Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IB 236



113 Ib 236

39. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 30. Juni 1987 i.S. X AG und Y AG gegen Y AG, X AG und Z AG sowie
Regierungsrat des Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 8 GSchG.

    - Verursacht eine unsachgemäss installierte Entwässerungspumpe
eine Gewässerverschmutzung, so kann der Tankreviseur, welcher aufgrund
der gesetzlichen Bestimmungen nicht verpflichtet war, diese Anlage zu
kontrollieren, nicht als Störer im Sinne des Gesetzes bezeichnet werden
(E. 4b/aa).

    - Ein Amt, das aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen
nicht verpflichtet war, die technischen Anlagen, welche die
Gewässerverunreinigung verursacht haben, zu überprüfen, kann ebenfalls
nicht als Störer im Sinne des Gesetzes betrachtet werden (E. 4b/bb).

Sachverhalt

    A.- An einem Wochenende im Jahre 1983 erlitt eine erst kurz vorher von
einem Monteur der X AG reparierte Pumpe im Heizungskeller der Y AG einen
Defekt, worauf grosse Mengen Heizöl in den Keller ausflossen. Über eine
sich automatisch einschaltende Entwässerungspumpe gelangte das Öl in die
Meteorwasserkanalisation und von dort über einen Bach in die Limmat. Die
Verschmutzung dieses Flusses wurde am Sonntagmorgen entdeckt. Bis der
Verursacher und die Leckstelle gefunden werden konnten, flossen gegen
4000 l Heizöl in den Bach und die Limmat, was erhebliche Verschmutzungen
dieser Gewässer und ihrer Ufer zur Folge hatte. Die dem Kanton Zürich für
die notwendig gewordenen Schutz- und Sanierungsmassnahmen entstandenen
Kosten belaufen sich auf ca. Fr. 677'000.--.

    Mit Verfügung vom 10. Januar 1986 auferlegte die Direktion der
öffentlichen Bauten des Kantons Zürich die Kosten der antizipierten
Ersatzvornahme zu 60% der X AG und zu 40% der Y AG. Beide Adressaten
fochten diese Verfügung beim Regierungsrat des Kantons Zürich an, welcher
beide Rekurse mit Entscheid vom 1. Oktober 1986 abwies.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- b) Der Regierungsrat kommt in der angefochtenen Verfügung
wie bereits die Direktion der öffentlichen Bauten zum Schluss,
als Verursacher des Ölunfalles kämen nur die Y AG und die X AG in
Frage. Demgemäss verteilte er die Kosten der antizipierten Ersatzvornahme
auch nur auf diese beiden Firmen. Dieses Vorgehen rügt die Y AG in
ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Nach ihrer Auffassung müssen
ausserdem die Gemeinde S. als Aufsichtsbehörde bezüglich der Bauten
und der Kanalisation, der Kanton Zürich als Aufsichtsbehörde über die
Tankanlagen sowie die Tankrevisionsfirmen als Kontrollbeauftragte mit in
die Verantwortung einbezogen werden. Diese Mitverursacher seien zu Unrecht
nicht in die Kostentragungspflicht einbezogen worden. Wäre dies geschehen,
so hätte sie selbst höchstens 20%, eventuell überhaupt keine Kosten zu
übernehmen. Das Bauamt der Gemeinde S., das Gewässerschutzamt des Kantons
Zürich und eventuell mehrere Tankreviseure hätten als Genehmigungs-
und Kontrollinstanzen seit langem bestehende Vorschriftswidrigkeiten
der Tankanlage übersehen und toleriert. Sie hätten die Bedingungen
einer möglichen Gewässerverschmutzung bestehen lassen und seien
daher an der Verursachung der in der Folge tatsächlich eingetretenen
Gewässerverunreinigung als Verhaltensstörer mitverantwortlich. Die
Y AG habe, nachdem sie alles gemacht habe, was die Aufsichtsbehörden
verlangt hätten, der Überzeugung sein dürfen, über eine in jeder Hinsicht
vorschriftsgemässe Tankanlage zu verfügen. Sie komme deshalb nur als
(schuldlose) Zustandsstörerin in Betracht. Falls die genannten weiteren
Mitverursacher nicht in die Kostentragungspflicht einbezogen würden,
hält die Y AG dafür, dass die X AG, deren Verhaltensstörung als Ursache
im Vordergrund stehe, weit höher als zu 60% zur Kostentragung herangezogen
werden müsse.
   aa) Zur Verantwortung der Tankreviseure

    Nach Auffassung der Y AG hätten die Reviseure die Anlagen bezüglich
ihrer Vereinbarkeit mit den Technischen Tankvorschriften vom 27. Dezember
1967 (TTV, SR 814.226.211) inspizieren und die diesen Vorschriften nicht
entsprechenden Tatsachen der zuständigen Behörde melden müssen. Nach
Art. 1 der Verordnung über den Schutz der Gewässer vor wassergefährdenden
Flüssigkeiten vom 28. September 1981 (VWF, SR 814.226.21) gilt dieser
Erlass unter anderem auch für Anlagen für das Lagern wassergefährdender
Flüssigkeiten (lit. a) sowie für Umschlagplätze für wassergefährdende
Flüssigkeiten (lit. b). Der Geltungsbereich erstreckt sich somit nicht auf
den Brenner und die im Brenner eingebauten Förderpumpen. Die Ausrüstung des
Tankreviseurs wäre hiefür nach Auffassung des Eidgenössischen Departements
des Innern (EDI) auch gar nicht geeignet (vgl. dazu Art. 47 lit. c
VWF). Die genannte Verordnung, deren Art. 12 Abs. 1 die Grundlage für
die TTV bildet, gilt auch nicht für Abwasseranlagen (Art. 1 Abs. 2 lit. h
VWF). Der Reviseur hat nach den Darlegungen des EDI im Revisionsrapport
zwar den Bodenablauf im Heizraum zu vermerken, weitere diesbezügliche
Aufgaben kommen ihm aber nicht zu. Die automatische Lenzpumpe, welche den
Unfall mitverursacht hat, befand sich aber nicht im Heizkeller, sondern
im von diesem durch eine 15 cm hohe Schwelle abgetrennten Energiekanal.
Diese Pumpe liegt, wie die Y AG selbst ausführt, "weit von der schadhaft
gewordenen Pumpe entfernt und hat überhaupt keinerlei technische oder
funktionelle Beziehung zur Ölzuleitung vom Aussenlager zum Heizkessel
(Distanz 26 m)". Sie liegt somit klar ausserhalb des Verantwortungsbereichs
des Tankreviseurs.

    Die Y AG bezeichnet als Tankreviseur nur die Z AG. Weitere
Revisionsfirmen sind nicht bekannt, und es finden sich in den Akten auch
keine Anhaltspunkte darüber. Die Z AG hat am 25./26. Mai 1981 und am
20./21. Juli 1981 Revisionsarbeiten für die Y AG durchgeführt. Damals
galt noch die VWF vom 19. Juni 1972 (AS 1972, 986 ff.). Die VWF vom
28. September 1981 trat erst am 1. November 1981 in Kraft. Kanalisationen
und Sickerwasserlenzpumpen gehörten auch nach der VWF 1972 nicht zu den
von dieser und den TTV geregelten Anlagen (vgl. Art. 1 Abs. 2 und Art. 7
Abs. 1 lit. a VWF 1972).
   bb) Zur Verantwortung der Gewässerschutzbehörde

    Nicht viel anders liegen die Dinge in bezug auf das Amt
für Gewässerschutz und Wasserbau des Kantons Zürich. Dieses
Amt hat am 1. November 1982 bestätigt, dass die Stehtankanlage
bezüglich Leckerkennung bei den Tanks, Dichte der Auffangbassins,
Füllsicherungssystem und Umschlagplatz aufgrund der ausgeführten
Sanierungsarbeiten und der entsprechenden Detailprüfungen in allen
Belangen den Gewässerschutzvorschriften entspricht. Gleichzeitig hat es
den Revisionsturnus von 5 auf 10 Jahre erhöht. Diese Amtshandlung ist
nicht zu beanstanden, ist doch an der Tankanlage auch heute noch nichts
auszusetzen. Die genannte Bestätigung erfolgte im Zusammenhang mit der
Anpassung einer Altanlage nach Art. 57 VWF. Sie bezog sich deshalb nur
auf die Vorschriften der VWF und der TTV, welche nicht verletzt worden
sind. Die in Art. 13 f. Gewässerschutzgesetz (GSchG) genannten Pflichten
treffen bezogen auf den vorliegenden Fall in erster Linie den Monteur
der X AG sowie den Eigentümer der Einrichtungen und Anlagen, welche
eine Gewässerverunreinigung bewirken können. Die Kontrollmassnahmen
gemäss Art. 6 GSchG können zwar in gewissen Fällen zur Entlastung der
Zustandsstörer beitragen, aber dies ist nicht ihr Zweck, wie es die Y AG
anzunehmen scheint. Neben der X AG hat vor allem sie durch die unsachgemäss
installierte Lenzpumpe (automatische Einschaltung und Anbringung
der Warnautomatik am falschen Ort) den Ölunfall verursacht. Diese
Wasserpumpe stellt, wie vorn festgestellt (E. 4b/aa), keine durch die
VWF 1981 und die TTV geregelte Anlage dar. Gleich verhält es sich mit dem
Meteorwasserkanal. Das Amt für Gewässerschutz und Wasserbau war demnach
grundsätzlich nicht verpflichtet, diese Abwasseranlagen bei der Abnahme der
sanierten Tankanlage und der zugehörigen Rohrleitungen zu überprüfen. Die
unsachgemäss angebrachte Pumpen- und Warnautomatik bewirkten aber
letztlich, ausgelöst durch das wegen des Montagefehlers an der Ölpumpe
ausgeflossene Öl, die Gewässerverunreinigung. Die Kontrollpflicht des
Amtes für Gewässerschutz und Wasserbau steht damit in keinem Zusammenhang.
   cc) Verantwortung des Bauamtes der Gemeinde S.

    Die Baukommission der Gemeinde S. bewilligte am 12. November 1968
eine Abwasserleitung samt Pumpe im Energiekanal des Kesselhauses. Diese
Bewilligung beruhte aber auf der Annahme, das durch die Pumpe geförderte
Wasser werde über die damals bestehende Mischwasserkanalisation
abgeleitet. Wäre diese Pumpe 1983 immer noch an eine solche Mischwasser-
und nicht an eine Meteorwasserleitung angeschlossen gewesen, so
hätte keine Gewässerverschmutzung erfolgen können. Die Umhängung der
Entwässerungspumpe an die Reinwasserleitung erfolgte 1973. Darüber gibt
es allerdings keine Unterlagen. Jedenfalls besteht keine Bewilligung zum
Anschluss an die Meteorwasserleitung, wie dies Art. 13 der Verordnung
über die Wasseranlagen der Gemeinde vom 30. Juni 1967 vorschreibt.
Zudem wäre, wie der Regierungsrat zutreffend ausführt, für diese Art
der Entsorgung gemäss Art. 18 Abs. 1 GSchG eine Bewilligung des Kantons
erforderlich gewesen. Auch eine solche wurde nicht eingeholt. Ebenso
fehlt eine Bewilligung für die Pumpe zur automatischen Entwässerung des
Energiekanals. Bei dieser Pumpe wurde zudem der Alarmfühler so angebracht,
dass ein Alarm erst ausgelöst worden wäre, wenn die Anlage völlig in
der Flüssigkeit untergetaucht wäre. Diese automatische Pumpe muss mit
dem so montierten Alarmfühler und der direkten Ableitung in den Bach im
Blick auf das hohe Gefährdungspotential des mit dem Heizraum verbundenen
Energiekanals als Werkmangel betrachtet werden.

    Die Y AG erklärt, es sei unglaubwürdig, dass sie die umfangreiche und
aufwendige Umstellung der Entwässerung des Energiekanals vom Misch- zum
Trennsystem, die ihr zudem keinen Vorteil gebracht habe, unaufgefordert
und ohne detaillierte Genehmigung von sich aus unternommen habe. Ebenso
unglaubwürdig sei, dass das Bauamt, welches diese Umstellung in der ganzen
Gemeinde veranlasst habe, sie, die Y AG, vergessen habe. Sie müsse von
der Gemeinde aufgefordert worden sein, die nötigen Anpassungsmassnahmen
vorzuschlagen und durchzuführen. Dies ist indessen nicht bewiesen. Die
Akten liefern keinerlei Anhaltspunkte dafür. Aber selbst wenn die Gemeinde
eine solche Aufforderung an die Y AG gerichtet hätte, was wahrscheinlich
ist, so kann nicht angenommen werden, dass sie die Entwässerung in den
Meteorwasserkanal mit automatischer Pumpe und unsachgemäss angebrachtem
Warnsystem verlangt und bewilligt hatte. Die Hauptursache des Ölunfalles,
soweit ihn die Y AG zu verantworten hat, liegt aber gerade in dieser
Pumpen- und Alarmautomatik begründet. Der Regierungsrat hat somit zu
Recht verneint, dass das Bauamt der Gemeinde S. eine Mitverantwortung am
Ölunfall trägt.

    dd) Diese Erörterungen führen zum Ergebnis, dass der Regierungsrat
in zutreffender Weise nur die X AG sowie die Y AG als Störerinnen zur
Tragung der Kosten der antizipierten Ersatzvornahme herangezogen hat.