Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IA 182



114 Ia 182

29. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
16. Juni 1988 i.S. S. gegen Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich und
Psychiatrische Gerichtskommission des Kantons Zürich (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Öffentlichkeit der Verhandlung bei der gerichtlichen Überprüfung
einer fürsorgerischen Freiheitsentziehung; Art. 5 Ziff. 4 EMRK.

    1. Die fürsorgerische Freiheitsentziehung nach Art. 397a ff. ZGB
stellt einen Freiheitsentzug im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK dar;
der Betroffene hat Anspruch auf eine gerichtliche Überprüfung im Sinne
von Art. 5 Ziff. 4 EMRK (E. 3a).

    2. Die Anforderungen an das gerichtliche Verfahren ergeben sich
grundsätzlich allein aufgrund von Art. 5 Ziff. 4 EMRK; Art. 6 Ziff. 1
EMRK findet keine direkte Anwendung (E. 3b).

    3. Art. 5 Ziff. 4 EMRK verlangt bei der gerichtlichen Überprüfung einer
fürsorgerischen Freiheitsentziehung die Öffentlichkeit der Verhandlung
nicht (E. 3c); auch im Falle der Anwendung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK hielte
der Ausschluss der Öffentlichkeit vor der Konvention stand (E. 3d).

Sachverhalt

    A.- Die Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich wies S. in eine
psychiatrische Klinik ein und ordnete gestützt auf Art. 397a ZGB eine
fürsorgerische Freiheitsentziehung an. Darauf ersuchte S. um gerichtliche
Beurteilung durch die Psychiatrische Gerichtskommission des Kantons
Zürich. Diese bestätigte die fürsorgerische Freiheitsentziehung und wies
das Entlassungsgesuch ab. In formeller Hinsicht führte sie aus, dass
die Verhandlung nicht öffentlich sei und dass dem Gesuch um Durchführung
einer öffentlichen Verhandlung nicht entsprochen werden könne.

    Gegen diesen Entscheid reichte S. staatsrechtliche Beschwerde ein. Er
beschränkte seine Beschwerde auf die Rüge, Art. 6 Ziff. 1 EMRK sei
wegen mangelnder Öffentlichkeit des Verfahrens vor der Psychiatrischen
Gerichtskommission verletzt.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- (...) b) Nach § 16 und 17 der Verordnung über das Verfahren der
Psychiatrischen Gerichtskommission des Kantons Zürich vom 28. Januar 1981
(Verordnung, VO; Zürcher Gesetzessammlung 232.5) trifft die Psychiatrische
Gerichtskommission ihre Entscheidungen entweder auf dem Zirkulationsweg
oder anlässlich einer Sitzung. § 18 Abs. 1 VO schreibt vor, dass die
Verhandlungen vor der Kommission nicht öffentlich sind. (...)

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 6 Ziff. 1 EMRK;
diese erblickt er darin, dass die Psychiatrische Gerichtskommission den
angefochtenen Entscheid nicht in einem öffentlichen Verfahren getroffen
hat. Damit bezieht sich der Beschwerdeführer ausschliesslich auf den
Teilgehalt von Art. 6 Ziff. 1 EMRK, wonach die Öffentlichkeit der
Verhandlung garantiert ist. Er macht indessen nicht geltend, dass das
Urteil entgegen Art. 6 Ziff. 1 EMRK nicht öffentlich verkündet worden ist,
und zieht die Anwendung des formellen Vorbehalts der Schweiz zu Art. 6
EMRK in bezug auf die Öffentlichkeit der Urteilsverkündung nicht in Zweifel
(AS 1974 2148).

Erwägung 3

    3.- a) Für die Beurteilung der Rüge, die Psychiatrische
Gerichtskommission habe den Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlung
verletzt, gilt es vorerst unter dem Gesichtswinkel der EMRK zu prüfen, in
welcher Art von Verfahren der angefochtene Entscheid getroffen worden ist.

    aa) Mehrere Erlasse des Bundes und der Kantone sahen früher vor,
dass mündige, entmündigte oder unmündige Personen aus fürsorgerischen
Gründen ohne oder gegen ihren Willen in einer Anstalt untergebracht oder
zurückbehalten werden. Derartige Massnahmen stellen Freiheitsbeschränkungen
im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK dar. Da die entsprechenden
Regelungen den Anforderungen der EMRK nicht genügten, musste die Schweiz
bei der Ratifizierung der EMRK zu Art. 5 einen Vorbehalt mit folgendem
Wortlaut anbringen: Die Anwendung der Bestimmungen des Artikels 5 der
Konvention erfolgt unter Vorbehalt einerseits der kantonalen Gesetze,
welche die Versorgung gewisser Kategorien von Personen durch Entscheid
einer Verwaltungsbehörde gestatten, und anderseits unter Vorbehalt des
kantonalen Verfahrensrechts über die Unterbringung von Kindern und Mündeln
in einer Anstalt nach den Bestimmungen des Bundesrechts über die elterliche
Gewalt und die Vormundschaft (AS 1974 2148).

    Mit der Revision des Zivilgesetzbuches vom 6. Oktober 1978 wurden
neue Bestimmungen über die fürsorgerische Freiheitsentziehung aufgenommen
(Art. 397a ff. ZGB). Ziel dieser Revision war eine Anpassung an die
Anforderungen von Art. 5 EMRK. Insbesondere sollten die Voraussetzungen
der Freiheitsentziehung, die Mindestrechte im Verfahren und der
Schadenersatzanspruch bei widerrechtlicher Freiheitsentziehung geregelt
werden; damit sollten auch die Voraussetzungen für einen Rückzug des
Vorbehaltes zur EMRK geschaffen werden (vgl. Botschaft des Bundesrates
über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches [Fürsorgerische
Freiheitsentziehung] und den Rückzug des Vorbehaltes zu Artikel 5 der
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BBl 1977 III
S. 1 ff., insbesondere S. 17 ff.). Besondere Bedeutung wurde dem Anspruch
auf gerichtliche Beurteilung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung
sowie dem dabei zu beachtenden Verfahren beigelegt; die entsprechenden
Bestimmungen finden sich heute in Art. 397d-397f ZGB (vgl. Botschaft,
aaO, S. 36 ff.). Der Vorbehalt zu Art. 5 EMRK ist nach Inkrafttreten
der ZGB-Revision mit Wirkung ab 1. Januar 1982 zurückgezogen worden
(AS 1982 292).

    bb) Nach Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK kann einer Person die
Freiheit entzogen werden, wenn sie u.a. geisteskrank, Alkoholiker oder
rauschgiftsüchtig ist. Die fürsorgerische Freiheitsentziehung nach
Art. 397a ZGB stellt eine Freiheitsbeschränkung im Sinne von Art. 5
Ziff. 1 EMRK dar (vgl. Botschaft des Bundesrates, aaO, S. 17; OLIVIER
JACOT-GUILLARMOD, Intérêt de la jurisprudence des organes de la CEDH pour
la mise en oeuvre du nouveau droit suisse de la privation de la liberté à
fins d'assistance, in: Zeitschrift für Vormundschaftswesen (ZVW) 36/1981
S. 44 f.). Dementsprechend hat eine von einer solchen Massnahme betroffene
Person nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK das Recht, ein Verfahren zu beantragen,
in dem von einem Gericht raschmöglichst über die Rechtmässigkeit der
Haft entschieden und im Falle der Widerrechtlichkeit die Entlassung
angeordnet wird.

    Der Entscheid über eine fürsorgerische Freiheitsentziehung kann nach
Art. 397d ZGB beim Richter angefochten werden. Die Verfahrensordnung
wird unter Beachtung der bundesrechtlichen Grundsätze von Art. 397e und
Art. 397f ZGB durch das kantonale Recht und für den vorliegenden Fall
durch die genannte Verordnung bestimmt. Diese gerichtliche Beurteilung
der fürsorgerischen Freiheitsentziehung stellt ein Verfahren im Sinne
von Art. 5 Ziff. 4 EMRK dar. Das trifft auch für die Streitsache des
Beschwerdeführers vor der zürcherischen Psychiatrischen Gerichtskommission
zu.

    b) Nach der Rechtsprechung der Strassburger Organe hat ein Verfahren
zur gerichtlichen Überprüfung einer Freiheitsentziehung gewissen
Anforderungen zu entsprechen, um Art. 5 Ziff. 4 EMRK zu genügen. Zum
einen muss das Verfahren garantieren, dass eine gerichtliche Instanz
mit hinreichender Kognition die Bedingungen, welche nach Art. 5 Ziff. 1
lit. e EMRK für die rechtmässige Haft einer Person wegen Geisteskrankheit
erforderlich sind, prüft und allenfalls eine periodische Überprüfung
vornimmt. Der Beschwerdeführer erhebt in dieser Hinsicht keine Rügen,
und es kann daher auf die Rechtsprechung verwiesen werden (Urteil
i.S. Ashingdane vom 28. Mai 1985, Publications de la Cour Européenne des
Droits de l'Homme, Série A, Vol. 93, Ziff. 52 = EuGRZ 1986 S. 8 ff. [S. 11
f.]; Urteil i.S. Luberti vom 23. Februar 1984, Série A, Vol. 75, Ziff. 31
= EuGRZ 1985 S. 642 ff. [S. 645;] Urteil i.S. Droogenbroeck vom 24. Juni
1982, Série A, Vol. 50, Ziff. 48 f. = EuGRZ 1984 S. 6 ff. [S. 9 f.];
Urteil i.S. X. vom 5. November 1981, Série A, Vol. 46, Ziff. 52 f. =
EuGRZ 1982 S. 101 ff. [S. 104 f.]; Urteil i.S. Winterwerp vom 24. Oktober
1979, Série A, Vol. 33, Ziff. 55 = EuGRZ 1979 S. 650 ff. [S. 656];
vgl. ferner STEFAN TRECHSEL, Die Garantie der persönlichen Freiheit
[Art. 5 EMRK] in der Strassburger Rechtsprechung, in: EuGRZ 1980 S. 529
f.; JACOT-GUILLARMOD, aaO, S. 49; GIORGIO MALINVERNI, Das Recht auf
Freiheit und Sicherheit [Art. 5], Schweiz. Juristische Kartothek, Nr.
1373, S. 22 f.; JOCHEN ABR. FROWEIN/WOLFGANG PEUKERT, EMRK-Kommentar,
1985, N. 123 ff. zu Art. 5).

    Mit der vorliegenden Beschwerde wird die Frage aufgeworfen, welchen
Anforderungen formeller Natur das Verfahren nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK
genügen muss und worauf diese beruhen.

    Für die gerichtliche Prüfung des Freiheitsentzuges nach Art. 5 Ziff. 4
EMRK verlangt die Konvention nicht notwendigerweise ein ordentliches
Gericht klassischer Natur, das in die herkömmlichen gerichtlichen
Einrichtungen integriert ist; notwendig ist indessen ein von der Exekutive
und den Parteien unabhängiges Organ (Urteil i.S. Weeks vom 2. März 1987,
Série A, Vol. 114, Ziff. 61 = EuGRZ 1988 S. 316 ff. [S. 318 f.]; Urteil
X., Ziff. 53; Urteil i.S. De Wilde, Ooms und Versyp vom 18. Juni
1971 betreffend die Landstreicherei in Belgien, Série A, Vol. 12,
Ziff. 78). Das Bundesgericht hat die Unabhängigkeit der Psychiatrischen
Gerichtskommission des Kantons Zürich bejaht und sie als Gericht im
Sinne von Art. 5 Ziff. 4 EMRK bezeichnet (BGE 108 Ia 185 E. 4). - Die
Konvention schreibt keine bestimmte Gerichtsorganisation vor (BGE 108 Ia
186 E. a, mit Hinweisen). Das Verfahren muss nicht notwendigerweise in
allen Fällen, in denen nach der Konvention ein Gericht erforderlich ist,
dasselbe sein; insbesondere brauchen in Verfahren nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK
nicht immer die gleichen Garantien beachtet zu werden wie in Verfahren nach
Art. 6 Ziff. 1 EMRK (Urteil De Wilde, Ooms und Versyp, Ziff. 78; Urteil
Winterwerp, Ziff. 60). Gefordert wird indessen, dass bei gerichtlicher
Überprüfung nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK die grundlegenden Verfahrensgarantien
beachtet werden, welche der konkret streitigen Freiheitsentziehung sowie
den besondern Umständen des Prozesses angepasst sind (Urteil De Wilde,
Ooms und Versyp, Ziff. 76 und 78; Urteil Winterwerp, Ziff. 57; Urteil
Weeks, Ziff. 61). - Zu den einzelnen Verfahrensgarantien gehört zudem
nach Art. 5 Ziff. 2 EMRK eine hinreichende Information über den Grund der
Freiheitsentziehung (vgl. TRECHSEL, Die Garantie der persönlichen Freiheit,
aaO, S. 528 f.; JACOT-GUILLARMOD, aaO, S. 51). Aus Art. 5 Ziff. 4 EMRK
ergibt sich, dass das Gericht raschmöglichst über den Freiheitsentzug
zu entscheiden hat (Urteil des Gerichtshofes i.S. Sanchez-Reisse vom
21. Oktober 1986, Série A, Vol. 107, Ziff. 53 ff. = EuGRZ 1988 S. 523). Das
gerichtliche Verfahren muss mit hinreichender Bestimmtheit umschrieben
sein (Urteil Droogenbroeck, Ziff. 54); in diesem Zusammenhang fordert
Art. 397e Ziff. 1 und 2 ZGB eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung
(Botschaft des Bundesrates, aaO, S. 34 f.). Aus dem Erfordernis eines
gerichtlichen Verfahrens hat der Gerichtshof weiter einen Anspruch auf
rechtliches Gehör abgeleitet (Urteil Winterwerp Ziff. 60) und weiter
gefordert, dass das Verfahren in hinreichender Weise kontradiktorisch ist
(Urteil Weeks, Ziff. 66; Urteil Sanchez-Reisse, Ziff. 42 ff.; vgl. BGE
114 Ia 86 E. 3). Schliesslich haben die Strassburger Organe und das
Bundesgericht darauf hingewiesen, dass der freie Verkehr des Betroffenen
mit seinem Rechtsanwalt nur unter besonderen Verhältnissen eingeschränkt
werden dürfe (BGE 111 Ia 346-349, mit Hinweisen).

    Diese Zusammenstellung der Rechtsprechung des Gerichtshofes zeigt,
dass sich die Ausgestaltung des gerichtlichen Verfahrens ausschliesslich
aus dem Wortlaut sowie Sinn und Systematik von Art. 5 EMRK ergibt. Die
Rechtsprechung hat die formellen Anforderungen an das Verfahren gerade
im Hinblick auf die Verschiedenartigkeit der spezifischen Arten von
Freiheitsentziehungen nach Art. 5 Ziff. 1 EMRK herausgebildet. Angesichts
des unterschiedlichen Zwecks und Gegenstandes von Art. 5 und Art. 6 EMRK
sind Verfahrensgrundsätze, wie sie sich aus Art. 6 Ziff. 1 EMRK ergeben
mögen, nicht direkt auf das Verfahren nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK übertragen
worden. Auch das Bundesgericht hat es abgelehnt, Verfahrensgrundsätze
von Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf das Verfahren nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK direkt
anzuwenden; es hat beispielsweise ausgeführt, Art. 6 Ziff. 1 EMRK beziehe
sich nur auf die Zusammensetzung des erkennenden Strafgerichts, nicht
aber auf die Besetzung bei blossen Zwischenentscheiden wie der Überprüfung
eines Haftentlassungsgesuches (Urteil i.S. F. vom 26. April 1978 teilweise
wiedergegeben in: SJIR 34/1978 S. 210). In die gleiche Richtung weist
die Literatur, welche eine direkte Übernahme von Verfahrensgarantien
nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf das Verfahren nach Art. 5 Ziff. 4 EMRK
nicht fordert, soweit der hinreichende prozessuale Schutz des Betroffenen
garantiert ist (vgl. insbesondere STEFAN TRECHSEL, Die Europäische
Menschenrechtskonvention, ihr Schutz der persönlichen Freiheit und die
schweizerischen Strafprozessrechte, Bern 1974, S. 237 ff.; TRECHSEL,
Die Garantie der persönlichen Freiheit, aaO, S. 530; HERBERT MIEHSLER,
in: Internationaler Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention,
N. 108 ff. zu Art. 6; JACOT-GUILLARMOD, aaO, S. 49; MALINVERNI, aaO,
S. 21; FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, 1985, N. 120 f. zu Art. 5).

    c) Demnach kann nicht unter direkter Berufung auf Art. 6 Ziff. 1
EMRK die Öffentlichkeit in einem Verfahren gefordert werden, in dem nach
Art. 5 Ziff. 4 EMRK über eine Freiheitsentziehung befunden wird. Die
Öffentlichkeit der Verhandlung in einem solchen Verfahren ergibt sich
angesichts des Zweckes der Bestimmung auch nicht aufgrund von Art.
5 EMRK. Soweit ersichtlich, finden sich weder in der Rechtsprechung
des Gerichtshofes noch in der Literatur Hinweise auf eine entsprechende
Forderung (vgl. die in E. 3b erwähnte Rechtsprechung und Doktrin). Den
formellen Anforderungen an ein Verfahren der gerichtlichen Überprüfung
einer Freiheitsentziehung ist genüge getan mit den Garantien, wie sie
sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Bundesgerichts
sowie im Hinblick auf den fürsorgerischen Freiheitsentzug aus
dem Zivilgesetzbuch und der Verordnung über die Psychiatrische
Gerichtskommission ergeben. Daran vermag auch die Besonderheit des
fürsorgerischen Freiheitsentzuges nichts zu ändern. Ein solcher ist -
anders als Untersuchungs- oder Auslieferungshaft - zwar nicht nur eine
vorläufige Massnahme; er gleicht einem durch den ordentlichen Strafrichter
verhängten Freiheitsentzug, und Missbräuche sind nicht zum vornherein
ausgeschlossen (Urteil i.S. F. vom 26. April 1978, teilweise publiziert
in: SJIR 34/1978 S. 210; Urteil De Wilde, Ooms und Versyp, Ziff. 79). Die
gerichtliche Beurteilung eines fürsorgerischen Freiheitsentzuges bedingt
aber die Abklärung von Umständen, die den direkt Betroffenen und Verwandte
in vermehrtem Masse persönlich berühren und daher aus berechtigten
Gründen des Persönlichkeitsschutzes nicht vor der Öffentlichkeit dargelegt
werden sollen. Der Beschwerdeführer vermag schliesslich auch keine Gründe
darzulegen, welche im Verfahren vor der Psychiatrischen Gerichtskommission
allgemein für die Zulassung der Öffentlichkeit sprechen würden. Und es ist
insbesondere auch nicht ersichtlich, weshalb gerade im vorliegenden Fall
des Beschwerdeführers die Öffentlichkeit hätte zugelassen werden sollen.

    Bei dieser Sachlage hat die Psychiatrische Gerichtskommission dadurch,
dass sie in Anwendung von § 18 der Verfahrensordnung keine öffentliche
Verhandlung durchgeführt hatte, die Menschenrechtskonvention nicht
verletzt.

    d) Selbst wenn Art. 6 Ziff. 1 EMRK auf die vorliegende gerichtliche
Beurteilung des fürsorgerischen Freiheitsentzuges anwendbar und die
Beschwerde demnach unter diesem Gesichtswinkel zu prüfen wäre, vermöchte
der Beschwerdeführer nicht durchzudringen.

    Nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jedermann u.a. Anspruch darauf, dass
seine Sache in billiger Weise öffentlich gehört wird; jedoch können die
Presse und die Öffentlichkeit während der gesamten Verhandlung oder eines
Teiles derselben ausgeschlossen werden im Interesse der Sittlichkeit oder
der öffentlichen Ordnung oder wenn es die Interessen von Jugendlichen
oder der Schutz des Privatlebens der Parteien verlangen.

    Im Jahre 1982 hat es das Bundesgericht als konventionskonform
bezeichnet, dass nach § 372 Abs. 1 der zürcherischen Strafprozessordnung
Gerichtsverhandlungen in Strafsachen gegen Minderjährige nicht
öffentlich sind. Der Ausschluss sei aus Rücksicht auf den Angeschuldigten
begründet. Der junge Delinquent sei insbesondere vor einer Blossstellung
in der Öffentlichkeit zu schützen. Der grundsätzliche Ausschluss stelle
in Abwägung der sich gegenüberstehenden Prinzipien der Öffentlichkeit der
Verhandlung und des Schutzes der Persönlichkeitsrechte des Angeklagten
einen vernünftigen Ausgleich dar. Dies treffe insbesondere wegen der
Ausgestaltung der Strafprozessordnung und der Möglichkeit der Orientierung
der Allgemeinheit zu (BGE 108 Ia 92 E. 3).

    Gleiche Überlegungen treffen auf die gerichtliche Überprüfung eines
fürsorgerischen Freiheitsentzuges zu. Die Konvention sieht den Ausschluss
der Öffentlichkeit insbesondere vor, wenn es der Schutz der Persönlichkeit
der Prozessparteien erfordert. In der gerichtlichen Überprüfung stehen
nach den materiellen Voraussetzungen in Art. 397a ZGB Geisteskrankheit,
Geistesschwäche, Trunksucht, andere Suchterkrankungen oder schwere
Verwahrlosung zur Diskussion. Deren Abklärung berührt die Betroffenen und
allfällige Verwandte in intimster Weise. Es liegt im öffentlichen Interesse
zum Schutze der Beteiligten, zu verhindern, dass all die Umstände,
welche zur Anordnung eines fürsorgerischen Freiheitsentzuges führten,
vor der Öffentlichkeit ausgebreitet werden. Angesichts des Umstandes,
dass die gerichtliche Überprüfung der fürsorgerischen Freiheitsentziehung
den Betroffenen in jedem Fall in seiner Persönlichkeits- und Intimsphäre
berührt, kann unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit auch nicht
beanstandet werden, dass - anders als im oben erwähnten Fall betreffend
Strafverfahren gegen Minderjährige - vom Ausschluss der Öffentlichkeit
keine Ausnahmen und keine anderweitige Orientierung der Allgemeinheit
vorgesehen sind.

    Demnach erwiese sich die vorliegende Beschwerde auch bei Prüfung
unter dem Gesichtswinkel von Art. 6 Ziff. 1 EMRK als unbegründet. Bei
dieser Sachlage braucht nicht geprüft zu werden, ob das Recht auf Freiheit
und Sicherheit in den Anwendungsbereich von Art. 6 Ziff. 1 EMRK fallen
würde (vgl. FROWEIN/ PEUKERT, aaO, N. 35 ff. zu Art. 6; MIEHSLER, aaO,
N. 108 ff. zu Art. 6) und wie es sich mit der Gültigkeit und Anwendung
des schweizerischen Vorbehalts zu Art. 6 Ziff. 1 EMRK verhält (vgl. BGE
109 Ia 228 E. 4, 108 Ia 321 E. 5; LUZIUS WILDHABER, in: Internationaler
Kommentar zur Europäischen Menschenrechtskonvention, N. 632 zu Art. 6).

    e) Aufgrund dieser Erwägungen ist die vorliegende Beschwerde
abzuweisen.