Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 II 357



114 II 357

67. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 5. Dezember 1988 i.S.
Kollektivgesellschaft L & D gegen T. (Berufung) Regeste

    Art. 413 Abs. 1 OR. Entstehung des Mäklerlohnanspruchs.  Umfang.

    Für die Entstehung genügt die wirtschaftliche Gleichwertigkeit des
im Mäklervertrag vereinbarten und des tatsächlich erzielten Erfolgs;
Identität des zu vermittelnden mit dem zustandegekommenen Vertrag ist
nicht erforderlich. Provisionskürzung bei bloss teilweise erfolgreicher
Vermittlungstätigkeit (E. 3).

Sachverhalt

    A.- Die Mitglieder der Kollektivgesellschaft L & D (Gesellschaft)
mit Sitz in Basel und der in Therwil wohnhafte T. sind Architekten,
die am 20. Mai 1980 eine Vereinbarung abschlossen, indem L. und D. ein
Schreiben von T. gegenzeichneten. Gemäss diesem Schreiben "offerierte" T.
der Gesellschaft die in A. gelegenen Grundstücke Nr. 1002 und Nr. 1004 mit
einem Halt von insgesamt 2762 m2 sowie Nr. 1001 und Nr. 1003 mit einer
Fläche von insgesamt 1121 m2 als "Baulandparzellen im Kaufrechtsvertrag
(evtl. Kauf) und in Arbeitsgemeinschaft", wobei der Baurechtszins
bzw. Kaufpreis noch nicht feststand. Im Schreiben wurde darauf hingewiesen,
dass die beiden erstgenannten Parzellen der Erbengemeinschaft G.,
die beiden anderen V. gehörten. Laut Schreiben verpflichtete sich die
Gesellschaft gegenüber T. zur Zahlung einer "Vermittlungsprovision von
3% vom Kaufpreis". Als Beilagen aufgeführt waren im Schreiben u.a. zwei
Situationspläne "mit Überbauungsmöglichkeiten".

    Bei den Parzellen Nrn. 1001 und 1003 stellte sich heraus, dass V. sie
weder verkaufen noch im Baurecht abgeben wollte, während sich die Parzellen
Nr. 1002 und Nr. 1004 für sich allein ohne vorgängige Landumlegung und
zusätzliche Erschliessung als unüberbaubar erwiesen. Nach Durchführung
dieser beiden Massnahmen erstellte die Gesellschaft auf dem Land der
Erbengemeinschaft G. vier Einfamilienhäuser und verkaufte sie im Baurecht,
das von der Erbengemeinschaft unmittelbar zugunsten der Käufer begründet
worden war.

    In der Folge weigerte sich die Gesellschaft, die von T. geforderte
Provision zu bezahlen.

    B.- Am 28. Januar/22. August 1986 klagte T. beim Zivilgericht des
Kantons Basel-Stadt gegen die Gesellschaft auf Zahlung von Fr. 24'876.--
Provision, entsprechend 3% vom Baurechtszins der überbauten Parzellen. Das
Zivilgericht wies die Klage am 13. März 1987 ab. Auf Appellation des
Klägers hin hiess das Appellationsgericht des Kantons Basel-Stadt die
Klage nebst Verzugszins am 18. März 1988 gut. Im Gegensatz zur ersten
Instanz hielt es die Tätigkeit des Klägers als Vermittlungsmäkler für
ausreichend und sprach die aufgrund des Werts der überbauten Parzellen
berechnete Provision zu, da die Beklagte mit der Realisierung eines der
ursprünglich geplanten Überbauung ungefähr entsprechenden Projekts das
wirtschaftliche Endziel erreicht habe, das von ihr mit der Beauftragung
des Klägers angestrebt worden sei.

    C.- Die Beklagte führt gegen das Urteil des Appellationsgerichts
Berufung beim Bundesgericht und beantragt die Aufhebung des angefochtenen
Entscheids sowie die Abweisung der Klage. Der Kläger schliesst auf
Abweisung der Berufung. Das Bundesgericht weist ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus dem Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Weiter hat das Appellationsgericht nach Auffassung der Beklagten
zu Unrecht den eingetretenen Erfolg als Verwirklichung der versprochenen
Leistung qualifiziert. Es fehle an der Identität zwischen Abmachung und
Endergebnis, weshalb der Kläger den Mäklervertrag nicht erfüllt habe und
auch aus diesem Grund keine Provision geschuldet sei.

    a) Der Mäklerlohn ist verdient, sobald der Hauptvertrag infolge
des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Mäklers zustande
gekommen ist (Art. 413 Abs. 1 OR). Dabei muss der Hauptvertrag nach
dem Grundsatz der Adäquanz dem im Mäklervertrag vereinbarten Ziel
der Vermittlungstätigkeit entsprechen (statt vieler HOFSTETTER, in:
Schweizerisches Privatrecht Bd. VII/2, S. 127 mit zahlreichen Hinweisen
in Fn. 3). Ob das zutrifft, beurteilt sich in der Regel nach dem mit
der Beauftragung des Mäklers angestrebten wirtschaftlichen Erfolg.
Tritt dieser ein, liegt grundsätzlich Adäquanz vor. Dementsprechend hat
der Mäklerlohn nach dem Vertrauensgrundsatz als für den Fall zugesichert
zu gelten, dass der angestrebte wirtschaftliche Erfolg eintritt (HANS
REICHEL, Die Mäklerprovision, S. 92). Dieser Auslegungsgrundsatz führt
auch im vorliegenden Fall ungeachtet des Wortlauts der Vereinbarung
vom 20. Mai 1980 dazu, dass nicht auf die rechtliche Identität des zu
vermittelnden Vertrags mit dem Hauptvertrag, sondern mit der Vorinstanz
auf die wirtschaftliche Gleichwertigkeit des in Aussicht genommenen
mit dem erreichten Zweck abzustellen ist (OSER/SCHÖNENBERGER, N. 13 zu
Art. 413 OR; GIAMPIERO ANTOGNAZZA, Voraussetzungen der Mäklerprovision,
Diss. Zürich 1964, S. 75). Ob die Beklagte den Mäklerlohn schuldet, hängt
somit entscheidend von der wirtschaftlichen Bedeutung des Hauptgeschäfts
und nicht von dessen rechtlicher Erscheinungsform ab (BGE 76 II 150 E. 2;
GAUTSCHI, N. 3f zu Art. 412 OR, S. 111; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 und 13 zu
Art. 413 OR; ANTOGNAZZA. aaO; ADOLF GUGGENBÜHL, Die Liegenschaftenmäklerei,
Diss. Zürich 1951, S. 224 ff.).

    b) Das Appellationsgericht stellt für das Bundesgericht verbindlich
fest, dass sich die Beklagte mit der Liegenschaftsvermittlung die
Architekturarbeiten sichern wollte. Darin liegt der von der Beklagten
angestrebte Erfolg, der für die Auslegung des Mäklervertrags vom 20. Mai
1980 massgebend ist. Dass sich der beabsichtigte wirtschaftliche Zweck
verwirklicht hat, ist jedenfalls mit Bezug auf die beiden überbauten
Parzellen zu bejahen. Nach den Feststellungen der Vorinstanz hat sich
die Beklagte die Architekturarbeiten nicht nur gesichert, sondern diese
auf den beiden Parzellen auch tatsächlich ausgeführt und die erstellten
Objekte verkauft. Mit der Verwirklichung dieses Erfolgs sind aber
die Voraussetzungen für die Provision erfüllt, sofern die Bemühungen
des Klägers als Mäkler hinreichend und kausal waren. Der Einwand der
Beklagten, sie sei nicht selbst als Käuferin oder Baurechtsnehmerin
aufgetreten, ändert nichts daran, dass der angestrebte Zweck erreicht
worden ist. Der Einwand wäre im übrigen rechtsmissbräuchlich, wenn
die Beklagte das Vorgehen deshalb gewählt hätte, um die Entstehung des
Provisionsanspruchs zu vereiteln; vorliegend dürften indessen fiskalische
Überlegungen entscheidend gewesen sein.

    Ebenso unbegründet ist der weitere Einwand der Beklagten, dem Kläger
stehe kein Provisionsanspruch zu, da von den ursprünglich in Aussicht
genommenen vier Parzellen bloss deren zwei erhältlich und überbaubar
sowie vorgängig Landumlegungs- und zusätzliche Erschliessungsmassnahmen
erforderlich gewesen seien. Bereits Treu und Glauben verbieten es, dem
Kläger jeden Provisionsanspruch abzusprechen, nachdem die Beklagte gemäss
dem von ihr angestrebten Erfolg hat Architekturarbeiten ausführen und ein
Bauvolumen realisieren können, das ungefähr dem geplanten entsprochen
hat. Der eingeschränkten Realisierung trägt das Appellationsgericht
dadurch Rechnung, dass es bloss den aufgrund des Wertes der beiden
überbauten Parzellen ermittelten Mäklerlohn zuerkennt. Die Gutheissung
eines reduzierten Anspruchs wird durch die Tatsache bestätigt, dass
jeder Teilerfolg, der zum Gesamterfolg beiträgt, den angestrebten Zweck
verwirklichen hilft (REICHEL, aaO S. 98). Demnach tritt Provisionskürzung,
jedoch nicht Provisionsverlust ein, solange der Hauptvertrag einen
Teilerfolg setzt; gekürzt wird die Provision insoweit, als der tatsächlich
erzielte Erfolg in quantitativer Hinsicht hinter dem in Aussicht genommenen
Erfolg zurückbleibt (VON BÜREN, OR Besonderer Teil, S. 207; HOFSTETTER,
aaO S. 128; REICHEL, aaO S. 98 f.; GUGGENBÜHL, aaO S. 237 f.; ANTOGNAZZA,
aaO S. 82 f.).