indem sie die Austrittsleistungen nach der
zweiten Berechnungsvariante ermittelt habe. Auch hier wird übersehen,
dass es nicht nur den individuellen Austritt gibt, sondern zumindest
freizügigkeitsleistungsmässig unterschiedlich zu behandelnde Austritte
zu Abkommens- und Nichtabkommenskassen.

    cc) Die Formulierung der zweiten Berechnungsvariante in
Art. 11 Abs. 2 des Anschlussvertrages war bereits im Zeitpunkt des
Vertragsschlusses am 25. April 1969 interpretationsbedürftig. Denn §
15 PKS-Statuten ermöglichte, wie in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
richtig festgehalten wird, seit je den Abschluss von den Statuten
derogierenden Freizügigkeitsvereinbarungen. Von dieser Kompetenz machte
die PKS offenbar bereits 1970 mit dem Beitritt zum Schuler-Abkommen
Gebrauch. Daraus lässt sich jedoch nichts für die Auffassung der
Beschwerdeführerin gewinnen, wonach die PKS unter dem Gesichtspunkt von
Treu und Glauben die Nichtanwendbarkeit von § 15 PKS-Statuten im Rahmen
des Anschlussvertrages ausdrücklich hätte vorbehalten sollen, zumal gemäss
Abs. 2 des Vertrages die Statuten nur gelten, "sofern dieser Vertrag
nichts anderes bestimmt". Im übrigen ist nicht ersichtlich und wird auch
nicht geltend gemacht, dass seit Vertragsschluss Umstände rechtlicher oder
tatsächlicher Natur eingetreten wären, welche die fragliche Formel unter
dem Blickwinkel des Vertrauensgrundsatzes in einem andern Licht erscheinen
liessen. Namentlich finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die PKS
in gleichgelagerten Fällen anders, d. h. im Sinne der Beschwerdeführerin,
vorgegangen wäre.

    dd) Sodann steht grundsätzlich ausser Frage, dass das
Freizügigkeitsabkommen 90 auf Freizügigkeitsfälle im rechtlichen Sinne
(Erw. 5b/aa am Anfang) zugeschnitten ist. Zweck der so verstandenen
Freizügigkeit ist - und war schon vor Erlass der gesetzlichen
Freizügigkeitsbestimmungen im OR und BVG - eindeutig, dem Arbeitnehmer den
Stellenwechsel zu erleichtern (RIEMER, Das Recht der beruflichen Vorsorge
in der Schweiz, S. 109 § 5 N. 4). Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
verfochtene Massgeblichkeit des Freizügigkeitsabkommens 90 bei Auflösung
von Anschlussverträgen dagegen hat die Wirkung, dass der Wechsel von
Arbeitgebern unter den Abkommenskassen erleichtert wird. Damit wird diesem
Abkommen ein Zweck zugemessen, der ihm nicht zukommt, wird es doch damit
zu einem Instrument, um in den Konkurrenzkampf zwischen (öffentlichen
und privaten) Vorsorgeeinrichtungen gestaltend und, wie der vorliegende
Fall zeigt, ausschlaggebend einzugreifen. Eine solche Bedeutung der
streitigen Anschlussvertragsklausel kann die Beschwerdeführerin der PKS
in guten Treuen nicht entgegenhalten.

    c) Zusammenfassend ergibt sich, dass Art. 11 Abs. 2 des
Anschlussvertrages keine Grundlage bietet für die Anwendung
des Freizügigkeitsabkommens 90 im Rahmen der Berechnung der
Austrittsleistungen, wie der kantonale Entscheid zu Recht festhält.