Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IA 309



113 Ia 309

48. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 2. März 1987 i.S. Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) und
Mitbeteiligter gegen Kanton Aargau (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 2 ÜbBest. BV; Meinungsäusserungsfreiheit, Pressefreiheit (Art. 55
BV), Informationsfreiheit, Art. 10 EMRK; Gerichtsorganisationsgesetz des
Kantons Aargau.

    1. Die in § 15 des aargauischen Gerichtsorganisationsgesetzes
enthaltenen Bestimmungen über die Gerichtsberichterstattung
greifen nicht in die Kompetenz des Bundes zur Regelung des privaten
Persönlichkeitsschutzes ein und verletzen daher Art. 2 ÜbBest. BV nicht
(E. 3).

    2. Meinungsäusserungsfreiheit, Pressefreiheit, Informationsfreiheit
und Art. 10 EMRK (E. 4). Diese Garantien werden nicht verletzt

    - durch die Verpflichtung zu sachlicher Gerichtsberichterstattung
und das Verbot unnötiger Blossstellung (E. 5a),

    - durch die Verpflichtung, eine durch das Gericht formulierte
Berichtigung zu veröffentlichen (E. 5b),

    - durch die Möglichkeit, einen Gerichtsberichterstatter von den
Gerichtsverhandlungen auszuschliessen (E. 5c).

Sachverhalt

    A.- In der Volksabstimmung vom 1. Dezember 1985 nahmen die
Stimmberechtigten des Kantons Aargau das Gesetz über die Organisation
der ordentlichen richterlichen Behörden (GOG) vom 11. Dezember 1984
an. Dessen § 15 enthält unter der Marginalie "Presse, Radio, Fernsehen"
die folgende Bestimmung:

    "1 Berichterstattungen über Gerichtsverhandlungen durch Presse,
Radio und

    Fernsehen müssen sachlich sein und dürfen niemanden unnötig
blossstellen.

    2 Presse, Radio und Fernsehen sind verpflichtet, eine vom zuständigen

    Gericht angeordnete und formulierte Berichtigung ihrer
Berichterstattung
   zu veröffentlichen.

    3 Gerichtsberichterstatter, die gegen die für Berichterstattung
   aufgestellten Regeln verstossen, können durch Entscheid des
   Obergerichts von den öffentlichen Verhandlungen der Gerichte des
   Kantons ausgeschlossen werden.

    4 Der Regierungsrat regelt die Gerichtsberichterstattung in einer

    Verordnung."

    Der Verband der Schweizer Journalisten (VSJ) und ein Redaktor
führen gegen die Bestimmung von § 15 GOG im Verfahren der abstrakten
Normenkontrolle staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts einerseits und wegen Verletzung der
Meinungsäusserungsfreiheit, der Pressefreiheit, der Informationsfreiheit,
der Rechtsgleichheit und des Grundsatzes der Öffentlichkeit von
Gerichtsverhandlungen andererseits.

    Das Bundesgericht weist die staatsrechtliche Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer rügen vorerst eine Verletzung des Grundsatzes
der derogatorischen Kraft des Bundesrechtes und machen damit eine
Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV geltend. Zur Begründung führen sie aus,
§ 15 des Gesetzes über die Organisation der ordentlichen richterlichen
Behörden (GOG) diene ausschliesslich dem Persönlichkeitsschutz der
Prozessbeteiligten. Der Persönlichkeitsschutz werde indessen durch das
Bundeszivilrecht in abschliessender Weise garantiert. Mit § 15 GOG werde
daher in unzulässiger Weise in die Bundeskompetenz über das Privatrecht
eingegriffen.

    a) Der angerufene Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
(Art. 2 ÜbBest. BV) bedeutet, dass die Kantone in Sachgebieten, welche
die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur Rechtssetzung
befugt sind (BGE 109 Ia 47 E. 3c/aa). Auf entsprechende Rüge hin prüft
das Bundesgericht frei, ob die beanstandeten kantonalen Normen mit dem
Bundesrecht vereinbar sind (BGE 111 Ia 179, 109 Ia 67 E. 2a, 109 Ia 74
E. 3, 109 II 197 E. 1, mit Hinweisen).

    b) Nach Art. 64 BV steht dem Bund die Gesetzgebung auf dem Gebiete
des Zivilrechts zu. Es handelt sich hiebei um eine ausschliessliche
Zuständigkeit umfassender Art. Die Kantone dürfen nur soweit
zivilrechtliche Bestimmungen erlassen, als das Bundesrecht ausdrücklich
oder dem Sinne nach die Geltung kantonalen Rechts vorbehält (BGE 85 I 20,
mit Hinweisen).

    Gemäss Art. 6 ZGB werden die öffentlichrechtlichen Befugnisse der
Kantone durch das Bundeszivilrecht nicht beschränkt. Die Kantone können im
öffentlichen Interesse Vorschriften aufstellen, welche die zivilrechtliche
Ordnung ergänzen. Wo die Schranken der expansiven Kraft des öffentlichen
Rechts liegen und welche zivilrechtlichen Vorschriften eine abschliessende
Ordnung darstellen und Modifikationen durch Bestimmungen des kantonalen
öffentlichen Rechts ausschliessen, lässt sich nicht in allgemeiner Form
umschreiben. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist der Erlass
öffentlichrechtlicher kantonaler Vorschriften jedenfalls in einem vom
Bundeszivilrecht geregelten Bereich gestützt auf Art. 6 ZGB zulässig,
sofern der Bundesgesetzgeber nicht eine abschliessende Ordnung geschaffen
hat, die kantonalen Bestimmungen einem schutzwürdigen öffentlichen
Interesse entsprechen und nicht gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts
verstossen (BGE 110 Ia 113 E. 3b, mit Hinweisen).

    Die Kompetenz der Kantone, ihre Gerichtsorganisation und das
Prozessrecht zu ordnen, ergibt sich indessen nicht aus Art. 6 Abs. 1
ZGB, sondern für das Zivilprozessrecht aus Art. 64 Abs. 3 BV und für das
Strafprozessrecht aus Art. 64bis Abs. 2 BV (HANS HUBER, Berner Kommentar,
Einleitungsband, N. 45 ff. zu Art. 6 ZGB). Auch diese Vorschriften
unterstehen jedoch dem Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts
(HUBER, aaO, N. 47). Dabei ist insbesondere die dienende Funktion dieser
Vorschriften zu beachten. Das kantonale Recht der Gerichtsorganisation
und der Prozessordnung ist darauf ausgerichtet, dem materiellen Recht
zum Durchbruch zu verhelfen. Die Kantone sind verpflichtet, eine
Ordnung zu schaffen, welche die Anwendung des materiellen Bundesrechts
gewährleistet. Namentlich ist ihnen untersagt, die Freiheit des kantonalen
Richters in der Anwendung des Bundesrechts durch das kantonale Prozessrecht
einzuschränken (vgl. BGE 107 II 122 E. 2a). Unter Beachtung dieser
Einschränkungen sind die Kantone in der Ausgestaltung ihres Organisations-
und Prozessrechts frei. Sie können insbesondere Normen zur Sicherung
eines geordneten Verfahrens erlassen. Dazu gehören auch Bestimmungen
über den Ablauf von öffentlichen Gerichtsverhandlungen und über die
Gerichtsberichterstattung. Soweit von der Gerichtsberichterstattung
negative Auswirkungen auf den geordneten Verfahrensablauf ausgehen können,
sind sie befugt, hierüber Bestimmungen zu erlassen und eine allfällige
Berichtigung der Berichterstattung vorzusehen. Der angefochtene § 15
GOG hält sich somit im Rahmen des den Kantonen zur Regelung überlassenen
Verfahrens (Art. 64 Abs. 1 und Art. 64bis Abs. 3 BV) und ist unter diesem
Gesichtswinkel nicht zu beanstanden.

    c) Das aargauische Zivil- und Strafprozessrecht wird - mit Ausnahme der
Beratungen - vom Grundsatz der Verhandlungsöffentlichkeit beherrscht (§
14 GOG). Ausnahmen sind möglich, wenn das öffentliche Interesse oder ein
schutzwürdiges Interesse der Prozessbeteiligten dies erfordert (vgl. §
79 Abs. 2 ZPO, § 47 StPO). Diese Beschränkungen der Öffentlichkeit
dienen letztlich dem ordnungsgemässen Gang des Verfahrens und damit
der unvoreingenommenen und unbeeinflussten Rechtsfindung. Solche
Beschränkungen, wie sie sich allgemein aus der Verfahrensordnung
ergeben können oder auf Antrag oder aus sitzungspolizeilichen Gründen
angeordnet werden können, haben, soweit sie ihrerseits verfassungs- und
konventionskonform sind, Vorrang vor dem Öffentlichkeitsgrundsatz und
der damit verbundenen Kontrollmöglichkeit der Allgemeinheit. An ihrer
Zulässigkeit ändert auch der Umstand nichts, dass diese Beschränkungen
neben dem Zweck, eine objektive Rechtsfindung und einen ordnungsgemässen
Verfahrensablauf zu garantieren, auch dem Schutz der am Prozess Beteiligten
dienen. Die Beschwerdeführer erheben denn in diesem Zusammenhang zu Recht
auch keine Rüge.

    Gleich verhält es sich mit Einschränkungen der
Gerichtsberichterstattung. Die Gerichtsberichterstattung ist ein Teil der
Verfahrensöffentlichkeit und stellt gewissermassen deren mittelbare Form
dar (HANS SCHULTZ, Der Grundsatz der Öffentlichkeit im Strafprozess, in:
SJZ 69/1973 S. 131). Die mit der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen
verbundenen Funktionen werden tatsächlich nicht so sehr durch den
einzelnen, im Gerichtssaal anwesenden Bürger, sondern vielmehr durch
die Berichterstattung über die Gerichtsverhandlungen insbesondere in
der Presse wahrgenommen. Der Journalist wird zum Medium der Transparenz
der richterlichen Staatstätigkeit für den Bürger einerseits und deren
Kontrolle durch den Bürger anderseits (CARL HANS BRUNSCHWILER, Die
dritte Gewalt, Aarau 1971, S. 29). Die Berichterstattung trägt nebst ihrer
Publizitätswirkung dazu bei, das Vertrauen des Volkes in die Gesetzlichkeit
und Unparteilichkeit der Justiz aufrechtzuerhalten (CARL LUDWIG, Die
Verantwortlichkeit des Gerichtsberichterstatters, in: Festgabe zum 70.
Geburtstag von Erwin Ruck, 1952, S. 18). Diese Zielsetzungen lassen sich
indessen nur verwirklichen, wenn die Gerichtsberichterstattung sich ihrer
Verantwortung bewusst ist und objektiv über die Gerichtsverhandlungen
orientiert. Dabei ist nicht zu übersehen, dass die Wirkungen der
mittelbaren Öffentlichkeit viel weiter reichen als die der unmittelbaren,
welche nur wenige Teilnehmer an den Verhandlungen erfasst (SCHULTZ, aaO,
S. 132). Der Empfänger des Medienberichtes orientiert sich allein an dessen
Inhalt über den Gang des Verfahrens; unmittelbare Wahrnehmungen gehen
ihm ab. Das Gebot der sachlichen Berichterstattung liegt damit durchaus
im Interesse der ordnungsgemässen Rechtspflege. Auch ist augenfällig,
dass deren Funktion ohne weiteres beeinträchtigt werden kann, wenn
die Prozessbeteiligten (Parteien, zum Beweis angehörte Personen und
Gerichtsbehörden) blossgestellt, lächerlich gemacht oder in unwürdiger Art
und Weise kritisiert werden. Die Vorschrift in § 15 Abs. 1 GOG, welche zu
sachlicher Berichterstattung verpflichtet und unnötige Blossstellungen
verbietet, liegt damit unmittelbar im Interesse der ordnungsgemässen
Rechtspflege. Dem ordnungsgemässen Gang der Rechtspflege dienen auch die
Abs. 2 und 3 der angefochtenen Bestimmung.

    Anlässlich der zweiten Lesung zum Organisationsgesetz wurde die Meinung
vertreten, § 15 GOG bezwecke nichts anderes als den verhältnismässigen
Persönlichkeitsschutz. Dieser Umstand ändert an der Zielrichtung der
angefochtenen Bestimmung nichts. Eine Gesetzesbestimmung ist in erster
Linie aus sich selbst, d.h. nach ihrem Wortlaut, Sinn und Zweck sowie
nach den ihr zugrundeliegenden Wertungen auszulegen. Die Vorarbeiten
sind weder verbindlich noch für die Auslegung unmittelbar entscheidend;
denn ein Gesetz entfaltet ein eigenständiges, vom Willen des Gesetzgebers
unabhängiges Dasein, sobald es in Kraft getreten ist. Das heisst nicht,
die Gesetzesmaterialien seien methodisch unbeachtlich; sie können
namentlich dann, wenn eine Bestimmung unklar ist oder verschiedene,
sich widersprechende Auslegungen zulässt, ein wertvolles Hilfsmittel
sein, den Sinn der Norm zu erkennen (BGE 112 II 170 E. 2b, 109 Ia 303,
mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist jedoch offensichtlich, dass
die der Gerichtsberichterstattung gesetzten Grenzen unmittelbar dem
ordnungsgemässen Prozessverlauf dienen, welcher u.a. nur damit erreicht
werden kann, dass die Beteiligten nicht unnötig blossgestellt werden. Daran
ändert der Umstand nichts, dass die angefochtenen Bestimmungen auch dem
Persönlichkeitsschutz der am Prozess Beteiligten zu dienen vermögen. Daraus
ergibt sich somit, dass § 15 GOG eine Vorschrift des öffentlichen Rechts
zur Sicherung eines geordneten Verfahrens darstellt. Dies trifft sowohl
auf die Richtlinien nach § 15 Abs. 1 GOG als auch auf die Sanktionen
nach § 15 Abs. 2 und 3 GOG zu. Sie verletzen demnach den Grundsatz der
derogatorischen Kraft des Bundesprivatrechts nicht.

    d) Im übrigen verkennen die Beschwerdeführer die Tragweite
des Bundesprivatrechts, wenn sie diesem einen abschliessenden
Persönlichkeitsschutz zuzuordnen suchen. Der Schutz der Persönlichkeit
ist universelles Anliegen der Rechtsordnung überhaupt. Die Menschenwürde
ist nicht nur Schutzobjekt des Privatrechts, sondern der Rechtsordnung
schlechthin, und sie manifestiert sich auch in den Grundrechtsverbürgungen
der Bundesverfassung (vgl. HANS HUBER, Diskussionsvotum zum Schweizerischen
Juristentag 1960, ZSR 79/1960 II S. 667a ff.). Der Persönlichkeitsschutz
ist Anliegen des privaten wie des öffentlichen Rechts (vgl. KARL OFTINGER,
Diskussionsvotum zum Schweizerischen Juristentag 1960, ZSR 79/1960 II
S. 658a f.; JÖRG PAUL MÜLLER, Die Grundrechte der Verfassung und der
Persönlichkeitsschutz des Privatrechts, Bern 1964, S. 74 ff.). Dies gilt
namentlich auch für den Bereich des Prozessrechts. Die Prozessbeteiligten
haben bereits aus dem Gebot der Fairness (vgl. PETER SALADIN, Das
Verfassungsprinzip der Fairness, in: Erhaltung und Entfaltung des Rechts
in der Rechtsprechung des Schweizerischen Bundesgerichts, Basel 1975,
S. 41 ff.) Anspruch darauf, im Verfahren ihre Würde garantiert zu
erhalten. Dazu dienen nicht bloss die den kantonalen Prozessordnungen
und Art. 4 BV entfliessenden Verfahrensgarantien, sondern auch der
allgemeine Anspruch darauf, im Verfahren mit der gebotenen Achtung der
Persönlichkeit behandelt zu werden. In besonderem Masse gilt dies für
den strafrechtlich Beschuldigten. Dient das moderne Strafrecht vorab
dem humanen Bestreben nach Wiedergewinnung des Delinquenten für das
Leben in der freien Gesellschaft (O.A. GERMANN, Massnahmenrecht des
Schweizerischen Strafgesetzbuchs, ZStrR 73/1958 S. 74), ist auch das
Prozessrecht mit einer würdigen Behandlung des Beschuldigten diesem
Ziel verpflichtet. Die Gefahr einer Verletzung der Menschenwürde und
der Persönlichkeitsrechte aber liegt nicht nur in einer unkorrekten
Verfahrensabwicklung, sondern ebensosehr in einer unnötig verletzenden
oder blossstellenden Gerichtsberichterstattung. Die Berichte über die
Gerichtsverhandlungen haben somit die Persönlichkeit der Prozessbeteiligten
zu beachten (SCHULTZ, aaO, S. 134). Dies sicherzustellen sind auch die
kantonalen Prozessrechte berufen.

    Öffentlichrechtlicher und privatrechtlicher Persönlichkeitsschutz
haben in diesem Sinne nebeneinander Bestand. Dass die Ansprüche
eines Prozessbeteiligten wegen seine Persönlichkeit verletzenden
Gerichtsberichterstattungen sich nach Massgabe des Privatrechts beurteilen
und nach Art. 28 ff. ZGB geltend gemacht werden können, schliesst die
Befugnis der Kantone nicht aus, den Anliegen der Prozessbeteiligten auch
im Rahmen der gerichtspolizeilichen Vorschriften Rechnung zu tragen. Die
richtig verstandenen Anliegen einer ordnungsgemässen Rechtspflege,
welche auch den Persönlichkeitsschutz der Prozessbeteiligten umfassen,
rechtfertigen zusätzliche Einschränkungen des Öffentlichkeitsprinzipes;
der Persönlichkeitsschutz des Privatrechts reicht hiezu nicht aus. Zum
umfassenden Schutz der Persönlichkeit der Prozessbeteiligten bedarf
es daher eines Zusammenwirkens von Privatrecht und Prozessrecht.
Die unnötige Verletzung oder Blossstellung vom Prozessbeteiligten
ist unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigen. Es reicht nicht aus,
den Verletzten auf seine zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Täter
zu verweisen. Der Staat selbst hat an einer Verletzung teil, wenn er
diese während oder im Anschluss an die Verhandlung duldet. So wenig er
zulassen darf, dass an der Verhandlung gegen die Prozessbeteiligten von
Privaten Gewalttätigkeiten verübt werden, darf er es hinnehmen, dass ihr
Persönlichkeitsrecht verletzt wird (MAX GULDENER, Bundesprivatrecht und
kantonales Zivilprozessrecht, ZSR 80/1961 II S. 6 und 54 f.).

    e) Aus all diesen Gründen erweist sich die Rüge, der kantonale
Gesetzgeber habe mit der Bestimmung von § 15 GOG in die Kompetenz des
Bundes zur Regelung des privaten Persönlichkeitsschutzes eingegriffen
und damit Art. 2 ÜbBest. BV verletzt, als unbegründet. Die Beschwerde
ist daher in diesem Punkte abzuweisen.

    f) Die Beschwerdeführer machen unter dem Gesichtswinkel der
derogatorischen Kraft des Bundesrechts nicht geltend, die angefochtenen
Bestimmungen stünden, soweit sie sich auf Radio und Fernsehen beziehen, mit
dem Bundesrecht in Widerspruch. Diese Frage braucht daher im vorliegenden
Fall nicht geprüft zu werden (vgl. BGE 112 Ia 407 E. 5).

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdeführer machen weiter geltend, § 15 GOG verletze in
verschiedener Hinsicht geschriebene und ungeschriebene Verfassungsrechte
sowie Garantien der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sie berufen
sich insbesondere auf Art. 55 BV, die Meinungsäusserungsfreiheit und
Art. 10 EMRK sowie auf die Informationsfreiheit und den Grundsatz der
Öffentlichkeit gerichtlicher Verhandlungen.

    b) Die Bundesverfassung garantiert in Art. 55 BV ausdrücklich die
Pressefreiheit und gewährt dem Bürger damit das Recht, seine Meinung mit
den Mitteln der Druckerpresse in der Öffentlichkeit zu verbreiten (BGE 107
Ia 49 E. 3, 279 f.; vgl. 96 I 588 E. 3). Die Meinungsäusserungsfreiheit
wird als ungeschriebenes Verfassungsrecht des Bundes anerkannt. Es
gewährleistet das Recht des Bürgers, seine Meinung frei zu bilden
und zu äussern und sie andern bekanntzugeben (BGE 108 Ia 175; 107
Ia 65, 229 E. b, 236, 279; 105 Ia 182). In der umfassend verstandenen
Meinungsäusserungsfreiheit ist die ausdrücklich garantierte Pressefreiheit
als Teilgehalt enthalten und stellt insofern einen besondern Anwendungsfall
derselben dar (BGE 107 Ia 49 E. 3, 280; 98 Ia 421 E. 2a; 96 I 592 E. 6;
ZBl 85/1984 S. 310). Aus der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit ergibt
sich die Informationsfreiheit, d.h. das Recht, Nachrichten und Meinungen
ohne Eingriffe der Behörden frei zu empfangen und sich aus allgemein
zugänglichen Quellen aktiv zu unterrichten (BGE 107 Ia 305 f., 236 E. 2;
105 Ia 182; 104 Ia 91 E. 4 und 5, 378 E. 2; ZBl 83/1982 S. 222 E. d). Die
Informationsfreiheit enthält nach der Rechtsprechung keine generelle
Pflicht der Behörden zur Unterrichtung über Angelegenheiten der Verwaltung
und räumt dem Bürger keinen positiven Anspruch auf Information ein;
das Bundesgericht hat die Informationsfreiheit nicht als ungeschriebenes
eigenständiges Verfassungsrecht anerkannt (BGE 107 Ia 305 f.; 104 Ia 91
E. 4 und 5). Soweit die Behörden aber informieren und Auskunft erteilen,
sind sie an das Rechtsgleichheitsgebot und an das Willkürverbot gebunden
(BGE 104 Ia 97, 378; ZBl 83/1982 S. 39 E. 3a und S. 222). Ferner
garantiert Art. 10 Ziff. 1 EMRK u.a. die Freiheit der Meinungsäusserung
(BGE 108 Ia 277, 318 E. 2). Diese Konventionsgarantie entspricht in
bezug auf die Äusserung und Weitergabe von Meinungen und in bezug auf die
Möglichkeit, sich aus allgemein zugänglichen Quellen aktiv zu informieren,
dem geschriebenen und ungeschriebenen Bundesverfassungsrecht (BGE 108 Ia
175, 277 E. b, 318 E. 2a; ZBl 83/1982 S. 222 E. d; vgl. aber JOCHEN ABR.
FROWEIN/ WOLFGANG PEUKERT, EMRK-Kommentar, Kehl/Strassburg/Arlington 1985,
N. 13 zu Art. 10; JOCHEN ABR. FROWEIN, Artikel 10 EMRK in der Praxis von
Kommission und Gerichtshof, in: Archiv für Presserecht 17/1986 S. 198);
besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Schranken nach Art. 10
Ziff. 2 EMRK zu. Die erhobenen Rügen sind demnach unter den Gesichtspunkten
der Pressefreiheit, der Meinungsäusserungsfreiheit und von Art. 10 EMRK
sowie der daraus fliessenden Informationsfreiheit gemeinsam zu behandeln
(vgl. BGE 104 Ia 91 f.).

    Die Meinungsäusserungsfreiheit und die Pressefreiheit gelten wie andere
Freiheitsrechte nicht unbegrenzt. Einschränkungen sind zulässig, sofern
sie auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen
Interesse liegen und verhältnismässig sind (BGE 107 Ia 49 f.; 104 Ia
103; 98 Ia 63 E. 7; 96 I 589 E. 4); Einschränkungen von Art. 10 Ziff. 1
EMRK sind nach Massgabe von Ziff. 2 zulässig (Urteil des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte vom 8. Juli 1986 i.S. Lingens, Ziff. 39
ff., Publications de la Cour européenne des droits de l'homme, Série A
Nr. 103, in deutscher Übersetzung in: EuGRZ 1986 S. 424 ff.). Bei der
Beurteilung der Äusserungsmöglichkeiten und der Informationsfreiheit ist
der Bedeutung dieser Grundrechte für die Entfaltung des Einzelnen sowie
für die Meinungsbildung und -äusserung in einem demokratischen Rechtsstaat
Rechnung zu tragen, soweit die Meinungsäusserungsfreiheit im Vordergrund
steht (BGE 107 Ia 279, 96 I 592 E. 6; ZBl 85/1984 S. 310 E. 2a). In
bezug auf die Pressefreiheit ist die spezielle Funktion der Presse zu
beachten, die als Vermittlerin von Informationen über das Gemeinwesen
zur öffentlichen Meinungsbildung und damit zur öffentlichen Kontrolle
beiträgt (BGE 104 Ia 379 E. a; ZBl 85/1984 S. 311 E. a; erwähntes
Urteil des Europäischen Gerichtshofes i.S. Lingens, Ziff. 41; JÖRG PAUL
MÜLLER/STEFAN MÜLLER, Grundrechte - Besonderer Teil, Bern 1984, S. 108
und S. 112 f.); dies trifft für die Berichterstattung über Regierungs-
und Verwaltungstätigkeit ebenso wie über das Gerichtswesen zu (vgl. JÖRG
PAUL MÜLLER, Gibt es eine Medienfreiheit?, in: recht 1983 S. 12 f.).

    c) Die Beschwerdeführer berufen sich ferner auf den Grundsatz
der Öffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen. Die Öffentlichkeit der
Verhandlungen der Gerichte ist nach § 72 KV sowie nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK
garantiert. Dieser Grundsatz bedeutet eine Absage an jede Form geheimer
Kabinettsjustiz. Er soll durch die Kontrolle der Öffentlichkeit dem
Angeschuldigten und allen übrigen am Prozess Beteiligten eine korrekte
und gesetzmässige Behandlung gewährleisten. Der Öffentlichkeit
soll darüber hinaus ermöglicht werden, Kenntnis davon zu erhalten,
wie das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeführt wird. Durch
die Öffentlichkeit wird es der Allgemeinheit ermöglicht, die Prozesse
unmittelbar zu verfolgen. Die rechtsstaatliche und demokratische Bedeutung
des Grundsatzes der Öffentlichkeit verbietet einen Ausschluss dort, wo
nicht überwiegende Gründe der staatlichen Sicherheit, öffentlichen Ordnung
und Sittlichkeit oder schützenswerte Interessen Privater das vordringlich
gebieten (vgl. BGE 111 Ia 245, 108 Ia 92, mit Hinweisen; SCHULTZ, aaO,
S. 129 ff.). In diesem Sinne sehen auch § 72 KV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK
Ausnahmen vom Grundsatz der Öffentlichkeit vor. Solche generelle Ausnahmen
stehen im vorliegenden Fall nicht zur Diskussion.

    Es fragt sich, ob die Beschwerdeführer, welche die Interessen
der Journalisten vertreten, befugt sind, sich auf den Grundsatz der
Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen zu berufen. Diese Frage braucht
indessen nicht näher geprüft zu werden. Entscheidend ist, dass im Grundsatz
die Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen gewährleistet ist und dass
demnach diese Verhandlungen eine allgemein zugängliche Informationsquelle
darstellen, aus der sich der Einzelne sowie der Journalist aufgrund
der Informationsfreiheit grundsätzlich ohne Eingriffe der Behörden
unterrichten kann (vgl. MARCEL GUIGNARD, Die Gerichtsberichterstattung,
in: Festschrift für den Aargauischen Juristenverein, Aarau 1986, S. 53
f.). Die Rüge der Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der
Gerichtsverhandlungen kommt daher im vorliegenden Fall keine selbständige
Bedeutung zu; sie ist vielmehr im Zusammenhang mit der Rüge der Verletzung
der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit und von Art. 10 EMRK und der
daraus abgeleiteten Informationsfreiheit zu behandeln (vgl. BGE 105 Ia
182 f.).

    d) Die Beschwerdeführer machen in materieller Hinsicht keine Verletzung
von Art. 55bis BV geltend. Es braucht daher nicht untersucht zu werden,
inwiefern die in § 15 GOG enthaltenen Berichterstattungsrichtlinien
und Sanktionen für Radio und Fernsehen vor der Verfassung standhalten
(vgl. Urteil vom 17. Oktober 1980, in: ZBl 83/1982 S. 219 ff.).

    e) Im folgenden sind die erhobenen Rügen in bezug auf die in § 15
GOG enthaltenen Absätze und Bestimmungen einzeln zu prüfen.

Erwägung 5

    5.- a) Die angefochtene Bestimmung von § 15 Abs. 1 GOG verlangt,
dass die Gerichtsberichterstattung sachlich sein müsse und niemanden
unnötig blossstellen dürfe. Sie enthält damit eine Anweisung, wie die
Berichterstattung auszugestalten ist; Verstösse dagegen können die Folgen
nach § 15 Abs. 2 und Abs. 3 GOG nach sich ziehen. Insofern stellt die
Bestimmung einen Eingriff in die Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit
dar. Es ist daher zu prüfen, ob dieser Eingriff im öffentlichen Interesse
liegt und verhältnismässig ist und somit vor den Verfassungs- und
Konventionsgarantien standhält.

    Für die Beurteilung dieser Frage ist davon auszugehen, dass zwischen
Information und Meinungsäusserung unterschieden werden kann (vgl. BGE 107
Ia 315 f.; erwähntes Urteil des Europäischen Gerichtshofes i.S. Lingens,
Ziff. 45 f.). Die Berichterstattung über Gerichtsverhandlungen ist zum
einen Information, d.h. Wiedergabe von Tatsachen, wie sie im Gerichtssaal
stattgefunden haben. Wie oben dargelegt, kann der Bürger aufgrund der
Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen unmittelbar und mittels der
Gerichtsberichterstattung in den Massenmedien mittelbar davon Kenntnis
erhalten, wie das Recht verwaltet und die Rechtspflege ausgeführt
wird (vgl. BGE 111 Ia 245, 108 Ia 92). Der Bürger nimmt insbesondere
aufgrund von Presseberichten teil an der Rechtsprechung und kann eine
gewisse Kontrolle ausüben. Diese Funktion kann indessen nur erfüllt
werden, soweit die Berichterstattung wahrheitsgetreu und sachlich
erfolgt. Die richtige Orientierung der Öffentlichkeit ist allgemein
eine wesentliche Grundlage des Funktionierens des demokratischen
Staatswesens und steht mit der Pressefreiheit nicht in Widerspruch
(BGE 107 Ia 316; vgl. JÖRG PAUL MÜLLER, Zur Bedeutung der Pressefreiheit
beim privat- und strafrechtlichen Ehrenschutz, in: ZSR 86/1967 I S. 140
ff.). Das gilt auch für die Berichterstattung über das Gerichtswesen.
Eine unsachliche und wahrheitswidrige Berichterstattung beeinträchtigt
sodann das Vertrauen in die Justiz und kann den ordnungsgemässen Gang
der Rechtspflege beeinträchtigen. Im Rahmen der abstrakten Normkontrolle
braucht nicht umschrieben zu werden, was genau als sachliche bzw. als
objektive Berichterstattung zu verstehen ist; als Richtlinie ist sie
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BGE 107 Ia 316; ZBl 83/1982
S. 225 und 226). Die Verpflichtung zu sachlicher Berichterstattung im
Sinne einer objektiven Information über Gerichtsverhandlungen steht
damit in einem überwiegenden öffentlichen Interesse und erweist sich
wegen der geringen Tragweite des Eingriffs in die Verfassungs- und
Konventionsgarantien als verhältnismässig.

    Das gleiche gilt für das Verbot, mit der Gerichtsberichterstattung
niemanden unnötig blosszustellen. Die Meinungsäusserungs- und die
Pressefreiheit sind unter Respektierung der Freiheitsrechte von
Drittpersonen auszuüben (BGE 107 Ia 229 E. b, mit Hinweisen). Diese
Freiheitsrechte geben keinen Anspruch darauf, Prozessbeteiligte unnötig
blosszustellen und damit deren Persönlichkeitsrechte zu verletzen. Wie
alle Freiheitsrechte finden auch sie ihre Grenze an der schützenswerten
Rechtssphäre der andern. Das Anwachsen des Medienangebotes hat daher dem
Gedanken des Schutzes der Individualität und der Würde des Einzelnen im
Rahmen des auch öffentlichrechtlich gebotenen Persönlichkeitsschutzes
erhöhte Aktualität verliehen (JÖRG PAUL MÜLLER, Zur Bedeutung der
Pressefreiheit beim privat- und strafrechtlichen Ehrenschutz, aaO, S. 115
ff.; JÖRG PAUL MÜLLER/STEFAN MÜLLER, aaO, S. 92). Darüber hinaus vermag
die unnötige Blossstellung von den an einem Gerichtsverfahren beteiligten
Personen den ordentlichen Gang der Rechtspflege zu beeinträchtigen. Die
Bestimmung von § 15 Abs. 1 GOG liegt damit auch in dieser Hinsicht im
überwiegenden öffentlichen Interesse und kann nicht als unverhältnismässig
bezeichnet werden.

    Soweit die Gerichtsberichterstattung aber Meinungsäusserungen
über das Gerichtsverfahren und die Rechtspflege enthält, schliesst die
Bestimmung von § 15 Abs. 1 GOG bei verfassungskonformer Auslegung Kritik
an der Rechtspflege nicht aus. Es gehört vielmehr zu den Grundanliegen
der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit in einem demokratischen
Rechtsstaat, dass solche Kritik publik gemacht werden kann, auch wenn
sie in der Sache selbst scharf ausfällt. Auch solche Kritik soll aber im
Ton sachlich bleiben, denn das öffentliche Interesse an der Information
verlangt nicht, dass sie sich im Ton vergreift. Objektivität und
Sachlichkeit in der Ausdrucksweise sind die Voraussetzung dafür, dass die
Rechtspflege ihren ordnungsgemässen Gang, frei von sachfremden Einflüssen,
nehmen kann. Werden die Justizorgane öffentlich mit masslosen und
unqualifizierten Vorwürfen angegriffen, besteht insbesondere die Gefahr,
dass die in der Streitsache mitwirkenden Organe einerseits die notwendige
innere Distanz zum Streitgegenstand verlieren und dass sie anderseits
nicht mehr unbefangen zu urteilen vermögen. Mit den Erfordernissen
einer unabhängigen Rechtspflege ist eine solche Situation klarerweise
unvereinbar, und es wird die Gefahr geschaffen, das Ansehen der gesamten
Rechtsprechung herabzusetzen (BGE 108 Ia 320 f., 106 Ia 108 f.).

    § 15 Abs. 1 GOG ist mithin auch unter dem Blickwinkel der
Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit einer verfassungskonformen
Auslegung durchaus zugänglich. Sollte sich aus der konkreten
Rechtsanwendung eine Verletzung dieser Grundrechte ergeben, steht den
Betroffenen hiegegen die staatsrechtliche Beschwerde mit inzidenter
Normenkontrolle und einem Schutz vor verfassungs- und konventionswidriger
Rechtsanwendung zur Verfügung.

    b) Die Beschwerdeführer erachten ferner die Bestimmung von § 15 Abs. 2
GOG, wonach die Massenmedien eine vom zuständigen Gericht angeordnete und
formulierte Berichtigung ihrer Berichterstattung zu veröffentlichen haben,
als verfassungs- und konventionswidrig. Eine solche Pflicht, Berichtigungen
zu veröffentlichen, greift grundsätzlich in den Freiheitsbereich der
Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit ein. Zu prüfen ist demnach,
inwieweit hierfür ein überwiegendes öffentliches Interesse gegeben sei
und ob eine solche Pflicht verhältnismässig sei.

    Wendet man die vorstehend dargelegten Grundsätze über die Bedeutung
einer im objektivierbaren Bereich sachlichen Gerichtsberichterstattung
sinngemäss auch auf diesen Punkt an, so lässt sich nicht beanstanden,
dass das Gesetz insoweit eine Berichtigungspflicht statuiert. Soweit
sich eine unsachliche oder blossstellende Gerichtsberichterstattung
oder eine unsachlich gehaltene Kritik negativ auf die in einem
demokratischen Rechtsstaat notwendige Information des Bürgers auswirkt
und zudem den ordnungsgemässen Gang der Justiz beeinträchtigt, ist es
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass die Presse zu einer
Berichtigungsveröffentlichung angehalten wird. Hierfür besteht ein
überwiegendes öffentliches Interesse, und die Pflicht zur Aufnahme
einer Berichtigung erweist sich als angemessenes Mittel. Ein Organ
der Presse, welches sich weigern würde, eine offensichtlich falsche
Tatsachendarstellung oder eine unsachliche und unnötig verletzende
Gerichtsberichterstattung zu berichtigen, verstiesse zugleich gegen ein
sittliches Gebot und gegen seine Pflicht als Mittler zwischen Behörde und
Öffentlichkeit. Indessen ist eine einschränkende Auslegung der Bestimmung
am Platze. Ist eine Darstellung nicht offensichtlich unsachlich, sondern
ist der fragliche Vorgang auch einer differenzierten Betrachtungsweise
zugänglich, so kann keine Berichtigung im strengen Sinne des Wortes,
sondern allenfalls höchstens eine Gegendarstellung gefordert werden. Mit
einer solchen nimmt die Gerichtsverwaltung nicht für sich in Anspruch,
allein die Wahrheit zu vertreten, sondern sie überlässt die Meinungsbildung
der Öffentlichkeit (BGE 107 Ia 317). Nach der im vorliegenden Verfahren
abgegebenen Vernehmlassung des Regierungsrates ist nicht beabsichtigt,
§ 15 Abs. 2 GOG in Missachtung dieser Beschränkungen auszulegen und
anzuwenden. Wie oben dargelegt, stünde bei zu extensiver Auslegung
von § 15 Abs. 2 GOG im Einzelfall immer noch die staatsrechtliche
Beschwerde offen. Die angefochtene Bestimmung kann daher im abstrakten
Normkontrollverfahren nicht als verfassungs- oder konventionswidrig
bezeichnet werden.

    c) Nach § 15 Abs. 3 GOG können Gerichtsberichterstatter, die gegen die
für die Berichterstattung aufgestellten Regeln verstossen, durch Entscheid
des Obergerichts von den öffentlichen Verhandlungen der Gerichte des
Kantons ausgeschlossen werden. Auch darin erblicken die Beschwerdeführer
eine Verletzung der Meinungsäusserungs- und der Pressefreiheit sowie
der Informationsfreiheit.

    Für die Beurteilung dieser Rüge ist zum einen davon auszugehen,
dass die regelmässigen Gerichtsberichterstatter aufgrund eines
Akkreditierungssystems oder einer faktischen Akkreditierung eine
Sonderstellung einnehmen. Sie verfügen oftmals über Sonderrechte und
erhalten zusätzliche Informationen über Gerichtstermine und einzelne
Verfahren sowie für das Verständnis einzelner Prozessverfahren notwendige
Unterlagen (vgl. GUIGNARD, aaO, S. 58 f.). Diese medienfreundliche
Behandlung der Gerichtsberichterstatter ist nicht nur nach der Praxis
der meisten Kantone verbreitet, sondern ausdrücklich auch in Art. 25
des Reglementes für das Schweizerische Bundesgericht (SR 173.111.1)
normiert. Das Korrelat zur Gewährung einer derartigen Sonderstellung
besteht dabei regelmässig in der Möglichkeit von deren Entzug, sofern
von der Akkreditierung im geschilderten Sinne missbräuchlich Gebrauch
gemacht wird (vgl. SCHULTZ, aaO, S. 134 f.). Berichterstatter, welche in
grober Weise die ihnen auferlegten sittlichen und rechtlichen Pflichten
verletzen, dürfen ohne Beeinträchtigung der Meinungsäusserungs- und der
Pressefreiheit im Interesse der Anliegen einer sachgerechten Rechtspflege
dieser Privilegien verlustig erklärt werden. Darin kann keine Verletzung
der Meinungsäusserungs- und Pressefreiheit sowie der Informationsfreiheit
erblickt werden (vgl. GUIGNARD, aaO, S. 72 f.). Die angefochtene Bestimmung
ist in dieser Hinsicht auch unter dem Gesichtswinkel der nach Art. 4 BV
garantierten Rechtsgleichheit nicht zu beanstanden.

    Der Wortlaut von § 15 Abs. 3 GOG lässt es zu, dass ein
Gerichtsberichterstatter unbedingt von allen Verhandlungen der Gerichte
ausgeschlossen werden könnte. Damit würde er alle Rechte verlieren, die
sich einerseits aus der Informationsfreiheit und andererseits aus dem
Grundsatz der Öffentlichkeit der Gerichtsverhandlungen ergeben. Eine
solche Auslegung hielte vor der Verfassung und der Konvention nicht
stand. Die angefochtene Bestimmung lässt sich indessen auch verfassungs-
und konventionsmässig auslegen. Als schwerwiegende Sanktion wird sich
der Ausschluss eines Gerichtsberichterstatters von den öffentlichen
Verhandlungen nur in echten Ausnahmefällen und bei wiederholten und
schweren Verstössen gegen die Berufspflichten rechtfertigen lassen. Ein
Ausschluss kann weiter nur insofern verfügt werden, als er die Stellung
eines Berichterstatters betrifft. Es wäre indessen unzulässig, einen
Gerichtsberichterstatter auch als Teil des zum Verfahren zugelassenen
Publikums, d.h. bei einem Verzicht auf eine Berichterstattung, von den
Verhandlungen auszuschliessen. Ein solcher Ausschluss müsste zudem dem
Grundsatz der Verhältnismässigkeit genügen. Vorbehalten bleiben die Fälle,
in denen die Öffentlichkeit in einem Verfahren gänzlich ausgeschlossen
wird.

    Nach der Vernehmlassung des Kantons ist nicht damit zu rechnen, dass §
15 Abs. 3 GOG unter Missachtung der erwähnten Schranken angewendet wird. Es
darf auch beachtet werden, dass ein Ausschluss nicht von jedem Gericht,
sondern lediglich vom Obergericht verfügt werden darf. Das Obergericht
bietet Gewähr dafür, dass ein Ausschluss eines Gerichtsberichterstatters
unter Abwägung der zugrundeliegenden Interessen und insbesondere
unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismässigkeit und des
Gleichheitsgebotes erfolgt (vgl. BGE 109 Ia 303; Urteil vom 10. Juli
1986 i.S. B. E. 3b, in: EuGRZ 1986 S. 650). Zudem steht dem Betroffenen
im Einzelfall die staatsrechtliche Beschwerde offen. Bei dieser Sachlage
zeigt sich, dass die Bestimmung von § 15 Abs. 3 GOG einer verfassungs-
und konventionskonformen Auslegung zugänglich und die Wahrscheinlichkeit
einer solchen zulässigen Auslegung im Einzelfall gegeben ist. Demnach
rechtfertigt sich die Aufhebung der angefochtenen Bestimmung im Verfahren
der abstrakten Normenkontrolle nicht.

Erwägung 6

    6.- Aus all diesen Gründen hält die angefochtene Bestimmung von § 15
GOG im Rahmen der vorgetragenen Rügen der abstrakten Normenkontrolle stand.