Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IA 247



120 Ia 247

37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22.
August 1994 i.S. J. und Mitbeteiligte gegen Obergericht des Kantons Aargau
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Nichtzulassung eines ausländischen (deutschen) Rechtsanwalts als
Verteidiger im Strafverfahren.

    Die aargauische Strafprozessordnung sieht als Grundsatz für den
Strafprozess die Verteidigung durch patentierte Rechtsanwälte vor. Es
verstösst nicht gegen das Rechtsgleichheitsgebot, wenn als Ausnahme davon
dem Beschuldigten nahestehende Personen, welche über kein Anwaltspatent
verfügen, zur Verteidigung zugelassen werden, dagegen dem ausländischen,
berufsmässig handelnden Rechtsanwalt die Zulassung verweigert wird (E. 3).

    Die in der aargauischen Strafprozessordnung enthaltene Beschränkung
der Verteidigerwahl auf patentierte Rechtsanwälte verstösst nicht gegen den
Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK und in Art. 14 Abs. 3 lit. d des internationalen
Paktes über die bürgerlichen und politischen Rechte verankerten Anspruch
des Beschuldigten auf Verteidigung durch einen Verteidiger seiner Wahl
(E. 4 und 5).

Sachverhalt

    A.- Das Bezirksamt Zurzach erliess am 2. Juli 1992 gegen J.
und Mitbeteiligte (ausser Rechtsanwalt G.) je einen Strafbefehl und
bestrafte sie wegen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs je mit 30
Tagen Gefängnis und Fr. 300.-- Busse, wobei für die Gefängnisstrafe
der bedingte Strafvollzug bei einer Probezeit von zwei Jahren gewährt
wurde. Diese Strafbefehle wurden dem Vertreter der Beschuldigten,
Rechtsanwalt G., Hamburg, BRD, zugestellt. Rechtsanwalt G. erhob im
Namen der Beschuldigten gegen die Strafbefehle Einsprache, worauf die
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau die Angelegenheit am 27. August
1992 zur Beurteilung an das Bezirksgericht Zurzach überwies.

    Der Bezirksgerichtspräsident von Zurzach teilte Rechtsanwalt
G. zunächst mit formlosem Brief vom 30. November 1992 mit, dass er
die Beschuldigten nicht verteidigen könne, da als Strafverteidiger im
Kanton Aargau nur dort zugelassene Anwälte auftreten könnten. Nachdem
Rechtsanwalt G. erklärt hatte, dass er diese Auffassung nicht akzeptiere,
beschloss das Bezirksgericht Zurzach am 19. April 1993, Rechtsanwalt
G. werde als Strafverteidiger der Beschuldigten zur gerichtlichen
Hauptverhandlung vor Bezirksgericht Zurzach nicht zugelassen; den
Beschuldigten bzw. Rechtsanwalt G. wurde eine Frist von 30 Tagen angesetzt,
um einen im Kanton Aargau zugelassenen Rechtsanwalt zu bevollmächtigen bzw.
sich durch einen solchen substituieren zu lassen.

    Die Beschuldigten und Rechtsanwalt G. reichten gegen diesen Beschluss
beim Obergericht des Kantons Aargau am 4. Juni 1993 Beschwerde ein. Die
Beschwerdekammer des Obergerichts wies diese mit Urteil vom 11. August
1993 ab.

    Gegen den Beschluss der Beschwerdekammer des Obergerichts reichten
J. und Mitbeteiligte sowie Rechtsanwalt G. staatsrechtliche Beschwerde
ein. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Art. 29 Abs. 2 OG behält die Parteivertretung vor Bundesgericht
in Zivil- und Strafsachen grundsätzlich den patentierten Anwälten sowie
den Rechtslehrern an den schweizerischen Hochschulen vor. Ausländische
Rechtsanwälte werden nach Art. 29 Abs. 2 OG nur ausnahmsweise und unter
Vorbehalt des Gegenrechts zugelassen. Beide Vorschriften beziehen sich auf
die Vertretung vor Bundesgericht in Zivil- und Strafsachen. Das Verfahren
der staatsrechtlichen Beschwerde fällt nach der bundesgerichtlichen Praxis
nicht darunter, und zwar auch dann nicht, wenn, wie hier, dem angefochtenen
Entscheid eine strafrechtliche Streitigkeit zugrundeliegt. Rechtsanwalt
G. ist daher vor Bundesgericht als Parteivertreter zuzulassen.

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss § 61 Abs. 1 der aargauischen Strafprozessordnung
vom 11. November 1958 (StPO) können zu Verteidigern, Beiständen und
Vertretern nur patentierte Anwälte bestellt werden. Zulässig ist jedoch
die Verbeiständung des Beschuldigten durch den gesetzlichen Vertreter,
den Ehegatten, den Vater oder die Mutter oder durch ein mündiges Kind. Als
patentierter Anwalt gilt, wer im Sinne des Anwaltsgesetzes vom 18. Dezember
l984 (AnwG) über eine Bewilligung zur Ausübung des Anwaltsberufes verfügt.
Diese wird entweder als allgemeine Bewilligung zur Berufsausübung im
Kanton Aargau (§ 7 Abs. 1 AnwG) oder als besondere Bewilligung für das
Handeln in einem einzelnen Fall (§ 10 Abs. 1 AnwG) erteilt und setzt den
Besitz eines aargauischen Fähigkeitsausweises oder eines ausserkantonalen
Fähigkeitsausweises gemäss Art. 5 ÜbBest. BV voraus (§ 7 Abs. 1 lit. a
und § 10 Abs. 1 AnwG).

    b) Dass Rechtsanwalt G. diese gesetzlichen Zulassungsvoraussetzungen
nicht erfüllt, steht ausser Frage. Er verfügt weder über einen aargauischen
Fähigkeitsausweis als Anwalt noch über den entsprechenden Ausweis
eines andern Kantons im Sinne von Art. 5 ÜbBest. BV. Eine willkürliche
Gesetzesanwendung wird zu Recht nicht geltend gemacht.

    Die Beschwerdeführer erachten jedoch die aus dieser gesetzlichen
Regelung folgenden Konsequenzen - und damit die Regelung als solche - als
verfassungs- und völkerrechtswidrig: Einerseits dürfe der Beschuldigte, da
kein Fall einer notwendigen Verteidigung vorliege, auf einen Verteidiger
ganz verzichten oder aber diese Aufgabe seinem gesetzlichen Vertreter,
dem Ehegatten, einem Elternteil oder einem mündigen Kind übertragen,
wobei diese auch deutscher Nationalität sein könnten und keine besondere
Prozesserfahrung haben müssten; anderseits werde jedoch ausgeschlossen,
dass sich der Beschuldigte durch einen ausländischen Wahlverteidiger,
welcher der Gerichtssprache mächtig sei und sowohl die Strafprozessordnung
wie auch das Strafgesetzbuch verstehe, verteidigen lasse. Das Interesse
an einer geordneten Rechtspflege vermöge eine derartige Auslegung der
aargauischen Strafprozessordnung nicht zu rechtfertigen. Sinngemäss
wird gerügt, es sei widersprüchlich und durch kein öffentliches Interesse
gedeckt, einerseits prozessunerfahrene Familienmitglieder des Beschuldigten
als Verteidiger zuzulassen oder hinzunehmen, dass der Angeschuldigte
ohne Abstand zur eigenen Rolle sich selber verteidige, und gleichzeitig
die Wahl eines ausländischen Strafverteidigers zu untersagen, obwohl
dieser die Durchführung des Strafverfahrens nicht oder viel weniger
erschweren oder behindern würde. Durch eine solche Regelung werde das
Recht des Beschuldigten, die Verteidigung nach seiner eigenen Vorstellung
zu gestalten, ungerechtfertigt eingeschränkt. Die daraus resultierende
Begünstigung der ortsansässigen Anwälte lasse sich nicht mit den Interessen
der Rechtspflege begründen und verstosse damit gegen Art. 4 BV, welcher
Vorrechte des Ortes ausschliesse. Eine weitere Ungleichheit liege darin,
dass Verteidiger aus andern Kantonen grundsätzlich zugelassen würden,
selbst wenn sie unter Umständen gewisse Sprachprobleme hätten und mit der
Strafprozessordnung des Kantons Aargau nicht besser vertraut seien als der
Rechtsvertreter der Beschwerdeführer. Die beanstandete Einschränkung der
freien Verteidigerwahl verletze darüber hinaus Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK
und Art. 14 Abs. 3 lit. d des Internationalen Paktes vom 16. Dezember
1966 über bürgerliche und politische Rechte (SR 0.103.2; UNO-Pakt II).

Erwägung 3

    3.- Die Rüge der Verletzung von Art. 4 BV ist unbegründet:

    a) Art. 4 BV garantiert zwar unter anderem grundsätzlich das Recht,
sich im Strafprozess durch einen Anwalt eigener Wahl verteidigen zu
lassen (BGE 109 Ia 239; ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem
Gesetze gleich, Bern 1985, S. 153 ff.). Die Zulassungsvoraussetzungen für
Anwälte bleiben dabei aber vorbehalten. Die Kantone dürfen die Befugnis
zur Parteivertretung vor Gericht auf Rechtsanwälte beschränken und die
Ausübung des Anwaltsberufes vom Ablegen einer Fähigkeitsprüfung abhängig
machen. Zur Anerkennung ausserkantonaler Fähigkeitsausweise sind sie von
Verfassung wegen (Art. 5 ÜbBest. BV) lediglich dann verpflichtet, wenn
es sich um den Ausweis eines Drittkantons oder einer mehrere Kantone
repräsentierenden Konkordatsbehörde handelt; auf die Anerkennung
ausländischer Ausweise gibt diese Verfassungsbestimmung - welche in
der staatsrechtlichen Beschwerde zu Recht nicht angerufen wird - keinen
Anspruch (PHILIPPE BOIS, BV-Kommentar, N. 5 zu Art. 5 ÜbBest. BV). Auch
aus Art. 4 BV lässt sich ein solcher Anspruch nicht ableiten.

    b) Es kann sich unter dem Gesichtswinkel des allgemeinen
Gleichheitsgebotes und des darin enthaltenen Willkürverbots aufgrund
der erhobenen Einwendungen einzig fragen, ob die in § 6l Abs. 1 Satz
1 der aargauischen StPO statuierte Regel, wonach die Verteidigung in
Strafsachen patentierten Anwälten vorbehalten ist, durch die in Abs. 1
Satz 2 derselben Bestimmung gleichzeitig zugelassene "Verbeiständung"
durch Familienmitglieder und nahestehende Personen nicht zu einer sinn-
und zwecklosen, sachlich nicht mehr begründbaren oder sachfremden Zielen
dienenden Beschränkung wird. Dies trifft nicht zu. Wenn das Gesetz
die Verteidigung im Strafprozess patentierten Anwälten vorbehält, so
liegt hierin eine dem Interesse des Publikums wie auch der Rechtspflege
dienende zulässige gewerbepolizeiliche Beschränkung. Durch die erwähnte
Ausnahmeregelung, wonach der Angeschuldigte auch durch gewisse,
ihm nahestehende, aber über kein Anwaltspatent verfügende Personen
verteidigt (bzw. "verbeiständet") werden darf, wird das gesetzliche
Anwaltsmonopol nur in einem sehr beschränkten Umfang aufgehoben;
diese Sonderregelung vermag die Berechtigung des in § 6l Abs. 1 Satz
1 StPO statuierten Grundsatzes nicht in Frage zu stellen. Ebensowenig
kann von einem Verstoss gegen das Gleichbehandlungsgebot gesprochen
werden. Wohl wird ein ausländischer Strafverteidiger, selbst wenn er
keine Prüfungen über das schweizerische Recht abgelegt hat und mit den
hiesigen Verhältnissen nicht vertraut ist, regelmässig über mehr Sachkunde
verfügen als die ausnahmsweise als Verteidiger zugelassenen, juristisch
nicht ausgebildeten Familienangehörigen. Für deren Zulassung lassen sich
aber andere sachliche Gründe (persönliche Vertrautheit und Verbundenheit,
Verzicht auf berufsübliches Honorar usw.) anführen. Anderseits würde
durch eine Ausdehnung der (jetzt auf Familienmitglieder beschränkten)
Ausnahmeregelung auf berufsmässig handelnde (in- und ausländische)
Parteivertreter, welche die aargauischen Zulassungsvoraussetzungen für
Anwälte nicht erfüllen, das in § 6l StPO statuierte Anwaltsmonopol
letztlich insgesamt in Frage gestellt, und zwar selbst dann, wenn
berufsmässig handelnde Parteivertreter ohne anerkanntes Anwaltspatent
nur für den jeweiligen Einzelfall zuzulassen wären. Schliesslich ist
auch der Vergleich mit dem Fall, dass ein Angeschuldigter auf den Beizug
eines Verteidigers überhaupt verzichtet und sich - ohne Sachkunde - selber
verteidigt, nicht stichhaltig. Diese Möglichkeit steht dem Angeschuldigten,
wo keine notwendige Verteidigung gegeben ist, immer offen und zwingt nicht
zur Zulassung von Parteivertretern ohne anerkanntes Anwaltspatent. Die
beanstandete Regelung von § 6l Abs. 1 StPO hält unter dem Gesichtswinkel
der erhobenen Einwendungen vor Art. 4 BV durchaus stand.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführer berufen sich überdies auf Art. 6 Ziff. 3
lit. c EMRK. Sie sind der Auffassung, die in § 6l Abs. 1 StPO getroffene
Regelung sei mit dem in Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK verankerten Recht des
Angeklagten auf einen Verteidiger seiner Wahl nicht vereinbar.

    a) Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK gewährleistet jedem Angeklagten
unter anderem das Recht, sich selbst zu verteidigen oder den
Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten. Der Wortlaut der
Bestimmung gibt auf die Frage, ob der Angeklagte beliebige Dritte als
Wahlverteidiger bezeichnen kann oder ob er dabei an die jeweiligen
Zulassungsvoraussetzungen für Anwälte gebunden ist, keine unmittelbare
Antwort. Eine restriktive Auslegung des gewährten Wahlrechts drängt sich
schon aus sachlichen Gründen auf: Dürfte ein Angeklagter grundsätzlich
jede ihm geeignet erscheinende Person als Verteidiger beiziehen, so
wären die für die Anwaltstätigkeit im nationalen Recht regelmässig
vorgesehenen Schranken für das Gebiet des Strafprozesses im Ergebnis
aufgehoben; es könnte, unter Berufung auf das freie Wahlrecht des
Angeklagten, letztlich jeder interessierte (und dabei allenfalls auch
berufsmässig handelnde) Dritte seine jeweilige Zulassung als Verteidiger
für den einzelnen Strafprozess erwirken, ohne die für Anwälte geltenden
Zulassungsvoraussetzungen erfüllen zu müssen. Dies kann nicht der Sinn
der erwähnten Konventionsvorschrift sein. Die Befugnis des Staates,
die Zulassung von Anwälten zu regeln, muss richtigerweise vorbehalten
bleiben (so STEFAN TRECHSEL, Die Verteidigungsrechte in der Praxis zur
Europäischen Menschenrechtskonvention, Schweizerische Zeitschrift für
Strafrecht, 96/1979, S. 358 f.; im gleichen Sinne ARTHUR HAEFLIGER,
Die Europäische Menschenrechtskonvention und die Schweiz, Bern 1993,
S. 184 f.; MIEHSLER/VOGLER, Internationaler Kommentar zur Europäischen
Menschenrechtskonvention, N. 520 zu Art. 6; DOMINIQUE PONCET, La protection
de l'accusé par la convention européenne des droits de l'homme, Genf 1977,
S. 171; Velu/Ergec, La convention européenne des droits de l'homme,
Brüssel 1990, N. 599, S. 495 f.). Auf diesem Boden steht - soweit
ersehbar - auch die Rechtsprechung der Konventionsorgane (vgl. dazu die
Kommissionsentscheide vom 5. August 1960 [in CD 4], vom 6. März 1962
[CD 9, 1], vom 8. Juli 1978 [DR 14, 64 = EuGRZ 5/1978, S. 314 ff.] sowie
vom 9. Oktober 1978 [DR 15, 242]).

    b) Im vorliegenden Fall kann sich einzig fragen, ob der Staat gestützt
auf Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK allenfalls im Einzelfall auch Anwälte mit
ausländischem Ausweis als Verteidiger zulassen muss, um den Bedürfnissen
des wahlberechtigten Angeklagten möglichst entgegenzukommen. PONCET
(aaO, S. 172, Fn. 508) befürwortet, unter Hinweis auf die Entwicklung
der europäischen Integration, eine Ausdehnung des konventionsrechtlichen
Wahlrechtes auf ausländische Anwälte. Für eine solche Liberalisierung
mögen de lege ferenda gewisse Gründe sprechen, wobei sich allerdings die
naheliegende Frage nach der Gewährung des Gegenrechtes stellt (vgl. dazu
die Regelung in Art. 35 Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 15. Juni 1934 über
die Bundesstrafrechtspflege [SR 312.0], wonach im Bundesstrafverfahren
ausnahmsweise ausländische Rechtsanwälte zugelassen werden können,
sofern Gegenseitigkeit besteht). Aus Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK ergibt
sich aber kein dahingehender Anspruch. Wenn ein kantonaler Gesetzgeber
die berufsmässige Verteidigung generell nur solchen Anwälten gestattet,
welche sich im betreffenden Kanton oder (aufgrund der bestehenden
innerstaatlichen Freizügigkeitsregelung) in einem Drittkanton durch eine
staatliche Prüfung über die erforderliche Kenntnis des schweizerischen
Rechts ausgewiesen haben und durch ihre Niederlassung in der Schweiz
mit den hiesigen gerichtlichen Gepflogenheiten vertraut sind, so lässt
sich eine solche Zulassungsbeschränkung mit den im Spiele liegenden
Interessen der Rechtspflege und gewerbepolizeilichen Gründen ohne weiteres
rechtfertigen. Die Nichtzulassung ausländischer Anwälte ist keineswegs
bloss oder in erster Linie standespolitisch motiviert. Abgesehen davon,
dass ausländische Anwälte das schweizerische bzw. kantonale Recht
regelmässig nur beschränkt kennen und mit den hiesigen Verhältnissen und
gerichtlichen Gepflogenheiten im allgemeinen nicht vertraut sind, sprechen
noch weitere sachliche Gründe für ihre Nichtzulassung (Durchsetzbarkeit der
Berufsvorschriften, Möglichkeit der Disziplinaraufsicht, Zustelldomizil,
praktische Schwierigkeiten im Verkehr mit dem Gericht, beispielsweise
bei Terminabsprachen oder der Gewährung der Akteneinsicht, usw.). Ob ein
ausländischer Anwalt regelmässig in der Schweiz bzw. in einem bestimmten
Kanton vor Gericht auftreten will oder, wie hier, bloss in einem Einzelfall
die Verteidigung ausländischer Klienten vor einem schweizerischen Gericht
übernehmen will, macht keinen Unterschied. Die geltend gemachten Gründe
haben genügend Gewicht, um auch einzelfallmässige Ausnahmen generell
auszuschliessen. Dass (aufgrund von Art. 5 ÜbBest. BV) zwar Anwälte
aus andern Kantonen, nicht aber ausländische Anwälte (bzw. solche mit
ausländischem Fähigkeitsausweis) vor Gericht auftreten dürfen, stellt die
Berechtigung der vorerwähnten Betrachtungsweise ebenfalls nicht in Frage;
der in einem andern Kanton erworbene Fähigkeitsausweis gewährleistet
vorab die Kenntnis des (vereinheitlichten) schweizerischen Rechts, wozu
unter anderem das Strafgesetzbuch gehört, und lässt darüber hinaus auch
eine gewisse minimale Vertrautheit mit den in andern Kantonen geltenden,
an sich je unterschiedlichen, aber von gemeinsamer Tradition geprägten
Verfahrensordnungen erwarten; bei im Ausland tätigen Anwälten mit
ausländischem Fähigkeitsausweis ist dies in der Regel nicht der Fall. In
der Nichtzulassung von Rechtsanwalt G. als Verteidiger im vorliegenden
Strafverfahren liegt daher keine Verletzung von Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK.

Erwägung 5

    5.- Die Beschwerdeführer berufen sich schliesslich noch auf Art. 14
Abs. 3 lit. d des UNO-Paktes II.

    a) Der von den Beschwerdeführern angerufene Art. 14 Abs. 3 UNO-Pakt II,
welcher entgegen der Annahme des Obergerichts heute auch für die Schweiz
gilt, hat - soweit hier wesentlich - folgenden Wortlaut (in deutscher
Übersetzung des französischen Originaltextes):

    "(3) Jeder wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte hat in gleicher

    Weise im Verfahren Anspruch auf folgende Mindestgarantien:

    a) ...

    b) ...

    c) ...

    d) er hat das Recht, bei der Verhandlung anwesend zu sein und sich
selbst
   zu verteidigen oder durch einen Verteidiger seiner Wahl verteidigen
   zu lassen; falls er keinen Verteidiger hat, ist er über das Recht, einen

    Verteidiger in Anspruch zu nehmen, zu unterrichten; fehlen ihm
die Mittel
   zur Bezahlung eines Verteidigers, so ist ihm ein Verteidiger
   unentgeltlich zu bestellen, wenn dies im Interesse der Rechtspflege
   erforderlich ist;

    e) ...

    f) ...

    g) ..."

    Diese staatsvertragliche Norm ist, gleich wie die Garantie in Art. 6
Ziff. 3 lit. c EMRK, unmittelbar anwendbar (self-executing; vgl. dazu
Botschaft des Bundesrates betreffend den Beitritt der Schweiz zu den beiden
internationalen Menschenrechtspakten von 1966, BBl 1991 I 1202 f.; CLAUDE
ROUILLER, Le Pacte international relatif aux droits civils et politiques,
ZSR 1992/111 I S. 118 ff.). Dass sich die Schweiz für diesen Pakt keinem
Individualbeschwerdeverfahren vor den Vertragsorganen unterworfen hat,
ändert nichts (vgl. dazu BGE 120 Ia 1 E. 5 S. 10 ff.). Die in Art. 14
Abs. 3 lit. d UNO-Pakt II enthaltene Garantie hat wie die in der EMRK
gewährleisteten Rechte ihrer Natur nach verfassungsrechtlichen Inhalt
und ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht gleich zu behandeln wie die
Rüge der Verletzung von Garantien der EMRK.

    b) Die Regelung von Art. 14 Abs. 3 lit. d UNO-Pakt II, welche sich
bewusst an jene der EMRK anlehnt und im Lichte derselben zu interpretieren
ist (Manfred Nowak, UNO-Pakt über bürgerliche und politische Rechte und
Fakultativprotokoll, CCPR-Kommentar, Kehl am Rhein/Strassburg/Arlington
1989, S. 251; Rouiller, aaO, S. 112) gewährt keine weitergehenden Ansprüche
als Art. 6 Ziff. 3 lit. c EMRK. Die Beschwerde erweist sich daher auch
insoweit als unbegründet.