Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 II 236



113 II 236

43. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Juni 1987 i.S.
Alpgenossenschaft Durnan gegen Politische Gemeinde Andeer (Berufung)
Regeste

    Ersitzung von herrenlosen und öffentlichen Sachen (Art. 661 ff. ZGB).

    1. Die Vermutung zulasten des Privateigentums, die Art. 664 Abs. 2
ZGB aufstellt, steht der ausserordentlichen Ersitzung von herrenlosen
und öffentlichen Sachen entgegen (E. 5).

    2. Da im vorliegenden Fall eine ordentliche Ersitzung zur Diskussion
steht, die sich ihrerseits auf einen unrichtigen (weil ausserordentliche
Ersitzung annehmenden) Grundbucheintrag stützt, kann offenbleiben, ob
die ordentliche Ersitzung von Eigentum an herrenlosen und öffentlichen
Sachen schlechthin ausgeschlossen ist (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die Alpgenossenschaft Durnan ist Eigentümerin von Alpgebieten auf
dem Territorium der Gemeinde Andeer. Im Alpgebiet eingebettet liegt der
Bergsee Lai Lung mit einer Fläche von 14'660 m2. Am westlichen Rand der
Alp befindet sich der Lai da Vons mit einer Seeoberfläche von 29'203 m2.
Durch diesen hindurch zieht sich die Territorialgrenze zwischen den
Gemeinden Andeer und Sufers. Ebenfalls im Gebiet der Alp Durnan liegt der
bedeutend kleinere Bergsee Lai Ner, der unbestrittenermassen im Eigentum
der Alpgenossenschaft Durnan steht.

    Streitig ist hingegen das Eigentum an den Seen Lai da Vons und Lai
Lung. Im Zuge der Grundbuchvermessung Andeer wurde das Eigentum an den
beiden Seen der Politischen Gemeinde Andeer zugewiesen. Dagegen erhob
die Alpgenossenschaft Durnan Einsprache; sie beanspruchte das Eigentum am
Lai Lung und an der östlichen Hälfte des Lai da Vons. Das Departement des
Innern und der Volkswirtschaft Graubünden hiess die Einsprache am 30. März
1984 gestützt auf ein Ersitzungsverfahren aus den Jahren 1953/1956 im
Sinne der Alpgenossenschaft Durnan gut und wies die Gemeinde Andeer
an, allenfalls innert zwanzig Tagen beim zuständigen Zivilrichter eine
Grundbuchberichtigungsklage einzureichen.

    B.- Am 19. April 1984 meldete die Gemeinde Andeer die Streitsache beim
Vermittleramt des Kreises Schams zur Vermittlung an. Die am 29. Mai 1984
durchgeführte Sühneverhandlung verlief ergebnislos, so dass am 20. Juni
1984 der Leitschein ausgestellt wurde. Mit Prozesseingabe vom 6. Juli
1984 wurde die Klage an das Bezirksgericht Hinterrhein prosequiert. Die
Rechtsbegehren lauteten:

    "1. Es sei festzustellen, dass das Eigentum am

    "Lai da Vons" (Grundbuchvermessung Andeer Plan-Nr. 5 Grundstück-Nr. 41)
der

    Andeer zusteht.

    2. Es sei festzustellen, dass das Eigentum am

    "Lai Lung" (Grundbuchvermessung Andeer Plan-Nr. 5157
Grundstück-Nr. 1130)

    Gemeinde Andeer zusteht.

    3. Es sei festzustellen, dass die Grenze zwischen den

    Liegenschaften Grundbuchvermessung Andeer Plan-Nr. 5157/5158

    Grundstück-Nr. 989 der Klägerin und Grundstück-Nr. 1095 der Beklagten
beim

    "Mut" zwischen Punkt 27 und Punkt 3 (Territorialgrenze Sufers/ Andeer)
   entsprechend dem Marchenbeschrieb vom 19. Dezember 1955 und wie im Plan

    Einsprachenerledigung vom 20. Januar 1982 eingezeichnet dem Felsband
   entlang verläuft.

    4. Das Grundbuchamt Andeer sei zu ermächtigen, die entsprechenden

    Eintragungen vorzunehmen.

    5. Unter vermittleramtlicher, gerichtlicher und aussergerichtlicher

    Kosten- und Entschädigungsfolge zulasten der Beklagten."

    Die Alpgenossenschaft Durnan beantragte mit ihrer Prozessantwort
vom 17. September 1986 kostenfällige Abweisung der Klage.

    Im Anschluss an den Schriftenwechsel konnten sich die Parteien
bezüglich des in Ziffer 3 des Rechtsbegehrens formulierten streitigen
Grenzverlaufs einigen.

    Mit Urteil vom 5. September 1985 wies das Bezirksgericht Hinterrhein
die Klage ab. Es war zum Schluss gelangt, die von der Beklagten vorgelegten
Beweise seien ausreichend, um die in Art. 149 des Einführungsgesetzes
zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (vom 5. März 1944; BR 210.100; EG zum
ZGB) enthaltene Vermutung zugunsten des Eigentums der Territorialgemeinde
umzustossen und den Nachweis des Privateigentums der Alpgenossenschaft
Durnan am Lai Lung und am östlichen Teil des Lai da Vons zu erbringen.

    C.- Gegen dieses Urteil erhob die Klägerin am 17. Januar 1986
Berufung an das Kantonsgericht von Graubünden, wobei sie abgesehen von
dem inzwischen gegenstandslos gewordenen Antrag in Ziffer 3 die gleichen
Rechtsbegehren stellte wie vor erster Instanz.

    Mit Urteil vom 15. September 1986 hiess das Kantonsgericht von
Graubünden die Berufung gut und stellte in Gutheissung der Klage fest,
"dass das Eigentum am Lai da Vons (Grundbuchvermessung Andeer, Plan-Nr. 5,
Grundstück-Nr. 41) und das Eigentum am Lai Lung (Grundbuchvermessung
Andeer, Plan-Nr. 5157, Grundstück-Nr. 1130) der Gemeinde Andeer
zusteht". Das Grundbuchamt Andeer wurde angewiesen, die entsprechenden
Eintragungen vorzunehmen.

    D.- Gegen dieses Urteil erklärte die Alpgenossenschaft Durnan Berufung
an das Bundesgericht, die abgewiesen wurde.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Nicht einzutreten ist auf die Berufung insofern, als die
Rechtsverhältnisse an den herrenlosen und den öffentlichen Sachen
durch das kantonale Recht, insbesondere das Einführungsgesetz zum
Zivilgesetzbuch, geregelt werden; denn das Bundesprivatrecht enthält
sich einer diesbezüglichen Regelung. Art. 664 Abs. 1 ZGB beschränkt sich
darauf, die herrenlosen und die öffentlichen Sachen der Hoheit jenes
Kantons zu unterstellen, in dessen Gebiet sie sich befinden. Dabei kann
offenbleiben, ob es sich bei diesen dem Kanton zugewiesenen Sachen um
Eigentum im privatrechtlichen Sinn handle, wenn - wie in Art. 149 EG
zum ZGB des Kantons Graubünden - das kantonale Recht bestimmt, die nicht
nachweislich im Privateigentum stehenden Gewässer (Flüsse, Seen, Bäche),
Strassen und Plätze seien zum Gemeingebrauch bestimmte Sachen und als
Eigentum der Territorialgemeinde anzusehen. Da diese Rechtsverhältnisse dem
kantonalen Recht unterstehen, können sie auf jeden Fall vom Bundesgericht
im Berufungsverfahren nicht überprüft werden (BGE 109 II 79 E. 3; 97 II
29 E. 2b; 89 II 294 E. 2; 81 II 271 f. E. 3).

    Damit sind allerdings die Kriterien noch nicht bestimmt, nach
welchen aufgrund von Art. 664 Abs. 1 ZGB der Hoheit der Kantone
unterstellte Gewässer als öffentliche Sache zu betrachten sind. Da das
Bundesprivatrecht diese Kriterien nicht nennt, nimmt die Lehre an, den
Kantonen sei auch die Abgrenzung der öffentlichen Gewässer überlassen. Das
gilt mindestens hinsichtlich der Abgrenzung zwischen öffentlichen und
nichtöffentlichen Gewässern, wogegen Zweifel bestehen, ob die Kantone
auch für die Grenzziehung zwischen den öffentlichen Gewässern und dem
sie umgebenden Grund und Boden zuständig seien (Kommentar MEIER-HAYOZ,
N. 153 f. zu Art. 664 ZGB).

    Folgt man dieser einleuchtenden Betrachtungsweise, so ist die
Berufungsklägerin mit der Rüge nicht zu hören, die umstrittenen
Bergseen seien im Widerspruch zum Bundesprivatrecht als öffentliche, dem
Gemeingebrauch dienende Gewässer bezeichnet worden. Im Bundesprivatrecht -
nämlich in Art. 664 Abs. 2 ZGB - verankert ist demgegenüber die Vermutung,
die sich bei Fehlen eines besonderen Rechtstitels gegen das Privateigentum
richtet.

Erwägung 5

    5.- Einzutreten ist auf die vorliegende Berufung somit insoweit,
als die Frage zu beantworten bleibt, ob die in Art. 664 Abs. 2 ZGB
zulasten des Privateigentums aufgestellte Vermutung sich auch gegen
Aneignung und Ersitzung durch Private ausspricht. Das ist eine Frage
des Bundesprivatrechts, die sich unabhängig von kantonalen Regelungen
der Aneignung und Ersitzung beantwortet und im Berufungsverfahren vor
Bundesgericht zu beantworten ist. Es ist also im folgenden zu prüfen, ob
das Kantonsgericht von Graubünden zu Unrecht - wie die Berufungsklägerin
meint - die Auffassung vertreten hat, schon das Bundesprivatrecht stehe
seit 1912 dem Eigentumserwerb an öffentlichen Gewässern durch Aneignung
und Ersitzung entgegen.

    Aneignung ist seitens der Alpgenossenschaft Durnan indessen nicht
geltend gemacht worden, so dass insbesondere Art. 664 Abs. 3 ZGB - er gilt
unbesehen um den Gesetzeswortlaut auch für öffentliche Gewässer (Kommentar
MEIER-HAYOZ, N. 144 zu Art. 664 ZGB) - nicht weiter zu beachten bleibt.

    a) In BGE 52 II 120 f. E. 2 hat das Bundesgericht bezüglich Art. 731
Abs. 3 ZGB festgehalten, dass die Ersitzung einer Grunddienstbarkeit an
herrenlosen und öffentlichen Sachen ausgeschlossen sei. Diese Auffassung
hat die Zustimmung der herrschenden Lehre gefunden (Kommentar MEIER-HAYOZ,
N. 145 zu Art. 664 ZGB, mit weiteren Hinweisen; vgl. auch Kommentar
HAAB/SIMONIUS/SCHERRER/ZOBL, N. 6 zu Art. 661, 662, 663 ZGB, Kommentar
LEEMANN, N. 25 zu Art. 664 ZGB).

    Eine davon abweichende Lehrmeinung schliesst allerdings die ordentliche
Ersitzung (im Sinne von Art. 661 ZGB) einer Dienstbarkeit an öffentlichen
Sachen nicht aus. Auch bezüglich der ausserordentlichen Ersitzung -
sie charakterisiert sich durch die fehlende Aufnahme des Grundstücks im
Grundbuch, was im vorliegenden Fall zutrifft - hält diese Lehrmeinung
dafür, dass das Zivilgesetzbuch die Ersitzung an den gemäss kantonalem
Recht in das Grundbuch nicht aufgenommenen öffentlichen Grundstücken
nicht ausschliesse. Ob die Ersitzung zulässig sei, entscheide indessen
das kantonale Recht (Kommentar LIVER, N. 124 ff. zu Art. 731 ZGB). An
anderer Stelle (Schweizerisches Privatrecht V/1, S. 153) vertritt LIVER
davon abweichend die Ansicht, dass an öffentlichen Sachen kein Eigentum
durch ausserordentliche Ersitzung erworben werden könne. Durch den Besitz
einer Sache im Gemeingebrauch - so auch durch Wassernutzung - könne weder
Eigentum noch eine Dienstbarkeit ersessen werden, weil dieser Besitz
kein Eigenbesitz sein könne und auch hier gelte: Nemo sibi ipse causam
possessionis mutare potest.

    Damit wird zwar nicht ausdrücklich in Abrede gestellt, dass
der Besitzer sich nicht in einer Art und Weise verhalten könnte,
die über die Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs hinausgeht und
auf einen Eigentümerwillen schliessen lassen könnte. Dennoch scheint
die Geltendmachung ausserordentlicher Ersitzung ausgeschlossen, weil
Eigenbesitz sich mit der Zweckbestimmung der öffentlichen Sache nicht
verträgt oder weil die Vermutung zulasten des Privateigentums sich einem
unangefochtenen Besitz als Eigentum im Sinne von Art. 662 Abs. 1 ZGB
entgegenstellt. Im Ergebnis ist damit Übereinstimmung mit MEIER-HAYOZ
(N. 145 zu Art. 664 ZGB) erzielt, der den Erwerb zu Eigentum von
öffentlichen Sachen durch ausserordentliche Ersitzung ausschliesst
und darauf hinweist, dass Art. 664 Abs. 2 ZGB einen unangefochtenen
Eigenbesitz verhindert.

    Auch nach der jüngsten Lehrmeinung gibt es an öffentlichen Sachen,
die gemäss Art. 944 ZGB nicht dem Zwang zur Eintragung im Grundbuch
unterliegen, keine ausserordentliche Ersitzung einer Dienstbarkeit
(Kommentar REY, N. 226 zu Art. 731 ZGB). Den in diesem Zusammenhang
zitierten Autoren - GUHL, Die Ersitzung von Grundeigentum und
Grunddienstbarkeiten nach dem ZGB, ZBJV 65/1929, S. 241 ff., insbesondere
S. 247 f.; JENNY, Grundeigentumsersitzung und Grundbuch, SJZ 39/1942,
S. 173 ff., insbesondere S. 178; Kommentar HAAB/SIMONIUS/ SCHERR/ZOBL,
N. 1 zu Art. 661, 662, 663 ZGB - ist die übereinstimmende Meinung zu
entnehmen, dass die ausserordentliche Ersitzung Grundstücke voraussetze,
die dem Buchungszwang unterliegen, was bei öffentlichen Sachen von
Bundesrechts wegen grundsätzlich nicht der Fall ist. REY (aaO) teilt
die von der herrschenden Lehre vertretene Auffassung so lange, als das
konkret anwendbare öffentliche Recht, die Zweckbestimmung des Objekts und
die konkreten Umstände die Sache dem Privatverkehr entziehen, und er hält
deshalb die ausserordentliche Ersitzung an einer Sache im Gemeingebrauch
während dessen Dauer nicht für möglich. Auch REY (N. 228 zu Art. 731 ZGB)
vertritt die Meinung, dass die Vermutung zulasten des Privateigentums,
die Art. 664 Abs. 2 ZGB aufstellt, unangefochtenem Ersitzungsbesitz
entgegenstehe.

    b) Diese Betrachtungsweise von Rechtsprechung und Lehre setzt der
Aneignung und Ersitzung von herrenlosen und öffentlichen Sachen klare
Grenzen, was angesichts der Zweckbestimmung der öffentlichen Sachen auch
gerechtfertigt ist. Zu Recht hat daher das Kantonsgericht von Graubünden
eine ausserordentliche Ersitzung an den Seen Lai da Vons und Lai Lung
als mit dem Bundesprivatrecht unvereinbar erklärt.

    Unbehelflich ist demgegenüber das Argument der Berufungsklägerin,
Privateigentum - insbesondere an Strassen (BGE 94 I 574 f. E. 2a) - brauche
den Gemeingebrauch nicht auszuschliessen. Die Frage hier ist nicht, ob
nachweislich im Privateigentum stehende Sachen gleichwohl zu einem auf
die Öffentlichkeit ausgerichteten Gemeingebrauch bestimmt sein können,
sondern ob die Vermutung zulasten des Privateigentums von Art. 664 Abs. 2
ZGB die besondere Erwerbsform der Ersitzung auszuschliessen vermag.

Erwägung 6

    6.- a) Nun macht die Berufungsklägerin freilich geltend, sie
habe im Jahre 1953 ein Ersitzungsverfahren eingeleitet, das mit einem
Grundbuchauszug abgeschlossen worden sei. Dieser habe die Seen ausdrücklich
zum Bestandteil des Alpgebiets erklärt und zudem einen Grenzbeschrieb
enthalten, der den Lai Lung und die östliche Hälfte des Lai da Vons
umfasste. Nach der Ansicht der Berufungsklägerin sind damit und durch
die Tatsache, dass die Alpgenossenschaft in der Folge über zehn Jahre
unangefochtene Besitzerin der Seen gewesen sei, die Voraussetzungen für
die ordentliche Ersitzung im Sinne von Art. 661 ZGB erfüllt.

    Das Kantonsgericht von Graubünden hat dem entgegengehalten, die
Eintragung des Eigentums der Alpgenossenschaft Durnan an den beiden Seen
sei - am 6. Mai 1956 - zu Unrecht erfolgt, weil damals die Voraussetzungen
für eine ausserordentliche Ersitzung nicht gegeben gewesen seien. Dieser
Mangel habe in der Folge aber auch nicht durch ordentliche Ersitzung
geheilt werden können; denn das Zivilgesetzbuch schliesse eine ordentliche
Ersitzung von Eigentum an öffentlichen oder herrenlosen Sachen ebenso
aus wie die ausserordentliche Ersitzung.

    b) Dieser Auffassung ist mindestens unter den im vorliegenden
Fall gegebenen Umständen beizupflichten, könnten doch sonst die
vom Gesetzgeber in Art. 664 ZGB zum Ausdruck gebrachten Absichten
ausgerechnet dort über den Umweg der ordentlichen Ersitzung durchkreuzt
werden, wo der Grundbucheintrag nur dank dem gesetzwidrigen Ausgang eines
ausserordentlichen Ersitzungsverfahrens erfolgte.

    Die Vorinstanz beruft sich allerdings unzutreffend auf REY (N. 181
zu Art. 731 ZGB), wenn sie ausführt, eine ordentliche Ersitzung von
öffentlichen oder herrenlosen Sachen sei wegen Art. 664 ZGB ausgeschlossen;
denn an der zitierten Stelle wird nur die Tabularersitzung einer
Dienstbarkeit an einer herrenlosen Sache ausgeschlossen. Demgegenüber hält
REY (N. 180 zu Art. 731 ZGB, mit Verweis auf Kommentar LIVER, N. 121 ff. zu
Art. 731 ZGB sowie Schweizerisches Privatrecht V/1, S. 149) dafür, dass an
öffentlichen Sachen, die als Grundstücke ins Grundbuch aufgenommen sind,
eine Dienstbarkeit durch Tabularersitzung entstehen könne. Dabei kann es
sich aber - wie der Verweis auf MEIER-HAYOZ (N. 230 zu Art. 664 ZGB) zeigt
- nur um die Aufnahme öffentlicher Grundstücke ins Grundbuch handeln,
wenn im Sinne von Art. 944 ZGB dingliche Rechte daran zur Eintragung
gebracht werden sollen oder die Kantone deren Aufnahme vorschreiben.

    REY (aaO) äussert sich im übrigen zur Tabularersitzung nur im
Zusammenhang mit einer Grunddienstbarkeit, welche die Zweckbestimmung
des öffentlichen Grundstücks nicht notwendigerweise beeinträchtigt. Da
jedoch im vorliegenden Fall eine ordentliche Ersitzung zur Diskussion
steht, die sich ihrerseits auf einen unrichtigen (weil ausserordentliche
Ersitzung annehmenden) Grundbucheintrag stützt und nach dem Willen der
Berufungsklägerin Eigentum durch Tabularersitzung erworben werden soll, ist
nicht darüber zu befinden, ob sich das Kantonsgericht in Übereinstimmung
mit MEIER-HAYOZ (N. 7 zu Art. 661 ZGB) und in Abweichung von den soeben
erwähnten Lehrmeinungen nicht doch zu Recht dahin ausgesprochen hat, dass
die ordentliche Ersitzung von Eigentum an öffentlichen Sachen schlechthin
ausgeschlossen sei.