Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 II 305



115 II 305

55. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 27. September 1989 i.S.
H. gegen K. Immobilien AG (Berufung) Regeste

    Art. 8 ZGB. Recht zum Gegenbeweis.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

    Das Bundesgericht ergänzt die in BGE 114 II 290 f. zusammengefasste
bisherige Rechtsprechung zu Art. 8 ZGB wie folgt:

    Art. 8 ZGB gewährleistet nach der Rechtsprechung ebenfalls das
Recht zum Gegenbeweis (BGE 88 II 190 mit Hinweisen), d. h. er gibt
dem Gegner des Beweisbelasteten einen Anspruch darauf, zum Beweis von
konkreten Umständen zugelassen zu werden, die beim Richter Zweifel an
der Richtigkeit der Gegenstand des Hauptbeweises bildenden Sachbehauptung
wachhalten und diesen dadurch vereiteln sollen (KUMMER, N 107 zu Art. 8
ZGB; EGGER, N 18 zu Art. 8 ZGB). Auch dieser Beweisführungsanspruch
schliesst aber die vorweggenommene Beweiswürdigung nicht aus, verbietet
also dem Richter nicht, einem beantragten Beweismittel die Erheblichkeit
oder Tauglichkeit abzusprechen. Zudem wird Art. 8 ZGB auch hinsichtlich
des Gegenbeweises gegenstandslos, wenn das dem Hauptbeweis unterstellte
Tatbestandsmerkmal beweismässig bereits feststeht (vgl. LEUCH, N 1 zu
Art. 215 ZPO/BE). Erforderlich ist dabei allerdings, dass der Richter
aufgrund einer Würdigung der erhobenen Beweise zur festen Überzeugung
gelangt, der Hauptbeweis sei unumstösslich bereits erbracht. Wo er dagegen
bloss auf die allgemeine Lebenserfahrung, auf allgemeine tatsächliche
Vermutungen oder auf Indizien abstellt, darf er prozesskonform zum
Gegenbeweis angebotene, erhebliche und taugliche Mittel nicht mit der
Begründung ablehnen, die Beweislastregel sei bereits gegenstandslos
geworden; damit würde er den bundesrechtlichen Anspruch des Beweisgegners
auf Führung des konkreten Gegenbeweises verletzen.