Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 II 487



108 II 487

91. Urteil der I. Zivilabteilung vom 14. Dezember 1982 i.S. M. M. Paiste
& Sohn GmbH & Co. KG gegen Bundesamt für geistiges Eigentum
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Eintragung einer international registrierten Marke im schweizerischen
Register; Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG und Art. 6quinquies lit.
B Ziff. 2 PVÜ.

    Die für elektronische Geräte und Musikinstrumente bestimmte
internationale Wortmarke "Vantage" wird von den massgeblichen
schweizerischen Käuferkreisen als Beschaffenheitsangabe für die so
bezeichneten Waren verstanden und ist daher im schweizerischen Register
nicht einzutragen.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die M. M. Paiste & Sohn GmbH & Co. KG in Schacht-Audorf (BRD) ist
Inhaberin der im internationalen Register unter Nr. 454 681 eingetragenen
Wortmarke "Vantage", die für elektronische Geräte und Musikinstrumente
(Warenklassen 9, 11 und 15) bestimmt ist.

    Mit Verfügung vom 26. August 1982 verweigerte das Bundesamt für
geistiges Eigentum dieser Marke endgültig den Schutz in der Schweiz. Es
fand, "Vantage" sei ein Deskriptivzeichen und deshalb nicht schutzfähig.

    Diesen Entscheid ficht die M. M. Paiste & Sohn GmbH & Co. KG
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde an. Obschon ihre Beschwerdeschrift
entgegen Art. 108 Abs. 2 OG keinen förmlichen Antrag enthält, schadet
ihr das nicht, da der Begründung entnommen werden kann, dass sie die
Aufhebung der angefochtenen Verfügung und die Eintragung ihres Zeichens
in das schweizerische Register erreichen will. Das Amt beantragt, die
Beschwerde abzuweisen.

Erwägung 2

    2.- Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz gelten
seit 1970 das Madrider Abkommen über die internationale Registrierung
von Marken (MMA) sowie die Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutze
des gewerblichen Eigentums (PVÜ) in den am 14. Juli 1967 in Stockholm
revidierten Fassungen (SR 0.232.112.3; SR 0.232.04). Nach Art. 5 Abs. 1
MMA ist ein Verbandsland berechtigt, einer international registrierten
Marke den Schutz zu verweigern, sofern nach den in der PVÜ genannten
Bedingungen ihre Eintragung in das nationale Register abgelehnt werden
darf. Das trifft gemäss Art. 6quinquies lit. B Ziff. 2 PVÜ insbesondere zu,
wenn die Marke jeder Unterscheidungskraft entbehrt oder ausschliesslich aus
Zeichen oder Angaben zusammengesetzt ist, die im Verkehr zur Bezeichnung
der Art oder Beschaffenheit von Erzeugnissen dienen können.

    Dieser zwischenstaatlichen Regelung entspricht gemäss ständiger
Rechtsprechung die Vorschrift von Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG, wonach
die Eintragung einer Marke zu verweigern ist, wenn diese als wesentlichen
Bestandteil ein als Gemeingut anzusehendes Zeichen enthält (BGE 104 Ib 66).

Erwägung 3

    3.- Als Gemeingut im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Ziff. 2 MSchG gelten
insbesondere offene oder leicht erkennbare Hinweise auf Eigenschaften,
die Beschaffenheit oder den Zweck der Erzeugnisse, für welche die Marke
bestimmt ist. Dass eine Marke aus Wörtern einer Sprache besteht, die in
der Schweiz weder Amts- noch Nationalsprache ist, schliesst ihre Würdigung
als Gemeingut nicht aus (BGE 104 Ib 66 mit Hinweisen).

    Das Amt vertritt die Auffassung, das Zeichen "Vantage" enthalte einen
direkten Hinweis auf die Qualität der so bezeichneten Produkte, weil das
englische Hauptwort "vantage" den Sinn von "Vorteil", "Überlegenheit" oder
"günstiger Gelegenheit" habe. Die Beschwerdeführerin wendet demgegenüber
ein, "vantage" sei in der englischen Umgangssprache nicht mehr gebräuchlich
und werde lediglich in der Tennisfachsprache mit der Bedeutung "starke
Ausgangsposition" oder "Punktegewinne" gebraucht; die Verwendung eines
umgangssprachlich nicht gebräuchlichen Fachwortes als Marke verleihe
dieser Unterscheidungskraft und mache sie damit schutzfähig.

    Das Amt weist zu Recht darauf hin, dass das Substantiv "vantage" in den
Wortverbindungen "point of vantage" und "vantage-ground" in der englischen
Umgangssprache auch heute noch gebraucht wird. Ebenfalls beizustimmen
ist seiner Feststellung, dass jemand mit durchschnittlichen Englisch- und
Französischkenntnissen "vantage" ohne weiteres mit den gleichbedeutenden
englischen und französischen Hauptwörtern "advantage" und "avantage"
in Verbindung bringt. Fragen kann sich allenfalls, ob diese Kenntnisse
bei den im vorliegenden Fall massgeblichen Käuferkreisen, vorwiegend
Musikern, vorhanden sind. Das Bundesgericht hatte im Zusammenhang mit
Markenrechtsverfahren schon verschiedentlich über den Bekanntheitsgrad
von Ausdrücken der englischen Sprache zu befinden. Dabei ist es davon
ausgegangen, dass insbesondere folgende Wörter weiten Kreisen der
schweizerischen Bevölkerung bekannt seien: more, top, set, ever, fresh,
tender, advance, fit, soft, line, mix, master, hot und pot (BGE 103 II
343, 97 I 83, 91 I 359; PMMBl 1981 I S. 73, 1979 I S. 30 und 33, 1978
I S. 34 und 65, 1974 I S. 66). Zu diesem durchschnittlich vorhandenen
Grundwortschatz gehört auch der Ausdruck "advantage", der wie erwähnt
ohne weiteres mit dem sinngleichen "vantage" assoziiert wird. Nicht zu
beanstanden ist schliesslich die Auffassung des Amtes, dass die Marke
"Vantage" als Beschaffenheits- und Qualitätsangabe für die damit versehenen
Waren verstanden wird; denn sie verspricht Erzeugnisse, die verglichen mit
solchen anderer Hersteller vorteilhafter und günstiger sein sollen. Aus
allen diesen Gründen ist markenrechtlich unerheblich, dass der Ausdruck
"vantage" in der englischen Umgangssprache nicht verwendet wird. Die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde erweist sich somit als unbegründet.