Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IB 120



120 Ib 120

17. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 7. Januar 1994 i.S. B. gegen Bundesamt für Polizeiwesen
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Auslieferung an die Republik Slowenien.

    Anwendbarkeit des zwischen der Schweiz und Serbien am 28. November
1887 abgeschlossenen Auslieferungsvertrages in bezug auf die Republik
Slowenien (E. 1).

    Das landesinterne Recht darf die Rechtshilfe- bzw.
Auslieferungsvoraussetzungen gegenüber vorrangigem Vertragsrecht nicht
erschweren, wohl aber erleichtern (E. 1a).

    Da beidseitige Strafbarkeit jedenfalls nach Art. 35 IRSG zu bejahen
ist, kann im vorliegenden Fall offenbleiben, ob die Gegenstand des
Ersuchens bildenden Straftaten auch von Art. I des Vertrages erfasst werden
(E. 3b).

    Die vom Verfolgten geltend gemachten familiären und beruflichen Gründe
stehen der verlangten Auslieferung nicht entgegen, ebensowenig der von
ihm angerufene Grundsatz der Verhältnismässigkeit (E. 3c und d).

Sachverhalt

    A.- Gestützt auf den zwischen der Schweiz und Serbien am 28.  November
1887 abgeschlossenen Auslieferungsvertrag verlangte das Generalkonsulat
der Republik Slowenien in Genf mit Note vom 28. Mai 1993 die Auslieferung
des slowenischen Staatsangehörigen B. zur Vollstreckung der Strafe
gemäss Urteil des Gerichts von Celje vom 18. April bzw. 9. Juli 1990, die
zunächst auf ein Jahr und einen Monat festgesetzt und hernach - gestützt
auf einen Amnestiebeschluss - um drei Monate und sieben Tage reduziert
wurde. Laut den Angaben im Ersuchen ist dieses Urteil in Rechtskraft
erwachsen. B. wird zur Last gelegt, dass er nach Alkoholgenuss (mit einem
Blutalkoholgehalt von 1,52 Gew.%o) und infolge überhöhter Geschwindigkeit
bei nasser Fahrbahn mit seinem Auto einen Verkehrsunfall verursachte,
dass dabei eine Person tödlich und zwei Personen schwer verletzt wurden
und dass er den Unfallort vorschriftswidrig verliess. Deswegen wurde er
in Anwendung von Art. 255 Abs. 4 (schwere strafbare Handlungen gegen
die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs) in Verbindung mit Art. 251
Abs. 1 und 3 (Gefährdung des öffentlichen Verkehrs, fahrlässig begangen)
und in Anwendung von Art. 254 Abs. 1 des slowenischen Strafgesetzbuches
(Verlassen eines hilflosen Verletzten nach Verkehrsunfall) zur genannten
Strafe verurteilt. - Dem Ersuchen sind die in Art. IV des Vertrages
verlangten Dokumente beigelegt worden. Sodann hat der Justizminister der
Republik Slowenien zugesichert, den in Art. IX des Abkommens vorgesehenen
Grundsatz der Spezialität einzuhalten.

    Am 27. August 1993 wurde der Verfolgte zum Auslieferungsbegehren
angehört. Er erklärte, mit der Auslieferung nicht einverstanden zu sein,
bestritt dabei aber die ihm zur Last gelegten Tathandlungen nicht.

    Mit Eingabe vom 27. August 1993 hat ebenfalls der Anwalt des
Verfolgten beantragt, von einer Auslieferung sei abzusehen. Dabei ging
er - wie der ersuchende Staat und auch das BAP gemäss dessen Schreiben
vom 21. Juni 1993 an die Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau - von
der grundsätzlichen Anwendbarkeit des Auslieferungsübereinkommens aus,
doch machte er geltend, der Verfolgte sei lediglich wegen fahrlässiger
Tatbegehung und nicht wegen eines Vorsatzdeliktes verurteilt worden; das
Auslieferungsübereinkommen zähle indes in Art. I nur Vorsatzdelikte auf,
weshalb die Auslieferung zu verweigern sei.

    Mit Entscheid vom 24. September 1993 bewilligte das BAP die
Auslieferung zur Vollstreckung der genannten Strafe. Dabei erwog es,
dass das Ersuchen den formellen Voraussetzungen entspreche und die diesem
zugrundeliegende Straftat auch nach schweizerischem Recht strafbar sei
und als Delikt gelte, für das nach Art. 35 IRSG die Auslieferung zulässig
sei. Entsprechend könne offenbleiben, ob das dem Verfolgten angelastete
Verhalten überhaupt unter Art. I Ziff. 12 des Vertrages ("Bedrohung von
Personen ...") subsumiert werden könnte.

    B. führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem
Antrag, der Entscheid vom 24. September 1993 sei aufzuheben.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Auslieferungsfragen sind in erster Linie aufgrund der
massgebenden Staatsverträge zu entscheiden. Im vorliegenden Fall
stützt sich das Auslieferungsersuchen der Republik Slowenien auf den
zwischen der Schweiz und Serbien am 28. November 1887 abgeschlossenen
Auslieferungsvertrag (SR 0.353.981.8). Auch das BAP und der
Beschwerdeführer gehen von der grundsätzlichen Anwendbarkeit dieses
Abkommens aus, wobei das BAP im angefochtenen Entscheid offengelassen
hat, ob sich die Gegenstand des Ersuchens bildenden Delikte unter Art. I
Ziff. 12 des Übereinkommens subsumieren lassen (während es dies in der
im bundesgerichtlichen Verfahren erstatteten Vernehmlassung bejaht), da
es die Auslieferungsfähigkeit ohnehin im Lichte der Voraussetzungen von
Art. 35 IRSG als erfüllt erachtet hat. Soweit eine staatsvertragliche
Regelung fehlt oder soweit sie die Voraussetzungen und Bedingungen der
Auslieferung nicht abschliessend ordnet, gelangen die Vorschriften des
internen schweizerischen Rechtes zur Anwendung (BGE 116 Ib 89 E. 1a S. 91),
also diejenigen des Rechtshilfegesetzes vom 20. März 1981 (IRSG, SR 351.1;
s. Art. 1 Abs. 1 IRSG) und der diesbezüglichen Verordnung vom 24. Februar
1982 (IRSV, SR 351.11). Dabei darf das landesinterne Recht die Rechtshilfe-
bzw. Auslieferungsvoraussetzungen gegenüber vorrangigem Vertragsrecht
nicht erschweren, wohl aber erleichtern (s. BGE 117 Ib 53 E. 3 S. 62 mit
Hinweisen), d.h. es ist - wenn eine anderslautende vertragliche Abmachung
fehlt - nicht ausgeschlossen, einem Vertragsstaat über ein im Verhältnis
zu diesem Staat geltendes Abkommen hinausgehend die nach dem IRSG mögliche
Rechtshilfe zu gewähren, sei es mit oder ohne Gegenrechtserklärung nach
Art. 8 IRSG (s. BGE 109 Ib 165 ff. und dazu HANS SCHULTZ, ZBJV 121/1985
S. 58; HANS SCHULTZ, Das schweizerische Auslieferungsrecht, Basel 1953,
S. 134 ff.; CURT MARKEES, Internationale Rechtshilfe in Strafsachen,
SJK 421, S. 33; vgl. auch BGE 106 Ib 341 ff. und dazu JEAN-FRANÇOIS EGLI,
Votum zuhanden des Schweizerischen Juristenvereins, ZSR 1981 II S. 576).

    b) Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hat angenommen, dass
der schweizerisch-serbische Auslieferungsvertrag auf die Föderative
Volksrepublik Jugoslawien überging, die an die Stelle des ursprünglichen
Unterzeichnerstaates trat (BGE 111 Ib 52 ff.). Inzwischen ist auch das
frühere Jugoslawien in Auflösung begriffen; einzelne Landesteile haben
sich verselbständigt und sind seither als unabhängige Staaten anerkannt
worden. Dies trifft namentlich für den im vorliegenden Fall ersuchenden
Staat, Slowenien, zu; dieses Land ist im Januar 1992 insbesondere auch von
der Schweiz als unabhängiger Staat anerkannt worden und unterhält seither
Beziehungen mit der Schweiz (s. etwa Notenaustausch vom 3./5. August
1992 zwischen der Schweiz und Slowenien über die gegenseitige Aufhebung
der Visumpflicht, in Kraft getreten am 4. September 1992, AS 1992
S. 2006 ff., SR 0.142.116.912). Gemäss den Ausführungen im Ersuchen
ist das erwähnte Abkommen nach Art. 3 des Grundgesetzes über die
Selbständigkeit und die Unabhängigkeit der Republik Slowenien auf dieses
Land übergegangen, das sich nunmehr darauf bezogen, als einer von mehreren
Nachfolgestaaten der bisherigen Föderativen Volksrepublik Jugoslawien,
zum Vertragspartner der Schweiz erklärt hat. Nachdem auch das BAP als
für den Auslieferungsverkehr zuständige schweizerische Vollzugsbehörde
und - wie erwähnt - ebenfalls der Beschwerdeführer die grundsätzliche
Anwendbarkeit des Abkommens anerkannt haben, besteht kein Anlass,
hieran zu zweifeln. Die Frage braucht aber letztlich auch deshalb nicht
weiter erörtert zu werden, weil - wie nachfolgend (E. 3) aufzuzeigen ist
und denn auch das BAP zutreffend festgestellt hat - unabhängig von der
Frage der Anwendbarkeit des Staatsvertrages und der vom Beschwerdeführer
bestrittenen Subsumtionsfähigkeit der Gegenstand des Ersuchens bildenden
Tathandlungen unter Art. I des Abkommens jedenfalls schon gemäss IRSG die
Auslieferungsvoraussetzungen zu bejahen sind. Zudem steht im vorliegenden
Fall nichts entgegen, über die vertraglichen Bestimmungen hinausgehendes
internes Recht zu Gunsten des ersuchenden Staates gelten zu lassen (oben
lit. a, mit Hinweisen).

Erwägung 3

    3.- a) Dass das vorliegende Auslieferungsersuchen den massgebenden
Formerfordernissen - sei es denjenigen nach Art. IV des Abkommens oder
denjenigen nach Art. 28 in Verbindung mit Art. 41 IRSG - genügt, ist
offenkundig und denn auch unbestritten; Erörterungen hiezu erübrigen
sich daher.

    Ein allgemeiner Verweigerungsgrund (sei es nach Art. VI des Vertrages
bzw. nach Art. 2 ff. oder 53 IRSG) liegt nicht vor.

    b) aa) Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei nur wegen
fahrlässiger Tatbegehung und nicht wegen eines Vorsatzdeliktes verurteilt
worden; das Übereinkommen zähle indes in Art. I nur Vorsatzdelikte auf,
weshalb die Auslieferung im Lichte des Vertragsrechtes nicht zu bewilligen
sei. Zudem seien auch die Auslieferungsvoraussetzungen des IRSG nicht
erfüllt.

    Das BAP hält dafür, das dem Beschwerdeführer angelastete Verhalten
gelte jedenfalls als Delikt, für das nach Art. 35 IRSG die Auslieferung
zulässig sei. Entsprechend könne offenbleiben, ob dieses Verhalten
überhaupt unter Art. I Ziff. 12 des Vertrages ("Bedrohung von Personen
...") subsumiert werden könnte.

    bb) Zutreffend ist, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich des ihm
zur Last gelegten Verkehrsunfalls wegen fahrlässiger Begehung verurteilt
worden ist (Art. 255 Abs. 4 in Verbindung mit Art. 251 Abs. 1 und 3 des
slowenischen Strafgesetzbuches), wogegen in bezug auf den Vorwurf des
Verlassens hilfloser Verletzten nach Verkehrsunfall (Art. 254 Abs. 1 des
slowenischen Strafgesetzbuches) selbst nach der rechtsgültigen Darstellung
im Ersuchen ohne weiteres von vorsätzlicher Tatbegehung auszugehen
ist. Anderseits trifft auch zu, dass die Deliktsliste im Übereinkommen
praktisch ausschliesslich Vorsatzdelikte enthält (s. Art. I); wird das
Auslieferungsdelikt so bezeichnet, dass es vorsätzlich oder fahrlässig
begangen werden kann, ist regelmässig, ohne ausdrückliche anderslautende
Regelung, nur die vorsätzliche Begehung als Auslieferungsdelikt gemeint
(SCHULTZ, aaO [Auslieferungsrecht], S. 266).

    Im weiteren ist festzustellen, dass das BAP zu Recht davon ausgegangen
ist, dass - anders als der Beschwerdeführer anzunehmen scheint -
nicht in erster Linie anhand der im ersuchenden Staat angewandten
Strafbestimmungen, sondern anhand der dem Verfolgten zur Last gelegten
Tathandlungen zu beurteilen ist, ob das (sowohl vertraglich als auch
gesetzlich vorgesehene) Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit erfüllt
ist (s. MARKEES, aaO, SJK Nr. 422 S. 32). Entsprechend ist entgegen
der Auffassung des Beschwerdeführers unerheblich, dass dem Abkommen
Strassenverkehrsdelikte, wie sie hier in Frage stehen, noch nicht bekannt
waren; denn massgebend zur Beurteilung eines Ersuchens ist nicht das im
Zeitpunkt des Vertragsabschlusses, sondern das im Zeitpunkt des Ersuchens
geltende Strafrecht (s. SCHULTZ, [Auslieferungsrecht], S. 135).

    Verhält es sich so, so kann man sich in der Tat fragen, ob das dem
Beschwerdeführer im Lichte des erwähnten Art. 254 Abs. 1 des slowenischen
Strafgesetzbuches angelastete Verhalten als Bedrohung der Gesundheit der
durch den Verkehrsunfall betroffenen Personen und damit als Bedrohung
dieser Personen selber aufzufassen ist, wovon das BAP ausgeht. Die
bundesrätliche Botschaft (BBl 1888 I S. 33 ff.) äussert sich allerdings
nicht zu diesem Tatbestand, während aus der Literatur hervorgeht, dass
damit das in andern Staatsverträgen und im früheren Auslieferungsgesetz
enthaltene Auslieferungsdelikt der "Androhung gewaltsamer Handlungen gegen
die Person oder gegen das Eigentum" gemeint sein dürfte (s. SCHULTZ, aaO
[Auslieferungsrecht], S. 301). SCHULTZ weist in diesem Zusammenhang darauf
hin, dass nur die Androhung besonders schwerer Angriffe gegen eine Person,
so Tötungsverbrechen, einfache und schwere Körperverletzung, Brandstiftung,
Raub, Einbruchdiebstahl, Sachbeschädigung, Auslieferungsdelikt sein soll
(aaO, S. 301 f.). Ob dies in bezug auf den vorliegenden Fall zutrifft,
in dem der Beschwerdeführer den durch den Verkehrsunfall betroffenen
Personen zwar nicht vorsätzlich unmittelbare Nachteile angedroht, sie
aber durch die (laut Ersuchen vorsätzlich begangene) Führerflucht einer
zusätzlichen Gefahr ausgesetzt hat, kann indes letztlich offenbleiben, da
nichts entgegensteht, mit dem BAP im Sinne des angefochtenen Entscheides
jedenfalls beidseitige Strafbarkeit gemäss Art. 35 Abs. 1 IRSG zu bejahen
(nachf. lit. cc).

    cc) Nach Art. 35 Abs. 1 IRSG ist die Auslieferung zulässig, wenn
nach den Unterlagen des Ersuchens die Tat (a) nach dem Recht sowohl der
Schweiz als auch des ersuchenden Staates mit einer freiheitsbeschränkenden
Sanktion im Höchstmass von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren
Sanktion bedroht ist und (b) nicht der schweizerischen Gerichtsbarkeit
unterliegt. Bei der Beurteilung der Strafbarkeit nach schweizerischem
Recht werden dessen besondere Schuldformen und Strafbarkeitsbedingungen
nicht berücksichtigt (Art. 35 Abs. 2 IRSG).

    Die Gegenstand des Auslieferungsbegehrens bildenden Straftaten
erfüllen diese Voraussetzungen ohne weiteres. Sie wurden zwar schon im
Jahre 1986 begangen, also noch vor der Unabhängigkeit des ersuchenden
Staates. Dabei ist aber nach dem Begehren und dem ihm zugrundeliegenden -
ebenfalls noch vor der Unabhängigkeit ergangenen - Urteil des Gerichts
von Celje davon auszugehen, dass das Strafrecht in Jugoslawien nicht
vereinheitlicht war und Slowenien schon damals, innerhalb der Föderation,
ein eigenes Strafgesetzbuch hatte, das nun weiterhin zur Anwendung
gelangt. Nach den erwähnten slowenischen Strafbestimmungen sind die
fraglichen Delikte mit Haftstrafen bis zu fünf Jahren zu ahnden; eine
schweizerische Gerichtsbarkeit entfällt. Nach dem Ausgeführten ist
somit nach dem slowenischen Recht Strafbarkeit im Sinne von Art. 35
Abs. 1 IRSG erstellt; bei den gegebenen Verhältnissen erübrigt es sich,
auf das massgebende ausländische Strafrecht weiter einzugehen. Nach
schweizerischem Recht lässt sich das in Frage stehende Verhalten ohne
weiteres jedenfalls unter die Tatbestände der fahrlässigen Tötung (Art. 117
StGB), der fahrlässigen schweren Körperverletzung Art. 125 StGB), des
Fahrens in angetrunkenem Zustand (Art. 91 SVG) sowie der Führerflucht
(Art. 92 Abs. 2 SVG) subsumieren, so dass auch hier die Voraussetzungen
von Art. 35 IRSG erfüllt sind (Strafandrohung in allen Fällen Gefängnis,
also Strafrahmen bis zu drei Jahren Freiheitsentzug [Art. 36 StGB]). Dabei
bedarf es keiner weiteren Erörterungen, dass gemäss Art. 32 ff. IRSG - wie
übrigens auch nach dem Abkommen (s. Art. IV) - nicht nur die Auslieferung
zur Strafverfolgung, sondern auch die Auslieferung zur Strafvollstreckung
vorgesehen ist (s. etwa Art. 37 IRSG; MARKEES, aaO, SJK Nr. 422,
S. 22 ff.), auch wenn eine mit Art. 2 Ziff. 1 Satz 2 des Europäischen
Auslieferungsübereinkommens vom 13. Dezember 1957 (EAÜ, SR 0.353.1)
vergleichbare Regelung in bezug auf die ausgesprochene Mindestdauer der
Strafe fehlt. Gemäss dieser - für nahezu alle Länder Europas massgebenden
- Regelung ist indes bereits für eine ausgesprochene Freiheitsstrafe von
einer Dauer von vier Monaten die Auslieferung vorgesehen. Im vorliegenden
Fall ist die noch zu vollstreckende Strafe rund doppelt so hoch.

    Demgemäss ist nicht zu beanstanden, dass das BAP beidseitige
Strafbarkeit und damit Auslieferungsfähigkeit jedenfalls nach Art. 35
IRSG bejaht hat.

    c) Nach Art. 37 Abs. 1 IRSG kann die Auslieferung abgelehnt werden,
wenn die Schweiz die Verfolgung der Tat oder die Vollstreckung eines
ausländischen Strafentscheides übernehmen kann und dies im Hinblick
auf die soziale Wiedereingliederung des Verfolgten als angezeigt
erscheint. Der Beschwerdeführer macht derartige familiäre und berufliche
Gründe geltend, aus denen er nicht ausgeliefert werden, sondern die
Strafe lieber in der Schweiz verbüssen möchte. Doch ist festzustellen,
dass die Schweiz die Verfolgung wegen einer im Ausland begangenen Tat oder
die Strafvollstreckung nur dann übernehmen kann, wenn der Tatortstaat sie
ausdrücklich darum ersucht, an seiner Stelle die Strafgewalt auszuüben (BGE
117 Ib 210). Im hier zu beurteilenden Fall hat Slowenien jedenfalls bis
anhin kein Ersuchen um Übernahme der Strafvollstreckung durch die Schweiz
gestellt, sondern ausdrücklich die Auslieferung des Beschwerdeführers
verlangt. Dieses Begehren ist bis jetzt nicht zurückgezogen worden.

    d) Schliesslich rügt der Beschwerdeführer, der Auslieferungsbewilligung
stehe Art. 4 IRSG entgegen, wonach ein Ersuchen abgelehnt wird, wenn die
Bedeutung der Tat die Durchführung des Verfahrens nicht rechtfertigt. Damit
rügt er der Sache nach eine Verletzung des auch im Rechtshilfeverkehr
zu berücksichtigenden Verhältnismässigkeitsgrundsatzes. Die Vorschrift
hat einerseits blosse Bagatellfälle im Auge; daneben sind aber auch die
Härten des Verfahrens für den Betroffenen und unangemessene administrative
Umtriebe für die Behörden - beispielsweise im Falle einer Auslieferung
zu einem nur sehr kurzen Strafvollzug - zu berücksichtigen (MARKEES,
aaO, SJK Nr. 421a, S. 9, wo angemerkt wird, dass im Falle einer
Auslieferung zum Vollzug einer Strafe von weniger als drei Monaten an
Unverhältnismässigkeit zu denken wäre). Auf den vorliegenden Fall bezogen
ist zwar festzustellen, dass die dem Beschwerdeführer angelasteten Vorfälle
sich Ende 1986 ereigneten und damit schon einige Zeit zurückliegen und dass
die Auslieferung für ihn eine gewisse Einschränkung der von ihm geltend
gemachten familiären und beruflichen Bindungen zur Schweiz zur Folge hätte.
Anderseits ist aber - wie bereits erwähnt - festzustellen, dass jedenfalls
im heutigen Zeitpunkt von einem Strafvollzug in der Schweiz nicht die
Rede sein kann (oben lit. c). Dass mit der Auslieferung das Familien-
und Berufsleben eingeschränkt wird, kann sowenig wie in jedem andern
Straffall vermieden werden, in dem eine freiheitsentziehende Sanktion zu
verhängen ist. Dies stellt aber keine unzulässige Einschränkung dar. In
Auslieferungsfällen, in denen Art. 8 EMRK angerufen wurde, hat sich
die Europäische Kommission für Menschenrechte bisher auf Ziff. 2 dieser
Bestimmung berufen und befunden, dass der Eingriff in das Recht auf Schutz
der Familie gerechtfertigt sei (s. BGE 117 Ib 210 mit Hinweisen). Abgesehen
davon handelt es sich bei den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten
Tathandlungen nicht etwa um Bagatellfälle, gilt es doch zu berücksichtigen,
dass er nach erheblichem Alkoholgenuss (mit einem Blutalkoholgehalt von
1,52 Gew.%o) und infolge übersetzter Geschwindigkeit einen Verkehrsunfall
verursachte, bei dem eine Person getötet und zwei Personen schwer
verletzt wurden, und zusätzlich beging er Führerflucht. Inwiefern dieses
verwerfliche Verhalten noch als Bagatelle eingestuft werden soll, ist
nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass auch die vom Beschwerdeführer noch
zu verbüssende Freiheitsstrafe von rund acht Monaten mehr als das Doppelte
dessen beträgt, das in der Literatur noch als geringfügig bezeichnet wird
(s. den vorstehenden Hinweis auf MARKEES). Insgesamt ergibt sich somit,
dass von einer blossen Bagatelle, welche die Rechtshilfeleistung nicht
zu rechtfertigen vermöchte, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers
nicht die Rede sein kann. Geht dessen Berufung auf Art. 4 IRSG somit fehl,
so kann offenbleiben, inwieweit dieser Bestimmung im vorliegenden Fall,
in dem eine analoge Vorschrift im erwähnten Staatsvertrag fehlt, überhaupt
selbständige Bedeutung zukommen kann.