Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 II 286



112 II 286

47. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. April 1986 i.S. A.
und Mitbeteiligter gegen A. und Mitbeteiligte (Berufung) Regeste

    Art. 48 Abs. 1 OG.

    Gegen das Urteil der kantonalen Kassationsinstanz, welches jenes des
Sachrichters teilweise materiell abgeändert hat, steht die Berufung an
das Bundesgericht offen. Insoweit wird die Berufung gegen das Urteil
des Sachrichters gegenstandslos, während sie in den übrigen Punkten
aufrechterhalten bleibt. Beide Berufungen sind gemeinsam zu behandeln.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Das als Kassationsinstanz entscheidende Gesamtobergericht
des Kantons Luzern hat am 18. Dezember 1985 die Beschwerde der Kläger
in allen Punkten abgewiesen, diejenige der Beklagten aber hinsichtlich
des Wertes des Mobiliars, der im Appellationsverfahren mit Fr. 45'217.50
festgesetzt worden war, als begründet erklärt. Das der Appellationsbehörde
formrichtig und rechtzeitig gestellte Begehren der Beklagten, auf die im
Erbteilungsvertrag vom 23./24./26. Dezember 1954 enthaltene Schätzung
abzustellen, war unbeachtet geblieben, womit für das Gesamtobergericht
der Kassationsgrund der Nichtbeurteilung eines rechtsgenüglich gestellten
Begehrens gegeben war.

    Mit der Gutheissung der Beschwerde der Beklagten bezüglich
des Mobiliarwertes mussten die Erbschaftsaktiven und damit auch die
Pflichtteile neu berechnet werden. Von der Überlegung ausgehend, dass mit
der neuen Berechnung das von der Appellationsinstanz neu zu fällende Urteil
bereits verbindlich feststand und dieser kein Spielraum freier Entscheidung
mehr blieb, und unter Berücksichtigung des Interesses der Parteien an
einer ungesäumten Streiterledigung fällte deshalb die Kassationsinstanz
ausnahmsweise einen reformatorischen Entscheid, indem sie - unter Aufhebung
von Ziffer 2 des vorinstanzlichen Urteilsspruchs - den von den Beklagten
den Klägern zu bezahlenden Betrag auf je Fr. 45 121.20 festsetzte.

    b) Damit stellt sich die Frage, ob der Entscheid des Gesamtobergerichts
als Kassationsinstanz an die Stelle des vom Obergericht als
Appellationsinstanz am 13. März 1984 gefällten Urteils getreten und
deshalb die Berufung gegen das letztere Urteil gegenstandslos geworden sei.

    Formell wurde Ziffer 2 des Urteilsdispositivs der Appellationsbehörde,
mit welcher die Beklagten zur Bezahlung von je Fr. 49 335.90 an die
Kläger verpflichtet wurden, durch den Entscheid der Kassationsinstanz
vom 18. Dezember 1985 aufgehoben und neu formuliert. Materiell aber wurde
das vorinstanzliche Urteil lediglich dahingehend geändert, dass der von
den Beklagten den Klägern zu bezahlende Betrag neu mit Fr. 45'121.20
festgesetzt wurde.

    Soweit das Gesamtobergericht als Kassationsinstanz materiell
entschieden hat, tritt dessen Urteil zweifellos an die Stelle des
Appellationsurteils und bildet einen kantonalen Endentscheid im Sinne von
Art. 48 Abs. 1 OG, gegen welchen die Berufung zulässig ist (BGE 93 II 284
E. 1). Es ist aber nicht so, dass der Entscheid der Kassationsinstanz
jenen des Appellationsgerichts voll ersetzen würde. In allen Punkten -
auch dort, wo es materiell neu geurteilt hat - hat das Gesamtobergericht
nämlich gemäss den für die kantonale Kassationsbeschwerde geltenden
Vorschriften ausschliesslich die Anwendung kantonalen Rechts überprüft,
das Bundesrecht aber konsequent ausgeklammert und diesbezüglich auch
nicht auf das Urteil der Appellationsinstanz verwiesen. Von dem Punkt
abgesehen, in welchem materiell entschieden wurde, wäre daher eine
Auseinandersetzung mit dem Entscheid der Kassationsinstanz soweit die
Anwendung von Bundesrecht gerügt wird, gar nicht möglich. Der Rückgriff
auf das Urteil des Obergerichts vom 19. März 1984 ist unumgänglich.

    Es ist deshalb trotz der Aufhebung von Ziffer 2 des von der
Appellationsinstanz angeordneten Dispositivs davon auszugehen, dass
die Berufung gegen den Entscheid der Kassationsinstanz vom 18. Dezember
1985 nur insoweit offensteht, als diese materiell entschieden hat. In
den übrigen Punkten bleibt die Berufung gegen das Urteil vom 19. März
1984 aufrechterhalten. Das bedeutet, dass beide Berufungen gemeinsam zu
behandeln sind, wobei diejenige gegen das Urteil der Appellationsinstanz
insoweit gegenstandslos wird, als dieses durch den Entscheid der
Kassationsinstanz materiell abgeändert wurde. In den Punkten, zu denen
- weil das Bundesrecht betreffend - sich die Kassationsinstanz nicht
zu äussern hatte, sich denn auch nicht geäussert und das Urteil der
Appellationsinstanz nicht übernommen und nicht bestätigt hat, bildet das
Urteil vom 19. März 1984 den anzufechtenden Endentscheid.