Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 II 188



108 II 188

39. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 3. September 1982
i.S. M. gegen A. (Berufung) Regeste

    Subrogation (Art. 110 Ziff. 1 OR).

    Wird eine Schuld durch ein Drittpfand gesichert und bleiben die
Rechtsbeziehungen zwischen Schuldner und Verpfänder unklar, so steht dem
Pfandbesteller bei Verwertung des Pfandes durch den Gläubiger - analog
Art. 110 Ziff. 1 OR - ein Anspruch aus Subrogation zu.

Sachverhalt

    A.- Am 23. Oktober 1973 stellte der Schweizerische Bankverein
(SBV) Herrn M. einen Konto-Korrentkredit von Fr. 17'000.-- zur
Verfügung. Zur Sicherstellung gewährte Frau S. dem SBV ein Faustpfand an
Kassenobligationen im Werte von Fr. 20'000.--. Am 10. März 1975 erhöhte der
SBV im Einverständnis der Pfandbestellerin den Kredit auf Fr. 19'000.--.

    Am 17. Mai 1979 starb Frau S. Die Alleinerbinnen, ihre Töchter E. und
C. A., nahmen die Erbschaft an.

    Da M. seinen Verpflichtungen dem SBV gegenüber nicht nachkam,
verwertete die Bank das von der verstorbenen Frau S. bestellte Pfand und
wurde dadurch vollumfänglich gedeckt.

    B.- Die Schwestern A. verlangten von M. erfolglos Zahlung des
Restbetrages, den er ihnen nach Verrechnung einer Gegenforderung noch
schulde, nachdem sie an seiner Stelle durch die Pfandverwertung den SBV
befriedigt hatten.

    Am 1. Juli 1981 hiess das Kantonsgericht Nidwalden eine entsprechende
Klage der Schwestern A. gut und verpflichtete den Beklagten M., den
Klägerinnen Fr. 9'199.65 nebst Zins zu bezahlen. Auf Appellation des
Beklagten hin bestätigte das Obergericht (Zivilabteilung) des Kantons
Nidwalden am 1. April 1982 dieses Urteil vollumfänglich.

    C.- Mit seiner Berufung an das Bundesgericht beantragt der Beklagte,
das Urteil des Obergerichtes aufzuheben und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerinnen beantragen Abweisung der Berufung und Bestätigung
des vorinstanzlichen Urteils.

Auszug aus den Erwägungen:

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Der Beklagte macht geltend, das Urteil des Obergerichts verletze
Art. 110 Ziff. 1 OR. Er führt aus, die Vorinstanz gehe zu Unrecht davon
aus, nach der Verwertung des Faustpfandes durch die Bank seien deren
Rechte als Gläubigerin von Gesetzes wegen auf die Pfandgeberin bzw. ihre
Erbinnen übergegangen.

    Der Beklagte ist der Ansicht, eine solche Subrogation liege nur dann
vor, wenn der Dritte die fremde Schuld bezahle, um die Verwertung seines
Pfandes durch den Gläubiger zu verhindern; vorliegend sei aber das Pfand
nicht gemäss Art. 110 Ziff. 1 OR eingelöst, sondern verwertet worden.

    b) Dieser Auffassung kann nicht zugestimmt werden. Zu Recht bestätigt
das Obergericht die Erwägung des Kantonsgerichtes, eine Subrogation
sei unabhängig davon zu bejahen, ob die Pfandeigentümerin von sich aus
das Pfand einlöse, um die fremde Schuld zu tilgen, oder ob die Bank als
Gläubigerin dieses gestützt auf den Pfandbestellungsvertrag verwerte.

    Der SBV gewährte dem Beklagten einen Kredit, den er jedoch von
der Stellung eines Drittpfandes abhängig machte. Dadurch entstand ein
Dreiecksverhältnis zwischen dem SBV als Pfandgläubiger, dem Beklagten als
Schuldner und Frau S. bzw. den Klägerinnen als Verpfänderinnen. Im Gesetz
findet sich keine Bestimmung, welche diesen Sachverhalt - insbesondere die
Rechtsbeziehung zwischen Schuldner und Verpfänder - regelt. Die Sicherung
der fremden Schuld durch den Dritten, den Pfandeigentümer, beruht auf einem
zwischen diesem und dem Schuldner bestehenden Grundverhältnis. Befriedigt
der Dritte den Gläubiger, wird im allgemeinen nach diesem Innenverhältnis
beurteilt, ob und inwieweit der Drittpfandbesteller Ansprüche gegen den
Schuldner geltend machen kann. Lehre und Rechtsprechung gehen davon aus,
dass im Zweifel - sollten sich die Rückgriffsrechte aus dem Innenverhältnis
nicht eindeutig ergeben - die Forderung des Gläubigers kraft Subrogation
in gleicher Weise auf den Dritten übergeht, wie wenn er gemäss Art. 110
Ziff. 1 OR seine Pfandsache eingelöst hätte (OFTINGER/BÄR, Zürcher
Kommentar, Bd. IV.2.c., N. 391 zu Art. 884 ZGB, ZOBL, Berner Kommentar,
Bd. IV.2.5.1., N. 293 und 989 zu Art. 884 ZGB mit Hinweisen, SIMONIUS,
Probleme des Drittpfandes, SJZ 1979, S. 373 mit Hinweisen in N. 37;
vgl. BGE 95 III 55).

    c) Der Beklagte hat nicht behauptet, die Forderung der
Klägerinnen entfalle, weil die Interzession ihrer verstorbenen Mutter
Schenkungscharakter gehabt hätte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass Frau
S. auf jeden Regress gegenüber dem Beklagten verzichtet hätte (vgl. ZOBL,
aaO, N. 991 zu Art. 884 ZGB). Bleiben die Rechtsbeziehungen zwischen
Beklagtem und Klägerinnen aber unklar, muss diesen - analog Art. 110
Ziff. 1 OR - ein Anspruch aus Subrogation grundsätzlich zugesprochen
werden.