Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 V 251



108 V 251

55. Auszug aus dem Urteil vom 9. November 1982 i.S. Schweizerische
Krankenkasse Helvetia gegen Rüedi und Versicherungsgericht des Kantons
Zürich Regeste

    Art. 1 Abs. 2, Art. 3 Abs. 3, Art. 6bis und 11 KUVG.

    Der Kassenausschluss wegen Nichtbezahlung der Mitgliederbeiträge
ist zulässig, sofern er nach schriftlicher Mahnung mit Androhung der
Säumnisfolgen aufgrund der Statuten erfolgt und für den Zahlungsverzug
keine Rechtfertigungsgründe geltend gemacht werden können (Präzisierung
der Rechtsprechung).

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Krankenkasse Helvetia
richtet sich dagegen, dass die Vorinstanz den sanktionsweise verfügten
Ausschluss aus der Kassenmitgliedschaft wegen Verletzung des Grundsatzes
der Verhältnismässigkeit aufgehoben hat.

    a) Der Grundsatz der Verhältnismässigkeit stellt einen im
gesamten Verwaltungsrecht sowohl bei der Rechtssetzung wie bei der
Rechtsanwendung zu beachtenden Grundsatz dar, welcher insbesondere auch in
der Sozialversicherung Geltung hat (EVGE 1968 S. 162, RSKV 1982 S. 168,
1980 S. 24). In der sozialen Krankenversicherung bedeutet er u.a., dass
Sanktionen, welche die Krankenkassen wegen pflichtwidrigen Verhaltens
ihrer Mitglieder anordnen, in einem angemessenen Verhältnis insbesondere
zum Verschulden des Versicherten stehen müssen. Schwere Sanktionen dürfen
erst nach erfolgloser schriftlicher Mahnung verfügt werden, es sei denn,
eine solche könne vernünftigerweise nicht vorausgesetzt werden. Der
Ausschluss aus der Kasse als schwerste Sanktion bedarf zudem einer klaren
statutarischen Grundlage (BGE 106 V 173 und 178 mit Hinweisen; vgl. auch
EVGE 1968 S. 160, 1967 S. 139 sowie RSKV 1978 S. 95, 1977 S. 212, 1974
S. 86, 1970 S. 221).

    Gestützt auf eine entsprechende Statutenbestimmung kann ein
Kassenausschluss auch im Falle der Nichtbezahlung von Mitgliederbeiträgen
erfolgen. Wie das Eidgenössische Versicherungsgericht in BGE 96 V
13 festgestellt hat, handelt es sich hiebei um einen Sonderfall des
Ausschlusses, bei welchem die Sanktion grundsätzlich nicht von einer
Würdigung der subjektiven Umstände, insbesondere des Verschuldens des
Versicherten abhängig ist. Die Krankenkassen sind daher nicht verpflichtet,
den Ausschluss unter dem Gesichtspunkt seiner Verhältnismässigkeit zum
Verschulden des Versicherten zu überprüfen, noch bildet das Verschulden
eine notwendige Voraussetzung des Kassenausschlusses. Ausnahmsweise
können jedoch besondere Umstände vorliegen, welche den Zahlungsverzug zu
rechtfertigen vermögen. Der Kassenausschluss ist demnach zulässig, sofern
er nach schriftlicher Mahnung mit Androhung der Säumnisfolgen aufgrund der
Statuten erfolgt und für den Zahlungsverzug keine Rechtfertigungsgründe
geltend gemacht werden können.

    b) Nach Art. 21 lit. b der Statuten der Krankenkasse Helvetia kann
ein Mitglied aus der Kasse ausgeschlossen werden, u.a. wenn es mit der
Zahlung von (mindestens) zwei Monatsprämien mehr als einen Monat im
Rückstand ist und erfolglos gemahnt worden ist. Diese Voraussetzungen
sind im vorliegenden Fall unbestrittenermassen erfüllt. Werner Rüedi hat
ab August 1980 keine Beiträge mehr geleistet und ist am 26. November 1980
schriftlich und unter Androhung des Ausschlusses gemahnt worden.

    Besondere Gründe, welche den Zahlungsverzug zu rechtfertigen
vermöchten, liegen nicht vor.