Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IB 383



115 Ib 383

52. Auszug aus dem Urteil des I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 26. Mai 1989 i.S. Erben B. und Mitbeteiligte gegen Tennisclub
Erlenbach, Politische Gemeinde Erlenbach sowie Baurekurskommission II
und Verwaltungsgericht des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

    Anwendungsbereich von Verwaltungsgerichts- und staatsrechtlicher
Beschwerde bei der Anfechtung der Bewilligung einer neuen ortsfesten
Anlage.

    Soweit der Bewilligungsentscheid sich auf Bundesumweltschutzrecht
stützt oder hätte stützen sollen, ist er mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde
anfechtbar; im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden
auch Verletzungen anderer bundesrechtlicher Erlasse, insbesondere von
Bundesverfassungsrecht mitbeurteilt. Für die staatsrechtliche Beschwerde
bleibt in solchen Fällen grundsätzlich nur Raum, soweit die Anwendung von
selbständigem kantonalem Umweltschutzrecht, von Bundes- und kantonalem
Raumplanungsrecht sowie im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Normen
stehende Verfahrensfehler beanstandet werden (E. 1a).

Sachverhalt

    A.- Der Tennisclub Erlenbach beabsichtigt, auf der in der Gemeinde
Erlenbach zwischen der Sandfelsen- und der Forchstrasse gelegenen Parzelle
GB Nr. 1022 eine Tennisanlage mit drei Spielplätzen und einem Clubhaus zu
erstellen. Auf der rund 100 m entfernten Parzelle GB Nr. 4182 jenseits der
Forchstrasse sollen fünfzehn Parkplätze eingerichtet werden. Gemäss der
noch geltenden Bau- und Zonenordnung der Gemeinde Erlenbach vom 7. Juli
1961 (BO) liegt die Parzelle für die eigentliche Tennisanlage in der
Zone Nr. 1 (Einfamilienhäuser), jene für den Parkplatz in der Zone Nr. 4
(dreigeschossige Mehrfamilienhäuser).

    Am 29. Januar 1985 erteilte der Gemeinderat die Baubewilligung. Dagegen
wandten sich B. und Mitbeteiligte, alle Eigentümer von anstossenden
oder in der Umgebung liegenden Grundstücken, mit Rekurs vom 4. März
1985 an die Baurekurskommission II. Am 24. März 1987 hiess diese den
Rekurs insoweit gut, als auf dem Verbindungsweg zwischen der Forch-
und der Sandfelsenstrasse ein Fahrverbot für Motorfahrzeuge angeordnet
wurde; in der Hauptsache wurde der Rekurs jedoch abgewiesen. Gegen diesen
Entscheid der Baurekurskommission II erhoben die Erben B. und Mitbeteiligte
Beschwerde ans Verwaltungsgericht, die dieses mit Urteil vom 28. Oktober
1987 abwies.

    Bereits während des Verfahrens vor der Baurekurskommission II hatte
die Gemeindeversammlung Erlenbach am 18. November 1985 eine neue Bau- und
Zonenordnung (nBO) festgesetzt, gemäss welcher die Parzelle GB Nr. 1022
der Freihaltezone Typus C für "Sportplatz, Freibad, Tennisplatz und
dergleichen" zugewiesen wird. Da die Erben B. und Mitbeteiligte auch gegen
diese neue Zonenzuteilung zunächst an die Baurekurskommission und, nachdem
diese ihren Rekurs abgewiesen hatte, an den Regierungsrat rekurrierten,
erwuchs die nBO indessen noch nicht in Rechtskraft.

    Mit einer als staatsrechtliche Beschwerde bezeichneten Eingabe vom
8. Januar 1988 sind die Erben B. und Mitbeteiligte gegen das Urteil des
Verwaltungsgerichts vom 28. Oktober 1987 ans Bundesgericht gelangt. Das
Bundesgericht nimmt die Beschwerde als Verwaltungsgerichtsbeschwerde
entgegen und heisst sie gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführer bezeichnen ihre Eingabe vom 8.  Januar 1988
als staatsrechtliche Beschwerde und machen dementsprechend Verletzungen
ihnen zustehender verfassungsmässiger Rechte geltend, nämlich ihres
Anspruchs auf rechtliches Gehör und des Willkürverbots. Die Beschwerde
richtet sich freilich gegen einen Baubewilligungsentscheid für eine neue
Sportanlage, deren Betrieb notwendig mit einer gewissen Lärmentwicklung
verbunden sein wird. Der Lärmschutz als Teil der umfassenden Aufgabe
des Umweltschutzes ist heute zu einem grossen Teil, wenn auch nicht
abschliessend, im Bundesgesetz über den Umweltschutz vom 7. Oktober
1983 (USG) und in der Lärmschutzverordnung vom 15. Oktober 1986
(LSV) geregelt. Der Subsidiarität der staatsrechtlichen Beschwerde
(Art. 84 Abs. 2 OG) wegen fragt sich daher zunächst, ob nicht die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde zum Zuge kommt und die Eingabe der
Beschwerdeführer - soweit sie die Zulässigkeitsvoraussetzungen dieses
Rechtsmittels erfüllt (BGE 114 Ib 133 E. 2, 108 Ib 74 E. 1b) - als solche
an die Hand zu nehmen ist.

    a) Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde kann grundsätzlich gegen
Verfügungen der in Art. 98 OG genannten Vorinstanzen gerichtet werden, die
sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen
(Art. 97 OG i.V.m. Art. 5 VwVG; BGE 112 Ib 165 E. 1, 237 E. 2a). Dies
gilt auch für sogenannte gemischte Verfügungen, die sowohl auf kantonalem
bzw. kommunalem als auch auf Bundesrecht beruhen, falls und soweit die
Verletzung von unmittelbar anwendbarem Bundesrecht in Frage steht (BGE 113
Ib 397 E. 1b mit Hinweisen). Wie das Bundesgericht schon in verschiedenen
Entscheiden festgestellt hat, ist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde demnach
auch gegen Entscheide wie etwa Baubewilligungen zulässig, soweit sich
diese auf Bundesumweltschutzrecht stützen oder hätten stützen sollen (BGE
113 Ib 397 f. E. 1b; ZBl 90/1989 S. 224 f. E. 1a, BGE 114 Ib 216 f. E. 1,
347 E. 1). Da die Verwaltungsgerichtsbeschwerde innerhalb ihres sachlichen
Anwendungsbereichs die Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde übernimmt
(BGE 110 Ib 257 E. 1, 108 Ib 382 E. 1e, je mit Hinweisen), unterliegt damit
auch die Anwendung der kantonalen Verfahrensbestimmungen der Überprüfung
im Rahmen der Verwaltungsgerichtsbeschwerde; dies indessen natürlich
nur hinsichtlich der Verletzung von Bundesrecht, wozu neben dem gesamten
Bundesrecht das Verfassungsrecht und die Staatsverträge mit dem Ausland
gehören (CARL HANS BRUNSCHWILER, Wie die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
die Funktion der staatsrechtlichen Beschwerde übernimmt, in: Mélanges
Patry, Lausanne 1988, S. 268 f.). Für die staatsrechtliche Beschwerde
bleibt in solchen Fällen somit grundsätzlich nur noch Raum, soweit die
Anwendung selbständigen kantonalen Umweltschutzrechts, gemäss der Regel
des Art. 34 Abs. 3 RPG von Bundes- oder kantonalem Raumplanungsrecht
sowie Verfahrensmängel im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Normen
beanstandet werden (vgl. BGE 114 Ib 217 E. 1d).

    b) Nach dem soeben Ausgeführten ist zunächst zu prüfen, ob sich
der angefochtene Entscheid auf Bundesumweltschutzrecht stützt oder
hätte stützen sollen. Ist dies der Fall, ist weiter zu prüfen, ob die
Beschwerde daneben auch noch als staatsrechtliche Beschwerde an die Hand
zu nehmen ist.

    aa) Wie das Bundesgericht schon verschiedentlich festgestellt hat,
sind das USG und auch die LSV auf alle Verfahren, die im Zeitpunkt ihres
Inkrafttretens noch nicht abgeschlossen sind, grundsätzlich unmittelbar
anwendbar (BGE 113 Ib 399 E. 3 mit Hinweisen). Der Entscheid des
Verwaltungsgerichts, durch welchen das Baubewilligungsverfahren kantonal
letztinstanzlich zum Abschluss gebracht wurde, erging am 28. Oktober
1987, zu einem Zeitpunkt also, in dem sowohl das USG wie die LSV bereits
in Kraft waren. Das Verwaltungsgericht hätte daher seinen Entscheid -
zumindest zum Teil - auf die Vorschriften des USG und der LSV stützen
müssen. Es hat indessen allein auf die Regeln des kantonalen Rechts
abgestellt. Die Beschwerde ist daher als Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an die Hand zu nehmen.

    Gleichzeitig ist die Beschwerde als solche gutzuheissen: Indem
nämlich das Verwaltungsgericht die Umweltbelastung des Projekts des
Beschwerdegegners allein gestützt auf das kantonale Recht beurteilte
und die vom Bundesrecht geforderten Abklärungen und Massnahmen nicht
durchführte (Art. 25 USG, Art. 7, 40, 43 f. LSV), verletzte es im Sinne
von Art. 104 lit. a OG Bundesrecht (BGE 114 Ib 221 E. 4a). Im Anschluss
an das bundesgerichtliche Verfahren wird das Verwaltungsgericht die
vom Bundesrecht geforderten Abklärungen nachzuholen und allfällige vom
Bundesrecht geforderte Massnahmen zu ergreifen oder die Sache hiezu an
die Vorinstanzen zurückzuweisen haben.

    Ob der angefochtene Entscheid darüber hinaus, wie die Beschwerdeführer
geltend machen, in Missachtung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör
ergangen und willkürlich sei, braucht bei diesem Ergebnis nicht mehr
entschieden zu werden.

    bb) Die Beschwerdeführer bringen in ihrer Beschwerde weder vor,
der Regierungsrat habe bei seinem Entscheid selbständiges kantonales
Umweltschutzrecht willkürlich angewendet, noch machen sie geltend, der
Regierungsrat habe bei seinem Entscheid Raumplanungsrecht des Bundes oder
des Kantons verletzt. Die Beschwerde erschöpft sich damit in ihrem Gehalt
als Verwaltungsgerichtsbeschwerde, so dass sich eine Befassung mit ihr
als staatsrechtliche Beschwerde erübrigt.