Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IA 279



113 Ia 279

44. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 22.
Oktober 1987 i.S. C. gegen Anwaltskammer des Kantons Bern (Staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Art. 31 BV; Disziplinarrecht der Rechtsanwälte.

    Der Anwalt, der gegen eine Pauschalentschädigung für eine soziale
Institution tätig ist, die Bedürftigen unentgeltliche Rechtsberatung
und Vertretung im Prozess gewährt, verletzt im Lichte der Handels-
und Gewerbefreiheit keine Berufspflichten nach dem bernischen
Fürsprechergesetz, namentlich im vorliegenden Fall nicht:
   a) das Unabhängigkeitsgebot (E. 2), b) das Gebot der
   Vertrauenswürdigkeit (E. 3), c) das Verbot des Erfolgshonorars (E. 4a),

    d) das Verbot, die Kosten bei ungünstigem Prozessverlauf zum
vorneherein auf sich zu nehmen (E. 4b).

Sachverhalt

    A.- C. ist bernischer Fürsprecher und leitet seit dem 5.  April 1982
die Rechtsberatungs- und Alimenteninkassostelle der Schweiz. Stiftung
MPB, Solidaritätswerk für Mütter, Väter, Kinder und Familien. Es handelt
sich dabei um eine privatrechtliche Institution mit dem Ziel, Menschen in
Notsituationen zu helfen. Die vertraglichen Beziehungen zwischen C. und der
Schweiz. Stiftung MPB lauten nach einer am 1. Januar 1985 abgeschlossenen
Vereinbarung, soweit hier von Interesse, wie folgt:

    "1.1 Herr C. leitet die Rechtsberatungs- und Alimenteninkassostelle des

    MPB.

    Herr C. verpflichtet sich, die ihm vom MPB für Auskünfte zugewiesenen

    Personen rechtlich zu beraten. In bezug auf den Inhalt der Beratung
bleibt
   das Anwaltsgeheimnis vorbehalten. Über diese erste Beratung hinaus
   entscheidet er frei, ob er die jeweiligen Personen

    a) weiter beraten

    b) sofern notwendig, gerichtlich oder aussergerichtlich vertreten will
   oder nicht.

    Herr C. ist zudem verpflichtet, die ihm von der Stiftung zugewiesenen

    Alimenteninkassi durchzuführen. Diese Verpflichtung betrifft
   ausschliesslich den Inkasso-Auftrag; die Art und Weise der Durchführung
   steht in seinem Ermessen. Er ist der Stiftung gegenüber jedoch nach

    Auftragsrecht haftbar, falls diese von ihrem Auftraggeber zur

    Verantwortung gezogen werden sollte.

    1.2 In bezug auf die weiteren Fälle, namentlich die
Prozessvertretungen,
   die aussergerichtlichen Vertretungen und die rechtlichen Beratungen
   steht dem MPB weder ein Weisungs- noch ein Akteneinsichtsrecht zu. Herr
   C. hat keine Rechenschaftspflicht. Er bearbeitet diese Geschäfte somit
   unabhängig, unter eigenem Namen und auf eigene Verantwortung.

    1.3 Herr C. entscheidet vollständig frei darüber:

    a) ob er überhaupt einen Prozess einleiten will

    b) ob er für seine Klientschaft ein UP-Gesuch einreichen will

    c) wie im Vergleichsfall die Kostenliquidation zu erfolgen hat

    d) ob er einen gerichtlichen Entscheid betreffend Prozesskosten
annehmen
   oder anfechten will

    2. Der Lohn von Herrn C. setzt sich folgendermassen zusammen:

    a) Entschädigungen, die Herr C. auf Grund der Bestimmungen über die
   unentgeltliche Prozessführung zugute hat, sowie diejenigen, die die von

    Herrn C. vertretene Partei von der Gegenpartei verlangen kann.

    b) Zusätzlich zu diesen Einnahmen garantiert das MPB Herrn C. ein
   monatliches Nettoeinkommen von Fr. ... (Nettoeinkommen - Entschädigungen
   = jeweiliger Lohn von Herrn C.).

    Das MPB behält sich vor, einer Person, die von Herrn C.
   vertreten sein will, die Übernahme der Anwaltskosten von Herrn C. zu
   verweigern. Allerdings steht es Herrn C. frei, solche Fälle auf eigene

    Rechnung zu übernehmen, soweit dadurch seine Tätigkeit gemäss
vorliegendem

    Vertrag nicht beeinträchtigt wird.

    ...

    4. Der Beschäftigungsgrad von Herrn C. beträgt 75%. Somit hat er eine
   wöchentliche Präsenzzeit (inkl. Vertretungen vor Gericht) von 33
   Stunden einzuhalten. Ausserhalb der Tätigkeit im Rahmen von 75%
   für die Stiftung, steht es Herrn C. frei, weitere Fälle auf eigene
   Rechnung zu übernehmen.

    ..."

    Hinsichtlich der Verpflichtung zur Durchführung von Alimenteninkassi
(Ziff. 1.1, letzter Absatz des Vertrags) handelt es sich nach den
übereinstimmenden Erklärungen der Vertragsparteien ausschliesslich um Fälle
der den Gemeinden obliegenden unentgeltlichen Hilfe bei der Vollstreckung
von Unterhaltsansprüchen, die gemäss Art. 1 Abs. 2 des bernischen Gesetzes
über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen für Kinder
vom 6. Februar 1980 gemeinnützigen Stellen übertragen werden können
(nachfolgend: Alimenteninkassi für Gemeinden).

    Nach Durchführung eines von Amtes wegen eröffneten
Disziplinarverfahrens erteilte die Anwaltskammer des Kantons Bern
Fürsprecher C. mit Entscheid vom 5. Dezember 1986 einen Verweis wegen
Verletzung von Art. 8 Abs. 1, 9 Abs. 1 und 17 Abs. 1 des bernischen
Gesetzes über die Fürsprecher vom 6. Februar 1984 (Fürsprechergesetz) und
wegen Verstosses gegen die Standesregeln des bernischen Anwaltsverbandes
vom 22. Oktober 1938.

    Die Anwaltskammer sieht das Gebot der Unabhängigkeit (Art. 9 Abs. 1
Fürsprechergesetz) durch die uneingeschränkte vertragliche Verpflichtung
zur Rechtsberatung und zur Durchführung von Alimenteninkassi
für Gemeinden verletzt. Weiter widerspreche es dem Gebot des
vertrauenswürdigen Verhaltens (Art. 8 Abs. 1 Fürsprechergesetz),
wenn Fürsprecher C. Gericht und Gegenpartei die seinen Klienten
zugesicherte Unentgeltlichkeit verschweige, regelmässig die unentgeltliche
Prozessführung beantrage und Parteikostenentschädigungen einkassiere. In
der Unentgeltlichkeit liege sodann ein Verstoss gegen das Verbot,
die Kosten bei ungünstigem Prozessverlauf zum vorneherein auf sich zu
nehmen (Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz), und schliesslich verletze
Fürsprecher C. auch das Verbot der Beteiligung am Prozessergebnis
(Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz), weil er einen allfälligen Überschuss
von Parteikostenentschädigungen und Zahlungen aus unentgeltlicher
Prozessführung über die monatliche Pauschalentschädigung von Fr. ... hinaus
für sich beanspruchen könne.

    Das Bundesgericht heisst eine gegen den Entscheid der Anwaltskammer
des Kantons Bern erhobene staatsrechtliche Beschwerde gut aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichts steht der
Anwalt unter dem Schutz der in Art. 31 BV gewährleisteten Handels-
und Gewerbefreiheit, ebenso wie die Inhaber der anderen liberalen
Berufe und wie alle übrigen Personen, die einer privatwirtschaftlichen
Erwerbstätigkeit nachgehen (BGE 112 Ia 319 mit Hinweisen). Geschützt
ist sowohl die selbständige wie die unselbständige Ausübung des Berufs
(BGE 112 Ia 319; 106 Ia 363; 100 Ia 175; 84 I 21).

    Die Kantone können Vorschriften über die Ausübung von Handel
und Gewerben erlassen, die jedoch den Grundsatz der Handels-
und Gewerbefreiheit nicht beeinträchtigen dürfen (Art. 31 Abs. 2
BV). Handel und Gewerbe einschränkende Massnahmen müssen auf einer
gesetzlichen Grundlage beruhen, durch ein überwiegendes öffentliches
Interesse gerechtfertigt sein und sich entsprechend dem Grundsatz der
Verhältnismässigkeit auf das beschränken, was zur Verwirklichung der vom
öffentlichen Interesse verfolgten Ziele notwendig ist (BGE 112 Ia 320 mit
Hinweisen). Unzulässig sind wirtschaftspolitische und standespolitische
Massnahmen, die den freien Wettbewerb zur Sicherung oder Förderung gewisser
Formen der Erwerbstätigkeit behindern und lediglich der Abschirmung gegen
Konkurrenz dienen (BGE 111 Ia 186; 105 Ia 71/72).

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 9 Abs. 1 Fürsprechergesetz übt der Fürsprecher seinen
Beruf unabhängig, in eigenem Namen und auf eigene Verantwortung aus. Die
Anwaltskammer erachtet das Unabhängigkeitsgebot als verletzt, weil sich
der Beschwerdeführer vertraglich gegenüber der Schweiz. Stiftung MPB zu
einer ersten rechtlichen Beratung der ihm zugewiesenen Klienten und zur
Durchführung von Alimenteninkassi für Gemeinden verpflichtet hat.

    a) Der Beschwerdeführer rügt die Vertragsauslegung durch die
Anwaltskammer als willkürlich, wonach er auch in Fällen tätig werden müsse,
in denen er bereits die Gegenpartei vertreten hat, oder in denen sonstwie
eine Interessenkollision vorliegt.

    Die Rüge ist begründet. Verträge sind nach dem übereinstimmenden
inneren Willen der Vertragsparteien, wo ein solcher nicht feststellbar ist,
nach dem Vertrauensgrundsatz auszulegen (BGE 111 II 293, 457). Wie auch
die Anwaltskammer im angefochtenen Entscheid festgestellt hat, verweist
der Beschwerdeführer Klienten im Falle einer Interessenkollision an
andere Anwälte. Das korrekte Verhalten des Beschwerdeführers zeigt, wie
er den Vertrag in Übereinstimmung mit der Schweiz. Stiftung MPB verstanden
hat. In deren Interesse als sozialer Institution, die lediglich Bedürftigen
helfen will, läge es offensichtlich nicht, wenn der Beschwerdeführer auch
in Fällen eigener Befangenheit tätig würde.

    b) Ist der Vertrag willkürfrei so zu verstehen, dass der
Beschwerdeführer nur dann zur Rechtsberatung und zur Durchführung
von Alimenteninkassi für Gemeinden verpflichtet ist, wenn keine
Interessenkollision irgendwelcher Art vorliegt, ist nicht ersichtlich,
worin sonst ein Verstoss gegen das Unabhängigkeitsgebot im Sinne von Art. 9
Abs. 1 Fürsprechergesetz erblickt werden könnte. Die Art und Weise der
Durchführung der Mandate hat sich der Beschwerdeführer ausdrücklich
vorbehalten, und es liegen keinerlei Anhaltspunkte vor, dass er
diesbezüglich irgendwelchen Weisungen unterläge. Dem Unabhängigkeitsgebot
ist Genüge getan. Die gegenteilige Annahme der Anwaltskammer erweist sich
als unhaltbar.

Erwägung 3

    3.- Die Anwaltskammer sieht das Gebot der Vertrauenswürdigkeit verletzt
(Art. 8 Abs. 1 Fürsprechergesetz), weil die Schweiz. Stiftung MPB den
Klienten Unentgeltlichkeit zusichere und der Beschwerdeführer gleichwohl
gegenüber dem Gericht die unentgeltliche Prozessführung beantrage und
der Gegenpartei gegenüber Parteikostenentschädigungen geltend mache.

    Die Anwaltskammer geht in tatsächlicher Hinsicht davon aus, der
Beschwerdeführer verschweige Gericht und Gegenpartei die Unentgeltlichkeit
seiner Tätigkeit für die Klienten. Indessen führt der Beschwerdeführer
auf seinem Briefkopf an, dass er die Rechtsberatungsstelle der
Schweiz. Stiftung MPB leitet. Es ist allgemein bekannt, dass soziale
Institutionen Bedürftigen ihre Dienste gratis oder doch zu günstigen
Tarifen zur Verfügung stellen. Weder ein Gericht noch eine Gegenpartei
können ernsthaft annehmen, der als solcher bezeichnete Anwalt einer
sozialen Institution fordere von Bedürftigen ein Honorar, das sich
durch nichts von einem üblichen Anwaltshonorar unterscheidet. Soweit
die Anwaltskammer dem Beschwerdeführer diesbezüglich Täuschung vorwirft,
ist sie in Willkür verfallen.

    Im übrigen sichert die Schweiz. Stiftung MPB nicht bedingungslos
Unentgeltlichkeit zu. Sie übernimmt die Anwaltskosten lediglich bei
Bedürftigkeit. Selbst die dem Bedürftigen gewährte Rechtsschutzgarantie
kann vernünftigerweise nur so verstanden werden, dass die Vertretungskosten
im Falle des Unterliegens und der Verweigerung der unentgeltlichen
Prozessführung übernommen werden. Die Schweiz. Stiftung MPB will doch
weder die Gegenpartei noch den Staat entlasten. Vielmehr will sie dort
einspringen, wo die Honorierung des Anwaltes weder über die unentgeltliche
Prozessführung noch über die Parteikostenentschädigung erfolgen kann. Also
stellt der Beschwerdeführer mit dahingehenden Anträgen keine Begehren, die
vor der Rechtsordnung nicht zu verantworten wären. Vielmehr tut er dies
mit gutem Recht. Die Annahme, er verletze diesbezüglich Berufspflichten,
ist willkürlich.

Erwägung 4

    4.- Nach Auffassung der Anwaltskammer soll der Beschwerdeführer
schliesslich gegen Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz verstossen haben,
wonach jede Abrede verboten ist, den erstreitbaren Betrag ganz oder
teilweise als Honorar zu beanspruchen, oder zum vorneherein die Kosten
bei ungünstigem Prozessverlauf auf sich zu nehmen.

    a) Der Beschwerdeführer bezieht von der Schweiz. Stiftung MPB
eine Pauschalentschädigung von Fr. ... monatlich. Die Einkünfte aus
unentgeltlicher Prozessführung und aus Parteikostenentschädigungen, die
diesen Betrag allenfalls übersteigen, kann er für sich behalten. Diese
zusätzliche Entschädigung erachtet die Anwaltskammer als ein mit Art. 17
Abs. 1 Fürsprechergesetz unvereinbares Erfolgshonorar. Ob eine solche
Auslegung und Anwendung des kantonalen Rechts mit dem Willkürverbot
vereinbar ist, kann offengelassen werden. Jedenfalls kann dafür kein
überwiegendes öffentliches Interesse namhaft gemacht werden.

    Die Abrede eines Erfolgshonorars kann aus zwei Gründen
problematisch sein: Einerseits besteht die Gefahr, dass der Anwalt,
der die Prozessaussichten besser als sein Klient beurteilen kann, diesen
übervorteilt. Anderseits könnte der Anwalt seine Unabhängigkeit verlieren,
wenn er am Prozessergebnis über die Erfolgsabrede persönlich interessiert
ist (DUBACH, Das Disziplinarrecht der freien Berufe, in: ZSR 70/1951
S. 55 a; WOLFFERS, Der Rechtsanwalt in der Schweiz, Diss. Bern 1986,
S. 165 ff.). Die genannten Gefahren bestehen bei der vom Beschwerdeführer
verabredeten Entschädigungsordnung indessen nicht. Die Klienten sind
durch die interne Abmachung zwischen der Schweiz. Stiftung MPB und dem
Beschwerdeführer ohnehin nicht betroffen, während es sich hinsichtlich der
Aussicht auf erhöhten Verdienst bei vermehrter Prozessführung vorliegend
nicht anders verhält als bei jedem anderen Anwalt. Aus der monatlichen
Pauschalentschädigung ergibt sich gar ein gewisser wirtschaftlicher Schutz,
der sich zugunsten der Unabhängigkeit des Anwaltes auswirkt (WOLFFERS, aaO,
S. 60). Die vom Beschwerdeführer und der Schweiz. Stiftung MPB getroffene
Entschädigungsordnung gefährdet jedenfalls die Unabhängigkeit des Anwaltes
nicht. Der Vorwurf des Verstosses gegen das Verbot des Erfolgshonorars
hält vor der Handels- und Gewerbefreiheit nicht stand.

    b) Schliesslich erachtet die Anwaltskammer Art. 17 Abs. 1
Fürsprechergesetz als verletzt, weil der Beschwerdeführer die Kosten bei
ungünstigem Prozessverlauf zum vorneherein auf sich nehme. Diese Annahme
ist insofern aktenwidrig, als nicht er, sondern die Schweiz. Stiftung
MPB Bedürftigen Unentgeltlichkeit zusichert. Der Beschwerdeführer selber
bezieht, wie dargelegt, grundsätzlich eine Pauschalentschädigung. Inwiefern
er bei dieser Sachlage gegen Art. 17 Abs. 1 Fürsprechergesetz verstossen
soll, ist nicht ersichtlich.

    Die Anwaltskammer scheint zwar das Verbot, die Kosten bei ungünstigem
Prozessverlauf zum vorneherein auf sich zu nehmen, dahin auslegen zu
wollen, dass auch eine soziale Institution nicht Unentgeltlichkeit
versprechen darf. Ein solcher Sinngehalt der Norm ist indessen mit
der Handels- und Gewerbefreiheit nicht vereinbar, weil er nicht im
überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Das öffentliche Interesse
rechtfertigt allenfalls ein Verbot gegenüber dem Anwalt selbst,
unentgeltlich tätig zu werden und lediglich bei Obsiegen von der
Gegenpartei die Parteikostenentschädigung zu beziehen, da dies seine
Unabhängigkeit insofern tangieren könnte, als er am Prozessausgang
persönlich interessiert ist. So aber verhält es sich gerade nicht, wenn
der Beschwerdeführer von der Schweiz. Stiftung MPB für seine Tätigkeit
auch bei Unterliegen entschädigt wird.

    Soweit die Anwaltskammer die unentgeltliche Rechtsberatung und
Vertretung generell verhindern will, weil diese "auf lange Sicht dem
freien Berufsstand des Rechtsanwaltes den Boden" entziehe, vertritt
sie rein standespolitische Interessen, die mit der Handels- und
Gewerbefreiheit nicht vereinbar sind. Die unentgeltliche Rechtsberatung
liegt im übrigen ihrerseits im öffentlichen Interesse. Es geht nicht an,
dass solche Bemühungen Privater über die staatliche Disziplinaraufsicht
verhindert werden. Dies gilt auch für die von der Schweiz. Stiftung MPB
über die eigentliche Rechtsberatung hinaus gewährte Unentgeltlichkeit
bei der Vertretung im Prozess, denn es liegt auf der Hand, dass es im
Grenzbereich zur vom Staat gewährten unentgeltlichen Prozessführung
Personen gibt, für die gerade bei kleinem Streitwert der Beizug eines
Anwalts unerschwinglich ist. Die Tätigkeit der Schweiz. Stiftung MPB stellt
daher eine im öffentlichen Interesse liegende Ergänzung zur staatlichen
unentgeltlichen Prozessführung dar.