Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IB 56



114 Ib 56

9. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 11. Januar 1988 i.S. X. und Mitbeteiligte gegen den zuständigen
Gerichtspräsidenten des Kantons Y. (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Internationale Rechtshilfe in Strafsachen; Abgabe- bzw.  Steuerbetrug,
Art. 3 Abs. 3 IRSG.

    Bestätigung der Rechtsprechung (BGE 111 Ib 242 ff.), wonach die
ersuchenden Behörden im Falle eines von ihnen behaupteten Abgabe-
bzw. Steuerbetruges zwar nicht einen strikten Beweis zu erbringen, jedoch
hinreichende Verdachtsmomente für das Vorliegen dieses Straftatbestandes
darzulegen haben, damit ihrem Rechtshilfebegehren entsprochen werden
kann. Mit diesem Erfordernis wird von der Regel abgewichen, wonach die
schweizerische Behörde sich beim Entscheid über ein Rechtshilfebegehren
nicht über das Bestehen der angeführten Tatsachen auszusprechen hat,
sondern an die Darstellung des Sachverhaltes im Begehren des ersuchenden
Staates gebunden ist, soweit diese nicht offensichtliche Fehler, Lücken
oder Widersprüche enthält. Wie schon das frühere Ersuchen der deutschen
Behörden in der vorliegenden Sache, so enthält auch ihr neuerliches,
ergänztes Ersuchen keine derartigen Verdachtsmomente für das Vorliegen
des von ihnen behaupteten Abgabe- bzw. Steuerbetruges. Die Voraussetzungen
der Gewährung der Rechtshilfe nach Art. 3 Abs. 3 IRSG sind deshalb nicht
erfüllt.

Sachverhalt

    A.- In bezug auf Sachverhalt und Prozessgeschichte ist zunächst auf
BGE 111 Ib 242 ff. zu verweisen. Mit dem damaligen Entscheid wurde einem
den vorliegenden Fall betreffenden ersten Rechtshilfegesuch wegen Abgabe-
bzw. Steuerbetruges, das der leitende Oberstaatsanwalt des deutschen
Bundeslandes Rheinland-Pfalz in Koblenz am 21. November 1983 gestellt
und im Dezember 1983 ergänzt hatte, nicht stattgegeben.

    Mit Eingabe vom 16. Juni 1986 und Ergänzung hiezu vom 27. August
1986 reichte der leitende Oberstaatsanwalt in Koblenz beim Bundesamt
für Polizeiwesen ein neues Rechtshilfegesuch ein. Das Bundesamt überwies
dieses Gesuch nach erfolgter Vorprüfung gemäss Art. 78 Abs. 1 IRSG an das
zuständige Verhöramt zum Entscheid darüber, ob Rechtshilfe zu gewähren sei
oder nicht. Mit Verfügung vom 13. November 1986 entsprach das Verhöramt
dem Rechtshilfegesuch.

    Die Firma X., V. und W. erhoben gegen diese Verfügung Rekurs beim
zuständigen kantonalen Gerichtspräsidenten und beantragten, das Verhöramt
sei anzuweisen, ihnen Akteneinsicht zu gewähren und Gelegenheit zu
geben, die Rekursbegründung hernach zu ergänzen. Zudem verlangten sie,
es seien die Rechtshilfegesuche abzuweisen, und es sei die entsprechende
Rechtshilfeverfügung des Verhöramtes vom 13. November 1986 aufzuheben;
ferner seien sämtliche Akten vollständig und unbeschwert der Firma
X. zurückzugeben.

    Der Gerichtspräsident gewährte den Rekurrenten eine beschränkte
Akteneinsicht. Er stellte ihnen hiezu Fotokopien des Rechtshilfegesuches
vom 16. Juni 1986 und der Ergänzung vom 27. August 1986 zu und liess sie
ferner in die Stellungnahmen der Eidgenössischen Steuerverwaltung vom
23. Juli und 14. Oktober 1986 Einsicht nehmen.

    Mit Entscheid vom 29. Juni 1987 wies der Gerichtspräsident den Rekurs
ab. Er bezeichnete die Verfügung des Verhöramtes vom 13. November 1986, mit
welcher dem Rechtshilfegesuch entsprochen wurde, als rechtmässig. Zudem
gestattete er dem Verhöramt, die gemäss Rechtshilfeverfügung vom
13. November 1986 beschlagnahmten und versiegelten Akten zu durchsuchen
sowie der Oberstaatsanwaltschaft in Koblenz die verlangten Akten
herauszugeben.

    Gegen diesen Entscheid vom 29. Juni 1987 führen die Firma X., V. und
W. Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht mit dem Antrag,
die Rechtshilfegesuche seien abzuweisen; die Rechtshilfeverfügung des
Verhöramtes vom 13. November 1986 sei aufzuheben, und alle beschlagnahmten
Akten seien der Firma X. zurückzugeben.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) In der Sache selbst machen die Beschwerdeführer in erster
Linie geltend, dem deutschen Fiskus gehe es darum, den Ertrag der
schweizerischen Aktiengesellschaft X. der deutschen Besteuerung
zu unterwerfen. Zu diesem Zweck werde behauptet, die Firma X. sei
eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz und Geschäftsleitung in der
Bundesrepublik Deutschland. Dies werde als Gestaltungsmissbrauch im
Sinne von § 6 des deutschen Steueranpassungsgesetzes angesehen. Liege der
behauptete Gestaltungsmissbrauch vor, gelte die schweizerische Gesellschaft
infolge des am 13. September 1972 in Kraft getretenen Auslandsteuergesetzes
als in der Bundesrepublik ansässig mit voller Steuerpflicht, also unter
Aufrechnung auf die deutschen Steuerfaktoren. Es gehe dem deutschen Fiskus
somit gar nicht um den Abgabebetrug. Dieser werde lediglich vorgeschoben,
um herauszufinden, ob die Geschäftsführung der Firma X. von Deutschland
aus besorgt werde. In Tat und Wahrheit handle es sich um unerlaubte
Beweisausforschung unter dem Vorwand eines behaupteten Abgabebetruges.

    Das Bundesgericht habe im Urteil vom 27. November 1985 klargestellt,
dass Rechtshilfe nur dann gewährt werden könne, wenn Abgabebetrug
vorliege. Von Abgabebetrug könne nur gesprochen werden, wenn die
behauptete Differenz zwischen dem von der Firma X. angegebenen
Fakturabetrag und dem Handelswert in der einen oder anderen Form an
die C. GmbH zurückgeflossen sei. Mit dieser Frage setze sich weder das
Rechtshilfegesuch vom 16. Juni 1986 noch dasjenige vom 27. August 1986
auseinander. Es werde zwar angenommen, dass die Differenz zwischen dem
Fakturabetrag und dem wahren Handelswert in den Vermögensbereich der
Beschuldigten zurückgeflossen sei. Diese Annahme sei aber durch nichts
belegt. Offenbar bestehe der Zweck des Rechtshilfegesuches gerade darin,
Anhaltspunkte für diesen Kapitalrückfluss zu erhalten. Ausser Behauptungen
gebe es keine Anhaltspunkte für einen solchen Kapitalrückfluss, weshalb
ein begründeter Verdacht dafür nicht vorliege.

    b) In den Erwägungen seines Urteils vom 27. November 1985 äusserte
sich das Bundesgericht eingehend zu den Voraussetzungen für das Vorliegen
eines Abgabebetruges, der hier in Form des Steuerbetruges zur Diskussion
steht. So wäre es nach den damaligen bundesgerichtlichen Ausführungen
erforderlich gewesen, dass der C. GmbH von der Firma X. vereinbarungsgemäss
für Fabrikate einer Drittfirma wesentlich überhöhte Rechnungen gestellt
worden wären, und die Differenz zwischen dem Fakturabetrag und dem wahren
Handelswert hätte in der Folge in der einen oder anderen Form an die
C. GmbH zurückgeflossen sein müssen. Hätte es sich derart verhalten,
so läge eine künstliche Verminderung des Geschäftsgewinnes der C. GmbH
zum Nachteil des deutschen Fiskus vor, die unter Verwendung inhaltlich
falscher Rechnungen herbeigeführt worden wäre und somit arglistig
erschiene. Diesfalls wären die Voraussetzungen eines Steuerbetruges
erfüllt. Im übrigen kann hier auf die Ausführungen im bundesgerichtlichen
Urteil vom 27. November 1987 verwiesen werden (BGE 111 Ib 248 ff. E. 5);
die damals für das Vorhandensein eines Abgabe- bzw. Steuerbetruges
genannten Voraussetzungen gelten auch im vorliegenden Fall. Von der
ersuchenden Behörde ist nicht ein strikter Beweis dieses Tatbestandes zu
verlangen, doch muss sie hinreichende Verdachtsmomente für dessen Vorliegen
darlegen, damit ihrem Gesuch entsprochen werden kann (BGE 111 Ib 250
f. E. 5c). Mit diesem Erfordernis wird von der Regel abgewichen, wonach
die schweizerische Behörde sich beim Entscheid über ein Rechtshilfebegehren
nicht über das Bestehen der angeführten Tatsachen auszusprechen hat,
sondern an die Darstellung des Sachverhaltes im Begehren des ersuchenden
Staates gebunden ist, soweit diese nicht offensichtliche Fehler, Lücken
oder Widersprüche enthält (BGE 110 Ib 180 E. 4d mit Hinweisen). Für eine
solche Ausnahmeregelung für die Fälle der Gewährung von Rechtshilfe für
Abgabebetrug gibt es jedoch gewichtige Gründe, gilt es doch zu verhindern,
dass die ersuchende Behörde sich unter dem Deckmantel eines von ihr ohne
Vorhandensein von Verdachtsmomenten lediglich behaupteten Abgabebetruges
Beweise verschafft, die zur Ahndung anderer Fiskaldelikte dienen sollen,
für welche die Schweiz keine Rechtshilfe gewährt (Art. 3 Abs. 3 IRSG,
s. hiezu auch BGE 111 Ib 245/246). Hinzu kommt, dass eine blosse
Beweisausforschung verboten ist (vgl. BGE 103 Ia 211 f. E. 6).

    c) Die Beschwerdeführer machten bereits im vorinstanzlichen Verfahren
geltend, dass zwischen der C. GmbH und der spanischen Firma E. bis 1978
überhaupt keine direkten geschäftlichen Beziehungen bestanden hätten. In
ihrer Beschwerdeschrift im nunmehrigen bundesgerichtlichen Verfahren
wiederholen sie diesen Standpunkt, und sie führen dort weiter aus, solche
Beziehungen habe es nur mit der spanischen Firma F. gegeben. Die C. GmbH
habe an diese Firma Rohteile zur Verarbeitung geschickt, und die Firma
F. habe diese Teile nach Veredelung und unter Beifügung eigener Teile
an die Firma X. bzw. die C. GmbH geliefert. In einem späteren Zeitpunkt
habe die C. GmbH bemerkt, dass die Firma F. die Produkte nicht selbst
hergestellt habe, sondern von der Firma E. habe anfertigen lassen. An
einer Fachmesse im Jahre 1967 in Paris sei festgestellt worden, dass ein
damaliger Geschäftsführer der Firma F. Nachbauten einer Kippvorrichtung
der C. GmbH ausgestellt habe. Um bei ihm einen Verzicht auf Produktion
und Vertrieb jeglicher Nachbauten von Kippvorrichtungen zu erreichen,
sei zwischen der Firma F. und der C. GmbH eine Vereinbarung getroffen
worden. Gestützt darauf habe der Geschäftsführer der Firma F. auf
Nachbauten verzichtet. Die C. GmbH habe sich dafür verpflichtet,
Aufträge für die Teillieferung von Kippvorrichtungen sicherzustellen. Auf
Wunsch des genannten Geschäftsführers sei aber keine Direktlieferung
erfolgt. Die Geschäfte seien vielmehr über die schweizerische Gesellschaft
X. abgewickelt worden. Dadurch habe der Geschäftsführer der Firma
F. erreicht, dass die Zahlungen in schweizerischer Währung erfolgt seien,
was angesichts des Zerfalls der Peseta für die spanischen Produzenten von
grosser Bedeutung gewesen sei. Der genannte Geschäftsführer habe die
bestellten Teile allerdings nicht durch die Firma F. fertigen lassen,
sondern als Subunternehmer die Firma E. beigezogen. Für die Fertigung
dieser Produkte hätten natürlich zwischen den Vertretern der Firma
E. und der C. GmbH Kontakte stattgefunden. Hingegen habe es bis 1978
keine Preisverhandlungen, Preisvereinbarungen oder Preisfestsetzungen
gegeben. 1978 habe dann die Firma F. Konkurs gemacht. Ab diesem Zeitpunkt
sei direkt zwischen der Firma E. und der C. GmbH verhandelt worden.

    In diesem Zusammenhang wurde im angefochtenen Entscheid ausgeführt,
aus dem Rechtshilfegesuch vom 16. Juni 1986 und der Ergänzung hiezu
vom 27. August 1986 sowie aus den diesen beiden Eingaben beigelegten
Unterlagen ergebe sich, dass die C. GmbH selber schon seit ungefähr Mitte
1969 der Firma E. direkt Maschinenteile-Lieferaufträge erteilt und mit
ihr ohne jegliche Beteiligung der Firma X. auch die Preise ausgehandelt
habe. Die Verhandlungen habe der von der Staatsanwaltschaft in Koblenz
als Zeuge befragte Produktionsleiter der C. GmbH geführt. Entsprechend
diesen Verhandlungen sei zum Beispiel der Liefervertrag 70/1395 (also
aus dem Jahre 1970) abgeschlossen worden, in welchem die zu fertigenden
Teile, die Menge und der jeweilige Einzelpreis je Stück verbindlich
festgelegt seien (Anlage 1 zum Rechtshilfegesuch). Aus den Anlagen 1 bis
4 der Ergänzung zum Rechtshilfegesuch ergebe sich, dass dieser Vertrag
zwischen der Firma E. und der C. GmbH abgeschlossen und in der Folge
auch verwirklicht worden sei. Solche Lieferaufträge habe die C. GmbH mit
der Firma E. offenbar auch in der Nachfolgezeit vereinbart. Dies belege
ein von der Staatsanwaltschaft in Koblenz sichergestellter Lieferplan
sowie ein Brief der C. GmbH an die Firma E. vom 9. Januar 1978 (Anlage
5 der Ergänzung zum Rechtshilfegesuch), die sich auf einen Auftrag mit
der Nr. 76/4200 (also aus dem Jahre 1976) bezögen. Im genannten Brief
werde darauf hingewiesen, dass dieser Auftrag in der ersten Jahreshälfte
1978 zur Auslieferung kommen solle. Im weiteren werde darin bereits ein
Termin für die Vorbereitungen für den "Anschlussauftrag" vorgeschlagen
und angekündigt, dass der genannte Produktionsleiter zu diesem Zwecke die
Firma E. in Spanien besuchen werde. Aus diesen Unterlagen ergäben sich
beachtliche Beweisanzeichen dafür, dass weiterhin Lieferaufträge direkt
mit der Firma E. vereinbart worden seien, auch wenn für diese Zeitspanne
entsprechende schriftliche Lieferverträge von der Staatsanwaltschaft in
Koblenz bisher nicht hätten sichergestellt werden können.

    Der zuständige kantonale Gerichtspräsident entnimmt den dem
Rechtshilfegesuch vom 16. Juni und der Ergänzung vom 27. August 1986
beigefügten Unterlagen fast nur Hinweise, die für die im Rechtshilfegesuch
vertretene Version des beschriebenen Geschäftsablaufs sprechen, und er
zieht hieraus den Schluss, die Firma X. sei nur eingeschaltet worden,
um dem deutschen Fiskus Steuern zu entziehen. Dieser Schluss ist indessen
nicht zulässig. Es bestehen nämlich zumindest ebenso wichtige - wenn nicht
sogar gewichtigere - Anhaltspunkte dafür, dass die Firma X. durchaus
eine selbständige, mitgestaltende Rolle als Geschäftspartnerin der
C. GmbH und der Firma F. gespielt hat. Die Zeugenaussagen des genannten
Produktionsleiters belegen nicht, dass zwischen der C. GmbH und der
Firma E. eigentliche Preisvereinbarungen oder Preisfestsetzungen
getroffen worden sind. Die Preise für die von der Firma E. an die C. GmbH
gelieferten Produkte wurden vielmehr von der Schweizer Firma X. zumindest
mitbestimmt, was aus den Auftragsbestätigungen der C. GmbH an die Firma
X. hervorgeht. Der Produktionsleiter der C. GmbH hat als Zeuge nur
bestätigt, dass es im Zuge der technischen Kontakte mit der Firma E. des
öfteren auch zu Gesprächen über Preise gekommen sei, insbesondere wenn
es darum gegangen sei, die Kosten für bestimmte Fertigungsverfahren
festzulegen. Dass die C. GmbH ihren technischen Fachmann auch dazu
einsetzte, bei der Firma E. auf tiefe Preise hinzuwirken, ist durchaus
verständlich, konnte sie doch so mitunter erwarten, dass das eine für sie
günstige Auswirkung auf die Preise haben würde, die sie schliesslich
der Firma X. zu bezahlen hatte. Möglicherweise hatte der genannte
Produktionsleiter der C. GmbH sogar von der Firma X. den Auftrag erhalten,
bei der Preisgestaltung mitzuwirken. Aus seinen Reisen nach Spanien
zur Firma E. und den darüber vorhandenen Unterlagen und Zeugenaussagen
darf aber nicht geschlossen werden, die Schweizer Firma X. habe an den
beschriebenen Geschäften einzig als Strohfirma zur Senkung der von der
C. GmbH an den deutschen Fiskus zu bezahlenden Steuern mitgewirkt. Es
erscheint vielmehr als wahrscheinlicher, dass die Firma X. eine rechtlich
zulässige, durchaus eigenständige und eigene Geschäftsinteressen wahrende
Rolle spielte. Der Produktionsleiter hat denn auch als Zeuge ausgeführt,
er habe von einer längerfristigen Verpflichtung der C. GmbH, die besagten
Teile über die Firma X. zu beschaffen, Kenntnis gehabt. Einen Abschluss
von Lieferverträgen zwischen der C. GmbH und der Firma E. hat der Zeuge
nicht bestätigt, wie ein Abschluss solcher Verträge auch nicht aus Anlage
1 zum Rechtshilfegesuch vom 16. Juni 1986 geschlossen werden kann. Wer
in bezug auf den Liefervertrag 70/1395 Vertragspartner der Firma E. ist,
wird in dieser Anlage 1 nicht genannt. Dass die vom Zeugen erwähnte
Verpflichtung der C. GmbH ihren Ursprung in den von der spanischen Firma
F. auf den Markt gebrachten Konkurrenzkippvorrichtungen hatte, ist entgegen
der Auffassung der Vorinstanz auf Grund der vorliegenden Akten nicht
auszuschliessen. Der Gerichtspräsident stellt in diesem Zusammenhang im
angefochtenen Entscheid fest, sowohl der Direktor der Firma E. als auch
der Direktor der Firma F. hätten im Rahmen eines Rechtshilfe-Ersuchens
der Staatsanwaltschaft in Koblenz an die Staatsanwaltschaft in Madrid
als Zeugen erklärt, die C. GmbH habe selber die Einschaltung der Firma
X. in die Wege geleitet. Was zunächst die Zeugenaussage des Direktors der
Firma E. betrifft, so hat dieser bestätigt, der Kontakt zur C. GmbH sei
im Jahre 1968 über den Direktor der Firma F. erfolgt, woraus erhellt, dass
die Geschäftsbeziehung zur C. GmbH tatsächlich über die Firma F. gelaufen
sein musste; erst als sich die Beziehungen zu deren Direktor verschlechtert
hätten, weil dieser seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen sei,
habe die Firma E. ab September 1971 der C. GmbH direkt geliefert. Ferner
hat der Direktor der Firma E. die Darlegungen der Beschwerdeführer
bestätigt, wonach die Preise für die Lieferungen zwischen 1968 und 1978 mit
dem Direktor der Firma F. ausgehandelt worden seien, wobei auch Ingenieure
der C. GmbH an den betreffenden Verhandlungen teilgenommen hätten. Ab 1978,
nach dem Konkurs der Firma F., habe man die Verträge dann direkt mit der
C. GmbH abgeschlossen und das Material an sie geliefert. Nach Auftreten
der erwähnten Schwierigkeiten zwischen der Firma F. und der Firma E. soll
sich, wie der Direktor dieser letztgenannten Firma weiter festgestellt
hat, auf der Seite der Firma F. auch die Firma X. direkt gegenüber
seiner Firma eingeschaltet haben, was die C. GmbH angeordnet zu haben
scheint. Aus den vom Direktor der Firma E. als Zeuge gemachten Aussagen
darf zwar geschlossen werden, die C. GmbH sei mit der Firma X. geschäftlich
verbunden. Es kann daraus aber nicht abgeleitet werden, die Firma X. sei
eine reine Strohfirma oder habe lediglich Pro-forma-Aufgaben übernommen,
zumal der soeben genannte Zeuge ausdrücklich zu Protokoll gegeben hat,
dass die Firma X. bis zum Konkurs der Firma F. am Geschäft betreffend
die von der Firma E. an die C. GmbH gelieferten Teile beteiligt gewesen
sei. Das lässt die Darlegungen der Beschwerdeführer als wahrscheinlich
erscheinen, zwischen der Firma F. und der C. GmbH habe ein langfristiger
Vertrag zur Herstellung von Teilen bestanden, bei dessen Erfüllung die
C. GmbH der Firma F. über die Firma X. höhere Preise zu bezahlen gehabt
habe, als dies im direkten Geschäftsverkehr mit der die Arbeit letztlich
ausführenden Firma E. möglich gewesen wäre. Als Grund für diese Überpreise
hat die C. GmbH im ganzen Rechtshilfeverfahren in der Schweiz und auch in
deutschen Verfahren immer angeführt, man habe damit verhindern wollen,
dass die Firma F. Nachbauten gewisser Kippvorrichtungen der C. GmbH
zu Tiefpreisen auf den Markt bringe. Der Anwalt dieser Firma hat in
einer Rechtsschrift vom 28. Juli 1986 unter Nennung von Zeugen eingehend
substantiiert, dass solche nicht autorisierte Nachbauten durch den Direktor
der Firma F. hergestellt und vertrieben wurden; so habe dieser ab 1967 bis
zu 600 komplette Kippvorrichtungen als Nachbauten der Kippvorrichtungen der
C. GmbH hergestellt und vertrieben, wovon 60 Aggregate nachweislich in die
Bundesrepublik Deutschland gelangt seien. Die genannte Substantiierung ist
vom Finanzgericht Rheinland-Pfalz am 10. September 1986 bestätigt worden.

    Der Direktor der Firma F. hat zwar als Zeuge bestätigt, dass nicht
seine Firma die Mitarbeit der Firma X. verlangt habe, sondern dass diese
von Frau A. eingeschaltet worden sei. Der Wert dieses Zeugnisses ist
allerdings nicht allzu hoch einzustufen; der Direktor der Firma F. war
offenbar ein ernstzunehmender geschäftlicher Widersacher der C. GmbH, wäre
er doch sonst nicht neben Frau A. an der Gründung der Firma C. Espagnola
mitbeteiligt gewesen. Diese wurde - wie der Direktor der Firma F. selbst
festgestellt hat - wegen Nichterfüllung der ausgemachten Verträge im
Jahre 1973 aufgelöst. Eingeschaltet wurde die Firma X. offenbar, weil
die Firma F. ihren Zahlungsverpflichtungen der von ihr beigezogenen Firma
E. gegenüber nicht mehr nachkam. Dass die C. GmbH unter diesen Umständen
die Firma X. zur Wahrung ihrer Interessen bei der Geschäftsabwicklung mit
den Firmen E. und F. beizog, ist verständlich, und dass dieser Beizug der
Firma F. gegenüber mit Vorteilen währungspolitischer Art erklärt wurde,
ist naheliegend. Ob die Aussage des Direktors des Firma F., die Firma
X. habe sich über die C. GmbH selbst eingeschaltet, zutreffend ist,
oder ob es sich so verhielt, dass dieses Vorgehen zwar von der C. GmbH
vorgeschlagen, aber schliesslich doch von der Firma F. allenfalls auch
gewünscht wurde, kann letztlich offenbleiben. Entscheidend ist einzig,
dass auf Grund der vorhandenen Unterlagen nicht gesagt werden kann,
die Firma X. habe bei der ganzen Geschäftsabwicklung nur eine reine
Strohmann-Funktion wahrgenommen und eine Verpflichtung zur Vornahme von
Abwehrzahlungen an die Firma F. zwecks Verhinderung des Vertriebs billiger,
nicht autorisierter Nachbauten eigener Produkte sei auszuschliessen. Das
Gegenteil erscheint vielmehr um einiges wahrscheinlicher.

    Die Vorinstanz erwähnt im weiteren einen vom 2. Juli 1968 datierten
Vertrag zwischen der Firma F. und der X. Holding AG, Zürich, in welchem
die letztgenannte Firma einerseits die Rechte der C. GmbH wahrgenommen
habe und anderseits durch Frau A. vertreten worden sei (diese habe die
betreffende Vereinbarung denn auch eigenhändig unterzeichnet). Aus der für
die X. Holding AG und die C. GmbH günstigen Abfassung dieses Vertrages
schliesst sie, es hätte kein Anlass für Abwehrzahlungen der C. GmbH der
Firma F. gegenüber bestanden. Dieser Schluss darf indes angesichts der
sehr komplizierten und undurchsichtigen Geschäftsbeziehungen zwischen
der C. GmbH und den Firmen E., F. und X. nicht gezogen werden, bestehen
doch zu wenig konkrete Anhaltspunkte für eine solche Interpretation
dieses Vertrages.

    Dass der Produktionsleiter der C. GmbH bei den Preisverhandlungen
zwischen den Firmen E. und F. anwesend war und zugleich die
Auftragsbestätigungen an die Firma X. ausstellte, auf welchen höhere Preise
figurierten, als zwischen E. und F. ausgehandelt worden waren, dürfte
seinen Grund in den von den Beschwerdeführern erwähnten Abwehrzahlungen
gehabt haben. Jedenfalls erscheint dies nicht als ausgeschlossen.

    Schliesslich legt die Vorinstanz dar, die C. GmbH bzw. die
Beschuldigten A. und D. seien offenbar mit der Firma X. wirtschaftlich
verbunden. Eine solche Verbindung dürfte zwar durchaus vorliegen. Das
berechtigt aber noch nicht zur Annahme, dass von der Firma X. Geld
an die C. GmbH oder an die genannten Beschuldigten zurückgeflossen
sei. Die Folgerung des Gerichtspräsidenten, aus den tatsächlichen
Feststellungen sowie den personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen
ergäben sich genügend hinreichende Beweisanzeichen dafür, dass die durch
Überfakturierungen verlagerten Gewinne und Vermögenswerte der C. GmbH
letztlich über eine Bank in der Schweiz den von der Staatsanwaltschaft
in Koblenz Beschuldigten A. und D. zugeflossen seien, kann nicht geteilt
werden. Es gibt vielmehr - wie die Beschwerdeführer zu Recht darlegen -
keinerlei konkrete Anhaltspunkte für einen solchen Kapitalrückfluss. Der
Umstand allein, dass die Beschuldigten geschäftlich mit der Firma
X. verbunden sind, lässt eine solche Annahme jedenfalls nicht zu. Auch
dass die von der Firma X. der C. GmbH zugestellten Rechnungen blosse
Pro-forma-Rechnungen darstellen sollen, kann im Lichte der vorhandenen
Unterlagen nicht als wahrscheinlich bezeichnet werden. Diese Auffassung
wird offenbar selbst von den deutschen Behörden geteilt, schreibt doch etwa
das Finanzgericht Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 10. September
1986, solange der Zugriff auf die Unterlagen der Firma X. nicht gelungen
sei, lasse sich die Möglichkeit, dass bei der C. GmbH Betriebsausgaben
in Form von Abwehrzahlungen vorlägen, nicht ausschliessen. Die deutschen
Behörden vermuten allerdings, dass es sich in Tat und Wahrheit nicht so
verhält. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass ein Abgabebetrug in der Form
eines Steuerbetruges vorliegt, d.h. dass die Firma X. Pro-forma-Rechnungen
ausgestellt hat und dass ein Kapitalrückfluss von ihr an die C. GmbH
erfolgt ist, konnten sie indes bis zum heutigen Zeitpunkt nicht beibringen.

    d) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass auch das neue
Rechtshilfe-Ersuchen vom 16. Juni 1986 und dessen Ergänzung vom 27. August
1986 mit Einschluss der dazugehörigen Unterlagen keine hinreichenden
Verdachtsmomente für das Vorliegen eines Steuerbetruges enthalten. Die
gestützt auf eine blosse Vermutung aufgestellte Behauptung der deutschen
Behörden allein, es liege Abgabe- bzw. Steuerbetrug vor, genügt - wie
ausgeführt - für die Gewährung der Rechtshilfe nach Art. 3 Abs. 3 IRSG
nicht. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist daher gutzuheissen, und
dem genannten Rechtshilfegesuch ist keine Folge zu geben. Unter diesen
Umständen ist das von den Beschwerdeführern gestellte Gesuch, es sei ihnen
gemäss Art. 79 Abs. 3 IRSG in sämtliche dem Ersuchen zugrunde liegenden
Unterlagen Einsicht zu gewähren, gegenstandslos, wie auch die Frage, ob
der behauptete Steuerbetrug bereits verjährt sei, nicht weiter erörtert
zu werden braucht. Über die Rechtshilfegesuche vom 21. November und
19. Dezember 1983 wurde mit Urteil des Bundesgerichts vom 27. November
1985 bereits entschieden. Sie sind daher - entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführer - im vorliegenden Verfahren nicht mehr zu behandeln.