Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 III 65



112 III 65

16. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 9. September 1986 i.S. X. (Rekurs) Regeste

    Art. 11 SchKG; Ersteigerung von Schuldbriefen durch einen Mitarbeiter
des Betreibungsamtes.

    Dass das betreffende Pfandverwertungsverfahren abgeschlossen ist, steht
der Feststellung der Nichtigkeit des Steigerungszuschlages nicht entgegen.

Sachverhalt

    A.- In der von der Bank A. gegen B. eingeleiteten Faustpfandbetreibung
schritt das Betreibungsamt am 29. August 1985 zur Versteigerung dreier
Schuldbriefe. Zwei davon wurden X. zugeschlagen. Nachdem sich B. später
zahlungsunfähig erklärt hatte, wurde über ihn am 23. September 1985 der
Konkurs eröffnet. Den dritten der erwähnten Schuldbriefe übergab das
Betreibungsamt hierauf dem Konkursamt. Am 25. September 1985 stellte das
Betreibungsamt der Bank A. einen Pfandausfallschein aus.

    Mit Schreiben vom 28. Mai 1986 orientierte das Betreibungsamt die
kantonale Aufsichtsbehörde in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen über die
Faustpfandverwertung vom 29. August 1985. Dabei vertrat es die Ansicht,
dass die beiden Beamten, welche die Steigerung durchgeführt hätten, den
Zuschlag der beiden Schuldbriefe an X. hätten verweigern müssen, da sie
gewusst hätten, dass dieser für das Betreibungsamt gearbeitet habe. Nachdem
sie X. Gelegenheit eingeräumt hatte, sich zur betreibungsamtlichen
Eingabe vernehmen zu lassen, und dieser sich gegen eine Aufhebung des
Zuschlags ausgesprochen hatte, entschied die kantonale Aufsichtsbehörde
am 7. August 1986, dass der Zuschlag der beiden Schuldbriefe als verbotene
Rechtshandlung im Sinne von Art. 11 SchKG aufgehoben werde.

    Hiergegen hat X. an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des
Bundesgerichts rekurriert.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 11 SchKG ist den Beamten und Angestellten des
Betreibungs- und Konkursamtes untersagt, für ihre Rechnung bezüglich einer
vom Amte einzutreibenden Forderung oder eines von ihm zu verwertenden
Gegenstandes mit irgend jemand Rechtsgeschäfte abzuschliessen;
Rechtshandlungen, die dieser Vorschrift zuwiderlaufen, sind ungültig.

    Dass er im Zeitpunkt des strittigen Steigerungszuschlages noch
für das Betreibungsamt tätig gewesen sei, stellt der Rekurrent nicht
in Abrede, und die Ansicht, von Art. 11 SchKG nicht erfasst gewesen zu
sein, hat er nunmehr fallenlassen. Nach wie vor wendet er jedoch ein,
dass die vollstreckungsrechtliche Aufsichtsbehörde ein in Missachtung von
Art. 11 SchKG zustande gekommenes Rechtsgeschäft nur so lange aufheben
könne, als die Betreibung noch hängig sei. Die hier in Frage stehende
Faustpfandbetreibung sei aber abgeschlossen, zumal die Versteigerung
durchgeführt und der Zuschlagspreis bezahlt worden sei und ferner das
Betreibungsamt auch die Kosten der Verwertung und Verteilung abgerechnet
und der Gläubigerin den Erlös ausbezahlt habe. Die am 23. September
1985 angeordnete Eröffnung des Konkurses über den Schuldner habe die
Faustpfandbetreibung nicht mehr im Sinne von Art. 206 SchKG aufheben
können, und dass das Betreibungsamt noch am 25. September 1985, d.h. nach
der Konkurseröffnung, einen Pfandausfallschein ausgestellt habe, sei
ohne Belang, da das Betreibungsamt von jener noch nichts gewusst habe und
im übrigen Pfandausfallscheine auch noch nach Eröffnung eines Konkurses
ausgestellt werden könnten.

Erwägung 3

    3.- Ein nichtiger Akt, wie ihn der gegen Art. 11 SchKG verstossende
Steigerungszuschlag auch nach Auffassung des Rekurrenten darstellt, kann zu
keinem Zeitpunkt Wirkungen entfalten; der ihm anhaftende Mangel kann durch
nachträglich eintretende Umstände nicht geheilt werden. Daran ändert die
Tatsache nichts, dass die für die Aufhebung bzw. Nichtigerklärung allein
zuständige vollstreckungsrechtliche Aufsichtsbehörde (dazu BGE 106 III
83 E. 4; 44 I 60; 41 III 44; AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs-
und Konkursrechts, 3. A., § 26 Rz. 21; GILLIÉRON, Poursuite pour
dettes, faillite et concordat, S. 209) unter den vorliegend gegebenen
Verhältnissen nicht in der Lage ist, das Betreibungsamt in Anwendung
von Art. 21 SchKG anzuweisen, die Steigerung zu wiederholen. Dass das
Pfandverwertungsverfahren abgeschlossen ist, hat andererseits auch nicht
etwa zur Folge, dass die Nichtigkeit des Zuschlags überhaupt nicht mehr
festgestellt werden könnte. Der angefochtene Entscheid steht ferner auch
nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung, wonach wegen eines fehlerhaften
Verfahrens, für das der Ersteigerer nicht verantwortlich ist, der
Zuschlag nach Ablauf eines Jahres grundsätzlich nicht mehr angefochten
und aufgehoben werden kann (vgl. BGE 106 III 23 E. 2a mit Hinweisen):
Die Nichtigerklärung bzw. Aufhebung des strittigen Zuschlags durch die
Vorinstanz datiert vom 7. August 1986 (Zustellung des Entscheids am 19.
August 1986), während die Steigerung am 29. August 1985 durchgeführt worden
war. Auf die Frage der Verantwortlichkeit des Rekurrenten braucht demnach
gar nicht erst eingegangen zu werden. Ebensowenig ist im vorliegenden
Verfahren alsdann darüber zu befinden, ob und allenfalls unter welchen
Bedingungen der Rekurrent die aufgrund eines nichtigen Zuschlags in
seinen Besitz gelangten Schuldbriefe rechtsgültig habe auf einen Dritten
übertragen können.

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