Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IV 117



108 IV 117

29. Urteil des Kassationshofes vom 11. Juni 1982 i.S. B. gegen
Statthalteramt des Bezirks Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 4 und 6 BG über die Spielbanken.

    Der gewohnheitsmässige Spieler ist nur strafbar, wenn er der
Trägerschaft einer Glückspielunternehmung (Spielervereinigung) angehört.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach dem Bundesgesetz über die Spielbanken (SBG) sind die
Errichtung und der Betrieb von Spielbanken verboten (Art. 1). Als Spielbank
gilt jede Unternehmung, die Glückspiele betreibt (Art. 2 Abs. 1). Als
Glückspielunternehmung ist auch eine Vereinigung von Spielern anzusehen,
welche Glückspiele gewohnheitsmässig betreibt, sofern die Teilnahme an
diesen tatsächlich jedermann freisteht (Art. 4). Wer eine Spielbank im
umschriebenen Sinne errichtet oder betreibt, wird mit Busse von Fr. 300.--
bis 10'000.-- bestraft (Art. 6).

    Dass im Spielclub an der Sihlhallenstrasse 3 in Zürich Glückspiele im
Sinne des Gesetzes gemacht wurden und dass die Teilnahme daran jedermann
freistand, ist nicht streitig. Zu prüfen ist deshalb lediglich, ob der
Beschwerdeführer sich in einer Art beteiligt hat, die als faktische
Mitwirkung bei einer das Glückspiel gewohnheitsmässig betreibenden
Vereinigung zu betrachten ist.

Erwägung 3

    3.- a) Die Vorinstanz stellte in tatsächlicher Hinsicht fest,
dass der Beschwerdeführer über einen Hang zum Glückspiel verfüge und
erwiesenermassen mindestens zweimal an Glückspielen beteiligt war. Das
Obergericht bezeichnete B. deshalb zu Recht als "gewohnheitsmässigen"
Spieler (BGE 103 IV 286) und hielt allein aus diesem Grund schon das
Tatbestandsmerkmal der Zugehörigkeit zu einer Spielervereinigung i.S. von
Art. 4 SBG - selbst bei nur einmaligem Mitspielen in einer konkreten
Glückspielvereinigung - für gegeben. Der Beschwerdeführer erachtet diese
vorinstanzliche Schlussfolgerung als bundesrechtswidrig. Nach seiner
Auffassung sind nicht die gewohnheitsmässigen Mitspieler, sondern bloss
die Initianten einer Spielervereinigung strafbar.

    b) Das Gesetz verbietet Spielbanken, lässt aber das Glückspiel als
solches straflos (Art. 1 SBG; BGE 83 IV 204, 72 IV 187); dementsprechend
hat der Gesetzgeber nur mit Strafe bedroht, wer eine Spielbank einrichtet,
betreibt, hierzu Platz gibt oder Spielgeräte beschafft (Art. 6 SBG),
nicht aber das Spielen (auch nicht das gewohnheitsmässige). Im Falle
der eigentlichen Glückspielunternehmung nach Art. 2 Abs. 1 SBG sind
demnach nicht die einzelnen (gewohnheitsmässigen) Spieler, sondern nur
die an der Organisation des Glückspielbetriebs Beteiligten, sei es "als
Unternehmer, Bankhalter, Arrangeur" usw. strafbar (BBl. 1929, Bd. I,
S. 372; BGE 83 IV 205). Ebenso muss die alleinige Tatsache, dass jemand
gewohnheitsmässiger Spieler ist, nicht in jedem Fall auch zur Bejahung
der Zugehörigkeit zu einer Vereinigung, die Glückspiele betreibt (Art. 4
SBG), führen. Etwas anderes lässt sich entgegen der vorinstanzlichen
Äusserung aus der konstanten bundesgerichtlichen Praxis, auch wenn diese
an das Vorliegen des Erfordernisses der Angehörigkeit zu einer Vereinigung
keine hohen Anforderungen stellt, nicht herleiten (vgl. 103 IV 286, 81 IV
200, ZR 33 Nr. 76). Insbesondere wurde in BGE 81 IV 200 nicht schon vom
gewohnheitsmässigen Spielen auf die Zugehörigkeit zu einer Vereinigung
geschlossen. Indessen kann das gewohnheitsmässige Spielen des Einzelnen
Indiz für seine Mitwirkung bei einer konkreten Vereinigung sein.

    c) Bei der Abklärung der Frage, ob ein Spieler einer
Glückspielunternehmung i.S. von Art. 4 SBG angehört und damit strafbar
ist, muss von der aus Art. 4 fliessenden Umschreibung der Vereinigung
ausgegangen werden. Eine solche liegt vor, wenn eine grössere oder
kleinere Anzahl von bestimmten Personen (sei es in stets gleicher oder
wechselnder Zusammensetzung) sich mehr oder weniger regelmässig zum
gewohnheitsmässigen Betrieb des Glückspiels zusammenfindet und faktischer
(organisierter oder nicht organisierter) Träger des Spielbetriebs ist,
wobei die Teilnahme am Glückspiel auch andern offen steht (vgl. BGE 81 IV
200, 72 IV 187). Zur Unterscheidung der mit Strafe bedrohten Zugehörigkeit
zu einer Vereinigung und des straflosen Mitspielens ist demnach (auch
wenn es sich um gewohnheitsmässige Spieler handelt) auf das Kriterium des
bestimmten Personenkreises, der faktischer Träger des Spielbetriebs ist,
abzustellen. Damit sich ein Spieler strafbar macht, muss er deshalb einer
konkreten Spielervereinigung angehören; der wahllose Besuch verschiedener
Spielclubs durch einen gewohnheitsmässigen Spieler genügt für sich
allein nicht, um dessen Strafbarkeit zu begründen. Handelt es sich bei
der Vereinigung (Art. 4 SBG) um einen (wenn auch nur im weitesten Sinne)
organisierten Glückspielbetrieb, so gehört der gewohnheitsmässige Spieler
dieser an, wenn er in irgendeiner Weise an der Organisation beteiligt ist,
sei es etwa bei der Mitbestimmung der zukünftigen Spieldaten, der Wahl
des Spielmodus, der Einladung weiterer Personen usw. Fehlt selbst eine
auch nur rudimentäre Organisation, ist der gewohnheitsmässige Spieler
als einer konkreten Spielervereinigung zugehörend zu betrachten, wenn
sein Mitspielen im Verhältnis zu dem anderer Mitwirkender nicht als
blosser Zufall erscheint. Ein gewohnheitsmässiger Spieler ist deshalb
als Teil der Trägerschaft einer konkreten Vereinigung auszuschliessen,
wenn sein Mittun im Gegensatz zur Beteiligung anderer keinen (auch nur
geringen) Einfluss auf die gegenwärtige und zukünftige Art, Durchführung,
Gestaltung usw. der Glückspiele hat, er somit lediglich eine Gelegenheit
zum Spielen wahrnimmt, die von andern geschaffen und bestimmt worden ist.

    d) Die Vorinstanz geht deshalb fehl, soweit sie die Verurteilung
des Beschwerdeführers im wesentlichen damit begründet, dass einer
Vereinigung i.S. des Gesetzes angehöre, wer "das erste Mal in einem
bestimmten Spielclub mitspielt, sofern er als gewohnheitsmässiger Spieler
anzusehen ist". Indem das Obergericht vom gewohnheitsmässigen Spieler
zwingend auf die Mitwirkung bei einer Spielervereinigung schliesst,
zieht es B. schon wegen des vom Gesetzgeber straflos gelassenen
gewohnheitsmässigen Mitspielens zur Rechenschaft. Die Vorinstanz hat es im
übrigen unterlassen, Sachverhaltsfeststellungen zu treffen, die erlauben
würden, die Subsumtion des Spielclubs an der Sihlhallenstrasse 3 unter
den Begriff der Vereinigung gemäss Art. 4 SBG sowie die Zugehörigkeit
des Beschwerdeführers zu derselben zu überprüfen. Der Beschluss des
Obergerichts ist deshalb aufzuheben und die Sache zur Ergänzung des
Sachverhalts und zur Neubeurteilung i.S. der Erwägungen an die Vorinstanz
zurückzuweisen (Art. 277 BStP).