Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 II 501



113 II 501

87. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 30. November 1987 i.S.
H. gegen Grundbuchamt Affoltern a.A. und Obergericht des Kantons Zürich
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Beurkundung eines Liegenschaftsverkaufs aufgrund eines Ehevertrags
(Art. 657 ZGB und Art. 55 SchlT ZGB).

    § 237 Abs. 2 des EG zum ZGB des Kantons Zürich, der für die Beurkundung
von Rechtsgeschäften über im Kanton Zürich gelegene Grundstücke die lex
rei sitae vorsieht, verstösst nicht gegen Bundesrecht, auch wenn bei
Geschäften unter Ehegatten mit mehreren Grundstücken in verschiedenen
Kantonen unter Umständen mehrere Eheverträge abgeschlossen werden müssen
(Bestätigung der Rechtsprechung).

Sachverhalt

    A.- Am 11. August 1986 schlossen die Ehegatten H. mit Wohnsitz in
Zürich vor einem Notar in Sarnen OW einen öffentlich beurkundeten Ehe- und
Erbvertrag ab. Mit diesem Vertrag hoben sie die bisherige Güterverbindung
auf und ersetzten sie durch eine beschränkte Gütergemeinschaft verbunden
mit Gütertrennung. Für eine bisher im Alleineigentum des Ehemannes
stehende Liegenschaft in Affoltern a.A. wurde hälftiges Miteigentum
beider Ehegatten vereinbart, wobei die Miteigentumsanteile dem Recht
der Gütertrennung unterstehen sollten. Der Ehevertrag wurde von der
Vormundschaftsbehörde der Stadt Zürich genehmigt und am 9. Oktober 1986
im kantonalen Güterrechtsregister eingetragen.

    B.- Mit Verfügung vom 27. Oktober 1986 wies das Grundbuchamt Affoltern
a.A. die Anmeldung zur Eintragung des Miteigentums des Ehepaares H. an
der fraglichen Liegenschaft ab. Zur Begründung wurde angeführt, entgegen
§ 237 Abs. 2 des EG zum ZGB des Kantons Zürich (EGzZGB) sei der das
Miteigentum begründende Ehevertrag nicht vom zuständigen zürcherischen
Notar öffentlich beurkundet worden.

    Eine dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bezirksgericht Affoltern
a.A. als Aufsichtsbehörde über die Grundbuchämter am 27. November 1986
abgewiesen. Hiegegen reichten die Eheleute H. beim Obergericht des
Kantons Zürich Rekurs ein, der mit Beschluss vom 10. Juni 1987 ebenfalls
abgewiesen wurde.

    C.- Gegen diesen Entscheid wenden sich die Ehegatten H. mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht. Sie beantragen,
dass die Verfügung des Grundbuchamtes Affoltern a.A. vom 27. Oktober
1986 aufzuheben und dieses Amt anzuweisen sei, das Miteigentum an der
Liegenschaft in Affoltern a.A. gestützt auf den Ehevertrag vom 11. August
1986 im Grundbuch einzutragen.

    Das Grundbuchamt Affoltern a.A. und das Eidg. Justiz-
und Polizeidepartement stellen Antrag auf Abweisung der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde, während das Obergericht des Kantons Zürich
auf Gegenbemerkungen verzichtet hat.

    Das Bundesgericht weist die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Das Obergericht ist davon ausgegangen, die Beschwerdeführer
könnten sich nicht auf Art. 665 Abs. 3 ZGB berufen, wonach Änderungen
am Grundeigentum, die nach ehelichem Güterrecht eintreten, nach der
Veröffentlichung der Eintragung im Güterrechtsregister von Amtes wegen im
Grundbuch einzutragen sind. Die im Ehevertrag vereinbarte Begründung von
Miteigentum erfolge nämlich nicht durch den Güterstandswechsel und somit
nicht aussergrundbuchlich. Der Eintrag im Grundbuch sei für das Miteigentum
vielmehr konstitutiv. Fraglich bleibe somit einzig, ob der Ehevertrag
vom 11. August 1986 im Sinne von Art. 657 und 965 Abs. 3 ZGB die für die
Gültigkeit des Rechtsgrundes erforderliche Form erfülle. Diese Frage hat
das Obergericht mit dem Hinweis auf § 237 Abs. 2 EGzZGB verneint. Diese
Bestimmung verlange die öffentliche Beurkundung am Ort der gelegenen Sache.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung zu Art. 55 SchlT ZGB sei
eine solche kantonalrechtliche Vorschrift mit dem Bundesprivatrecht
vereinbar. Trotz der in der Lehre an dieser Rechtsprechung teilweise
geäusserten Kritik bestehe kein Grund, von der bisherigen Betrachtungsweise
abzuweichen. Entscheidend bleibe nach wie vor, dass eine Beurkundung am
Ort des Grundstücks bessere Gewähr dafür biete, dass der Vertragsinhalt
den gegebenen örtlichen Verhältnissen entspreche. Für die Freizügigkeit
der Beurkundung müsste der Preis der minderen Qualität bezahlt werden.

Erwägung 2

    2.- Die Beschwerdeführer erheben die einzige Rüge, dass das
Obergericht nicht in Übereinstimmung mit gewichtigen Stimmen in der
Lehre den § 237 Abs. 2 EGzZGB als bundesrechtswidrig bezeichnet und
den in einem andern Kanton öffentlich beurkundeten Ehevertrag nicht
als hinreichenden Rechtsgrundausweis für die Eigentumsübertragung
anerkannt habe. Insbesondere habe die Vorinstanz den begründeten
Überlegungen von Meier-Hayoz, N. 101 ff. zu Art. 657 ZGB, nicht
Rechnung getragen. Nach dessen Auffassung betreffe die öffentliche
Beurkundung nur eine Formfrage. Der Vertragsabschluss werde durch das
Bundesprivatrecht in räumlicher Hinsicht in keiner Weise beschränkt. Das
Erfordernis der Beurkundung am Ort der gelegenen Sache beeinträchtige den
Grundstückverkehr, und zwar vor allem dort, wo Liegenschaften nicht im
Gebiet eines einzigen Kantons liegen, d.h. bei Kauf- und Tauschgeschäften
von Grundstücken in verschiedenen Kantonen. Besitze ein Ehepaar Grundstücke
in mehreren Kantonen, könnte dies bewirken, dass auch mehrere Eheverträge
abgeschlossen werden müssten.

Erwägung 3

    3.- Der Vertrag auf Übertragung von Grundeigentum bedarf zu seiner
Verbindlichkeit der öffentlichen Beurkundung (Art. 657 Abs. 1 ZGB).
Soweit der Ehevertrag nach gesetzlicher Vorschrift als Grundlage
der Eigentumsübertragung ausreicht, sind nach Absatz 2 dieser
Gesetzesbestimmung die im ehelichen Güterrecht vorgeschriebenen Formen
zu beachten. Im übrigen bestimmen gemäss Art. 55 SchlT ZGB die Kantone,
in welcher Weise auf ihrem Gebiete die öffentliche Beurkundung zu erfolgen
hat. Nach § 237 Abs. 2 EGzZGB ist für die Beurkundung von Rechtsgeschäften
über dingliche und vormerkbare persönliche Rechte an Grundstücken im Kanton
Zürich nur der Notar des Kreises zuständig, in welchem das betroffene
Grundstück oder ein Teil davon liegt.

    a) Im Rahmen dieser bundesprivat- und kantonalrechtlichen Regelung
stellt sich einerseits die Frage nach der Tragweite der öffentlichen
Beurkundung im Zusammenhang mit dem Ehevertrag und anderseits nach
der Bedeutung von Art. 55 SchlT ZGB. Zum Gehalt dieser Vorschrift hat
sich das Bundesgericht in BGE 47 II 383 ff. eingehender geäussert. Es
ist dabei zur Auffassung gelangt, dass der Wortlaut von Art. 55 SchlT
ZGB einer kantonalen Regelung mit einer Beschränkung der örtlichen
Zuständigkeit zur öffentlichen Beurkundung nicht entgegenstehe und somit
nicht ausschliesslich die sachliche Zuständigkeit der Beurkundungsnormen
betreffe. Sodann ist das Bundesgericht der Auffassung entgegengetreten,
die mit dem Zivilgesetzbuch angestrebte Rechtsvereinheitlichung bedinge
zum vornherein eine einschränkende Auslegung des Vorbehaltes zugunsten
des kantonalen Rechts. Es sei nicht zu übersehen, dass es sich bei
der öffentlichen Beurkundung um einen Gegenstand der nicht streitigen
Gerichtsbarkeit und damit um die Anwendung von öffentlichem Recht handle,
das grundsätzlich in den Kompetenzbereich der Kantone falle. In diese
Zuständigkeit habe das Bundesprivatrecht nicht ohne Not einzugreifen.

    Als wichtigstes Argument gegen die lex rei sitae bezeichnete das
Bundesgericht die im Vertragsrecht verankerte Freiheit in der Wahl
des Abschlussortes. Indessen stehe beim Abschluss von Verträgen über
dingliche Rechte an Liegenschaften der Erleichterung des Geschäftsverkehrs
durch die lex loci contractus das Bedürfnis nach Verkehrssicherheit und
nach Schutz der Parteien gegen Übereilung und gegen die Abfassung von
ungenauen, unklaren und den örtlichen Verhältnissen zuwiderlaufenden
Verträgen gegenüber. Dieses Bedürfnis sei stärker zu gewichten. Im
Liegenschaftsverkehr weise der Vertragsinhalt eine besonders enge Beziehung
zur Beschaffenheit des Grundstücks, zu den Gebräuchen der Gegend, den
Besonderheiten ihres Liegenschaftsverkehrs und der Organisation ihres
Grundbuchwesens auf. Im Beurkundungsverfahren komme der Aufklärung und
Beratung der Parteien besondere Bedeutung zu. Zweifelsohne könne diese
Aufgabe am Ort der gelegenen Sache besser erfüllt werden als anderswo
in der Schweiz. Die Verfechter der lex loci contractus würden denn auch
zugeben, dass bei Ungenügen der ortsfremden Beurkundung diese beim örtlich
zuständigen Grundbuchamt ergänzt werden müsse. Ein solches Vorgehen sei
indessen nicht nur umständlich und kostspielig, sondern auch dem System
des Zivilgesetzbuches fremd.

    b) Diese Rechtsprechung des Bundesgerichts hat - wie bereits die
Vorinstanz bemerkt hat - nicht verhindert, dass in der Lehre weiterhin
für die Freizügigkeit bei der Beurkundung von Liegenschaftsverträgen
von Bundesrechts wegen eingetreten wird (BECK, N. 21 ff. zu Art. 55
SchlT ZGB; GULDENER, Grundzüge der freiwilligen Gerichtsbarkeit der
Schweiz, S. 24; MEIER-HAYOZ, N. 100 ff. zu Art. 657 ZGB). Dabei sind
allerdings keine wesentlich neuen Gesichtspunkte vorgebracht worden, die
vom Bundesgericht nicht auch schon in Erwägung gezogen worden wären. Auch
haben sich bezüglich der Realien keine gewichtigen Veränderungen vollzogen,
die eine Änderung der Rechtsprechung als angezeigt erscheinen liessen.

    Zuzugeben ist, dass bei Geschäften mit mehreren Grundstücken in
verschiedenen Kantonen die öffentliche Beurkundung in einem einzigen
Ehevertrag vorerst als Erleichterung erscheinen könnte. Indessen wird
nicht in Abrede gestellt, dass der Ehevertrag nur zur obligatorischen
Verpflichtung führt, das Nötige vorzukehren, um in den verschiedenen
Kantonen die für die Eintragung erforderliche Form zu erfüllen (BECK,
N. 28 f. zu Art. 55 SchlT ZGB). Unter diesen Umständen lässt es sich
aber gleichwohl nicht vermeiden, dass an den verschiedenen Orten der
gelegenen Sache gesonderte rechtliche Schritte zu unternehmen sind,
um die Eintragung im Grundbuch zu ermöglichen. Von der Anwendung der
lex loci contractus ist daher keine wesentliche Erleichterung des
Rechtsverkehrs zu erwarten beim Kauf bzw. Tausch von Grundstücken in
mehreren Kantonen oder beim Kauf eines Grundstückes, das sich über
mehrere Kantone erstreckt, bei Rechtsgeschäften also, bei denen die lex
rei sitae angeblich zu unüberwindbaren Schwierigkeiten führen soll. Diese
Schwierigkeiten sind nicht grundsätzlich anderer Natur als bei Anwendung
der lex loci contractus, wenn die beteiligten Kantone - was unbestritten
ist - darauf bestehen können, dass der Grundbucheintrag nur erfolgen
darf, sofern den Besonderheiten des kantonalen Beurkundungsverfahrens
Rechnung getragen wird. Ein Verzicht auf eine einheitliche öffentliche
Beurkundung fällt unter diesen Umständen kaum mehr ins Gewicht. Dem
Interesse an einer einheitlichen obligatorischen Verpflichtung auf
Mithilfe bei der Beschaffung der unterschiedlichen kantonalen Unterlagen
für die Eintragungen ist nämlich der nach wie vor unbestreitbare Vorteil
einer sachgerechteren Beratung durch die örtlich zuständige öffentliche
Urkundsperson gegenüberzustellen, wie die Vorinstanz mit Recht festgehalten
hat. Vor allem das kantonale öffentliche Recht, aber auch ortsgebundenes
Privatrecht nehmen in vielfältiger Weise auf den Liegenschaftsverkehr
und auf die Grundstücke selber Einfluss, ohne dass dies aus dem Grundbuch
ersichtlich wäre. Diese Besonderheiten gilt es den an einem Rechtsgeschäft
über eine Liegenschaft beteiligten Parteien zu vermitteln. An sich sind
diese Kenntnisse auch einer aussenstehenden Urkundsperson zugänglich,
nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge allerdings kaum ohne Mithilfe eines
ortskundigen Fachmannes, so dass die öffentliche Beurkundung durch eine
kantonsfremde Urkundsperson nur zu zusätzlichen Umtrieben und Kosten und
möglicherweise auch zu einer Verwischung von Verantwortlichkeiten führt.

    Aufgrund dieser Überlegungen drängt sich eine Änderung der
Rechtsprechung nicht auf, weshalb daran festzuhalten ist, dass § 237
Abs. 2 EGzZGB dem Bundesrecht nicht widerspricht.