Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 III 80



108 III 80

25. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 23. Juni 1982 i.S. Kallivroussis (Rekurs) Regeste

    Art. 251 SchKG.

    Ob eine verspätete Konkurseingabe noch zugelassen werden kann, ist
im betreibungsrechtlichen Beschwerdeverfahren und nicht im Rahmen einer
Kollokationsklage zu prüfen (E. 4). Voraussetzungen, unter denen eine
verspätete Konkurseingabe trotz bereits rechtskräftigem Kollokationsplan
zugelassen wird (E. 5).

Sachverhalt

    A.- Mit Eingabe vom 24. Januar 1981 liess der in Athen wohnhafte
Dr. Dimitrios Kallivroussis beim Konkursamt Dorneck im Konkurs seines
Sohnes Dr. Georges Kallivroussis eine Forderung von 14'037'872 Gr. Drachmen
und 4'654 US Dollar erheben. Das Konkursamt wies dieses Begehren mit
Verfügung vom 1. September 1981 ab mit der Begründung, trotz mehrfacher
Aufforderung seien die Belege zum Nachweis der Forderung nicht eingereicht
worden. Diese Verfügung erwuchs in Rechtskraft.

    Am 24. März 1982 machte Frau B. M. Kallivroussis, die Schwiegertochter
des Gläubigers, für diesen eine Konkursforderung von 200'000 Gr. Drachmen
aufgrund eines Darlehens an den Gemeinschuldner geltend. Sie reichte zudem
eine vom 4. Juli 1979 datierte Quittung des Gemeinschuldners für dieses
Darlehen ein.

    Das Konkursamt Dorneck ging davon aus, dass diese Forderung bereits in
dem am 1. September 1981 rechtskräftig abgewiesenen Betrag enthalten sei,
weshalb es auf die Forderungseingabe wegen Verspätung mit Verfügung vom
3. Mai 1982 nicht eintrat.

    B.- Dr. Dimitrios Kallivroussis liess gegen diese Verfügung bei der
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn
Beschwerde erheben. Er behauptete, die fragliche Darlehensforderung sei
in der Konkurseingabe vom 24. Januar 1981 nicht enthalten gewesen. Er
sei damals der Meinung gewesen, die durch die Verpfändung von Aktien der
Temat AG sichergestellte Forderung sei getilgt. Da das Darlehen nicht
zurückbezahlt wurde, wären die Aktien nach griechischem Recht in sein
Eigentum übergegangen. Erst durch den Entscheid des Grundbuchinspektors
des Kantons Solothurn vom 27. April 1981 sei er über seinen Irrtum
aufgeklärt worden. Es handle sich daher um eine neue Forderung. Die
kantonale Aufsichtsbehörde betrachtete diese Darstellung als eine
unbewiesene Parteibehauptung und wies die Beschwerde demzufolge mit
Entscheid vom 1. Juni 1982 ab.

    C.- Gegen diesen Entscheid führt Dr. Dimitrios Kallivroussis Rekurs an
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts. Er beantragt,
der Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde sei aufzuheben und es
sei anzuordnen, dass die mit Eingabe vom 24. März 1982 geltend gemachte
Forderung kolloziert werde.

    Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer weist den Rekurs ab, soweit
sie darauf eintritt.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Die kantonale Aufsichtsbehörde stellte sich auf den Standpunkt,
die Frage, ob eine verspätete Konkurseingabe des Gläubigers noch
entgegenzunehmen und zu behandeln sei, müsse im betreibungsrechtlichen
Beschwerdeverfahren und nicht aufgrund einer Kollokationsklage
entschieden werden. Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da es dabei
nicht um die Bejahung oder Verneinung des Bestandes oder Ranges der
nachträglich eingereichten Forderung und damit um den materiellen Inhalt
des Kollokationsplans geht (vgl. AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs-
und Konkursrechtes, S. 342/43), sondern erst um die Erwahrung dieser
Forderung im Sinne von Art. 244 und 251 SchKG, wobei die Frage, ob der
Konkursbeamte seinen in diesen Bestimmungen vorgesehenen Pflichten richtig
nachgekommen sei, zu prüfen ist.

    Würde man aber in diesem Vorgang einen Entscheid über den
materiellrechtlichen Inhalt des Kollokationsplanes erblicken wollen,
hätte der Gläubiger, der sich mit der Rückweisung seiner verspäteten
Eingabe nicht abfinden will, beim Richter Kollokationsklage zu erheben. In
diesem Fall hätte die Vorinstanz auf die Beschwerde nicht eintreten dürfen,
weshalb der vorliegende Rekurs schon aus diesem Grund abzuweisen wäre.

Erwägung 5

    5.- Nach Art. 251 Abs. 1 SchKG können verspätete, d.h. nicht bereits
im Kollokationsverfahren angemeldete Konkurseingaben bis zum Schluss
des Konkursverfahrens angebracht werden. Indessen darf die Rechtskraft
des Kollokationsplans dadurch nicht in Frage gestellt werden. Die
Rechtsprechung hat daher aus Gründen der Rechtssicherheit und im Hinblick
auf ein geordnetes Verfahren eine nachträgliche Eingabe nur zugelassen,
wenn es sich dabei um eine erstmals geltend gemachte Forderung handelt
und nicht etwa der rechtskräftig gewordene Kollokationsplan hinsichtlich
einer bereits getroffenen Kollokationsverfügung abgeändert werden will
(BGE 106 III 44 E. 4). Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn der
verspätete Anspruch auf andern tatsächlichen und rechtlichen Vorgängen
beruht als die früheren Eingaben desselben Gläubigers, oder aber, wenn
der Gläubiger, der für seine frühere Forderung einen höheren Betrag oder
einen besseren Rang beansprucht, sich auf neue Tatsachen berufen kann,
die er mit der ersten Eingabe noch nicht geltend machen konnte (BGE 106
II 376 mit Hinweisen).

    Wie die Vorinstanz mit Recht festhält, hat der Gläubiger den Nachweis
zu erbringen, dass seine verspätete Forderung aus Darlehen gemäss Quittung
des Gemeinschuldners vom 4. Juli 1979 nicht bereits in seiner ersten
Konkurseingabe vom 24. Januar 1981 enthalten war. Nach den Feststellungen
der Vorinstanz hat der Rekurrent diesen Nachweis nicht erbracht. Seine
Darstellung, er habe rechtsirrtümlich angenommen, die zur Sicherung des
Darlehens als Pfand erhaltenen Temat-Aktien seien ihm anstelle des nicht
zurückbezahlten Darlehens zu Eigentum zugefallen und demzufolge sei die
Forderung erloschen, betrachtet die Vorinstanz als eine durch nichts
bewiesene Parteibehauptung, die zudem wenig glaubhaft sei, da sie mit
den früheren Vorbringen des Rekurrenten im Widerspruch stehe.

    Diese Feststellungen hat die Vorinstanz aufgrund ihrer Beweiswürdigung
getroffen. Sie sind demnach gemäss Art. 63 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 81
OG für das Bundesgericht verbindlich. Der Rekurrent macht nicht geltend,
diese Feststellungen beruhten auf offensichtlichem Versehen oder seien
in Verletzung bundesrechtlicher Beweisvorschriften zustande gekommen. Er
bringt vielmehr Behauptungen vor, welche die Feststellungen der Vorinstanz
zum Teil sogar bestätigen. So gibt er zu, dass die Darlehensgewährung an
den Gemeinschuldner und die angebliche Faustpfandbestellung nur mündlich
vereinbart worden seien. Aus der Verfügung des Grundbuchinspektors vom
5. Juni 1981 geht zudem hervor, dass kein Faustpfandvertrag vorgelegt
werden konnte und dass auch in jenem Verfahren geltend gemacht wurde,
alle Vereinbarungen und Verträge unter den Familienmitgliedern seien
nur mündlich abgeschlossen worden. Aus den Akten ergibt sich überdies,
dass der Schuldner selbst darauf hingewiesen hat, dass er die Aktien
der Temat AG an Familienangehörige in Griechenland verkauft habe.
Die nachträglich beigebrachte Quittung des Schuldners, die entgegen den
früheren Vorbringen das Darlehen des Rekurrenten schriftlich bestätigen
sollte, genügt keineswegs, um den Nachweis zu erbringen, dass das fragliche
Darlehen nicht doch bereits in den früher eingebrachten Konkursforderungen
enthalten war, sondern im Sinne des Art. 251 SchKG neu sei.