Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 III 17



113 III 17

6. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 13.
März 1987 i.S. Schweizerische Volksbank (Rekurs) Regeste

    Anmeldungsfrist für die Ansprüche vor der Versteigerung der
Liegenschaft (Art. 138 Abs. 2 Ziff. 3 SchKG und Art. 36 Abs. 1 VZG).

    Vom Grundsatz, dass es sich bei der Anmeldungsfrist von Art. 138 Abs. 2
Ziff. 3 SchKG um eine Verwirkungsfrist handelt, rechtfertigt sich keine
Ausnahme, wenn der Pfandgläubiger irrtümlich eine zu niedrige Forderung
eingegeben und diese erst nach Ablauf der Eingabefrist berichtigt hat
(E. 2).

    Rechtswirkung der Bestreitung einer im Lastenverzeichnis eingetragenen
Forderung (Art. 106 Abs. 2 und 3 in Verbindung mit Art. 140 SchKG sowie
Art. 37 Abs. 2 VZG).

    Die Bestreitung einer im Lastenverzeichnis eingetragenen Forderung
verhindert den Eintritt der Rechtskraft des Lastenverzeichnisses im
Umfange der Bestreitung nur gegenüber dem Bestreitenden (E. 3).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 138 Abs. 2 Ziff. 3 SchKG enthält die Steigerungsanzeige
die Aufforderung an die Pfandgläubiger und alle übrigen Beteiligten,
ihre Ansprüche an der Liegenschaft dem Betreibungsamt binnen 20
Tagen einzugeben. Mit dieser Aufforderung ist zu eröffnen, dass die
Nichtangemeldeten von der Teilnahme am Ergebnis der Verwertung insoweit
ausgeschlossen werden, als ihre Rechte nicht aus öffentlichen Büchern
hervorgehen. In Übereinstimmung mit dieser Vorschrift sieht Art. 36 Abs. 1
VZG vor, dass Ansprüche, die nach Ablauf der Anmeldungsfrist geltend
gemacht werden, nicht in das Lastenverzeichnis aufgenommen werden dürfen.

    Bei dieser Eingabefrist handelt es sich um eine Verwirkungsfrist
(BGE 101 III 38). Die Rechtsprechung hat allerdings vom Grundsatz der
Verwirkung verschiedene Ausnahmen zugelassen. In BGE 101 III 38 hat
das Bundesgericht darauf hingewiesen, dass eine Ausnahme in Erwägung
gezogen werden könnte, soweit es sich um dingliche Rechte handle,
die aus dem Grundbuch ersichtlich seien oder die dem Betreibungsamt
vor dem festgesetzen Termin auf eine andere Weise mitgeteilt worden
seien. In BGE 76 III 44 ist angenommen worden, eine nach Erstellung des
Lastenverzeichnisses eingetretene Änderung der Verhältnisse rechtfertige
die Anordnung eines nachträglichen Bereinigungsverfahrens, wenn sich
bestimmte Rechte und erhebliche Interessen nur so genügend wahren lassen.
Schliesslich hat das Bundesgericht in BGE 96 III 78 f. ausgeführt, die
Lastenbereinigung bei der Grundpfandverwertung unterliege - abgesehen von
der nachträglichen Konkurseingabe gemäss Art. 251 Abs. 1 und 4 SchKG -
den gleichen Grundsätzen wie die Lastenbereinigung im Konkurs. Danach
könnte sich eine nachträgliche Ergänzung des Lastenverzeichnisses
angesichts einer vom Betreibungsbeamten verschuldeten Unterlassung
rechtfertigen. Ferner wäre bei der Verteilung auf eine seit der Aufstellung
des Lastenverzeichnisses eingetretene Änderung des Rechtsverhältnisses
Rücksicht zu nehmen, was sich praktisch gleich auswirken würde wie die
Abänderung des Lastenverzeichnisses. Ebenso könnte die Revision des
Lastenverzeichnisses wegen neuer Tatsachen in Frage kommen (BGE 96 III
79 mit Hinweisen).

    Im vorliegenden Fall liegt indessen ein ganz anderer Sachverhalt
vor. Ein Pfandgläubiger hat aufgrund eines eigenen Fehlers während der
Eingabefrist eine zu niedrige Forderung eingegeben und diese erst nach
Ablauf der Eingabefrist berichtigt. Dabei handelt es sich um keinen jener
Fälle, für welche die Rechtsprechung eine Ausnahme von der Verwirkung der
Eingabefrist ins Auge gefasst hat. Dies gilt auch in bezug auf BGE 76 III
41 ff. Während der Schuldner dort die Herabsetzung einer Grundpfandschuld
verlangt hat, die durch einen Dritten nachträglich teilweise abgelöst
worden ist, geht es im vorliegenden Fall um eine rein interne Angelegenheit
der Pfandgläubigerin. Unter diesen Umständen rechtfertigt sich keine
Ausnahme hinsichtlich der Verwirkung. Vielmehr stünde den anderen
Gläubigern gerade in einem solchen Fall das Recht zu, gegen die Aufnahme
der verspätet angemeldeten Forderung ins Lastenverzeichnis Beschwerde zu
führen (vgl. AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts,
3. Aufl., N. 35 zu § 28; GILLIÉRON, Poursuite pour dettes, faillite
et concordat, S. 216). So sind denn auch die weiteren in BGE 76 III 44
umschriebenen Voraussetzungen für eine Ausnahme von der Verwirkung der
Eingabefrist nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, dass abgesehen von
der säumigen Grundpfandgläubigerin die Interessen weiterer Beteiligter
betroffen sein könnten. Soweit sich die Rekurrentin hierzu auf Tatsachen
stützen will, die im angefochtenen Entscheid nicht enthalten sind, kann
auf den Rekurs nicht eingetreten werden, wie sich bereits ergeben hat.

Erwägung 3

    3.- Die Rekurrentin ist der Auffassung, dass die Berichtigung ihrer
Forderung deswegen nicht verspätet erfolgt sei, weil das Lastenverzeichnis
im Zeitpunkt der berichtigten Eingabe infolge der Anfechtung des Schuldners
noch nicht vollständig rechtskräftig gewesen sei. Gemäss Art. 37 Abs. 2
VZG erfolgt die Mitteilung des Lastenverzeichnisses indessen mit der
Anzeige, dass die im Lastenverzeichnis aufgeführten Ansprüche für die
betreffende Betreibung von demjenigen, der diese nicht innert Frist
bestreitet, als anerkannt gelten. Diese Vorschrift stimmt mit Art. 106
Abs. 3 SchKG überein, wonach der Anspruch des Dritten als anerkannt gilt,
wenn keine Bestreitung erfolgt. Es steht daher ausser Zweifel, dass die
Bestreitung einer im Lastenverzeichnis eingetragenen Forderung den Eintritt
der Rechtskraft des Lastenverzeichnisses nur gegenüber dem Bestreitenden
verhindert. Die Rekurrentin vermag aus der Bestreitung ihrer Forderung
durch den Schuldner nichts zu ihren Gunsten abzuleiten.

    Schliesslich ist darauf hinzuweisen, dass die Rekurrentin
dem Betreibungsamt zu Unrecht eine Verletzung von Treu und Glauben
vorwirft. Sie hat es sich vielmehr selber zuzuschreiben, dass sie ihre
Forderung nicht rechtzeitig in richtiger Höhe eingegeben hat.