Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IV 129



108 IV 129

31. Urteil des Kassationshofes vom 2. November 1982 i.S. R. gegen
Staatsanwaltschaft des Kantons Aargau (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 17 der Verordnung über die Bekanntgabe von Preisen vom
11. Dezember 1978 (SR 942.211). Bezifferte Hinweise auf Preisreduktionen.

    Der Hinweis auf Preisreduktionen unter Angabe eines nicht einheitlichen
maximalen Reduktionssatzes ("bis 92%") in Zeitungsinseraten für Warenresten
(Spannteppich-Resten) ohne gleichzeitige Angabe der tatsächlich zu
bezahlenden Preise und genaue Bezeichnung der angebotenen Waren verstösst
gegen Art. 17 PBV.

Sachverhalt

    A.- R. liess als für die Werbung mitverantwortlicher leitender
Angestellter der Möbelfirma X. für deren Zweiggeschäft Y. in Z. im "Badener
Tagblatt" vom 15. Juni 1981 und im "Oltener Tagblatt" vom 16. Juni 1981
je ein Inserat mit unter anderem folgendem Text erscheinen:

    "Riesen-Resten-Markt Reduktionen bis 92%."

    B.- Das Bezirksgericht Lenzburg sprach R. am 15. Oktober 1981 von der
Anschuldigung der Widerhandlung gegen die Verordnung über die Bekanntgabe
von Preisen (PBV; SR 942.211) frei. Die 1. Strafkammer des Obergerichts
des Kantons Aargau verurteilte R. am 29. Juli 1982 auf Berufung der
Staatsanwaltschaft wegen wiederholter Widerhandlung gegen Art. 17 PBV zu
einer Busse von Fr. 200.--.

    C.- R. führt eidgenössische Nichtigkeitsbeschwerde mit dem Antrag,
das Urteil des Obergerichts des Kantons Aargau sei aufzuheben und die
Sache sei zu seiner Freisprechung an die Vorinstanz zurückzuweisen,
unter Kosten- und Entschädigungsfolge.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach den Angaben des Beschwerdeführers handelt es sich bei den
in den fraglichen Inseraten angebotenen Waren um täglich anfallende
Spannteppich-Resten von unterschiedlicher Grösse, Qualität und
Preislage. Diese Resten könnten niemals zum offiziellen Listenpreis
verkauft werden, da der Kunde weder Grösse noch Format wählen könne
und auch in der Auswahl in jeder Hinsicht eingeschränkt sei. Die
Teppich-Resten müssten möglichst rasch verwertet werden, weil sie viel
Platz beanspruchten. Das Angebot ändere täglich, und der Geschäftsinhaber
könne daher selber nicht zum voraus sagen, wann welche Grössen und
Qualitäten anfallen.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer vertritt unter Hinweis auf eine
Meinungsäusserung in der Literatur (LUCAS DAVID, Schweizerisches
Werberecht, 1977, S. 271 f.) die Auffassung, in Fällen der vorliegenden
Art werde "die Anwendung der genannten Verordnung als unzumutbar für den
verantwortlichen Geschäftsinhaber anerkannt" und sei die Verordnung nicht
anwendbar. Der vom Beschwerdeführer genannte Autor setzt sich indessen
an der erwähnten Stelle nicht mit der Preisbekanntgabeverordnung, sondern
mit der Frage der Anwendung der Ausverkaufsordnung (Bewilligungspflicht)
auf Restenverkäufe auseinander. Der Hinweis des Beschwerdeführers ist
somit verfehlt.

    Art. 17 PBV, der gemäss Art. 15 PBV auch für die Werbung gilt,
bezieht sich auf bezifferte Hinweise auf Preisreduktionen und bestimmt in
Abs. 2, dass für solche Hinweise die Pflicht zur Preisbekanntgabe sowie
zur Spezifizierung im Sinne der Verordnung gilt, es werde denn für die
angebotenen Produkte der gleiche Reduktionssatz gewährt. Unter "bezifferten
Hinweisen auf Preisreduktionen" im Sinne von Art. 17 Abs. 1 PBV sind
Angaben wie "halber Preis", "30% Rabatt", "20 Franken billiger" usw. zu
verstehen (siehe die Empfehlungen des BIGA vom 29. Juni 1979 betreffend
den Vollzug der Verordnung vom 11. Dezember 1978 über die Bekanntgabe
von Preisen). Die Pflicht zur Preisbekanntgabe sowie zur Spezifizierung
besteht somit gemäss Art. 17 PBV dann nicht, wenn für mehrere Produkte
der gleiche Reduktionssatz gilt oder wenn auf eine ziffernmässige
Angabe der Preisreduktion verzichtet wird. Der Beschwerdeführer hätte
daher, wenn er nicht auf allen Resten den gleichen Reduktionssatz
gewährte (bis 92%), auf die Angabe einer Ziff. (bis 92%) verzichten
müssen. Dadurch werden seine Werbemöglichkeiten für Teppich-Resten
entgegen der in der Nichtigkeitsbeschwerde vertretenen Auffassung
nicht übermässig und in unzumutbarer Weise eingeschränkt. Der Hinweis
"Riesen-Resten-Markt. Teilweise erhebliche Preisreduktionen" etwa ist
unter dem Gesichtspunkt von Art. 17 PBV zulässig und wird den Interessen
aller Beteiligten ausreichend gerecht. Der Hinweis "Reduktion bis 92%"
stellt für den Leser des Inserats keine Information dar, weil er sich
daraus überhaupt kein Bild über das tatsächliche Angebot machen kann;
eine Angabe dieser Art kann im Gegenteil irreführend sein.

    Zu Recht beruft sich der Beschwerdeführer nicht auf die von der
1. Instanz zur Begründung des Freispruchs vertretene Auffassung, wonach
R. mit den inkriminierten Inseraten vor allem auf das Bestehen eines
Resten-Marktes habe hinweisen wollen. Schon aus der Aufmachung des Inserats
wird deutlich, dass es dem Beschwerdeführer gerade um die Bezifferung der
Preisreduktion ging, und dass das Augenmerk des Lesers auf die Ziff. 92%
gelenkt werden sollte.

    Dass der Bundesrat mit dem Erlass von Art. 17 PBV die ihm durch
Art. 20a Abs. 2 und Art. 20b UWG eingeräumten Kompetenzen zur Regelung
der Preisbekanntgabe überschritten habe und dass Art. 17 PBV gesetzwidrig
sei, macht der Beschwerdeführer mit Recht nicht geltend.

    Die Verurteilung von R. wegen Widerhandlung gegen Art. 17 PBV verstösst
somit nicht gegen Bundesrecht.

    Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob ein bezifferter
Hinweis auf Preisreduktionen, der nach Art. 17 Abs. 1 PBV den Regeln über
die Bekanntgabe weiterer Preise (Art. 16 PBV) untersteht, als solcher
überhaupt zulässig sein konnte, ob mit andern Worten eine der in Art. 16
Abs. 2 PBV genannten Voraussetzungen, unter denen die Bekanntgabe eines
Vergleichspreises erlaubt ist, erfüllt war.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Nichtigkeitsbeschwerde wird abgewiesen.