Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 V 257



120 V 257

34. Urteil vom 3. November 1994 i.S. M. gegen Ausgleichskasse Zürcher
Arbeitgeber und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Regeste

    Art. 3 Abs. 2 lit. c AHVG, Art. 33 Abs. 3 AHVG, Art. 55 Abs.
2 AHVV. Bei der Berechnung der einfachen Altersrente der Witwe sind
im Rahmen von Variante II der Vergleichsrechnung nicht nur die eigenen
Erwerbseinkommen und Beitragszeiten vor der Ehe, sondern auch diejenigen
nach der Verwitwung in die Berechnung einzubeziehen (Änderung der
Rechtsprechung).

Sachverhalt

    A.- M., geboren am 15. Mai 1930, bezog nach dem Tod ihres Ehemannes
ab 1. Mai 1982 eine Witwenrente sowie zwei Waisenrenten der AHV. Nach
Erreichen des 62. Altersjahres sprach ihr die Ausgleichskasse Zürcher
Arbeitgeber mit Verfügung vom 15. Mai 1992 ab Juni 1992 eine einfache
Altersrente von Fr. 1'554.-- im Monat aufgrund eines durchschnittlichen
Jahreseinkommens von Fr. 123'120.-- aus 25 Jahren gemäss Rentenskala 38
zu. Der Rentenfestsetzung legte sie die für die Witwenrente massgebenden
Berechnungselemente zugrunde, da sich aufgrund der eigenen Einkommen und
Beitragszeiten der Witwe ein niedrigerer Rentenbetrag ergab. Dabei nahm
sie eine Vergleichsrechnung in der Weise vor, dass einerseits die Summe
der Erwerbseinkommen durch die Anzahl Jahre der gesamten Versicherungszeit
(Variante I) und anderseits nur die Einkommen und Beitragszeiten vor der
Ehe (Variante II) berücksichtigt wurden.

    B.- Beschwerdeweise liess M. beantragen, im Rahmen von Variante II der
Vergleichsrechnung seien auch die Einkommen und Beitragszeiten nach der
Ehe zu berücksichtigen und es sei ihr demzufolge eine maximale Vollrente
(von Fr. 1'800.--) ab 1. Juni 1992 zuzusprechen.

    Mit Entscheid vom 17. November 1992 wies die AHV-Rekurskommission
des Kantons Zürich die Beschwerde ab.

    C.- Mit der vorliegenden Verwaltungsgerichtsbeschwerde lässt M. das
erstinstanzliche Beschwerdebegehren erneuern. Die Begründung ergibt sich,
soweit erforderlich, aus den nachstehenden Erwägungen.

    Ausgleichskasse und Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen
auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Für die Berechnung der einfachen Altersrente von Witwen sind nach
Art. 33 Abs. 3 AHVG in der Regel die für die Berechnung der Witwenrente
(bzw. der Witwenabfindung) geltenden Berechnungsgrundlagen massgebend. Der
Rentenanspruch richtet sich demzufolge nach dem Verhältnis der vollen
Beitragsjahre des verstorbenen Ehemannes zu denjenigen seines Jahrganges
und nach dessen durchschnittlichem Jahreseinkommen (Art. 33 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 32 Abs. 1 AHVG sowie Art. 29 Abs. 2 in Verbindung
mit Art. 29bis Abs. 1 und Art. 38 Abs. 2 AHVG). Bei der Ermittlung des
durchschnittlichen Jahreseinkommens werden Erwerbseinkommen, von denen
die Ehefrau vor oder während der Ehe Beiträge entrichtet hat, jenen des
Ehemannes hinzugerechnet (Art. 32 Abs. 2 AHVG).

    Nach Art. 33 Abs. 3 AHVG kann die Berechnung der einfachen
Altersrente der Witwe nach den allgemeinen Berechnungsregeln,
d.h. aufgrund der eigenen vollen Beitragsjahre der Witwe und ihres
durchschnittlichen Jahreseinkommens erfolgen, sofern sich dadurch eine
höhere Rente ergibt. Dabei werden die Jahre, während welcher die Witwe als
nichterwerbstätige Ehefrau oder als nichterwerbstätige Witwe keine Beiträge
entrichtet hat, als volle Beitragsjahre gezählt (Art. 55 Abs. 2 AHVV).

Erwägung 2

    2.- a) Wie das Eidg. Versicherungsgericht in BGE 101 V 184 ff. zur
Berechnung der einer Ehefrau oder einer geschiedenen Frau zukommenden
einfachen Altersrente ausgeführt hat, vermag eine unterschiedliche
Behandlung der beitragslosen Ehejahre bei der Ermittlung der anwendbaren
Rentenskala (Art. 29bis Abs. 2 AHVG) und bei der Festsetzung des
massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens (Art. 30 Abs. 2 AHVG)
nicht zu befriedigen, weil sie einerseits zu Missbräuchen Anlass geben
kann und anderseits unberücksichtigt bleibt, dass erwerbstätige Ehefrauen
neben ihrer Tätigkeit als Hausfrau und Mutter in der Regel nur einen
verhältnismässig geringen Verdienst erzielen, was zur Folge hat, dass
dadurch das massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen und damit die
zur Ausrichtung gelangende einfache Altersrente herabgesetzt werden. Das
Gericht gelangte daher zum Schluss, die Bestimmung von Art. 30 Abs.
2 AHVG sei dahingehend zu ergänzen, dass die beitragsfreien Ehejahre auch
bei der Ermittlung des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens
mitzuberücksichtigen seien. Ferner sei die einfache Altersrente der
verheirateten und der geschiedenen Frau aufgrund einer Vergleichsrechnung
festzusetzen, indem einerseits die Summe der Erwerbseinkommen durch die
Anzahl Jahre der gesamten Versicherungszeit (Variante I) und anderseits
nur die Einkommen vor der Ehe (bzw. bei geschiedenen Frauen vor und nach
der Ehe) durch die Zahl der entsprechenden Beitragsjahre zu teilen seien
(Variante II).

    b) In BGE 103 V 114 ff. stellte das Gericht fest, dass die für die
Vergleichsrechnung massgebenden Überlegungen weitgehend auch mit Bezug
auf die einfache Altersrente der Witwe zutreffend seien. Indessen sei
zu berücksichtigen, dass sich die AHV-rechtliche Stellung der Witwe von
derjenigen der Ehefrau und der geschiedenen Frau in wesentlichen Punkten
unterscheide. Von Bedeutung sei namentlich, dass die nichterwerbstätige
Witwe - im Gegensatz zur geschiedenen Frau - von der Beitragspflicht
befreit sei. Aufgrund von Variante II der Vergleichsrechnung könnten
daher Witwen, deren Ehe vor Inkrafttreten der AHV geschlossen wurde,
mit einer kurzfristigen Erwerbstätigkeit vor Erreichen der Altersgrenze
die Maximalrente erwirken. Diesem Umstand liesse sich zwar in der Weise
Rechnung tragen, dass die nach der Verwitwung erzielten Erwerbseinkommen
durch die Anzahl Jahre der gesamten Witwenzeit, d.h. unter Einschluss
allfälliger beitragsloser Witwenjahre, geteilt würden. Dies hätte
jedoch eine ungleiche Behandlung der nach Art. 3 Abs. 2 lit. c AHVG
von der Beitragspflicht befreiten Witwenjahre und der nach lit. b des
gleichen Artikels beitragsbefreiten Ehejahre zur Folge. Zudem gelte es
zu beachten, dass Witwen künftig vermehrt voreheliche Erwerbseinkommen
und Beitragsjahre aufweisen werden und die beitragslosen Witwenjahre das
massgebende durchschnittliche Jahreseinkommen herabsetzen würden.

    Aus diesen Gründen folgte das Gericht einem Antrag des BSV, wonach
bei Variante II der Vergleichsrechnung (Berechnung ohne Berücksichtigung
der Ehezeit) nur die Erwerbseinkommen und Beitragszeiten vor der
Ehe, nicht dagegen diejenigen nach der Verwitwung zu berücksichtigen
sind. Gleichzeitig stellte es fest, die getroffene Regelung schliesse
nicht aus, dass - nach Variante II der Vergleichsrechnung - bei der nach
der Verwitwung erwerbstätigen Frau das durchschnittliche Jahreseinkommen
durch eine während der Dauer der Ehe ausgeübte Teilzeitarbeit (oder das
Fehlen jeglichen Erwerbseinkommens) herabgesetzt werden könne. Dies wirke
sich auf den Rentenanspruch indessen selten aus, weil die Berechnung der
einfachen Altersrente auf den Grundlagen der Witwenrente in der Regel zu
einem günstigeren Ergebnis führe als die Berechnung aufgrund der eigenen
Erwerbseinkommen und Beitragszeiten der Witwe. Es lasse sich daher auch
unter diesem Gesichtspunkt vertreten, die Vergleichsrechnung gemäss BGE
101 V 184 ff. nur in eingeschränkter Form auf die einfache Altersrente
der Witwe anzuwenden.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerin beantragt eine Praxisänderung in dem Sinne,
dass im Rahmen von Variante II der mit BGE 101 V 184 ff. eingeführten
Vergleichsrechnung bei der einfachen Altersrente der Witwe nicht nur die
eigenen Erwerbseinkommen und Beitragszeiten vor der Ehe, sondern auch die
Erwerbseinkommen und Beitragszeiten nach der Verwitwung in die Berechnung
einzubeziehen seien.

    a) Zur Begründung wird im wesentlichen vorgebracht, die Erwägungen,
welche zur Einführung der Vergleichsrechnung geführt hätten, gälten ebenso
für Witwen, da auch sie während der Ehe neben der Tätigkeit als Hausfrau
und Mutter nur einen verhältnismässig geringen Verdienst erzielten. Dass
bei der einfachen Altersrente der geschiedenen Frau auch die nachehelichen
Erwerbseinkommen in die Berechnung einbezogen würden, habe seinen Grund
darin, dass geschiedene Frauen nach der Scheidung regelmässig ein höheres
Einkommen erzielten als während der Ehe. Dies treffe in gleicher Weise
auf Witwen zu, die ebenso wie geschiedene Frauen gezwungen sein könnten,
nach Auflösung der Ehe für den eigenen und den Lebensunterhalt der
Kinder aufkommen zu müssen. Wenn, wie das Eidg. Versicherungsgericht
in BGE 101 V 188 ausgeführt habe, sozialversicherungsrechtlich die
wirtschaftlichen Gesichtspunkte massgebend seien, müssten auch bei den
Witwen die nachehelichen Erwerbseinkommen in die Vergleichsrechnung
einbezogen werden. Eine unterschiedliche Behandlung der Witwen und der
geschiedenen Frauen verstosse gegen Art. 4 Abs. 1 BV.

    b) Die Beschwerdeführerin macht des weitern geltend, die in BGE
103 V 114 ff. gegen den Einbezug der nachehelichen Erwerbseinkommen und
Beitragszeiten vorgebrachten Gründe überzeugten nicht (mehr). Insbesondere
rechtfertige es sich nicht, Witwen den verheirateten Frauen gleichzustellen
mit der Begründung, dass sie als Nichterwerbstätige wie diese von
der Beitragspflicht befreit seien. Eine Gleichstellung sei nur
gerechtfertigt, solange Ehefrauen und Witwen nicht erwerbstätig
seien. Hinsichtlich der Erwerbstätigkeit unterscheide sich die
sozialversicherungsrechtlich massgebende wirtschaftliche Situation oft,
indem verwitwete Altersrentnerinnen häufiger erwerbstätig gewesen seien
als verheiratete Rentenbezügerinnen. Die Beitragsbefreiung gemäss Art. 3
Abs. 2 AHVG stelle zudem ein Privileg dar, welches sich nicht zuungunsten
derjenigen Versicherten auswirken dürfe, die, weil sie erwerbstätig seien,
nicht in dessen Genuss gelangten. Die Gefahr von Rechtsmissbräuchen, wie
sie früher bei verheirateten Frauen festgestellt worden seien, bestehe
theoretisch auch bei geschiedenen Frauen und falle bei Witwen um so
weniger ins Gewicht, als die Ehe durch den Tod des Ehepartners aufgelöst
werde. Schliesslich sei zu berücksichtigen, dass auch die geschiedene
Frau an den Beiträgen des früheren Ehemannes partizipiere, wenn dieser
gestorben sei. Mit der Erhöhung der Altersrente solle der Wegfall der
Unterhaltsbeiträge abgedeckt werden, so wie die Witwenrente bzw. die
Anrechnung des ehemännlichen Einkommens bei der Altersrente der Witwe den
Verlust des ehemännlichen Unterhalts ersetzen solle. Auch aus dieser Sicht
dränge sich eine Ungleichbehandlung gegenüber der verheirateten Frau auf,
welche weder Unterhalt noch Unterhaltsersatz verliere.

Erwägung 4

    4.- a) Die Einführung der Vergleichsrechnung für die einfache
Altersrente der verheirateten und der geschiedenen Frau folgte in erster
Linie aus der Erwägung heraus, dass die Frau beim Altersrentenanspruch
nicht dadurch benachteiligt werden sollte, dass sie während der Ehe
insbesondere im Hinblick auf ihre Obliegenheiten als Hausfrau und
Mutter keiner oder nur einer reduzierten Erwerbstätigkeit nachging. Der
Beschwerdeführerin ist darin beizupflichten, dass diese Überlegung in
gleicher Weise für den Anspruch auf die einfache Altersrente der Witwe
gilt. In BGE 103 V 117 lit. b hat das Eidg. Versicherungsgericht denn
auch festgestellt, dass eine ungleiche Behandlung der beitragslosen Zeiten
bei der Ermittlung der anwendbaren Rentenskala und bei der Festsetzung
des massgebenden durchschnittlichen Jahreseinkommens im Rahmen von
Art. 33 Abs. 3 AHVG in Verbindung mit Art. 55 Abs. 2 AHVV nicht zu
befriedigen vermag. Das Gericht ist daher zum Schluss gelangt, dass die
Vergleichsrechnung grundsätzlich auch auf die einfache Altersrente der
Witwe anzuwenden ist. Damit soll vermieden werden, dass die Rentenhöhe
durch ein geringeres durchschnittliches Jahreseinkommen beeinträchtigt
wird, wenn die Witwe während der Ehe wegen der Beanspruchung als Hausfrau
und Mutter nur ein geringes oder gar kein Erwerbseinkommen erzielt hat. Mit
der nur teilweisen Anwendung von Variante II der Vergleichsrechnung
wird dieses Ziel allerdings dann nicht erreicht, wenn die Witwe nach
der Verwitwung eine Erwerbstätigkeit ausübt, die zu einem höheren
durchschnittlichen Jahreseinkommen führen würde, als es sich allein
aufgrund der vorehelichen Einkommen ergibt (BGE 103 V 118 Erw. 2b in fine).

    b) Mit der Vergleichsrechnung hat das Eidg. Versicherungsgericht
von Anfang an auch dem Umstand Rechnung getragen, dass die frühere
Rentenberechnungsmethode zu Missbräuchen Anlass gegeben hatte, indem
die gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. b AHVG von der Beitragspflicht befreite
verheiratete Frau mit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit (allenfalls
Mitarbeit im Betrieb des Ehemannes) kurz vor Erreichen der Altersgrenze
eine maximale Altersrente erwirken konnte (BGE 101 V 188 Erw. 4a). Bei
der einfachen Altersrente der verwitweten Frau hat das Gericht der
Gefahr von Missbräuchen in der Weise Rechnung getragen, dass es im
Rahmen von Variante II der Vergleichsrechnung nur die vorehelichen,
nicht dagegen die Erwerbseinkommen und Beitragszeiten nach der Ehe als
anrechenbar erklärte. Dabei berücksichtigte es, dass die nichterwerbstätige
Witwe gemäss Art. 3 Abs. 2 lit. c AHVG von der Beitragspflicht befreit
ist. Aufgrund dieser Beitragsbefreiung könnten insbesondere Witwen, deren
Ehe vor Inkrafttreten der AHV geschlossen wurde, bei voller Anwendung von
Variante II der Vergleichsrechnung mit einer kurzfristigen Erwerbstätigkeit
vor Erreichen der Altersgrenze die Maximalrente erlangen, womit es wieder
zu den oft missbräuchlich herbeigeführten stossenden Ergebnissen käme,
die es mit der Einführung der Vergleichsrechnung zu verhindern galt
(BGE 103 V 117 unten).

    Entgegen den Ausführungen in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann
in der Rechtsprechung zur Berechnung der einfachen Altersrente der Witwe
gemäss BGE 103 V 114 ff. keine gegen Art. 4 Abs. 1 BV verstossende
Ungleichbehandlung erblickt werden. Richtig ist, dass sich unter
wirtschaftlichen Gesichtspunkten die Stellung der Witwe von derjenigen
der geschiedenen Frau nicht grundlegend unterscheidet, auch wenn die Witwe
in der Mehrzahl der Fälle versicherungsmässig bessergestellt sein dürfte
(vgl. BIGLER-EGGENBERGER, Soziale Sicherung der Frau, S. 108 f. und 198;
KOHLER, La situation de la femme dans l'AVS, S. 195 ff., insbesondere
S. 202). Abgesehen davon, dass die Witwe beim Anspruch auf die einfache
Altersrente insofern privilegiert ist, als bei der geschiedenen Frau
eine Berechnung aufgrund der für die Ehepaar-Altersrente massgebenden
Grundlagen nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen kann (Art. 31
Abs. 3 AHVG), bestehen bezüglich der hier streitigen Rentenberechnung
jedoch insofern unterschiedliche rechtliche und tatsächliche Verhältnisse,
als die nichterwerbstätige Witwe von der Beitragspflicht befreit ist
(Art. 3 Abs. 2 lit. c AHVG). Die Gefahr von Missbräuchen beim Anspruch
auf die einfache Altersrente ist bei der Witwe daher ungleich grösser als
bei der geschiedenen Frau, welche auch als Nichterwerbstätige Beiträge zu
bezahlen hat. Dies gilt um so mehr, als die Wahrscheinlichkeit, dass der
Wechsel im Zivilstand kurz vor Beginn des Anspruchs auf die Altersrente
eintritt, bei der Witwe grösser ist als bei der geschiedenen Frau. Es kann
daher nicht gesagt werden, dass die getroffene Regelung sich nicht auf
ernsthafte Gründe stützen lässt oder rechtliche Unterscheidungen trifft,
für die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt (vgl. BGE 117 V
173 Erw. 6a mit Hinweisen). Schliesslich macht auch die Beschwerdeführerin
nicht geltend, dass den unterschiedlichen Verhältnissen auf eine andere,
für die Witwe günstigere Weise Rechnung getragen werden könnte (vgl. hiezu
BGE 103 V 118 oben).

    c) In tatsächlicher Hinsicht ist indessen zu berücksichtigen, dass
die Zahl der Witwen, die voreheliche Erwerbseinkommen und Beitragszeiten
aufweisen, erheblich zugenommen hat, weil einerseits mehr Frauen vor
der Eheschliessung erwerbstätig gewesen sind und anderseits immer mehr
altersrentenberechtigte Witwen nach dem 1. Januar 1948 (Inkrafttreten
der AHV) geheiratet haben. Der für die Nichtanwendung von Variante
II der Vergleichsrechnung auf die einfache Altersrente der Witwe als
ausschlaggebend erachtete Gesichtspunkt der Missbrauchsgefahr hat damit
an Bedeutung eingebüsst. Ausgesprochen stossende Fälle, wo die Witwe
mit einem einzigen Jahreseinkommen die Höchstrente beanspruchen kann,
sind heute weitgehend ausgeschlossen. Anderseits haben die Fälle, wo
sich die lediglich teilweise Anwendung der Vergleichsrechnung auf die
einfache Altersrente der Witwe nachteilig auswirkt, zugenommen, weil immer
mehr Witwen nach der Verwitwung wieder eine Erwerbstätigkeit aufnehmen
und bei Eintritt ins Rentenalter über nacheheliche Erwerbseinkommen
und Beitragszeiten verfügen. Indem gleichzeitig die gegen eine volle
Anwendbarkeit von Variante II der Vergleichsrechnung massgebend gewesenen
Überlegungen an Gewicht verloren und die für eine volle Anwendbarkeit
sprechenden Gründe an Bedeutung gewonnen haben, liegen veränderte
tatsächliche Verhältnisse vor, die eine Praxisänderung zu rechtfertigen
vermögen (BGE 110 V 124 Erw. 2e, 108 V 17 Erw. 3b, 107 V 3 Erw. 2 und
82 Erw. 5a mit Hinweisen; vgl. auch BGE 111 V 170 Erw. 5b mit Hinweisen).

    Im Sinne der in BGE 101 V 190 Erw. 5 vorbehaltenen Anpassungen der
Berechnungsmethode ist somit festzustellen, dass bei der einfachen
Altersrente der Witwe die Vergleichsrechnung aufgrund der eigenen
Erwerbseinkommen und Beitragszeiten der Witwe in der Weise vorzunehmen ist,
dass einerseits die Summe der Erwerbseinkommen durch die Anzahl Jahre der
gesamten Versicherungszeit (Variante I) und anderseits die Einkommen vor
und nach der Ehe durch die Zahl der entsprechenden Beitragsjahre geteilt
werden (Variante II). Zwar kann sich hieraus eine Besserstellung der
verwitweten gegenüber der geschiedenen Frau ergeben, welche sich auch die
als Nichterwerbstätige geleisteten Beiträge anrechnen lassen muss (Art. 30
Abs. 3 AHVG), was in der Regel zu einem niedrigeren durchschnittlichen
Jahreseinkommen führt. Dies ist indessen um so eher hinzunehmen, als
der Gesetzgeber die Stellung der geschiedenen Frau dadurch verbessert
hat, dass geschiedene Altersrentnerinnen für Jahre, in denen sie die
elterliche Gewalt über Kinder ausgeübt haben, welche das 16. Altersjahr
noch nicht vollendet haben, Erziehungsgutschriften beanspruchen können
(am 1. Januar 1994 in Kraft getretener Art. 2 des Bundesbeschlusses über
Leistungsverbesserungen in der AHV und der Invalidenversicherung sowie
ihre Finanzierung vom 19. Juni 1992; SR 831.100.1).

Erwägung 5

    5.- Nach dem Gesagten hat die Ausgleichskasse eine Vergleichsrechnung
unter Berücksichtigung der Erwerbseinkommen und Beitragszeiten vor und
nach der Ehe vorzunehmen und hierauf die der Beschwerdeführerin ab 1. Juni
1992 zustehende einfache Altersrente neu festzusetzen.