Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 II 179



113 II 179

33. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. Juli 1987 i.S. Treuhand AG Bern
TAK-Immobilien gegen Handelsregisteramt Bern und Justizdirektion des
Kantons Bern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 944 Abs. 1 OR, Art. 38 Abs. 1 HRegV; Firmenwahrheit.

    Ortsbezeichnung als Bestandteil einer Firma. Unzulässige Beibehaltung
bei Sitzverlegung, wenn die Bezeichnung auf den Sitz der Gesellschaft
hinweist (E. 2).

Auszug aus den Erwägungen:

                  Wird in Erwägung gezogen:

Erwägung 1

    1.- Die Treuhand AG Bern TAK-Immobilien verlegte ihren Sitz von
Bern nach Wabern, Gemeinde Köniz. Sie meldete am 21. August 1986 die
Sitzverlegung dem Handelsregisteramt Bern zum Eintrag an. Mit Verfügung
vom 9. September 1986 wies der Handelsregisterführer die Anmeldung zurück,
weil die Beibehaltung der Ortsbezeichnung "Bern" als Bestandteil der Firma
dem Grundsatz der Firmenwahrheit (Art. 944 OR) widerspreche. Die Treuhand
AG Bern TAK-Immobilien führte dagegen Beschwerde; die Justizdirektion
des Kantons Bern wies diese am 1. Dezember 1986 ab und forderte die
Beschwerdeführerin auf, gestützt auf die vollzogene Sitzverlegung
die Firma entsprechend abzuändern und ohne die Ortsbezeichnung "Bern"
eintragen zu lassen.

    Die Treuhand AG Bern TAK-Immobilien führt gegen diesen
Beschwerdeentscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
die Verfügung des Handelsregisteramts vom 9. September 1986 aufzuheben
und dieses anzuweisen, die Sitzverlegung in die Gemeinde Köniz unter
Beibehaltung der Firma "Treuhand AG Bern TAK-Immobilien" einzutragen. Die
Justizdirektion des Kantons Bern und das Eidgenössische Amt für das
Handelsregister schliessen auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 944 OR sind nur Firmen zulässig, deren Inhalt der
Wahrheit entspricht, keine Täuschungen verursachen kann und keinem
öffentlichen Interesse zuwiderläuft (Abs. 1). Damit übereinstimmend
verlangt Art. 38 Abs. 1 HRegV für alle Eintragungen im Handelsregister,
dass sie wahr sein müssen, keine Täuschungen veranlassen und keinem
öffentlichen Interesse widersprechen dürfen.

    Ob eine Firma täuschend wirkt, ist nach dem Eindruck zu entscheiden,
den sie beim Durchschnittsleser hervorruft (BGE 100 Ib 243 E. 4). Unter
diesem Gesichtspunkt kann nach den Vorinstanzen und dem Eidgenössischen
Amt für das Handelsregister die Ortsangabe "Bern" in der Firma der
Beschwerdeführerin nur als Hinweis auf deren Sitz aufgefasst werden. Das
bestreitet die Beschwerdeführerin und meint, der Durchschnittsleser gelange
vielmehr zur Auffassung, dass es sich dabei um eine Gesellschaft in oder um
Bern "als geografische Einheit" handeln müsse. Dieser Einwand läuft darauf
hinaus, mit der Ortsbezeichnung Bern sei eine regionale oder territoriale
Bezeichnung gemeint. Eine solche bedarf indes einer Ausnahmebewilligung,
die nur in Frage kommt, wenn besondere Umstände sie rechtfertigen
(Art. 944 Abs. 2 OR, Art. 46 HRegV). Das trifft zu, wenn ein schutzwürdiges
Interesse besteht, die Bezeichnung insbesondere der Individualisierung
des Unternehmens durch ein Element dient, das sie objektiv von anderen
unterscheidet (BGE 104 Ib 265 f. E. 2 mit Hinweisen). Solche Umstände
tut die Beschwerdeführerin nicht dar. Die Bezeichnung kann demnach nur
als Hinweis auf den Sitz verstanden werden, für welchen die politische
Gemeinde massgebend ist (BGE 94 I 566 E. 4). Durch die Sitzverlegung
nach Wabern in die Gemeinde Köniz wird deshalb die Bezeichnung "Bern"
unwahr. Sie ist zudem täuschend; dass der Durchschnittsleser nach der
Darstellung der Beschwerdeführerin in der falschen Vorstellung befangen
sei, Wabern gehöre zur Gemeinde Bern, ändert daran nichts.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.