Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 III 21



114 III 21

6. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 21. Januar 1988 i.S. D.-H. AG (Rekurs) Regeste

    Konkursinventar; Art. 197 SchKG.

    Ansprüche, die gegen die Konkursverwaltung wegen deren Amtshandlungen
erhoben werden, bilden ihrer Natur nach nicht Bestandteil der
Konkursmasse. Sie sind daher nicht in das Konkursinventar aufzunehmen.

Sachverhalt

    A.- Am 9. April 1986 schloss die ausseramtliche Konkursverwaltung
im Konkurs der X. AG mit der Y. AG einen Vergleich, mit welchem
die Unverbindlichkeit eines am 31. Dezember 1982 unterzeichneten
Sacheinlagevertrages erklärt und die Rückübertragung einer damals
veräusserten Fabrikliegenschaft an die Konkursmasse der X. AG vereinbart
wurde. Dieser Vergleich stützte sich auf eine dem Gläubigerausschuss von
der ersten Gläubigerversammlung erteilte Ermächtigung.

    Die Rekurrentin ist der Auffassung, der Vergleich vom 9. April 1986
bedeute trotz der Rückübertragung der Liegenschaft für die Konkursmasse ein
Verlustgeschäft. Sie stellte daher der ausseramtlichen Konkursverwaltung
den Antrag, es sei der folgende Anspruch in das Konkursinventar
aufzunehmen:

    "Anfechtung des mit der Y. AG am 8./9. April 1986 betreffend die

    Unverbindlichkeit des Sacheinlagevertrags vom 30./31.12.1982
getroffenen

    Vergleichs unter allen Titeln."

    Dieses Begehren wies die ausseramtliche Konkursverwaltung mit Verfügung
vom 13. August 1987 ab. Darüber beschwerte sich die Rekurrentin bei der
kantonalen Aufsichtsbehörde in Betreibungs- und Konkurssachen, und deren
abweisenden Entscheid zog sie an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
des Schweizerischen Bundesgerichts weiter.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- a) Beim Begehren der Rekurrentin kann es sich nicht um die
paulianische Anfechtung im Sinne der Art. 285 ff. SchKG handeln; denn
dieses Recht zur Anfechtung, das an sich nach Massgabe von Art. 260 SchKG
an Gläubiger abgetreten werden kann, bezieht sich nur auf Handlungen des
Schuldners. Es geht auch nicht um einen abtretbaren Schadenersatzanspruch
(BGE 43 III 281 ff., ZR 18/1919 Nr. 101; GILLIERON, Poursuite pour dettes,
faillite et concordat, S. 264, § 3), den die Konkursmasse allenfalls
noch nach der Konkurseröffnung erwerben kann (JAEGER, Schuldbetreibung
und Konkurs II, S. 261, N. 4 Abs. 2 zu Art. 260 SchKG).

    b) Gegen die Weigerung der Konkursverwaltung, einen Gegenstand in
das Konkursinventar aufzunehmen, kann jeder Gläubiger Beschwerde führen
(BGE 64 III 36).

    Ist der Bestand eines zur Konkursmasse gehörenden Rechtes streitig,
so hat sich die Konkursverwaltung an die Angaben der Gläubiger zu halten
und das Recht in das Inventar aufzunehmen (BGE 104 III 24 E. 2, 81 III
122). Das Erstellen des Inventars ist eine rein interne Massnahme der
Konkursverwaltung, die keine Wirkung gegenüber Dritten entfaltet (BGE 90
III 19 E. 1).

    Da es sich beim Streit über den Bestand oder die Höhe einer im Konkurs
angemeldeten Forderung um eine Frage des materiellen Rechts handelt,
entscheidet darüber der Richter. Indessen ist zu beachten, dass es dabei
stets um Rechtsansprüche geht, die ihrer Natur nach überhaupt Bestandteil
der Konkursmasse bilden können. Solche Forderungen vermehren, sofern
sie durchsetzbar sind, vorerst das Konkursvermögen. Verzichtet indessen
die Gesamtheit der Gläubiger auf deren Geltendmachung, so können sie nach
Massgabe von Art. 260 Abs. 1 SchKG an einzelne Gläubiger abgetreten werden
(BGE 93 III 63 E. 1a, 43 III 284 ff.; JAEGER, aaO, N. 4 zu Art. 260 SchKG,
S. 260 f.).

    Anders verhält es sich im vorliegenden Fall, wo Ansprüche gegen
die Konkursverwaltung wegen deren Amtshandlungen erhoben werden,
Solche Ansprüche bilden nicht Bestandteil der Konkursmasse und können
deshalb von dieser auch nicht gemäss Art. 260 Abs. 1 SchKG an Gläubiger
abgetreten werden. Vielmehr müssen mit Handlungen der Konkursverwaltung
begründete Rechtsansprüche von den Gläubigern, die solche zu haben
glauben, unmittelbar gegen die Konkursverwaltung geltend gemacht werden
(ZR 18/1919, Nr. 101 E. 3). Über die Frage, ob ein Vermögensrecht seiner
Natur nach überhaupt Bestandteil der Konkursmasse bilden kann, befinden
die Aufsichtsbehörden in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen; deren
Entscheid bindet den Richter (BGE 43 III 286).

    c) Zusammenfassend ergibt sich aus dem Gesagten, dass es sich
bei dem Anspruch, den die Rekurrentin inventarisiert haben möchte, um
einen Anspruch gegen die Konkursverwaltung handelt, der seiner Natur
nach nicht Bestandteil der Konkursmasse bildet und daher von dieser
nicht nach Massgabe von Art. 260 SchKG an Gläubiger abgetreten werden
kann. Der behauptete Anspruch kann somit nicht in das Konkursinventar
aufgenommen werden.