Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 II 152



114 II 152

24. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 16. Mai 1988 i.S. Firma
A. gegen Firma B. (Berufung) Regeste

    Art. 109 und 127 OR. Rücktritt vom Vertrag, Verjährung der Ansprüche.

    Tritt eine Partei wegen Verzuges der andern von einem zweiseitigen
Vertrag zurück, so verjährt nicht nur ihre Schadenersatzforderung,
sondern auch ihr Anspruch auf Rückgabe des Geleisteten erst mit Ablauf
von zehn Jahren.

Sachverhalt

    A.- Die Firma A. in Luzern verhandelte 1980 mit X., einem Geschäftsmann
in Teheran, über den Verkauf von mehreren tausend Tonnen kaltgewalzter und
galvanisierter Feinbleche, die sie zu liefern versprach. Die politische
Entwicklung im Iran sowie einschränkende Bestimmungen dieses Landes
über die Ausfuhr von Devisen und die Einfuhr von Waren erschwerten die
Abwicklung der Verträge. Dazu kamen Verzögerungen seitens der Verkäuferin
und ihrer Zulieferer.

    Mit Schreiben vom 16. Februar 1981 trat X. von den Verträgen zurück. In
der Folge zedierte er seine Ansprüche gegenüber der Firma A. an einen
iranischen Fabrikanten, der sie seinerseits am 29. Juni 1984 an die Firma
B. in Luzern abtrat.

    B.- Am 22. November 1985 klagte die Firma B. beim Amtsgericht
Luzern-Stadt gegen die Firma A. auf Zahlung von DM 4'303'332.45 nebst
12% Zins seit verschiedenen Verfalldaten. Sie forderte damit vom Käufer
erbrachte Leistungen zurück und verlangte zudem Schadenersatz. Die
Beklagte hielt die Ansprüche des Käufers für verjährt und beantragte dem
Amtsgericht, die Klage deswegen abzuweisen.

    Am 20. Juni 1986 verwarf das Amtsgericht die Verjährungseinrede und
verpflichtete die Beklagte, sich auf die Klage einzulassen. Auf Appellation
der Beklagten entschied das Obergericht des Kantons Luzern am 13. Oktober
1987 im gleichen Sinne.

    C.- Die Beklagte hat gegen das Urteil des Obergerichts Berufung
eingelegt, mit der sie an der Verjährungseinrede festhält.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab und bestätigt das angefochtene
Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Die Klägerin begründete ihre Forderungen schon in der Klageschrift
damit, dass der Käufer wegen Verzuges der Verkäuferin nach Art.
107 Abs. 2 OR von den Verträgen zurückgetreten sei, folglich gemäss
Art. 109 Abs. 1 und 2 OR das Geleistete zurückfordern, weitere Leistungen
verweigern und bei Verschulden der Verkäuferin Schadenersatz beanspruchen
könne. Die Beklagte spricht in der Berufungsschrift durchwegs nur von
Rückforderungsansprüchen aus Art. 109 Abs. 1 OR, obschon die Klägerin
DM 5'048'426.-- an Rückleistungen und DM 2'303'506.45 Schadenersatz,
insgesamt also DM 7'351'932.45 verlangt, wovon sie DM 3'048'600.-- als
Erlös aus einem Selbsthilfeverkauf des X. abzieht.

    a) Nach Auffassung des Obergerichts untersteht in einem solchen Fall
nicht nur der Rückerstattungs-, sondern auch der Schadenersatzanspruch der
allgemeinen Verjährungsfrist des Art. 127 OR von zehn Jahren, weil der eine
wie der andere mittelbar auf einem vertragswidrigen Benehmen des Schuldners
beruhe und daher nach den Grundsätzen der Vertragsverletzung zu behandeln
sei. Dies gelte für den Anspruch auf Rückerstattung unbekümmert darum,
ob er namentlich dann, wenn es sich beim Geleisteten um Sachen handle,
die nicht mehr vorhanden seien, auch Elemente einer ungerechtfertigten
Bereicherung enthalte; die gesetzlichen Bestimmungen über eine solche
Bereicherung seien diesfalls nur zur Berechnung des Ersatzanspruches
heranzuziehen. Der Entscheid über die Verjährung sei so oder anders aus dem
System der Regeln zu gewinnen, die das Gesetz zum Schutz der gemeinsamen
Interessenlage von zweiseitigen Verträgen vorsehe, wenn der Austausch
der Leistungen gestört werde. Daraus erhelle, dass alle Ansprüche aus
Art. 109 OR vertraglichen Beziehungen entsprängen, folglich vertraglicher
Natur seien. Die Klägerin ist sinngemäss der gleichen Auffassung; diese
entspreche übrigens BGE 60 II 27 ff., wonach alle Ansprüche aus Art. 109
OR verjährungsrechtlich gleich zu behandeln seien.

    Die Beklagte hält dagegen daran fest, dass Rückforderungsansprüche
aus Art. 109 Abs. 1 OR auch in bezug auf ihre Verjährung nach den
Bestimmungen über die ungerechtfertigte Bereicherung zu beurteilen
seien. Sie stützt sich vor allem auf SPIRO (Die Begrenzung privater Rechte
durch Verjährungs-, Verwirkungs- und Fatalfristen, Bd. I §§ 295 ff.),
für den die Rückforderung des Geleisteten nach Art. 109 Abs. 1 OR nur
ein Anwendungsfall der Bereicherungsklage gemäss Art. 62 Abs. 2 OR ist,
weshalb die einjährige Verjährungsfrist des Art. 67 OR massgebend sei. Die
Beklagte kritisiert nicht nur davon abweichende Lehrmeinungen, sondern auch
die Rechtsprechung zu Art. 109 OR, die einheitlicher Grundgedanken entbehre
und daher im Ergebnis unhaltbar sei. Es leuchte insbesondere nicht ein,
dass Rückforderungen gemäss Art. 109 Abs. 1 anders zu behandeln seien als
solche nach Art. 119 Abs. 2 OR, wo es ebenfalls um zweiseitige Verträge
gehe und ausdrücklich von Haftung aus ungerechtfertigter Bereicherung
die Rede sei. Die Anwendung der einjährigen Frist des Art. 67 OR lasse
sich selbst unter dem Gesichtspunkt des Gläubigerschutzes zwanglos in
das gesetzliche System der Verjährungsregeln einordnen.

    b) Die von der Beklagten kritisierte Rechtsprechung geht auf einen
Entscheid von 1934 zurück, in dem das Bundesgericht die Rückforderung
des Geleisteten nach Art. 109 Abs. 1 OR der gleichen Verjährungsfrist
unterstellte wie den Schadenersatzanspruch nach Abs. 2 der Bestimmung,
nämlich der zehnjährigen. Das Bundesgericht fand, dass die bereits
erbrachte Leistung nach dem Rücktritt zwar als grundlos im Sinne von
Art. 62 Abs. 2 OR erscheine, dies am selbständigen gesetzlichen Anspruch
auf Rückerstattung aber nichts ändere. Es sei nicht einzusehen, wieso für
die Ansprüche des Zurücktretenden aus Art. 109 unterschiedliche Fristen
gelten sollten, bloss weil der eine als vertraglich angesehen werde, der
andere dagegen nicht, seien doch beide darauf zurückzuführen, dass der
Vertragsgegner seine Verpflichtungen nicht wie vereinbart erfüllt habe. Der
Schuldvertrag behalte deshalb eine auf Rückgängigmachung seiner bisherigen
Wirkungen gerichtete Kraft (BGE 60 II 27 ff.). Diese Auffassung liegt
auch BGE 61 II 256/57 zugrunde; sie ist in BGE 63 II 258 bestätigt worden,
und seitdem hatte das Bundesgericht keinen Anlass, auf sie zurückzukommen.

    Die überwiegende Mehrheit der Lehre hat sich dem ohne nähere
Begründung angeschlossen oder sich sogar mit einem blossen Hinweis
auf die Entscheide begnügt (BECKER, N. 4 zu Art. 109 OR; VON BÜREN, OR
Allg. Teil S. 380 Anm. 82; ENGEL, Traité des obligations en droit suisse,
S. 494/95; VON TUHR/PETER, OR Allg. Teil I. 493/94; GUHL/MERZ/KUMMER, OR
7. Aufl. S. 228; KELLER/SCHAUFELBERGER, Das Schweizerische Schuldrecht,
Bd. III S. 10 f.). Weitere Autoren befürworten die zehnjährige
Verjährung ausdrücklich auch für die Rückerstattungsansprüche (BUCHER,
OR Allg. Teil S. 336/37; GAUCH/SCHLUEP/TERCIER, CO Partie générale I
N. 1158; GAUCH, Der Werkvertrag, 3. Aufl. N. 1057 ff.; GAUCH/SCHLUEP,
OR Allg. Teil I. 1184 ff.). Dass die Rückforderung nach Art. 109 Abs. 1 OR
als Bereicherungsanspruch im Sinne von Art. 62 Abs. 2 OR zu behandeln sei
und deshalb der einjährigen Verjährung unterliege, wird neben Spiro auch
von KELLER/SCHÖBI (Allgemeine Lehren des Vertragsrechts, 3. Aufl. S. 278),
VON TUHR/SIEGWART (OR Allg. Teil II S. 598 Anm. 100) und VON TUHR/ESCHER
(OR Allg. Teil II S. 156 Anm. 100) angenommen.

    c) Art. 109 OR enthält selbst weder eine Verjährungsvorschrift noch
einen Hinweis auf solche Normen. Das Bundesgericht hatte deshalb die Frage
der Verjährung von Rückerstattungsansprüchen bereits in den Entscheiden
von 1934 und 1935 nach allgemeinen Grundsätzen der Rechtsfindung zu
klären. Es berücksichtigte insbesondere den Sinn und Zweck der Bestimmung,
den Entstehungsgrund der darin erwähnten Ansprüche sowie die Folgen,
die sich aus verschiedenen Verjährungsfristen ergäben, die sich aber
vermeiden lassen, wenn Schadenersatz- und Rückerstattungsansprüche
gleich behandelt werden. Fragen kann sich vorliegend somit bloss, ob an
dieser Rechtsprechung festzuhalten oder ob sie angesichts der Kritik,
die daran inzwischen geübt worden ist, zu ändern oder allenfalls zu
verdeutlichen sei. Dabei ist zu beachten, dass eine Änderung schon aus
Gründen der Rechtssicherheit ernsthafte, sachliche Einwände voraussetzt,
zumal wenn eine Norm seit Jahrzehnten in einem bestimmten Sinn ausgelegt
und angewendet worden ist (BGE 111 Ia 162 E. 1a und 111 II 310 E. 2
mit Hinweisen).

    aa) Rückerstattungsansprüche können nach der allgemeinen Unterscheidung
des Gesetzes wie andere Forderungen aus Vertrag, aus unerlaubter
Handlung oder aus ungerechtfertigter Bereicherung entstehen. Ein
Bereicherungsanspruch ist nur gegeben, wenn andere Rechtsbehelfe versagen
(BGE 102 II 338 E. 5c mit Zitaten). Die Ansprüche unterliegen je nach
ihrem Entstehungsgrund auch verschiedenen Verjährungsfristen. Nach
der allgemeinen Vorschrift des Art. 127 OR verjähren mit Ablauf von
zehn Jahren alle Forderungen, für die das Bundeszivilrecht nicht etwas
anderes bestimmt. Besonders geregelt wird die Verjährung für Ansprüche
aus unerlaubter Handlung und aus ungerechtfertigter Bereicherung; sie
verjähren nach Art. 60 Abs. 1 und Art. 67 Abs. 1 OR in der Regel nach einem
Jahr. Für Forderungen aus Vertragsverhältnissen bildet dagegen Art. 127
OR die Regel. Die Art. 107 bis 109 OR befassen sich mit den besondern
Folgen des Schuldnerverzuges bei zweiseitigen Verträgen, schweigen sich
über die Verjährung der Ansprüche, die sich im Falle eines Rücktritts vom
Vertrag ergeben, aber aus. Schon nach diesen Grundgedanken und Wertungen
des Gesetzes liegt es nahe, alle Ansprüche aus Art. 109 OR der allgemeinen
Verjährung zu unterstellen und sie dabei wie vertragliche zu behandeln.

    Letzteres lässt ein lange Zeit vorherrschender Teil der Lehre
indes nicht für den Rückerstattungsanspruch gelten, weil der Vertrag
durch den Rücktritt ex tunc dahinfalle, es folglich so zu halten
sei, wie wenn er nie geschlossen worden wäre; die Rückforderung
des Geleisteten erweise sich daher als Bereicherungsanspruch
(OSER/SCHÖNENBERGER, N. 4 zu Art. 109 OR; GUHL/MERZ/KUMMER, S. 198 und
272/73; VON TUHR/SIEGWART, S. 598; VON TUHR/ESCHER, S. 156). Andere
Autoren finden, mit dem Rücktritt entfalle auch der Erwerbsgrund
für allfällige Eigentumsübertragungen, weshalb von einem dinglichen
Rückerstattungsanspruch gesprochen werden könne (KELLER/SCHÖBI, S.
278; KELLER/SCHAUFELBERGER, S. 10 f. mit Verweisungen). Eine neuere
Lehrmeinung, die sich auch in Deutschland durchsetzt, geht dagegen
davon aus, dass der Rücktritt bloss zu einer inhaltlichen Umgestaltung
des Vertrages führt, der zunächst samt den Pflichten, das Erhaltene
entweder in natura oder wertmässig zurückzuerstatten, als Abwicklungs-
oder Liquidationsverhältnis fortbesteht; nach ihr handelt es sich
dabei weder um Pflichten aus ungerechtfertigter Bereicherung noch um
sachenrechtliche Herausgabepflichten, sondern um solche vertraglicher
Natur, mit deren Erfüllung der vorvertragliche Zustand wiederhergestellt
werde (GAUCH/SCHLUEP, N. 1187 ff. mit Hinweisen, insbesondere auf BUCHER
S. 337 f. und WOLF, Lehrbuch des Schuldrechts I S. 315 ff.; ferner PIOTET,
La restitution après résolution du contrat, in Baurecht 1984 S. 12).

    Diese Auffassung entspricht dem Ergebnis bisheriger Rechtsprechung,
die in einem Punkt wohl als widersprüchlich bemängelt, im übrigen aber
mit überzeugenden Überlegungen gebilligt wird. Dies gilt vor allem für
die ergänzenden Ausführungen zur Annahme eines vertraglichen Anspruchs
auf Rückerstattung des Geleisteten. Die neuere Lehre verdient schon
deshalb den Vorzug. Sie ist auch sachlich gerechtfertigt, weil sie ohne
Fiktion einer Rückwirkung auskommt und die Auseinandersetzung zwischen
den Vertragsschliessenden erleichtert, ihnen insbesondere die Möglichkeit
verschafft, den Schadenersatz- und den Rückerstattungsanspruch nach den
gleichen Grundsätzen zu behandeln (W. WIEGAND, Die Leistungsstörungen,
in recht 1984 S. 13 ff.). Die Tatsache, dass ein Vertrag geschlossen
und vom Schuldner nicht erfüllt worden ist, kann so oder anders nicht
als ungeschehen bezeichnet werden. Es ist daher nicht abwegig, dass
der Gesetzgeber die Wirkungen des Rücktritts nicht so gestaltet hat,
als ob nie ein Vertrag geschlossen worden wäre. Dass durch den Rücktritt
nicht sämtliche Wirkungen beseitigt werden, dem Vertrag vielmehr noch
nachher bestimmte Wirkungen zuzuerkennen sind, erhellt insbesondere
aus dem Rücktritt ex nunc bei Dauerverträgen und dem Teilrücktritt bei
Sukzessivlieferungsverträgen (P. LEMP, Schadenersatz wegen Nichterfüllung
als Folge des Schuldnerverzuges, Diss. Bern 1939, S. 53 und 64).

    bb) Entgegen BGE 60 II 28 lässt sich allerdings nicht sagen, eine
bereits erbrachte Leistung erscheine nach dem Rücktritt als grundlos
im Sinne von Art. 62 Abs. 2 OR; richtig ist vielmehr, dass durch den
Rücktritt obligatorische Rückleistungspflichten begründet werden,
welche die Rückabwicklung des Vertrages durch Erfüllung Zug um Zug
erst ermöglichen. Der Wortlaut von Art. 109 Abs. 2 OR steht dem nicht
entgegen. Die Annahme, der Vertrag werde rückwirkend aufgehoben, erweist
sich auch diesfalls als Fiktion; denn ein Vertrag, der nicht besteht,
kann weder verletzt sein noch einen Anspruch auf Ersatz des negativen
Vertragsinteresses erzeugen (GAUCH/SCHLUEP, N. 1187 und 1188a). Dass
diese Ersatzforderung gemäss Art. 127 OR in zehn Jahren verjährt, weil
sie nicht auf unerlaubter Handlung oder ungerechtfertigter Bereicherung,
sondern auf Verletzung einer vertraglichen Pflicht beruht, ist übrigens
längst allgemein anerkannt (BGE 60 II 257 und 60 II 28) und vorliegend
unbestritten.

    d) Ist in Übereinstimmung mit der neueren Lehre aber davon auszugehen,
das Vertragsverhältnis werde bei Rücktritt wegen Schuldnerverzuges
inhaltlich in ein Liquidationsverhältnis umgewandelt, also nicht
schlechthin aufgehoben, so bleibt es auch dabei, dass beide Ansprüche
aus Art. 109 OR als vertragliche anzusehen sind und daher der allgemeinen
Verjährungsvorschrift unterstehen. Nicht nur die Schadenersatzforderung,
sondern auch der Anspruch auf Rückerstattung des Geleisteten ist mittelbar
darauf zurückzuführen, dass der Schuldner den Vertrag nicht wie versprochen
erfüllt und dadurch den Gläubiger zum Rücktritt veranlasst. Wieso sie
verjährungsrechtlich verschieden behandelt werden sollten, ist daher
nicht einzusehen.

    Damit ist der Auffassung von SPIRO, der in der Rückforderung
des Geleisteten bloss einen Anwendungsfall des Art. 62 Abs. 2 OR
erblicken will (§ 302 S. 716 ff.), der Boden entzogen, ganz abgesehen
davon, dass es sich dabei um einen selbständigen gesetzlichen Anspruch
handelt. Dadurch unterscheidet Art. 109 Abs. 1 OR sich denn auch deutlich
von Art. 119 Abs. 2 OR, wo statt dessen ausdrücklich von einer Haftung
aus ungerechtfertigter Bereicherung die Rede ist. Auf diesen Unterschied
und weitere Anhalte, die eine verschiedene Behandlung rechtfertigen, ist
bereits in BGE 63 II 258 E. 2 hingewiesen worden, weshalb sich entgegen
SPIRO auch nicht sagen lässt (S. 720 Anm. 29), das Bundesgericht setze sich
damit überhaupt nicht auseinander. Seine Auffassung widerspricht schon der
allgemeinen Unterscheidung des Gesetzes, das die Obligationen nach ihren
Entstehungsgründen klar auseinanderhält und für Forderungen aus Verträgen
ausdrücklich oder allgemein längere Fristen vorsieht. Solche Forderungen
gehen zudem wie alle ordentlichen Rechtsschutzansprüche den allgemeinen
Bereicherungsansprüchen, die nur subsidiär bestehen, immer vor. Wie sehr
diese Rangordnung auch in bezug auf die Verjährung gerechtfertigt ist,
zeigen die Rechtsfolgen, da nach SPIRO zugunsten des säumigen Schuldners
die einjährige Frist anzunehmen wäre, obschon der Schuldner den Rücktritt
des Gläubigers zu verantworten hat und deshalb keine besondere Nachsicht
verdient. Ob selbst nach Art. 119 Abs. 2 OR die zehnjährige Verjährung am
Platze wäre, wie das Obergericht unter Hinweis auf BUCHER (S. 417 und 642)
anzunehmen scheint, ist vorliegend nicht zu prüfen.

    e) Nach diesen Grundsätzen ist das angefochtene Urteil im Ergebnis
nicht zu beanstanden. Es beruht zu Recht auf der Überlegung, dass nicht
nur die Schadenersatzansprüche, sondern auch die Rückforderungen der
Klägerin vertraglicher Natur sind und daher der zehnjährigen Frist des
Art. 127 OR unterstehen. Dass die eingeklagten Forderungen aber bereits
verjährt wären, wenn von dieser Bestimmung auszugehen ist, wird auch von
der Beklagten nicht behauptet.