Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 III 23



108 III 23

10. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 9. August 1982 i.S.
Moser gegen Gemeinde Beinwil am See (Berufung) Regeste

    Kollokation (Art. 250 SchKG).

    Wird der Kollokationsplan durch Urteil im Kollokationsprozess
abgeändert, so ist er nicht neu aufzulegen. Eine dennoch erfolgte
Neuauflage ist nichtig und verschafft den Gläubigern nicht das Recht,
erneut Kollokationsklage zu erheben.

Sachverhalt

    A.- Im Konkurs über Alfred Moser wurde am 22. November 1975 der
Kollokationsplan aufgelegt. Die Ehefrau des Schuldners, Rosa Moser-Huber,
erhob rechtzeitig Kollokationsklage, mit der sie geltend machte, ihre
Frauengutsforderung sei zu Unrecht nur in einem Teilbetrag kolloziert
worden. Mit Urteil vom 11. Januar 1977 hiess das Bezirksgericht Kulm die
Klage zum grössten Teil gut. Am 2. Dezember 1978 teilte das Konkursamt
Kulm den Gläubigern durch Publikation im Amtsblatt des Kantons Aargau
mit, der Kollokationsplan liege infolge nachträglicher Anerkennung einer
Forderung zur Einsicht auf; Klagen auf Anfechtung des Planes seien innert
10 Tagen von der Bekanntmachung an gerichtlich anhängig zu machen.

    Am 11. Dezember 1978 erhob Rosa Moser gegen die Gemeinde Beinwil am
See Kollokationsklage, mit der sie bestritt, dass der Beklagten für ihre
Forderung von Fr. 12'607.75 ein gesetzliches Pfandrecht zustehe. Das
Bezirksgericht Kulm wies die Klage ab. Eine Beschwerde gegen seinen
Entscheid wurde vom Obergericht des Kantons Aargau am 23. Dezember 1981
abgewiesen.

    Das Bundesgericht weist die Berufung der Klägerin gegen das
obergerichtliche Urteil ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nach den zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz erwächst
der Kollokationsplan in Rechtskraft, wenn er nicht innert der
Frist des Art. 250 Abs. 1 SchKG angefochten wird. Abgesehen von ganz
besonderen Fällen, von denen hier keiner gegeben ist, kann er von der
Konkursverwaltung nachträglich nicht mehr abgeändert werden (BGE 98
III 70 E. 3, 97 III 42, 96 III 78/79, 87 III 84). Ausgeschlossen ist
auch eine Neuauflage des Planes, die den Gläubigern die Anfechtung
von bereits rechtskräftig gewordenen Kollokationsverfügungen erlauben
würde. Erst recht gilt dies, wenn die Kollokation einer Forderung auf
richterlichem Urteil im Kollokationsprozess beruht. Obsiegt ein Gläubiger
im Kollokationsprozess, so ist dies im Kollokationsplan vorzumerken und
bei der Verteilung zu berücksichtigen (Art. 64 Abs. 2 KOV; BGE 56 III
109). Die Mitgläubiger können eine solche Änderung des Kollokationsplanes
nicht ihrerseits wieder anfechten und dadurch die Rechtskraft des
Kollokationsurteils in Frage stellen, weshalb der Kollokationsplan nach
Abschluss des Kollokationsprozesses nicht neu aufzulegen ist (JAEGER,
N. 8 zu Art. 250 SchKG; FAVRE, Droit des poursuites, 3. Aufl., S. 336;
V. FURRER, Die Kollokationsklagen nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich
1979, S. 59/60; unzutreffend AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs-
und Konkursrechts, S. 347).

    Die vom Konkursamt vorgenommene Neuauflage des Kollokationsplanes
war daher unbeachtlich und vermochte an der Rechtskraft der einzelnen
Kollokationsverfügungen nichts zu ändern. Unter diesen Umständen hat die
Vorinstanz zu Recht angenommen, die Klägerin könne die Kollokation der
Forderung der Beklagten nicht mehr durch Kollokationsklage anfechten.

Erwägung 3

    3.- Die Klägerin macht demgegenüber geltend, selbst wenn man annehmen
wollte, der Kollokationsplan hätte nicht neu aufgelegt werden dürfen,
wäre in der dennoch erfolgten Neuauflage bloss eine anfechtbare und nicht
eine geradezu nichtige Amtshandlung des Konkursamtes zu erblicken. Da
niemand gegen die Neuauflage Beschwerde geführt habe, sei die dadurch
bewirkte erneute Eröffnung der Klagefrist als gültig zu betrachten und
die Klage materiell zu behandeln.

    Die Neuauflage des Kollokationsplanes berührt indessen keineswegs
nur die Interessen der am Konkurs beteiligten Gläubiger. Auch die
Öffentlichkeit hat ein Interesse daran, dass das Konkursverfahren
nicht dadurch verlängert und kompliziert wird, dass ein rechtskräftiger
Kollokationsplan nachträglich ausser Kraft gesetzt wird. Insbesondere
liegt es im öffentlichen Interesse, dass richterliche Urteile, die
in einem ersten Kollokationsprozess ergangen sind, nicht durch weitere
Kollokationsklagen wieder in Frage gestellt werden können. Ganz abgesehen
vom prozessualen Leerlauf müsste es zu unlösbaren Schwierigkeiten
führen, wenn in einem zweiten Kollokationsprozess ein widersprechendes
Urteil gefällt würde. Diese unter allen Umständen zu vermeidende Gefahr
besteht aber, wenn ein Kollokationsplan im Anschluss an einen ersten
Kollokationsprozess erneut von jedem Gläubiger angefochten werden
könnte. Die Neuauflage des Kollokationsplanes und die damit verbundene
Fristansetzung für die Kollokationsklage muss daher entgegen der Auffassung
der Klägerin als schlechthin nichtig angesehen werden.

    Der Klägerin kann auch darin nicht gefolgt werden, dass sie nach
Treu und Glauben auf die Publikation des Konkursamtes habe abstellen und
auf die darin enthaltene Rechtsmittelbelehrung habe vertrauen dürfen. Das
Vertrauen in die Publikation vermochte ihr nicht zu einer Klagemöglichkeit
zu verhelfen, die mit dem Wesen des Kollokationsverfahrens in Widerspruch
steht, sowenig wie das Vertrauen in eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung
ein gesetzlich nicht gegebenes Rechtsmittel schaffen kann (vgl. BGE
100 Ib 119/120, 92 I 77). Im übrigens versucht die Klägerin mit ihrer
Klage nur nachzuholen, was sie im Anschluss an die erste Auflage des
Kollokationsplanes unterlassen hat. Diese Unterlassung, die die Verwirkung
des Klagerechts zur Folge hatte, hat sie ihrer eigenen Unachtsamkeit
zuzuschreiben; sie kann durch das spätere fehlerhafte Verhalten des
Konkursamtes nicht aus der Welt geschaffen werden. Unter diesen Umständen
verdient das Vertrauen der Klägerin in die zu Unrecht erfolgte Publikation
der Neuauflage des Kollokationsplanes zum vornherein keinen Schutz.