Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 II 64



112 II 64

12. Urteil der I. Zivilabteilung vom 13. März 1986 i.S. Eidgenössisches
Justiz- und Polizeidepartement gegen Ronca sowie Handelsregisteramt und
Regierungsrat des Kantons Nidwalden (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 40 HRegV. Eintragung von Personalangaben im Handelsregister.

    1. Art. 5 HRegV und Art. 103 lit. b OG. Beschwerdelegitimation des
Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (E. 1).

    2. Die Schreibweise des Vornamens, der gemäss Art. 40 HRegV
auszuschreiben ist, muss dem Eintrag im Zivilstandsregister entsprechen
(E. 2).

Sachverhalt

    A.- Am 15. März 1985 wurde die "SPAG Schnyder, Plüss AG,
Zweigniederlassung Wolfenschiessen", beim Handelsregisteramt des Kantons
Nidwalden zur Eintragung angemeldet. Rechtsanwalt "Dr. Marc Ronca" ist
Mitglied ihres Verwaltungsrates und führt Kollektivunterschrift zu zweien;
er hat die Anmeldung mitunterzeichnet und die Echtheit seiner Unterschrift
beglaubigen lassen.

    Mit Verfügung vom 13. Juni 1985 weigerte sich der
Handelsregisterführer, die Unterschrift mit den Personalangaben "Dr. Marc
Ronca" für die Zweigniederlassung ins Register aufzunehmen. Er verwies
auf eine ähnliche Verfügung vom 21. September 1984 und auf ein Schreiben
des Eidgenössischen Amtes für das Handelsregister vom 25. Februar 1985
und erklärte, dass er aus den darin erwähnten Gründen gezwungen sei, die
Personalangaben mit "Dr. Markus Andreas, genannt Marc Ronca" einzutragen.

    Ronca beschwerte sich dagegen beim Regierungsrat des Kantons
Nidwalden und verlangte, dass der Handelsregisterführer angewiesen
werde, ihn als Mitglied des Verwaltungsrates der SPAG Schnyder,
Plüss AG, Zweigniederlassung Wolfenschiessen, mit dem Vornamen "Marc"
einzutragen. Der Regierungsrat entschied am 25. November 1985 in diesem
Sinn.

    B.- Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement führt gegen
diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag, ihn
aufzuheben.

    Das Handelsregisteramt des Kantons Nidwalden hat den Ausführungen des
Beschwerdeführers nichts beizufügen. Der Regierungsrat beantragt dagegen
unter Hinweis auf die Begründung seines Entscheides, die Beschwerde
abzuweisen. Ronca schliesst ebenfalls auf Abweisung.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Entscheide der kantonalen Aufsichtsbehörden über das
Handelsregister können gestützt auf Art. 97 und 98 lit. g OG mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht weitergezogen werden
(Art. 5 HRegV). Als Oberaufsichtsbehörde über das Handelsregister ist
dazu gemäss Art. 103 lit. b OG auch das Eidgenössische Justiz- und
Polizeidepartement berechtigt, dem solche Entscheide denn auch von Amtes
wegen mitzuteilen sind (Art. 3 Abs. 5 und Art. 4 HRegV). Dagegen wird
mit Recht von keiner Seite etwas eingewendet.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 40 HRegV ist unter Vorbehalt der Vorschriften über
die Firmenbildung bei allen Personen, die in irgendeiner Eigenschaft im
Handelsregister zu erwähnen sind, neben dem Familiennamen mindestens ein
ausgeschriebener Vorname, die Staatsangehörigkeit (bei Schweizerbürgern
der Heimatort) und der Wohnort zu nennen. Der Vorbehalt ist hier nicht
von Bedeutung, da es nicht um den Inhalt der Firma, sondern nur um die
Angaben zur Person eines Verwaltungsrates geht; streitig ist, was als
Vorname im Sinn von Art. 40 HRegV zu gelten hat.

    a) Das Departement ist der Auffassung, dass es sich dabei nur
um den Vornamen laut Zivilstandsregister handeln kann, an dessen
Schreibweise sich die Handelsregisterbehörden seit jeher hielten, wenn
sie Personalangaben einzutragen hätten. Die streitige Norm sei schon
in Art. 3 der Ergänzungsverordnung II über das Handelsregister vom
21. November 1916 (AS 32/1916 S. 485) enthalten gewesen und über Art. 2
der weiteren Verordnung vom 16. Dezember 1918 (AS 34/1918 S. 1226) ins
geltende Recht eingegangen. Durch Entscheide des Bundesrates (BURCKHARDT,
Schweiz. Bundesrecht, Bd. III Nrn. 1426 ff.) sei zudem bereits früh
klargestellt worden, dass die Schreibweise von Vor- und Familiennamen durch
das Zivilstandsregister verbindlich festgelegt werde; in der Praxis der
Registerbehörden hätten sich diesbezüglich denn auch keine Schwierigkeiten
ergeben; die Grundbuchämter hielten sich ebenfalls an diese Schreibweise
(A. GONVERS-SALLAZ, Le Registre Foncier Suisse, N. 3 zu Art. 31 GBV).

    Der Beschwerdegegner bestreitet, dass sich die Handelsregisterbehörden
seit jeher an die Schreibweise der Zivilstandsregister hielten; seine
Umfrage habe viele Abweichungen ergeben. Die vom Departement behauptete
Praxis würde voraussetzen, dass sich der Handelsregisterführer kraft
Bundesrechts von dem im Zivilstandsregister eingetragenen Vornamen
Kenntnis verschaffen müsste. Das sei nicht der Fall, da sich die kantonalen
Handelsregisterämter jeweils auf die notarielle Beglaubigung verliessen,
die vom kantonalen Recht geregelt werde. Das Departement müsste
zudem diese Ämter anweisen, für Eintragungen neben der Beglaubigung
auch einen Auszug aus dem Zivilstandsregister zu verlangen; dazu habe
es bisher aber noch keine allgemeinen Weisungen gemäss Art. 4 Abs. 3
HRegV erlassen. Mangels einer bundesrechtlichen Norm oder Praxis zur
entscheidenden Frage habe die Vorinstanz daher kein Bundesrecht verletzen
können, wie ihr mit der Beschwerde sinngemäss vorgeworfen werden. Gerade
das vorliegende Verfahren zeige, dass von einer festen Praxis keine Rede
sein könne, da sein Vorname unbekümmert um die gleiche Aktenlage von den
Handelsregisterämtern mehrerer Kantone verschieden eingetragen worden sei.

    b) Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass der Beschwerdegegner
diese unterschiedlichen Eintragungen selber zu verantworten hat. Er
verschweigt, dass der Luzerner Notar seine Personalien zwar wiederholt
mit "Dr. Marc Ronca" in die Beglaubigung aufgenommen hat, weil er ihn
"persönlich gekannt" und daher auf die Angaben des Kunden abgestellt
hat, dass das Notariat Zürich Altstadt dagegen in einem Parallelfall,
wie aus dem Entscheid der Vorinstanz vom 25. Februar 1985 erhellt,
seine Personennamen gestützt auf eine Identitätskarte richtig mit "Markus
Andreas Ronca" wiedergegeben hat. Es steht dem Beschwerdegegner daher
nicht an, aus unterschiedlichen Eintragungen, die sich daraus in seinen
oder in Fällen Dritter ergeben haben, etwas gegen die Registerführer
oder gar gegen die Oberaufsichtsbehörde ableiten zu wollen. Für die
Richtigkeit der Personalangaben in der Beglaubigung sind die Notare,
nicht die Handelsregisterämter verantwortlich. Denn bei Beglaubigungen
von Unterschriften vorweg die Identität des Unterzeichners festzustellen,
im Zweifel also dessen Personennamen anhand eines amtlichen Ausweises
genau nachzuprüfen, ist Sache der Notare, auch im Kanton Luzern (§§
25 und 42 des Beurkundungsgesetzes vom 18. September 1973).

    Die Auffassung des Departements ist auch sachlich gerechtfertigt. Sie
beruht offensichtlich auf einem allgemeinen Interesse daran, dass die
Schreibweise der im Zivilstandsregister eingetragenen Personennamen auch
für andere öffentliche Register des Bundesrechts massgebend ist. Das
vom Schweizerischen Verband der Zivilstandsbeamten herausgegebene
Vornamensverzeichnis, auf welches das Departement verweist, dient
dem gleichen Zweck. Es kann deshalb dem Einzelnen nicht freigestellt
sein, seinen Vornamen gemäss Zivilstandsregister in Anmeldungen für das
Handelsregister nach Belieben durch den Rufnamen zu ersetzen, soll Art. 40
HRegV seinem Sinn und Zweck entsprechend angewendet werden, der Eintrag
wahr sein und zu keinen Täuschungen Anlass geben, wie Art. 38 HRegV das
vom Registerinhalt allgemein verlangt. Wohin die gegenteilige Auffassung
führen würde, zeigt gerade der vorliegende Fall, hat der Beschwerdegegner
doch innerhalb eines Jahres - von den Anmeldungen in anderen Kantonen ganz
abgesehen - dem Handelsregisteramt Nidwalden, wie er selber schreibt,
"immer aufgrund derselben Aktenlage, für denselben Verwaltungsrat in
derselben Gesellschaft" seine Personalien einmal mit "Markus Andreas Ronca"
und einmal mit "Marc Ronca" angegeben. Dass Registerführer sich solchen
Freiheiten widersetzen und auf dem Vornamen gemäss Zivilstandsregister
bestehen, wenn sie Personennamen einzutragen haben, leuchtet ein; was
gemäss Art. 944 ff. OR für die Schreibweise von Familiennamen gilt (His,
N. 13 zu Art. 945 OR), muss vernünftigerweise auch für Vornamen gemäss
Art. 40 HRegV gelten. Das heisst nicht, "eine unnötig perfektionistische
Ordnung" befürworten oder "bürokratischen Aufwand" treiben, wie der
rechtskundige Beschwerdegegner dem Departement unterstellt, sondern
unklaren oder irreführenden Angaben in öffentlichen Registern auf eine
einfache Weise vorbeugen.

    c) Das ist auch der Vorinstanz entgegenzuhalten, die mit dem
Beschwerdegegner der Meinung ist, durch den Eintrag des Vornamens "Marc"
statt "Markus" werde Bundesrecht nicht verletzt.

    Dass der Beschwerdegegner angeblich nirgends unter seinen Vornamen
"Markus Andreas" aufzutreten pflegt, wie die Vorinstanz ihm zugute hält,
berechtigte ihn nicht zu unterschiedlichen Angaben. Die Auffassung des
Regierungsrates läuft in der Tat darauf hinaus, dass eine Urkundsperson
die Echtheit einer Unterschrift unbekümmert darum, ob der Vorname
des Unterzeichners mit dem Eintrag in einem amtlichen Ausweispapier
(Pass oder Identitätskarte) übereinstimmt, beglaubigen dürfe und dass
sich auch der Handelsregisterführer darüber hinwegsetzen könne. Das ist
unhaltbar. Aus dem gleichen Grunde ist nicht einzusehen, warum der Begriff
der Beglaubigung im Sinne von Art. 23 HRegV vom allgemein anerkannten
abweichen sollte; die Vorinstanz übersieht, dass der Unterzeichner sich
gemäss Abs. 1 dieser Bestimmung selbst bei mündlicher Anmeldung über seine
Identität ausweisen muss und der Registerführer die Art der Legitimation
"im Anschluss der Unterzeichnung" zu erwähnen hat.

    Die Auffassung des Departementes ist um so weniger zu beanstanden,
als es gestützt auf Art. 20 Abs. 2 HRegV zulässt, dass ein Rufname, der
von der Angabe des Zivilstandsregisters abweicht, dem Vornamen beigefügt
wird, was vorliegend den Eintrag "Markus, genannt Marc, RONCA" ergäbe. Das
Departement hält dem Beschwerdegegner zudem mit Recht entgegen, dass er
nach Art. 30 ZGB eine Änderung seines Vornamens beantragen kann, wenn
er im Verkehr mit dem Handelsregister ausschliesslich seinen Rufnamen
"Marc" verwenden will. Inwiefern die Voraussetzungen für eine solche
Änderung fehlen sollen, weil beide Vornamen auf den Evangelisten Markus
zurückgingen, ist nicht einzusehen; der Beschwerdegegner übersieht, dass
die Schreibweise des Zivilstandsregisters massgebend ist und der Vorname
"Markus" deutschsprachig in vier Abwandlungen vorkommt.

Erwägung 3

    3.- Der angefochtene Entscheid, der auf einer Verletzung von Art. 40
HRegV beruht, ist somit aufzuheben. Dass das Departement nicht mehr
verlangt, schadet ihm nicht, da es dem Beschwerdegegner freisteht,
sich für einen Eintrag mit oder ohne Beifügung seines Rufnamens "Marc"
zu entscheiden.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird gutgeheissen und der Entscheid
des Regierungsrates des Kantons Nidwalden vom 25. November 1985 aufgehoben.