Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 III 110



114 III 110

31. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 29.
Dezember 1988 i.S. St. AG (Rekurs) Regeste

    Kollokation einer als pfandgesichert angemeldeten Forderung und des
Faustpfandrechts, welches der paulianischen Anfechtung unterliegt (Art.
248, 285 ff. SchKG; Art. 58 KOV).

    Wenn nach der Auflassung der Konkursverwaltung ein
Anfechtungstatbestand im Sinne von Art. 285 ff. SchKG gegeben ist,
kann sie eine als pfandgesichert angemeldete Forderung in der 5. Klasse
kollozieren und das damit geltend gemachte Faustpfandrecht abweisen.

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung vom 7. Oktober 1988 liess das Konkursamt des Kantons
Glarus im Konkurs des L.R. die von der St. AG angemeldete Forderung von
Fr. 165'000.-- zu und kollozierte sie in der 5. Klasse. Gleichzeitig
wies es das von der Gläubigerin geltend gemachte Faustpfandrecht an einem
Inhaberschuldbrief unter Hinweis auf Art. 287 SchKG ab.

    Die gegen diese Verfügung des Konkursamtes gerichtete Beschwerde
wiesen die kantonalen Aufsichtsbehörden über Schuldbetreibung und Konkurs
ab. Ebenso wies die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
den bei ihm erhobenen Rekurs ab mit den folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Zutreffend sind die Ausführungen der Rekurrentin insofern,
als sie betont, dass es im vorliegenden Fall nicht um die Frage geht,
ob die Konkursverwaltung in einem Kollokationsprozess einredeweise
Rechtshandlungen gemäss Art. 286 ff. SchKG als ungültig erklären
lassen könne. Dass der Konkursverwaltung, welche gemäss Art. 285
Abs. 2 Ziff. 2 SchKG zur Anfechtungsklage legitimiert ist, auch eine
entsprechende Einrede im Prozess zusteht, ist unbestritten (AMONN,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, § 52 N. 29; FRITZSCHE,
Schuldbetreibung und Konkurs II, Zürich 1968, S. 286 f.; GILLIERON,
Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Lausanne 1985, S. 369, §
1 a.E.).

    Vielmehr geht es - wie die Rekurrentin weiter zutreffend festhält
- um die Frage, ob die Konkursverwaltung eine als pfandgesichert
angemeldete Forderung in der 5. Klasse kollozieren und das damit geltend
gemachte Faustpfandrecht abweisen könne, wenn sie das Vorliegen eines
Anfechtungstatbestandes behauptet.

Erwägung 3

    3.- Es gibt entgegen der Auffassung der Rekurrentin keinen Grund,
diese Frage zu verneinen.

    a) Vorweg ist festzuhalten, dass die von der Rekurrentin
angerufenen Art. 200 SchKG und 27 KOV die Feststellung der Konkursmasse
(Konkursinventar) betreffen und in diesem Zusammenhang auf die
Vermögenswerte verweisen, die Gegenstand der paulianischen Anfechtung
bilden. Diese Bestimmungen sind im vorliegenden Fall nicht anzuwenden; denn
was Inhalt des Kollokationsplanes ist, bestimmt sich nach den Art. 247
und 248 SchKG, Art. 56 ff. KOV und, wenn ein Eigentümerpfandtitel als
Faustpfand für eine Forderung haftet, Art. 126 VZG (AMONN, aaO, § 46
N. 13).

    b) Gemäss Art. 248 SchKG werden im Kollokationsplan auch
die abgewiesenen Forderungen, mit Angabe des Abweisungsgrundes,
vorgemerkt. Sodann bestimmt Art. 58 Abs. 1 KOV, dass jede Ansprache in
derjenigen Klasse und in demjenigen Rang aufzunehmen ist, der ihr von
der Konkursverwaltung oder vom Gläubigerausschuss zuerkannt wird.

    War nach der soeben angerufenen Vorschrift die Konkursverwaltung
unzweifelhaft befugt, die von der Rekurrentin angemeldete Forderung nicht
als faustpfandgesichert, sondern lediglich in der 5. Klasse zu kollozieren,
so war es nicht anders als folgerichtig, dass sie zugleich das Pfandrecht
abwies. Unzulässig sind lediglich bedingte Zulassungen oder Abweisungen
(Art. 59 Abs. 2 KOV).

    c) Die Rechtslage ist so eindeutig, dass wohl deswegen Judikatur zu
dem von der Rekurrentin aufgeworfenen Problem spärlich ist. Immerhin
stützen die weit zurückliegenden Bundesgerichtsentscheide, welche die
kantonale Aufsichtsbehörde zitiert hat, deren Standpunkt.

    Der Rekurrentin, die ihre Auffassung unter anderem damit begründet,
durch das Vorgehen des Konkursamtes im vorliegenden Fall würden die
Parteirollen in unzulässigerweise vertauscht, ist vor allem BGE 31 II 351
E. 2 entgegenzuhalten. Dort ist das Vorbringen der klagenden Gläubigerin
zurückgewiesen worden, das eingeschlagene Verfahren sei unkorrekt,
weil richtigerweise die beklagte Konkursverwaltung als Klägerin hätte
auftreten müssen. Das Hauptgewicht in dieser kurzen Erwägung liegt zwar
auf der Feststellung, dass die paulianische Anfechtung auch einredeweise
zulässig ist; doch gehen aus dem angeführten Satz klar die Klägerrolle
der Gläubigerin und die Beklagtenrolle der Konkursverwaltung hervor.

    Dem Sachverhalt des zweiten von der Vorinstanz zitierten Entscheides
lässt sich entnehmen, dass das Konkursamt das Pfandrecht nicht
zuliess und die Gläubigerin hierauf die Kollokationsklage anstrengte
(BGE 50 III 143). Ferner geht aus BGE 83 III 84 f. hervor, dass die
Konkursverwaltung die Forderung einer Bank in der 5. Klasse kollozierte
und das Pfandrecht gestützt auf die Art. 285 ff. SchKG abwies. Ebenso
lässt sich eine Abweisung des Pfandrechts aus dem Sachverhalt in BGE 93
II 84 (B.) herauslesen.

    d) Die Argumente, welche die Rekurrentin gegen diese von ihr
übersehene Praxis vorbringt, gehen an der Sache vorbei. Insbesondere
kann ihrer Behauptung nicht gefolgt werden, das Vorgehen des Konkursamtes
sei in all jenen Fällen unzulässig, wo gegen die Konkursforderung keine
materiellrechtlichen Einwendungen erhoben würden. Die Kollokationsverfügung
der Konkursverwaltung ist immer eine materielle Entscheidung; und mit
der Kollokationsklage wird stets eine materiellrechtliche Überprüfung
des Kollokationsplans bezweckt (AMONN, aaO, § 46 N. 40). Von der
Anfechtungsklage lässt sich sagen, sie sei betreibungsrechtlicher Natur,
jedoch mit Reflexwirkung auf das materielle Recht (AMONN, aaO, § 52 N. 4;
GILLIERON, aaO, S. 376, § 1 am Ende, mit Hinweis auf BGE 74 III 60 f.,
wo der Anfechtungstatbestand von Art. 287 SchKG zur Diskussion stand). Mit
der von der Rekurrentin konstruierten Unterscheidung zwischen Forderungen,
gegen welche keine materiellrechtlichen Einwendungen erhoben würden,
und solchen, wo neben betreibungsrechtlichen auch materiellrechtliche
Einwendungen vorgebracht würden, ist nichts gewonnen.

Erwägung 4

    4.- Nach dem Gesagten ist das Vorgehendes Konkursamtes des Kantons
Glarus in keiner Weise zu beanstanden, und damit hält auch der angefochtene
Entscheid vor Bundesrecht stand.

    Anders hätte die Konkursverwaltung nur vorgehen müssen,
wenn die angemeldete Forderung bereits Gegenstand eines hängigen
Kollokationsprozesses gebildet hätte. Sie hätte, gemäss Art. 63 Abs. 1
KOV, die Forderung ohne Verfügung lediglich pro memoria vormerken
müssen (BGE 112 III 38 f. E. 3). In der vorliegenden Streitsache hat die
Rekurrentin nach ihren eigenen Ausführungen indessen erst nach Fällung des
angefochtenen Entscheides, nämlich am 28. November 1988, Kollokationsklage
erhoben. Dieser Umstand vermag daher auch nicht mehr das Urteil der
Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts zu beeinflussen.