Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 III 60



120 III 60

20. Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 22. August
1994 i.S. G. (Rekurs) Regeste

    Bezeichnung des Schuldners in den Betreibungsurkunden und -registern
(Art. 69 Abs. 2 Ziff. 1 in Verbindung mit Art. 67 Abs. 1 Ziff. 2
SchKG). Anspruch des Schuldners auf Bezeichnung mit dem amtlichen Namen
(Art. 29 und 160 ZGB)?

    Das Gesetz versteht unter dem Namen des Schuldners dessen amtliche
Bezeichnung, soweit sie zur Identifikation nötig ist. Der Allianzname
ist nicht amtlicher Name (E. 2a).

    Das Betreibungsamt kann den Schuldner mit dem Allianznamen bezeichnen,
wenn dies nötig ist, um Verwechslungen zu vermeiden (E. 2b).

    Wer einen Anspruch geltend machen will, nicht mit dem Allianznamen
sondern nur mit dem amtlichen Namen bezeichnet zu werden, muss nachweisen,
dass er durch die Verwendung des Allianznamens in seinen schützenswerten
Interessen verletzt worden ist (E. 3).

Sachverhalt

    A.- G. beschwerte sich beim Bezirksgericht Zürich als untere
Aufsichtsbehörde darüber, dass das Betreibungsamt Zürich 8 ihn mit dem
Namen "G.-W." bezeichnet hat. Er beantragte, es sei dem Betreibungsamt
zu verbieten, künftig diesen Namen zu verwenden, das Betreibungsamt sei
anzuweisen, diesen Namen aus den von ihm geführten Registern zu beseitigen
und es seien dem Betreibungsamt geeignete aufsichtsrechtliche Massnahmen
anzudrohen.

    Nachdem das Bezirksgericht mit Beschluss vom 16. Juni 1994
die Beschwerde abgewiesen hatte, wies das Obergericht als obere
Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs mit Beschluss vom
19. Juli 1994 einen von G. dagegen erhobenen Rekurs ab.

    B.- G. gelangt mit Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Bundesgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Der Rekurrent sieht im angefochtenen Entscheid eine Verletzung
des Willkürverbotes und der persönlichen Freiheit sowie des Rechts am
Namen. Während ein Verstoss gegen das Willkürverbot und die persönliche
Freiheit nicht mit Rekurs geltend gemacht werden kann (Art. 43 Abs. 1 in
Verbindung mit Art. 81 OG), sondern mit einer staatsrechtlichen Beschwerde
zu rügen ist, kann eine Verletzung des Namensrechts im Rekursverfahren
geprüft werden. Es liegt somit eine zulässige Begründung vor, und auf
den Rekurs ist insoweit einzutreten.

Erwägung 2

    2.- Das Betreibungsrecht regelt nicht in allgemeiner Weise, welche
Angaben zur Person der Parteien die einzelnen Aktenstücke haben müssen.
Mit Bezug auf den Zahlungsbefehl bestimmt Art. 69 Abs. 2 Ziff. 1 in
Verbindung mit Art. 67 Abs. 1 Ziff. 2 SchKG, dass der Name und der Wohnort
des Schuldners anzugeben sind. Diese Angaben sind auch in den weiteren
Urkunden wie Pfändungsankündigung usw. aufzuführen. Der Zweck besteht
darin, den Schuldner eindeutig identifizieren zu können.

    a) Das Gesetz bestimmt nicht, was unter dem Namen des Schuldners zu
verstehen ist. Vom Zweck her muss damit die amtliche Bezeichnung des
Schuldners erfasst werden, soweit sie zu dessen Identifikation nötig
ist. Der amtliche Name einer Person besteht aus ihrem Familiennamen
und dem oder den Vornamen. Führt eine Frau einen Doppelnamen nach
Art. 160 Abs. 2 ZGB, so ist dies ihr amtlicher Name, auch wenn nur der
zweite Teil dieses Namens vom Gesetz als Familiennamen bezeichnet wird
(HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht, Bern 1988, N. 22 zu
Art. 160 ZGB). Der Allianzname ist demgegenüber kein amtlicher Name (vgl.
BGE 110 II 99), auch wenn er in gewissen Ausweisen eingetragen werden kann
(HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 23 zu Art. 160 ZGB).

    Da es sich beim Allianznamen nicht um einen amtlichen Namen
handelt, gibt es auch keine gesetzliche Regelung, wie er zu gestalten
ist. Üblicherweise wird er dadurch gebildet, dass dem Familiennamen
der Name beigefügt wird, den der andere Ehegatte als ledig hatte
(vgl. DANIEL LACK, Privatrechtlicher Namensschutz, Diss. Bern, 1992,
S. 47; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 23 zu Art. 160 ZGB). Entgegen der
Auffassung des Rekurrenten kann die Art, wie das Betreibungsamt den
Allianznamen gebildet hat, somit nicht als falsch bezeichnet werden.

    b) Vom Zweck her, die eindeutige Identifikation des Schuldners
zu ermöglichen, besteht allerdings keine Notwendigkeit, in den
Betreibungsurkunden stets den amtlichen Namen vollständig unverändert zu
verwenden. So werden beispielsweise häufig einzelne Vornamen weggelassen,
wenn eine Person mehrere Vornamen hat. Umgekehrt wird je nach Namen
dieser für die Identifizierung einer Person, selbst zusammen mit dem
Wohnort, nicht immer genügen. Dann müssen die Ämter zur Unterscheidung auf
weitere Angaben zurückgreifen. Welche weiteren Angaben der Identifikation
dienen, lässt sich nicht allgemein bestimmen, sondern hängt von der
konkreten Verwechslungsgefahr ab. Häufig wird der Allianzname eine
Verwechslung verhindern. Er kann aber auch die Verwechslungsgefahr
erhöhen, nämlich wenn sich daraus ein Doppelname ergibt, der auch als
amtlicher Name vorkommt. Von daher kann jedenfalls nicht behauptet
werden, ein Betreibungsamt müsse zur Identifizierbarkeit des Schuldners
den Allianznamen verwenden. Auch im vorliegenden Fall ist - entgegen der
Ansicht der Vorinstanz - in keiner Weise ersichtlich, dass der Allianzname
der besseren Kennzeichnung des Schuldners dient. Der Name des Schuldners
kann nämlich vorliegend kaum als ein an seinem Wohnort gebräuchlicher
und damit häufig vorkommender Name bezeichnet werden.

    Das Betreibungsamt kann sich für die Verwendung des Allianznamens somit
weder auf eine Gesetzesvorschrift noch auf ein sinnvolles administratives
Bedürfnis berufen. Andererseits verbietet das Betreibungsrecht aber auch
nicht, den Allianznamen zu verwenden.

Erwägung 3

    3.- a) Der Rekurrent macht geltend, aus Art. 29 ZGB ergebe sich ein
Anspruch, mit dem amtlichen Namen bezeichnet zu werden. Er kann sich
dafür auf die Lehre stützen (GROSSEN, Das Recht der Einzelpersonen,
SPR Bd. II, Basel 1967, S. 340; vgl. auch HEGNAUER, Sind Behörden zum
Gebrauch des Doppelnamens gemäss Art. 160 Abs. 2 ZGB verpflichtet? ZZW
1990, S. 289 ff.).

    Mit der neueren Lehre (TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité,
Zürich 1984, Rz. 444; PEDRAZZINI/OBERHOLZER, Grundriss des Personenrechts,
Bern 1993, 188 ff.; A. BUCHER, Personnes physiques et protection de la
personnalité, Basel 1992, Rz. 831 ff.) ist davon auszugehen, dass der
in Art. 29 ZGB enthaltene Schutz nur einen Spezialfall des allgemeinen
Persönlichkeitsrechts (Art. 28 ZGB) darstellt. Die Bestimmung behandelt den
Sonderfall, dass jemand sich unberechtigterweise einen Namen anmasst oder
dem berechtigten Träger das Recht abspricht, seinen Namen zu tragen. Alle
anderen möglichen Verletzungen des Namensrechts werden demgegenüber nicht
durch diese Norm, sondern durch den allgemeinen Persönlichkeitsschutz
erfasst.

    Ein Teil der Lehre erachtet eine Namensbestreitung auch als gegeben,
wenn jemand systematisch mit einem andern als seinem rechtmässigen
Namen bezeichnet oder systematisch der Name abgeändert wird (A. BUCHER,
Rz. 838). Ein anderer Teil der Lehre will diesen Fall demgegenüber
nur unter dem Aspekt des allgemeinen Persönlichkeitsschutzes behandeln
(TERCIER, Rz. 449). Einigkeit herrscht indessen darüber, dass ein Anspruch
aus Art. 29 ZGB nur geltend gemacht werden kann, wenn die betroffene
Person nachweist, dass sie in ihren schützenswerten Interessen verletzt
worden ist (A. BUCHER, Rz. 842).

    b) Vorliegend hat das Betreibungsamt dem Rekurrenten weder das
Recht abgesprochen, seinen amtlichen Namen zu führen, noch hat es
eine Namensanmassung begangen. Es hat vielmehr dem Namen einen Zusatz
beigefügt. Ein solches Vorgehen ist nur unzulässig, wenn die betroffene
Person darlegt, dass sie dadurch in schützenswerten Interessen verletzt
wird, die auch rein ideeller Art sein können. Dies hat der Rekurrent
aber nicht getan. Er wiederholt auch in seiner Rekursschrift nur, dass er
nicht mit dem Allianznamen bezeichnet werden wolle. Welche ideellen oder
wirtschaftlichen Interessen aber durch eine solche Bezeichnung verletzt
sein sollen, legt er nicht dar. Damit ist auch die Verletzung in den
Namensrechten nicht nachgewiesen und es besteht auch kein Grund für ein
aufsichtsrechtliches Einschreiten.

    Der Rekurs ist somit abzuweisen.

    c) Damit muss auch nicht geprüft werden, ob Art. 28 ff. ZGB im
Verhältnis zwischen dem Betreibungsamt und dem Schuldner Anwendung
findet. Da es sich nicht um das Verhältnis zweier privater Personen
handelt, käme wohl nur eine analoge Anwendung in Frage.