Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 V 421



120 V 421

58. Auszug aus dem Urteil vom 23. Dezember 1994 i.S. I. gegen
Schweizerische Ausgleichskasse und Eidgenössische Rekurskommission der
AHV/IV für die im Ausland wohnenden Personen Regeste

    Art. 6 IVG. Bei Doppelbürgern von Staaten, die beide mit der Schweiz
ein Sozialversicherungsabkommen abgeschlossen haben, bestimmt sich der
anwendbare Staatsvertrag nach Massgabe der tatsächlich vorwiegenden
Staatsangehörigkeit.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- b) Entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen
Auffassung spielt es angesichts der unterschiedlichen Bestimmungen
der zwischenstaatlichen Vereinbarungen sehr wohl eine Rolle, ob das
italienisch-schweizerische oder das spanisch-schweizerische Abkommen zur
Anwendung gelangt. So gelten nach Art. 7a des Abkommens zwischen der
Schweizerischen Eidgenossenschaft und Spanien über Soziale Sicherheit
vom 13. Oktober 1969, eingefügt durch Art. 1 Ziff. 5 des Zusatzabkommens
vom 11. Juni 1982, für den Erwerb des Anspruchs auf eine schweizerische
Invalidenleistung spanische Staatsangehörige, die ihre Erwerbstätigkeit
in der Schweiz infolge von Krankheit oder Unfall aufgeben müssen, deren
Invalidität aber in diesem Land festgestellt wird, für die Dauer eines
Jahres, gerechnet vom Zeitpunkt der Arbeitsunterbrechung mit nachfolgender
Invalidität an, als Versicherte im Sinne der schweizerischen Gesetzgebung
und haben Beiträge an die schweizerische Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenversicherung zu entrichten, als hätten sie Wohnsitz in der
Schweiz (unveröffentlichtes Urteil M. vom 23. Januar 1989). Im Gegensatz
zum Erfordernis gemäss Art. 8 lit. a des schweizerisch-italienischen
Abkommens muss sich ein spanischer Staatsangehöriger somit nicht bis zum
Eintritt des Versicherungsfalles in der Schweiz aufgehalten haben.

    In BGE 112 V 89 hat das Eidg. Versicherungsgericht in einer
Leistungsstreitigkeit ausgeführt, bei einem Doppelbürger, der neben
dem ausländischen auch das Schweizer Bürgerrecht besitzt, finde zur
Bestimmung des massgebenden Rechts das Prinzip der überwiegenden oder
effektiven Staatsangehörigkeit Anwendung. Demnach ist in jedem Einzelfall
die Intensität aller wesentlichen Beziehungen mit dem einen oder andern
Staat zu berücksichtigen (BGE 112 V 93 Erw. 2b). Sofern mindestens
bezüglich eines der Staaten eine Vereinbarung mit der Schweiz besteht,
ist bei Doppelbürgern mit nichtschweizerischen Bürgerrechten analog zu
Art. 23 Abs. 2 IPRG die Angehörigkeit zu jenem Staat entscheidend, mit
welchem die Person am engsten verbunden ist. In BGE 119 V 1, wo es um den
Leistungsanspruch einer Angehörigen zweier ausländischer Staaten ging -
wobei die Schweiz nur mit einem davon ein Sozialversicherungsabkommen
abgeschlossen hatte -, ist das Gericht allerdings vom Grundsatz
der vorwiegenden Staatsangehörigkeit abgewichen und hat alternativ
entweder die Staatsangehörigkeit während des Zeitraumes der Entrichtung
von Beiträgen an die schweizerische Sozialversicherung oder bei der
Entstehung des Leistungsanspruchs als ausschlaggebend bezeichnet (BGE
119 V 5 Erw. 2c). Bei einem Doppelbürger Vertragsstaat/Nichtvertragsstaat
genügt es demnach für die Begründung eines Anspruchs auf Leistungen der
schweizerischen Sozialversicherung, dass er während mindestens eines Jahres
Beiträge geleistet hat (Art. 29 Abs. 1 AHVG) und in einem der beiden
genannten Zeitpunkte die schweizerische Staatsangehörigkeit oder jene
eines Staates, mit welchem die Schweiz ein Abkommen über Soziale Sicherheit
getroffen hat, besitzt oder - während der Beitragszeit - besessen hat. Im
vorliegenden Fall, wo die Staatsangehörigkeiten zweier Vertragsstaaten
(Italien und Spanien) zur Diskussion stehen, bleibt hingegen, wie bei den
Doppelbürgern Schweiz/Vertragsstaat (vgl. BGE 112 V 89), der Grundsatz
der tatsächlich vorwiegenden Staatsangehörigkeit massgebend.