Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IA 231



115 Ia 231

42. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 7.
September 1989 i.S. X, Y und Z gegen Regierungsrat des Kantons Bern
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 2 ÜbBest. BV; Verhältnis zwischen Bundesraumplanungsrecht und
kantonalem Recht bei der Anordnung von Planungszonen zum Schutze des
Kulturlandes.

    Art. 16 RPG beschränkt die Kantone nicht darauf, nur das für die
Sicherung einer ausreichenden Versorgungsbasis notwendige Land den
Landwirtschaftszonen zuzuweisen. Die Kantone können daher durch die
Vorschriften der Raumplanungsverordnung nicht daran gehindert werden,
bei der Nutzungsplanung und bei deren Sicherung durch Planungszonen über
dieses Mindestmass hinauszugehen (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Am 11. Juni 1986 legte die Baudirektion des Kantons Bern in
der Einwohnergemeinde Pieterlen verschiedene Planungszonen zum Schutze
des Kulturlandes auf, darunter auch die Planungszonen Nrn. 1126.14/1.1
und 1126.14/1.2. Von dieser vorsorglichen Massnahme sind u.a. auch X,
Y und Z als Eigentümer einer der von den beiden Planungszonen erfassten
Parzellen betroffen. Mit Einsprache vom 9. Juli 1986 verlangten sie die
Aufhebung der Planungszone im Bereich dieser Parzelle. Mit Beschluss vom
30. Oktober 1987 wies die Baudirektion die Einsprache ab.

    Den Einspracheentscheid fochten X, Y und Z mit Beschwerde beim
Regierungsrat des Kantons Bern an. Mit Entscheid vom 4. Januar 1989 hob
der Regierungsrat in teilweiser Gutheissung der Beschwerde die Planungszone
Nr. 1126.14/1.1, soweit die Parzelle der Beschwerdeführer betreffend, auf
und wies die weitergehenden, die Planungszone Nr. 1126.14/1.2 betreffenden
Begehren ab.

    Eine von X, Y und Z gegen diesen Entscheid erhobene staatsrechtliche
Beschwerde weist das Bundesgericht ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Schliesslich sind die Beschwerdeführer der Auffassung, der
angefochtene Entscheid beruhe zwar wohl an sich auf einer ausreichenden
kantonalen gesetzlichen Grundlage. Da die Gesetzgebungskompetenz auf dem
Gebiet des Raumplanungsrechts indessen ausschliesslich beim Bund liege,
der in Art. 15 Abs. 2 der Verordnung über die Raumplanung vom 26. März 1986
(RPV) die Anordnung von Planungszonen zur Kulturlandsicherung innerhalb von
Bauzonen nur für unerschlossenes Land vorsehe, bleibe für die abweichende
Praxis des Kantons Bern kein Raum.

    Auch dieses Vorbringen gegen den angefochtenen Entscheid, das der Sache
nach auf die Rüge einer Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV hinausläuft, ist
unbegründet. Man kann sich fragen, ob die Praxis des Kantons Bern bei der
Anordnung von Planungszonen zur Kulturlandsicherung über Art. 15 Abs. 2
RPV hinausgeht und, falls ja, welche Konsequenzen dies auf den vorliegend
zu beurteilenden Fall hätte. (...) Ungeachtet der Antwort auf diese Fragen
ist die Rüge indessen bereits aus folgendem Grund abzuweisen: Das RPG als
Grundsatzgesetz gemäss Art. 22quater Abs. 1 BV schliesst eigenständiges
kantonales Planungs- und Baurecht nicht aus; es geht vielmehr davon aus,
dass solches bestehe. Das RPG will das Instrumentarium zur Sicherstellung
der zweckmässigen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedlung des
Landes in den Grundzügen verbindlich festlegen, die Raumplanung jedoch
nicht erschöpfend ordnen (ZBl 86/1985 325 E. 4 mit Hinweisen). Im
dargelegten Sinn schreibt die RPV den Kantonen vor, in Befolgung des
Planungsziels der Erhaltung des Kulturlandes als Existenzgrundlage
der Landwirtschaft (Art. 1 Abs. 2 lit. d, Art. 3 Abs. 2 lit. a, Art. 6
Abs. 2 lit. a RPG) dafür zu sorgen, dass ausreichende Kulturlandflächen
planungsrechtlich gegen Präjudizierungen gesichert werden und anschliessend
ihrer definitiven Nutzungsbestimmung als Landwirtschaftsfläche zugeführt
werden. Weil Art. 16 RPG die Kantone indessen nicht darauf beschränkt,
lediglich das für die Sicherung der Existenzgrundlage notwendige Land
den Landwirtschaftszonen zuzuweisen, können die Kantone auch durch die
RPV nicht daran gehindert werden, bei der Nutzungsplanung und bei deren
Sicherung durch Planungszonen über dieses Minimum hinauszugehen. Verfügt
daher ein Kanton über eine ausreichende gesetzliche Grundlage, um auch die
in Art. 15 Abs. 2 RPV nicht erwähnten erschlossenen Flächen in Bauzonen
gegen Präjudizierungen zu sichern - und davon gehen im vorliegenden
Fall die Beschwerdeführer selbst aus - so verstösst er damit nicht gegen
Art. 2 ÜbBest. BV.