Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IV 6



114 IV 6

2. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 19. Januar 1988 i.S. Firma
Montres Rolex S.A. gegen X. (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 58, 153 ff. StGB, Art. 32 Abs. 2 MSchG.

    Eine im Ausland zum Eigengebrauch erworbene und in die Schweiz
eingeführte Uhr, die der Käufer in der Folge als Fälschung erkennt, ist
nicht einzuziehen, wenn sie der Käufer weiterhin bloss zum Eigengebrauch
verwenden will.

Sachverhalt

    A.- C. kaufte im Februar 1985 während eines Ferienaufenthaltes in
Thailand von einem Händler am Strand von Pattaya für ca. Fr. 400.-- eine
goldene Armbanduhr, die mit der Marke Rolex versehen war. Nach seiner
Rückkehr in die Schweiz erkannte er, dass es sich um eine Fälschung
handeln musste, denn das aufgetragene Gold blätterte ab. Am 6. November
1985 übergab er die Uhr zum Neuvergolden dem Bijoutier X. in Bern. Dieser
sandte das Gehäuse und das Armband zur Ausführung der Arbeit an die Firma
Z., wobei er das Auftragsformular mit dem Vermerk "1 Rolex Imit." versah,
da er nicht daran zweifelte, dass die Uhr nachgemacht war. Der Direktor
der Firma Z. vermutete seinerseits, dass eine Fälschung vorlag, und
beauftragte einen Genfer Rechtsanwalt mit weiteren Abklärungen. Ein von
diesem bestelltes Gutachten kam zum Schluss, dass die Uhr gefälscht war.

    Mit Beschluss des Untersuchungsrichters von Bern und der
Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland vom 23. Januar 1987 wurde der
Strafanzeige der Firma Montres Rolex S.A. gegen Unbekannt keine Folge
gegeben, aber die Einziehung der Uhr zur Vernichtung verfügt. Die
Anklagekammer des bernischen Obergerichts ordnete am 30. Juni 1987 in
Gutheissung des von Bijoutier X. erhobenen Rekurses die Rückerstattung
der Uhr an den Rekurrenten X. zuhanden von C. an.

    Die Firma Montres Rolex S.A. beantragt mit eidgenössischer
Nichtigkeitsbeschwerde die Einziehung und Vernichtung der Uhr.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (Offengelassen, ob die Eintretensvoraussetzungen erfüllt sind.)

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 153 Abs. 3, 154 Ziff. 3 und 155 Abs. 3 StGB können
die nachgemachten, verfälschten oder im Wert verringerten Waren eingezogen
werden. Wohl befand sich die fragliche Uhr in der Hand des Händlers in
Thailand im Verkehr. Sie wurde aber aus dem Verkehr gezogen, als C. sie
in Thailand zum Eigengebrauch erwarb. Es fehlen nach den Ausführungen im
angefochtenen Entscheid jegliche Anhaltspunkte dafür, dass C. in der Folge
den Entschluss gefasst habe, die Uhr wieder in Verkehr zu bringen; eine
diesbezügliche Gefahr bestand somit nicht. Die Uhr war in der Hand des
Käufers C., der sie, als Konsument, für den eigenen privaten Gebrauch
verwenden wollte, keine Ware im Sinne von Art. 153 ff. mehr (BGE 101
IV 39 E. 3) und konnte daher nicht gestützt auf diese Bestimmungen
eingezogen werden.

    b) Aus Art. 58 StGB ergibt sich nichts anderes, da jedenfalls die in
dessen Abs. 1 lit. a und b genannten Voraussetzungen der Einziehung nicht
erfüllt sind. C. hat die Uhr zum Eigengebrauch in Thailand gekauft, in
die Schweiz eingeführt und hier besessen, und er hat zu keinem Zeitpunkt
den Entschluss gefasst, sie wieder in Verkehr zu bringen. Auch wenn man
die Existenz der Uhr als unrechtmässigen Zustand im Sinne von Art. 58
Abs. 1 lit. a StGB betrachten wollte, so erscheint bei der gegebenen
Sachlage die Einziehung der Uhr nicht als zur Beseitigung dieses Zustandes
"geboten". Die Uhr vermag sodann in der Hand von C. aus den genannten
Gründen nicht im Sinne von Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB die öffentliche
Ordnung zu gefährden.

    c) Die Einziehung gestützt auf Art. 32 Abs. 2 MSchG fällt schliesslich
schon deshalb ausser Betracht, weil davon auszugehen ist, dass in der
Schweiz in bezug auf die fragliche Uhr keine Handlungen, die unter Art. 24
ff. MSchG fallen, begangen worden sind. Es fand denn auch kein Prozess
im Sinne von Art. 24 ff. MSchG statt. Es kann daher offenbleiben, in
welchem Verhältnis Art. 32 Abs. 2 MSchG zu Art. 58 StGB steht.