Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 120 IA 209



120 Ia 209

31. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 24.
August 1994 i.S. O. und Mitb. gegen Kanton Luzern (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Art. 6 Ziff. 1 EMRK, Art. 4 BV; Anspruch auf gerichtliche Überprüfung
von Planungszonen; Rechtsverweigerung und Rechtsverzögerung.

    Ein Rechtsmittelsystem mit Einsprache und anschliessender
Beschwerde gegen Planungszonen führt nicht von sich aus zwingend zu
verfassungswidrigen Rechtsverzögerungen. Gleiches gilt hinsichtlich des
dem Grundsatze nach vorgesehenen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung
eines Rechtsmittels (E. 4 und 5).

    Zusammenfassung der Rechtsprechung zu dem sich aus der Bundesverfassung
und aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergebenden Anspruch auf gerichtliche Prüfung
von Planungsakten und bei Enteignungen (E. 6a und b).

    Die Festsetzung einer Planungszone stellt im Regelfall eine
Eigentumsbeschränkung bzw. einen Eingriff in "civil rights" gemäss
Art. 6 Ziff. 1 EMRK dar. Der Zugang zu einem Gericht darf daher nicht
generell ausgeschlossen werden (E. 6c und d).

Sachverhalt

    A.- Die Stimmbürger des Kantons Luzern nahmen an der Volksabstimmung
vom 28. November 1993 eine Teilrevision des Planungs- und Baugesetzes
vom 7. März 1989 (PBG) an. Diese umfasst auch eine Neuordnung des
Rechtsschutzes gegenüber Planungszonen. Die fraglichen Bestimmungen der
Gesetzesnovelle haben folgenden Wortlaut:

    § 84 Absätze 3 und 4

    3Während der Auflagefrist kann gegen Planungszonen bei der Behörde,
   welche sie bestimmt hat, Einsprache eingereicht werden. Der

    Einspracheentscheid
   des Gemeinderates kann mit Verwaltungsbeschwerde beim Regierungsrat, der

    Einspracheentscheid des Regierungsrates mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde
   beim Verwaltungsgericht angefochten werden.

    4Beschwerden und Einsprachen haben keine aufschiebende Wirkung.

    § 206 Abs. 2 lit. a

    2Die Entscheide des Regierungsrates können mit

    Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten werden. Davon ausgeschlossen
sind
   die Entscheide folgenden Inhalts:

    a. Planung (§§ 8 Abs. 2, 9 Abs. 3, 14 Abs. 4, 17 Abs. 4, soweit der

    Gemeinderat Planungszonen erlässt, 17 Abs. 5, 18, 31 Abs. 5, 64
Abs. 2, 82

    Abs. 1, 83-85)."

    O. und Mitbeteiligte führen gegen die Gesetzesnovelle staatsrechtliche
Beschwerde mit dem Antrag, die §§ 84 Abs. 3 und 4 sowie 206 Abs. 2 lit. a
PBG aufzuheben. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Gemäss § 81 Abs. 1 PBG dienen Planungszonen in Übereinstimmung
mit Art. 27 des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22.
Juni 1979 (Raumplanungsgesetz, RPG; SR 700) der Sicherstellung der
Nutzungsplanung. Mit der Bestimmung von Planungszonen sind zugleich die
provisorischen Bau- und Nutzungsvorschriften festzulegen (§ 81 Abs. 2
PBG). Innerhalb einer Planungszone darf nichts unternommen werden,
was die Nutzungsplanung erschweren könnte (Art. 27 Abs. 1 RPG; BGE 116
Ia 449 E. 4a S. 453; 113 Ia 362; 105 Ia 223 E. 2a-d S. 225 ff.). Die
Planungszone kann entweder vom Gemeinderat oder vom Regierungsrat bestimmt
werden (§ 82 PBG). Sie erlischt, wenn nicht innert zwei Jahren seit
der Planauflage der Nutzungsplan und die Bau- und Nutzungsvorschriften
öffentlich aufgelegt werden. In begründeten Fällen kann die Frist um ein
Jahr erstreckt werden (§ 83 Abs. 1 PBG). Ferner erlischt die Planungszone,
wenn die Nutzungspläne nicht innert fünf Jahren seit der Auflage der
Planungszone in Kraft treten. Der Regierungsrat kann die Frist "bei
ausgewiesener Notwendigkeit" um höchstens zwei Jahre verlängern (§ 83
Abs. 2 PBG). Neue Nutzungspläne und neue Bau- und Nutzungsvorschriften
gelten vom Tag der öffentlichen Auflage an als Planungszone. Gleichzeitig
treten die provisorischen Pläne und Vorschriften ausser Kraft (§ 85 PBG).

    b) In der angefochtenen Gesetzesnovelle wird bestimmt, dass gegen
eine Planungszone bei der Behörde, die sie erlassen hat, Einsprache
erhoben werden kann. Einspracheentscheide des Gemeinderates unterliegen
der Verwaltungsbeschwerde an den Regierungsrat; Einspracheentscheide
des Regierungsrates können neu mit Beschwerde beim Verwaltungsgericht
angefochten werden. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde bleibt gegenüber
gemeinderätlichen Planungszonen ausgeschlossen (§ 84 Abs. 3 PBG in
Verbindung mit § 206 Abs. 2 lit. a PBG). Schliesslich sieht § 84 Abs. 4
PBG neu vor, dass Beschwerden und Einsprachen keine aufschiebende Wirkung
haben.

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdeführer bringen vor, sie hätten in bezug auf
die Anfechtung von Planungszonen schlechte Erfahrungen gemacht. Über
Beschwerden sei nicht rechtzeitig entschieden und die Verfahren seien
nach Auflage der neuen Bau- und Nutzungsvorschriften als gegenstandslos
abgeschrieben worden. Durch die Einführung des Einspracheverfahrens nach
Erlass der Planungszone gemäss § 84 Abs. 3 PBG habe sich die Situation
noch verschlimmert. Der Regierungsrat sei praktisch gar nicht mehr in der
Lage, vor Ablauf der Zweijahresfrist gemäss § 83 Abs. 1 PBG zu entscheiden.

    b) Es kann offenbleiben, ob die staatsrechtliche Beschwerde
hinsichtlich dieser Vorbringen Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügt. Die Rüge
vermag ohnehin nicht durchzudringen. Es ist nicht einzusehen, weshalb
die Behörden generell - und nicht nur in den von den Beschwerdeführern
erwähnten Fällen - ausserstande sein sollten, sowohl über die Einsprache
als auch über die allfällig danach erhobene Beschwerde rechtzeitig
vor Ablauf der Planungszone zu entscheiden. Der Regierungsrat stellt
in Abrede, dass die von den Beschwerdeführern aufgezeigten Beispiele
den Regelfall darstellen. Zudem ist es nicht aussergewöhnlich, dass
die Behörden Rechtsmittel gegen zeitlich befristete Massnahmen - wozu
auch die Planungszonen gehören - ausserhalb der Reihe behandeln und
den Verfahrensbeteiligten kurze, nicht verlängerbare Fristen ansetzen,
um Mitwirkungsrechte zu wahren. Solches dürfte auch im vorliegenden
Sachzusammenhang zuweilen nötig sein. Im Einzelfall wäre dies mit einer
Rechtsverzögerungs- bzw. Rechtsverweigerungsbeschwerde durchzusetzen.
Jedenfalls kann nicht gesagt werden, die für Planungszonen neu
vorgesehene Rechtsmittelordnung führe zwingend zu verfassungswidrigen
Rechtsverzögerungen, so dass hinreichender Anlass bestünde, aus diesem
Grunde im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle einzuschreiten. Die
Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als unbegründet, soweit überhaupt
darauf eingetreten werden kann.

Erwägung 5

    5.- Nicht gefolgt werden kann auch der Meinung, der in § 84 Abs. 4
PBG vorgesehene Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Einsprachen
und Beschwerden führe unweigerlich zu einer mit Art. 4 BV nicht zu
vereinbarenden Rechtsverweigerung, und zwar um so mehr, als aus § 84 Abs. 4
PBG gefolgert werden müsse, die Rechtsmittelinstanz dürfe im Einzelfall
und gestützt auf § 45 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom
3. Juli 1972 (VRG) nicht abweichend entscheiden.

    Die Planungszone bezweckt, einen Zustand mit Blick auf die neue
Nutzungsordnung einstweilen zu sichern (vorstehende Erw. 3a). Mit Rücksicht
darauf macht eine Bestimmung Sinn, die einer gegen die Planungszone
gerichteten Rechtsvorkehr im Regelfall keine aufschiebende Wirkung
beilegt. Der Sicherungszweck wäre regelmässig gefährdet, wenn Planungszonen
nicht grundsätzlich sofort wirksam würden (vgl. in diesem Zusammenhang
das Urteil des Bundesgerichtes vom 3. November 1982, publiziert in ZBl
84/1983 S. 544). Anders als die Beschwerdeführer meinen, ergibt sich
aus § 84 Abs. 4 PBG nicht, dass es der Rechtsmittelinstanz verwehrt
wäre, unter besonderen Umständen gestützt auf § 45 VRG ausnahmsweise
dennoch der Rechtsvorkehr gegen die Planungszone aufschiebende Wirkung
zuzuerkennen. Das Verwaltungsrechtspflegegesetz enthält keine Vorschrift,
die ausschliessen würde, dass die Rechtsmittelinstanz im Einzelfall eine
§ 84 Abs. 4 PBG gegenläufige Anordnung trifft (vgl. insbesondere § 131
Abs. 3 VRG). § 84 Abs. 4 PBG hält somit verfassungsrechtlicher Prüfung
stand. Die Beschwerde erweist sich auch in diesem Punkt als unbegründet.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer bringen vor, das neue Rechtsmittelsystem
verletze bei Entscheiden zu kommunalen Planungszonen Art. 6 Ziff. 1
EMRK. Die Gesetzesnovelle schliesse ausdrücklich aus, dass der Entscheid
über eine kommunale Planungszone vor ein Gericht gebracht werden könne. Der
Regierungsrat bestreitet, dass die Anordnung einer Planungszone den
Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK betreffe.

    a) In seiner Rechtsprechung zur Bundesverfassung hielt
das Bundesgericht schon vor Erlass des Art. 22ter BV fest, die
Eigentumsgarantie verpflichte die Kantone, ein gerichtliches Verfahren
vorzusehen, in welchem die von einer materiellen Enteignung Betroffenen
ihre Ansprüche geltend machen könnten. In einem weiteren Schritt wurde von
den Kantonen verlangt, der Weg zum Richter müsse aus verfassungsrechtlicher
Sicht gewährleistet sein, wenn eine formelle Expropriation in Frage stehe
(BGE 112 Ib 176 E. 3a S. 177 f. mit Hinweisen; zur Frage, ob in gewissen
Fällen zur Vermeidung widersprüchlicher Entscheide aus Art. 4 BV ein
Anspruch auf eine gerichtliche Beurteilung abgeleitet werden kann, das
Urteil des Bundesgerichtes vom 7. Dezember 1993, E. 2c, publiziert in
ZBl 95/1994 S. 279).

    b) In der Praxis zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK hielt das Bundesgericht
hinsichtlich formeller Enteignungen nach Bundesrecht fest, der Zugang zum
Richter müsse nicht nur bei der Festsetzung der Enteignungsentschädigung,
sondern auch im vorangehenden Verfahren gewährleistet werden, in welchem
über die Zulässigkeit des enteignenden Eingriffs entschieden wird (BGE
112 Ib 176 E. 3a S. 178; 111 Ib 227 E. 2e S. 231 f. mit Hinweisen
auf Entscheide des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte
[EGMR]). Dieser Anspruch wurde in BGE 115 Ia 66 für kantonalrechtliche
Expropriationen bestätigt.

    Aus dieser Rechtsprechung wurde - was Verfügungen über Pläne betrifft
- gefolgert, dass bei der Festsetzung von (Sonder)-Nutzungsplänen für
ein konkretes Projekt, mit deren Genehmigung zugleich das Recht zur
(formellen) Enteignung verliehen wird, den Anforderungen von Art. 6
Ziff. 1 EMRK entsprochen werden müsse. Die Kontrolle solcher Planungen
sei im kantonalen oder eidgenössischen Verfahren einem alle Sachverhalts-
und Rechtsfragen frei prüfenden Richter anzuvertrauen (BGE 119 Ia 321
E. 6 S. 328 ff.; BGE 118 Ia 223 E. 1c S. 227 mit Hinweisen auf die
Rechtsprechung des EGMR; 118 Ia 331 E. 3b S. 334; 114 Ia 114 E. 4c/ch
S. 127 f.). Gleiches gilt für Einleitungsbeschlüsse zu einer Landumlegung
und die Abgrenzung des Perimeters, da der Einbezug eines Grundstücks in
die Umlegung jedenfalls zu Eigentumsbeschränkungen und allenfalls auch zu
enteignenden Eingriffen führt (BGE 118 Ia 353 E. 2a S. 355 f.; 117 Ia 378
E. 5a S. 383 f. mit Hinweisen auf Entscheide des EGMR). Dass der Anspruch
des Grundeigentümers auf umfassenden gerichtlichen Rechtsschutz auch
bei drohender materieller Enteignung bestehe, erwähnte das Bundesgericht
in BGE 118 Ia 372 E. 6b S. 382 ausdrücklich, wo es um den Erlass eines
Verkehrsbaulinienplanes zur Freihaltung des künftigen Strassenraumes und
Sicherung des Landerwerbs ging.

    Die Anwendbarkeit von Art. 6 Ziff. 1 EMRK ist sodann auf die
Unterschutzstellung einer Baute bejaht worden, und zwar angesichts dessen,
dass diese Massnahme im konkreten Fall enteignungsähnlichen Charakter ("un
caractère quasi expropriatif") habe (BGE 119 Ia 88 E. 4b S. 94). Bereits in
BGE 116 Ib 169 (E. 2b S. 174) wurde erkannt, auf kantonales Recht gestützte
vorbereitende Handlungen für eine zukünftige Enteignung fielen in den
Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Und erst jüngst bestätigte das
Bundesgericht in einem Entscheid betreffend die Verlegung von Baulinien
beim Ausführungsprojekt der Nationalstrasse N2 die hiervor dargestellte
Rechtsprechung zum gerichtlichen Rechtsschutz bei Planungsmassnahmen,
die Enteignungen oder enteignungsgleiche Eigentumsbeschränkungen bewirken
können (BGE 120 Ib 138 E. 1; zum Ganzen CLAUDE ROUILLER, La protection
juridique en matière d'aménagement du territoire par la combinaison des
art. 6 par. 1 CEDH, 33 LAT et 98a OJ: complémentarité ou plénitude?,
SJZ 90/1994 S. 23 ff.).

    c) Wo eine bauliche Nutzungsmöglichkeit besteht, führt die
Anordnung einer Planungszone zu einer sachlich und zeitlich befristeten
Bausperre. Diese kann unterschiedlich lang andauern; nach der Regelung
im Luzerner Planungs- und Baugesetz maximal sieben Jahre. Ob eine
Planungszone enteignungsgleich wirkt, dürfte zumeist fraglich sein, kann
aber nicht ausgeschlossen werden (BGE 109 Ib 20 E. 4 S. 22 f.; Urteil
des Bundesgerichtes vom 8. Mai 1968, E. 3, publiziert in ZBl 69/1968
S. 452 f.; ENRICO RIVA, Hauptfragen der materiellen Enteignung, Bern 1990,
S. 290 ff.). Eine aus ortsplanerischen Gründen angeordnete Bausperre von
wenigen Jahren stellt aber jedenfalls eine Eigentumsbeschränkung dar (BGE
118 Ia 510 E. 4d S. 513 f.). Zwar wiegt sie im Lichte von Art. 22ter
BV normalerweise nicht besonders schwer (BGE 109 Ib 20 E. 4 S. 22
f.; Urteil des Bundesgerichtes vom 3. November 1982, publiziert in ZBl
84/1983 S. 544). Ein Eingriff in private Rechte ("civil rights/droits et
obligations de caractère civil") ist damit aber allemal verbunden. Dass
(theoretisch) Planungszonen denkbar sind, die aufgrund der konkreten
Sachlage zu keiner Eigentumsbeschränkung führen, ist hier nicht weiter von
Belang. Im Rahmen der abstrakten Normenkontrolle reichen die aufgezeigten
Formen möglicher Eigentumsbeschränkungen beim Erlass von Planungszonen aus,
um zu bejahen, dass solche Vorkehren in der Regel in den Anwendungsbereich
von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallen. Der von einer Planungszone Betroffene
hat somit grundsätzlich einen Anspruch, die Sache von einem unabhängigen
Gericht beurteilen zu lassen.

    d) In Beachtung der dargestellten Rechtsprechung des Bundesgerichtes
geht es nicht an, im Planungs- und Baugesetz gegenüber kommunalen
Planungszonen generell den Weg zu gerichtlicher Prüfung auszuschliessen
(vgl. BGE 119 Ia 321 E. 6c S. 332). Der Regierungsrat ist kein
"unabhängiges und unparteiisches Gericht" im Sinne von Art. 6 Ziff. 1
EMRK (BGE 120 Ia 19 E. 4a S. 28). Der von dieser Vorschrift verlangte
gerichtliche Rechtsschutz zählt zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen
des Bundesrechts, denen die Kantone Rechnung zu tragen haben (BGE 118
Ia 223 E. 1c S. 227; 118 Ia 331 E. 3b S. 334). Die neuere Praxis des
Bundesgerichts verpflichtet die Kantone, einen Art. 6 Ziff. 1 EMRK
genügenden gerichtlichen Rechtsschutz auch in Fällen sicherzustellen,
in denen er nach der massgebenden kantonalen Gesetzgebung noch nicht
besteht. In dieser Situation haben sie die gerichtliche Überprüfung
direkt gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu gewährleisten, sei es durch
den Erlass einer Übergangsregelung auf dem Verordnungsweg, sei es durch
die Bezeichnung des Gerichts im Einzelfall (BGE 120 Ia 19 E. 4 und 5
S. 28 ff.; 118 Ia 223 E. 1c S. 227; 118 Ia 331 E. 3b S. 334 ff.).

    Wohl unterliegen die Entscheide des Regierungsrates grundsätzlich
der staatsrechtlichen Beschwerde (Art. 34 Abs. 3 RPG) und vermag die
staatsrechtliche Beschwerde zuweilen den verlangten gerichtlichen
Rechtsschutz sicherzustellen (BGE 119 Ia 411 E. 5 S. 419 ff.; 117 Ia
497 E. 2c-e S. 501 ff.; vgl. aber BGE 120 Ia 19 E. 4c S. 30). Diese
Rechtsprechung gilt jedoch für Anwendungsakte im Einzelfall. Im Rahmen
der abstrakten Normenkontrolle ist dafür zu sorgen, dass kantonale
Verfahrensvorschriften mit der Bundesverfassung und/oder der EMRK im
Einklang stehen oder zumindest verfassungs- bzw. konventionskonform
ausgelegt und angewendet werden können (vorstehende Erw. 2). Das ist
nach dem Gesagten in bezug auf § 206 Abs. 2 lit. a PBG insoweit nicht
der Fall, als gegenüber einer kommunalen Planungszone ein Rechtsmittel
an ein kantonales Gericht in jedem Falle ausgeschlossen ist.

    e) Die staatsrechtliche Beschwerde ist daher im hier fraglichen
Punkt gutzuheissen. Der Satzteil "§ 17 Abs. 4, soweit der Gemeinderat
Planungszonen erlässt, ist aus § 206 Abs. 2 lit. a PBG zu streichen. Es
bleibt dem Luzerner Gesetzgeber überlassen, zu prüfen, ob und
gegebenenfalls wie er den dadurch entstehenden zweistufigen kantonalen
Instanzenzug wiederum zum einstufigen machen will. Im Rahmen der
abstrakten Normenkontrolle hat es bei der erwähnten Korrektur sein
Bewenden, zumal nicht gesagt werden kann, die Zweistufigkeit vereitle
aus sich selber heraus zeitgerechten richterlichen Rechtsschutz; solcher
erscheint möglich, wenn die vorstehend aufgezeigten Mittel disziplinierter
Prozessführung beachtet werden. Der vom Regierungsrat vorgeschlagene Weg,
die Beschwerde an das Verwaltungsgericht ohne die genannte Streichung
eines Satzteiles in § 206 Abs. 2 lit. a PBG direkt gestützt auf Art.
6 Ziff. 1 EMRK zuzulassen, ist aus Gründen der Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit abzulehnen. Der Bürger muss aufgrund des Wortlautes
der Rechtsmittelbestimmungen im Planungs- und Baugesetz zweifelsfrei
feststellen können, ob und in welchen Fällen er eine Rechtsvorkehr an
ein Gericht ergreifen kann.