Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 II 391



108 II 391

75. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 6. Mai 1982 i.S. X.
gegen Y. (Berufung) Regeste

    Unterstellungsklage im Sinne von Art. 13a SchlTZGB.

    Die grundsätzliche, ziffernmässig nicht festgelegte Verpflichtung
eines Mannes zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen zu Gunsten eines
Kindes für den Fall, dass er auf Grund eines noch einzuholenden
anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens als Vater nicht ausgeschlossen
werden könne, ist - bei Eintritt dieser Bedingung - als Verpflichtung zu
Vermögensleistungen im Sinne von Art. 13a Abs. 1 SchlTZGB zu werten.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 5

    5.- Zu prüfen bleibt freilich, ob die allgemeine Verpflichtung
des Beklagten zu Unterhaltsleistungen die Voraussetzungen von Art. 13a
Abs. 1 SchlTZGB erfülle oder ob die versprochenen Unterhaltsleistungen
genau hätten beziffert werden müssen. Diese Frage wurde weder in der
Botschaft des Bundesrats vom 5. Juni 1974 (BBl 1974 II S. 1 ff.) noch in
den parlamentarischen Beratungen ausdrücklich erörtert. In der Literatur
werden im allgemeinen die Vermögensleistungen, zu denen der Vater
durch gerichtliche Entscheidung oder durch Vertrag verpflichtet ist,
als Voraussetzung der Unterstellungsklage erwähnt, ohne dass jedoch zum
Ausdruck käme, ob es sich um ziffernmässig genau bestimmte Leistungen
handeln müsse (vgl. TUOR/SCHNYDER, Das schweizerische Zivilgesetzbuch,
9. Aufl., Nachdruck 1979, S. 250; HUG, Die gerichtliche Feststellung der
Vaterschaft nach dem neuen Schweizer Kindesrecht, Diss. Freiburg 1977,
S. 220; BOURGKNECHT, Les nouvelles actions en paternité au sens de
l'art. 13a Tit.fin. CC, in: ZVW 34/1979, S. 83; TERCIER, L'action en
paternité selon le nouveau droit de la filiation, in: ZBJV 114/1978,
S. 402). HEGNAUER (Die Klage auf Feststellung des Kindesverhältnisses
zum Vater gemäss Art. 13a SchlTZGB, in: ZVW 34/1979, S. 45, Ziff. 232.4)
hält allerdings ausdrücklich dafür, dass die Verpflichtung des Vaters
nicht beziffert sein müsse, sondern dass die grundsätzliche Zusage genüge.

    Anhaltspunkte dafür, dass Art. 13a SchlTZGB ebenso streng ist wie
Art. 12 § 3 Abs. 1 des deutschen Gesetzes über die rechtliche Stellung
der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969, wonach - allerdings von
Gesetzes wegen - ein Mann als Vater im Sinne des neuen Rechts gilt,
sofern er vor dessen Inkrafttreten in einer öffentlichen Urkunde
seine Vaterschaft anerkannt oder in einem vollstreckbaren Schuldtitel
sich zur Erfüllung eines Anspruchs nach § 1708 BGB verpflichtet hatte
(vgl. HEGNAUER, Die Übergangsbestimmungen zum neuen Kindesrecht, in:
Festgabe für Henri Deschenaux, S. 169), bestehen nicht.

    Unter der Herrschaft des früheren Rechts hat das Bundesgericht
verschiedentlich entschieden, dass die vertragliche Verpflichtung
zu Unterhaltsleistungen aus Vaterschaft formfrei eingegangen werden
könne und dass nicht erforderlich sei, dass der Erklärende die Höhe
des Unterhaltsbeitrages von vornherein genau beziffere; es genüge, dass
die Tragweite der Verpflichtung bestimmbar sei und dass der Schuldner
sie nicht nach seinem Belieben festlegen könne (vgl. BGE 47 II 21; 44
II 5 ff. E. 2). In dem BGE 69 II 12 ff. zugrunde liegenden Fall hatte
sich jemand, der sich in einem gerichtlichen Vergleich als Vater des
Kindes bekannt hatte, verpflichtet, das Kind bei sich aufzunehmen und ihm
gegenüber die elterlichen Pflichten zu erfüllen. Das Bundesgericht hielt
fest, dass es ihm nicht zustehe, seine Unterhaltspflicht auf den Fall
der Unterbringung des Kindes in seinem Haushalt zu beschränken; auf Grund
des Vergleichs habe das Kind vielmehr einen Anspruch auf die Zusprechung
bestimmter Unterhaltsbeiträge (BGE 69 II 16 E. 3 und 4). In einem Fall,
da es um die Neubestimmung der Unterhaltsbeiträge im Sinne von Art. 320
der früheren Fassung des ZGB ging, führte das Kantonsgericht von Graubünden
aus, die Tatsache, dass der Umfang der Unterhaltsleistungen nicht bereits
im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Schuldversprechens ziffernmässig genau
umschrieben worden sei, dürfe nicht dazu führen, dass der Schuldner seinen
Verpflichtungen nicht mehr in dem Masse nachzukommen brauche, wie es ihm
nach seinen gegenwärtigen Vermögens- und Einkommensverhältnissen möglich
wäre (SJZ 50/1954, S. 129 Nr. 54).

    Aus dem Gesagten erhellt, dass nach der Rechtsprechung zum früheren
Recht die grundsätzliche, ziffernmässig nicht festgelegte Verpflichtung
des Vaters zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen ausreichte, eine
Unterhaltspflicht im Sinne von Art. 319 der früheren Fassung des ZGB
zu begründen. Von dieser Auffassung abzuweichen, besteht kein Anlass,
um so weniger, als das Hauptziel der Gesetzesrevision darin bestand, die
Rechtsstellung des ausserehelichen Kindes und der Mutter zu verbessern
(Botschaft, BBl 1974 II S. 1). Die Verpflichtung des Beklagten, die
"Vaterschaftsleistungen im Sinne von Art. 317 und 319 ZGB definitiv zu
regeln", wenn er auf Grund des anthropologisch-erbbiologischen Gutachtens
als Vater der Klägerin nicht ausgeschlossen werden könne (Ziffer 6 des
vorläufigen Vaterschaftsvergleichs), ist demnach entgegen der Ansicht
der Vorinstanz als Verpflichtung zu Vermögensleistungen im Sinne von
Art. 13a Abs. 1 SchlTZGB zu werten. Es sind mithin alle Voraussetzungen
der Unterstellungsklage erfüllt. Die Sache ist deshalb in Gutheissung der
Berufung an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie die Klage materiell
beurteile.