Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IA 406



115 Ia 406

62. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 15. Dezember 1989 i.S. Gemeinde Flims gegen X. und Y. AG sowie
Verwaltungsgericht (Ausschuss) des Kantons Graubünden (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Gemeindeautonomie; kommunale Baubusse; Überprüfung durch das kantonale
Verwaltungsgericht.

    Verletzung der Gemeindeautonomie.

    a) verneint in bezug auf die Rüge, das Verwaltungsgericht habe mit
der Herabsetzung der durch die Gemeinde ausgefällten Baubusse seine
Prüfungsbefugnis überschritten. Sowohl das kantonale Verfahrensrecht als
auch Art. 6 Ziff. 1 EMRK erlauben und verlangen eine freie, umfassende
gerichtliche Überprüfung des kommunalen Strafentscheides (E. 3a u. b);

    b) bejaht in bezug auf die Rüge, das Verwaltungsgericht habe
in der Sache willkürlich entschieden. Anwendbarkeit der allgemeinen
Bestimmungen des StGB auf die nach kommunalem Recht strafbaren Handlungen
(E. 4a). Begriff der Gewinnsucht (E. 4b) und des Vorsatzes (E. 4c).

Sachverhalt

    A.- Die Y. AG ist Eigentümerin eines in der Gemeinde Flims-Waldhaus
gelegenen Appartehotels. Verwaltungsratspräsident der Aktiengesellschaft
ist Rechtsanwalt X. Im Januar 1987 bewilligte die Gemeinde Flims der
Y. AG ein Umbaugesuch im Erd- und Untergeschoss des Hotels. Im Zuge
dieser Baubewilligung stimmte sie als Kompensation zur Einrichtung neuer
Sanitäranlagen einer Nutzungsänderung zu; im Erdgeschoss sollten zwei
Personalräume hinter der bestehenden Küche in Lagerräume umgewandelt
werden, damit sie bei der Berechnung der Bruttogeschossfläche nicht
mehr einzubeziehen sind. Bei der Bauabnahme wurde festgestellt,
dass die erwähnten Personalzimmer baubewilligungsgemäss in Lagerräume
umgewandelt worden waren. In der Folge führten die Beteiligten verschiedene
Briefwechsel und hielten Besprechungen ab über die Frage, ob die ehemaligen
Personalräume wieder als solche verwendet werden dürften. Die Gemeinde
lehnte eine Kompensation durch die Anrechnung von Räumen im Dachgeschoss
ab, solange diese eine lichte Höhe von 1,80 m und mehr aufwiesen. Im
September 1988 stellte die Gemeinde fest, dass die beiden nun als Lager
bewilligten Räume wieder als Personalräume verwendet wurden, obwohl noch
nicht einmal ein Baugesuch für eine Änderung der Dachgeschossräume gestellt
worden war. Die Gemeinde forderte deshalb die Y. AG zuhanden von X. auf,
sich zum Vorhalt einer Verletzung des Baugesetzes zu äussern. X. wurde
zudem ersucht, Angaben über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse
sowie allfällige andere verantwortliche Personen zu machen. In der Folge
ging aber weder von X. noch von der Aktiengesellschaft eine Vernehmlassung
ein.

    Die Gemeinde Flims büsste X. daraufhin wegen groben und vorsätzlichen
Verstosses gegen das Baugesetz der Gemeinde Flims (BauG) mit Fr. 7'000.--.
Einen gegen diese Bussenverfügung von X. und der Y. AG erhobenen
Rekurs hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden teilweise
gut und reduzierte die Busse auf Fr. 3'000.--. Es kam zum Schluss, dass
zwar eine Verletzung von formellem und materiellem Baurecht vorliege,
das Verschulden von X. aber nicht so gross sei, wie dies die Gemeinde
Flims angenommen habe. Insbesondere könne ihm nur ein fahrlässiges,
jedoch kein vorsätzliches und auch kein gewinnsüchtiges Verhalten
zur Last gelegt werden. Da das Verschulden von X. trotz allem nicht
leicht wiege, insbesondere weil er auf die verschiedenen mündlichen
und schriftlichen Bemühungen der Gemeinde, eine gesetzmässige Lösung
zu finden, nicht reagiert habe, erscheine eine Busse von Fr. 3'000.--
als angemessen. Damit werde auch den zweifellos guten wirtschaftlichen
Verhältnissen des Beschuldigten angemessen Rechnung getragen.

    Gegen diesen Entscheid erhob die Gemeinde Flims innert Frist
staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht. Sie rügt eine Verletzung
der Gemeindeautonomie sowie des Willkürverbotes und beantragt die Aufhebung
des angefochtenen Entscheides.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Gemeinde rügt in ihrer Beschwerde, das Verwaltungsgericht
habe sein eigenes Ermessen an die Stelle desjenigen der Baubehörde Flims
gesetzt und durch die Herabsetzung der Busse das der Gemeinde zustehende
Ermessen eindeutig verletzt. Man kann sich fragen, ob dieser Vorwurf
der Überschreitung der Prüfungsbefugnis im vorliegenden Fall überhaupt
unabhängig von der ebenfalls vorgebrachten Willkürrüge erhoben wird. Sollte
dies zutreffen, wäre der Vorwurf, wie sich aus den nachfolgenden Erwägungen
ergibt, als unbegründet anzusehen.

    a) Nach Art. 7 Abs. 1 StPO/GR sind die Gemeinden im Rahmen des
eidgenössischen und kantonalen Rechts befugt, auf Widerhandlungen
gegen ihre Gesetze, Verordnungen und Reglemente Busse anzudrohen. Eine
gleichlautende Regelung enthält auch Art. 5 Abs. 1 des Gemeindegesetzes
des Kantons Graubünden vom 28. April 1974. Abs. 3 dieser Bestimmung
hält überdies fest, dass sich das Verfahren nach den Vorschriften
der Strafprozessordnung für das Verwaltungsstrafrecht der Gemeinden
richtet. In der Fussnote der offiziellen Gesetzessammlung zu Art. 5
Abs. 3 des Gemeindegesetzes wird denn auch ausdrücklich auf die Art. 177
ff. StPO/GR verwiesen (vgl. auch GEORG S. MATTLI, Das bündnerische
Verwaltungsstrafverfahren, Diss. Zürich 1979 S. 219 f., 229). Diese
Bestimmungen enthalten eine besondere Rechtsmittelordnung, wonach der
Betroffene gegen die von Verwaltungsbehörden ausgefällten Bussen, sofern
nicht das Strafmandatsverfahren Anwendung findet, beim Verwaltungsgericht
rekurrieren kann (Art. 180 Abs. 1 StPO/GR); dieses entscheidet
über den Rekurs "in freier Würdigung der Akten" (Art. 180 Abs. 2
StPO/GR). Gestützt auf diese Bestimmung erscheint die von den privaten
Beschwerdegegnern und inzwischen offenbar auch vom Verwaltungsgericht
(vgl. PVG 1988 Nr. 24 S. 58 f.) befürwortete Auffassung als vertretbar,
dass die verwaltungsgerichtliche Überprüfung im Bereich des kommunalen
Verwaltungsstrafrechts, abweichend von der allgemeinen Regel des Art. 53
des Verwaltungsgerichtsgesetzes, in jeder Hinsicht frei zu erfolgen hat und
insbesondere auch die Überprüfung der Angemessenheit einschliessen muss.

    b) Zum selben Ergebnis führt die Beachtung der in Art. 6 Ziff. 1 EMRK
verankerten Garantie eines fairen Verfahrens. Danach hat jedermann Anspruch
darauf, dass seine Sache in billiger Weise öffentlich und innerhalb
einer angemessenen Frist gehört wird, und zwar von einem unabhängigen und
unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht, das über zivilrechtliche
Ansprüche und Verpflichtungen oder über die Stichhaltigkeit der gegen
ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage zu entscheiden hat.

    aa) Bei der Beurteilung der Frage, ob es sich bei dem gegen
X. durchgeführten Baubussenverfahren um eine "strafrechtliche Anklage"
im Sinne dieser Bestimmung handelt, ist nach der ständigen Rechtsprechung
des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte nicht eine formelle,
sondern eine materielle Betrachtungsweise zugrunde zulegen. Danach gilt als
Anklage jede amtliche, von der zuständigen Behörde ausgehende Bekanntgabe
des Vorwurfs, eine Straftat begangen zu haben (Urteil i.S. Oeztürk,
Série A, Volume 73 Ziff. 55 mit Hinweisen). Einen solchen Vorwurf hat die
Baubehörde Flims im vorliegenden Fall mit ihrem Schreiben vom 25. Oktober
1988 erhoben, in welchem sie X. zur Vernehmlassung betreffend Missachtung
des Baugesetzes aufgefordert hat. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs
ist weiter davon auszugehen, dass es sich bei der X. zur Last gelegten
Übertretung auch um eine solche strafrechtlicher Natur handelt. Dies
ergibt sich nicht nur aus dem generell-abstrakten Charakter der von
der Gemeinde angerufenen Bestimmungen, sondern vor allem daraus,
dass deren Übertretung Sanktionen nach sich zieht, mit welchen der
Gesetzgeber unbestreitbar sowohl repressive als auch präventive Zwecke
verfolgt (vgl. zur Relevanz dieser Kriterien Urteil i.S. Oeztürk, aaO,
Ziff. 52 ff.). Schliesslich ist in diesem Zusammenhang festzuhalten,
dass zur Entscheidung über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen
Anklage nicht nur die Schuldfeststellung, sondern grundsätzlich auch die
Festsetzung des Strafmasses gehört (THEO VOGLER, Internationaler Kommentar
zur EMRK, Köln u.a. 1986 N. 213 zu Art. 6 EMRK mit Hinweisen; vgl. auch
GÉRARD COHEN-JONATHAN, La Convention européenne des droits de l'homme,
Paris 1989 S. 405).

    bb) Was die Anforderungen betrifft, die an das "Gericht" im Sinne
von Art. 6 Ziff. 1 EMRK zu stellen sind, so ist offensichtlich, dass
die kommunale Baubehörde diesen Anforderungen in mehrfacher Hinsicht
nicht zu genügen vermag. Dieser Umstand schliesst zwar die Ahndung von
Verstössen gegen das Baugesetz durch die Gemeinde nicht generell aus;
eine solche Strafkompetenz einer Verwaltungsbehörde ist jedoch nach der
Rechtsprechung nur zulässig, solange der Verurteilte die Möglichkeit
hat, die Strafverfügung durch ein Gericht überprüfen zu lassen, das die
Garantien von Art. 6 EMRK gewährleistet (BGE 115 Ia 186 E. 4a; Urteil des
Gerichtshofs i.S. Oeztürk, aaO, Ziff. 56). Zu diesen Garantien gehört, wie
der Gerichtshof in seinem Urteil i.S. Belilos entschieden hat, neben der
Unabhängigkeit von der Verwaltung insbesondere auch die Möglichkeit einer
umfassenden, d.h. nicht auf eine blosse Missbrauchskontrolle beschränkten
Überprüfung von Sachverhalt und Rechtsanwendung (Urteil i.S. Belilos, Série
A, Volume 132, Ziff. 70-73). Da der Entscheid über die Stichhaltigkeit
der strafrechtlichen Anklage, wie dargelegt, auch die Festsetzung des
Strafmasses einschliesst, wird man aus den genannten Urteilen für den
vorliegenden Fall den Schluss ziehen müssen, dass den Anforderungen
von Art. 6 Ziff. 1 - anders als dies im Verwaltungsgerichtsverfahren
grundsätzlich der Fall ist (vgl. dazu BGE 115 Ia 191 mit Hinweisen)
- nur Genüge getan ist, wenn das Verwaltungsgericht die durch die
Gemeinde vorgenommene Strafzumessung nicht nur auf Ermessensmissbrauch
beziehungsweise -überschreitung (vgl. PVG 1986 Nr. 28), sondern anhand
der gesetzlichen Strafzumessungsregeln (Art. 48, 63 ff. StGB) frei
überprüft. Soweit das Bundesgericht in früheren unveröffentlichten
Entscheiden erwogen hat, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden
sei eine Überprüfung auch der Angemessenheit der Bussenhöhe verwehrt
(vgl. Urteil i.S. Gemeinde Disentis/Muster vom 25. Januar 1984 und
i.S. Gemeinde Sils i. E./Segl vom 1. Februar 1983, jeweils E. 5), kann
daran nicht festgehalten werden.

    cc) Aus der vorstehenden Erwägung folgt, dass sich der Vorwurf einer
Überschreitung der Prüfungsbefugnis, sollte die Gemeinde einen solchen
überhaupt selbständig neben der Willkürrüge erhoben haben, als unbegründet
erweisen würde. Art. 6 Ziff. 1 EMRK erlaubt und verlangt eine umfassende,
auch die freie Kontrolle der Rechtsfolgen einschliessende Prüfung der
kommunalen Bussenverfügung.

Erwägung 4

    4.- Die Gemeinde rügt, das Verwaltungsgericht habe in der Sache
willkürlich entschieden. Sie begründet diesen Vorwurf damit, die Annahme
des Verwaltungsgerichts, X. habe weder vorsätzlich noch aus Gewinnsucht
gehandelt, sei angesichts der Umstände unhaltbar.

    a) Nach Art. 1 StPO/GR finden die allgemeinen Bestimmungen des
Strafgesetzbuches auf die nach kantonalem Recht strafbaren Handlungen
entsprechende Anwendung. Art. 7 Abs. 2 StPO/GR erklärt diese Regelung
auch in bezug auf die kommunalen Straftatbestände für verbindlich. Bei
der Bestimmung des Vorsatzbegriffs ist demnach von Art. 18 Abs. 2
StGB, desjenigen der Gewinnsucht von der für den Allgemeinen Teil des
Strafgesetzbuches gültigen Umschreibung (vgl. Art. 48 Ziff. 1 Abs. 2,
Art. 50 Abs. 1, Art. 106 Abs. 2 StGB; BGE 109 IV 119 f. E. 3a) auszugehen.

    b) Was zunächst die Frage der Gewinnsucht betrifft, macht die
Gemeinde geltend, die Auffassung des Verwaltungsgerichts, X. habe nur mit
Bereicherungsabsicht gehandelt, sei willkürlich. Das Verwaltungsgericht
habe übersehen, dass X. beziehungsweise die Aktiengesellschaft nicht nur
die Kosten der Deckenherabsetzung im Dachgeschoss eingespart, sondern auch
aus der Nutzung der Lagerräume als Personalräume einen wirtschaftlich
nicht zu unterschätzenden Vorteil herausgewirtschaftet hätten, werde
doch dem Hotelpersonal die Benutzung von Personalzimmern gemäss den
AHV-Ansätzen verrechnet.

    Wenn das Verwaltungsgericht diese Umstände nicht als ausreichend
angesehen hat, um die vom Bundesgericht für die Gewinnsucht als
Strafzumessungsgrund aufgestellten Voraussetzungen zu bejahen, so erscheint
dies nicht als offensichtlich unhaltbar. Anders als im Besonderen Teil
des Strafgesetzbuches, wo der Begriff der Gewinnsucht demjenigen der
Bereicherungsabsicht zumindest angenähert ist, bedeutet Gewinnsucht im
Sinne der Art. 48 Ziff. 1 Abs. 2, Art. 50 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2
StGB ein besonders hemmungsloses oder besonders ausgeprägtes, zur Sucht
gewordenes Streben nach geldwerten Vorteilen (BGE 109 IV 119 f. E. 3a mit
Hinweisen). Angesichts dieser Anforderungen kann nicht gesagt werden,
es sei willkürlich, die Argumentation der Gemeinde zu verwerfen, die
im Grunde nichts wesentlich anderes vorbringt, als dass die privaten
Beschwerdegegner, wenn auch in verwerflicher Weise, einen wirtschaftlichen
Vorteil angestrebt hätten.

    c) In bezug auf den Vorsatz führt das Verwaltungsgericht im Anschluss
an die Feststellung einer materiellen Baurechtsverletzung aus, der Grad
des X. zur Last fallenden Verschuldens sei nicht derart hoch, wie von der
Gemeinde Flims angenommen. Der Vorwurf einer vorsätzlichen Widerhandlung
lasse sich nicht aufrechterhalten. Ein solcher Vorwurf würde nämlich
bedingen, dass X. die Überschreitung der Ausnützungsziffer sowie die
Nichteinreichung eines Baugesuches mit Wissen und Willen veranlasst
hätte. Aus der aktenkundigen Korrespondenz lasse sich demgegenüber
der Schluss ziehen, X. habe lediglich vernachlässigt zu prüfen, ob die
formellen und materiellen Voraussetzungen der Zweckänderung erfüllt waren,
und er habe sich darauf beschränkt, seinen Architekten anzuweisen,
ein entsprechendes Baugesuch einzureichen. Damit habe er aber seine
Überwachungspflichten als Vertreter und Verwaltungsratspräsident des
Bauherrn grobfahrlässig verletzt.

    Diese Ausführungen sind, wie die Beschwerdeführerin im Ergebnis zu
Recht geltend macht, nicht haltbar. Gegenstand der Strafverfügung der
Gemeinde sind, jeweils in Verbindung mit der Strafbestimmung des Art. 123
BauG, die Tatbestände des Art. 109 lit. b (Änderung der Zweckbestimmung
ohne Bewilligung) und des Art. 117 Abs. 2 BauG (Abweichen von genehmigten
Bauvorlagen). Diese Tatbestände verwirklicht entgegen der offenbar
vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung nicht nur derjenige,
der die Baurechtsverletzung selbst veranlasst, also gewissermassen
angeordnet hat, sondern auch derjenige, der trotz einer Handlungspflicht
eine solche durch andere begangene oder veranlasste Verletzung nicht
verhindert (vgl. allgemein BGE 113 IV 72 f. E. 5 und im besonderen
unveröffentlichtes Urteil vom 21. November 1984 i.S. Z., E. 2 betreffend
Widerhandlung gegen das Baugesetz der Gemeinde Tuyetsch). Im vorliegenden
Fall ergibt sich diese Pflicht bereits aus Art. 122 BauG, wonach für
die Befolgung der gesetzlichen Vorschriften und die Übereinstimmung der
ausgeführten Bauten mit den genehmigten Plänen neben der Bauleitung
und dem Unternehmer auch der Bauherr verantwortlich ist. Die vom
Verwaltungsgericht vorgenommene Gegenüberstellung des Veranlassens der
Baurechtsverletzung einerseits und der Verletzung von Überwachungspflichten
andererseits betrifft demnach nicht die Abgrenzung von vorsätzlicher und
fahrlässiger Deliktsverwirklichung, sondern diejenige von Begehungs-
und Unterlassungsdelikt. Für den Nachweis des Vorsatzes ist einzig
wesentlich, dass der Täter die Rechtsgutsverletzung - sei es durch
Tun, sei es durch Unterlassen - mit Wissen und Willen herbeigeführt hat
(Art. 18 Abs. 2 StGB). Dass aber X. weder gewusst hätte, dass noch keine
Baubewilligung für den Umbau beantragt bzw. erteilt worden war noch dass
die fraglichen Räume ungeachtet dessen bereits als Personalzimmer genutzt
wurden, erscheint angesichts seiner Stellung in der Aktiengesellschaft
und seines Verhaltens, insbesondere seines persönlichen intensiven
Engagements in dieser Angelegenheit kaum als vorstellbar. Vielmehr wird
man davon ausgehen müssen, dass er mit der Möglichkeit eines Umbaus trotz
noch fehlender Bewilligung zumindest gerechnet und diese Möglichkeit in
Kauf genommen hat. Damit ist ihm jedenfalls eine eventualvorsätzliche
Verwirklichung der genannten Tatbestände des Baugesetzes zur Last zu legen.

    d) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass auch mit der Annahme des
Verwaltungsgerichts, X. habe den rechtswidrigen Umbau nicht selbst
veranlasst, der Vorwurf einer vorsätzlichen Widerhandlung gegen das
Baugesetz bestehen bleibt. Die Bestrafung nur wegen fahrlässiger
Widerhandlung erweist sich damit als nicht haltbar. Aus diesem Grund
ist die Beschwerde gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des
Verwaltungsgerichts aufzuheben.