Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 III 17



108 III 17

8. Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 11. März
1982 i.S. Eugster (Rekurs) Regeste

    Art. 143 SchKG.

    Ein Zahlungsverzug im Sinne von Art. 143 SchKG liegt grundsätzlich
nur vor, wenn der Ersteigerer die Bezahlung einer dem Betreibungsamt
zu leistenden Summe verweigert. Ein Verzug mit der Erfüllung einer dem
Ersteigerer in den Steigerungsbedingungen überbundenen Verpflichtung
gegenüber einem Dritten hat dagegen nicht die Aufhebung des Zuschlags
zur Folge, es sei denn, die Erfüllung dieser Verpflichtung bilde eine
Voraussetzung für die Fortsetzung des Verfahrens.

Sachverhalt

    A.- Im Konkurs über Willi Würth setzte die Konkursverwaltung für
die Verwertung der Liegenschaft "Weisses Haus" in Altenrhein unter Ziff.
20a unter anderem folgende Steigerungsbedingung fest:

    "Aufgrund eines Mietvertrags zwischen Robert Eugster und Dr. W. Würth
   vom 4.8.1977 hat Robert Eugster von Dr. W. Würth 123 Bootsplätze gemäss

    Liste gemietet. Aufgrund dieses Vertrags hat Robert Eugster bisher 123

    Plätze untervermietet. Er hat bei einigen Mietern den Mietzins für die

    Saison 1979 bereits eingezogen. Um zu verhindern, dass gewisse
Mieter den

    Mietzins für 1979 allenfalls doppelt bezahlen müssen (falls die
dinglich
   wirksame Vormerkung des Mietvertrags Eugster/Würth mit der Steigerung
   entfällt), werden jene Mietverträge für die Saison 1979, für die gewisse

    Mieter den Zins bereits an Robert Eugster bezahlt haben, dem
Ersteigerer
   für das Jahr 1979 überbunden."

    Die Liegenschaft wurde am 8. Dezember 1978 von der Rappi AG nach
erfolgtem Doppelaufruf ohne die in den Steigerungsbedingungen erwähnte
Last der Vormerkung des Mietvertrags zum Preis von 8,6 Millionen
Franken ersteigert. In der Folge bestritt die Rappi AG die Gültigkeit
des Mietvertrags vom 4. August 1977 und forderte von Robert Eugster die
seit dem 16. Februar 1976 vorgenommenen Inkassi von Bootsplatzmieten
zurück. Über die von Eugster am 5. Dezember 1978 für das Jahr 1979 an
Theo Heuberger vermieteten 60 Bootsplätze verfügte sie auf eigene Rechnung.

    B.- Am 12. Juni 1981 stellte Robert Eugster bei der Konkursverwaltung
das Begehren, der Zuschlag bezüglich der Liegenschaft "Weisses Haus"
sei in Anwendung von Art. 143 SchKG und Art. 63 VZG wegen Nichterfüllung
von Steigerungsbedingungen beziehungsweise ausgewiesenem Zahlungsverzug
aufzuheben; demzufolge sei sofort eine neue Steigerung anzuordnen. Die
Konkursverwaltung wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 11. August 1981
ab. Gegen diese Verfügung beschwerte sich Robert Eugster bei der kantonalen
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons St. Gallen;
seine Beschwerde wurde jedoch mit Entscheid vom 21. Januar 1982 abgewiesen,
soweit darauf einzutreten war.

    C.- Mit dem vorliegenden Rekurs an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts verlangt Robert Eugster erneut die
Aufhebung des Zuschlags der Liegenschaft "Weisses Haus" an die Rappi AG
und die Anordnung einer neuen Steigerung.

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 143 Abs. 1 SchKG, der gemäss Art. 259 SchKG auch
im Konkurs Anwendung findet, wird die Übertragung der versteigerten
Liegenschaft rückgängig gemacht und sofort eine neue Steigerung angeordnet,
wenn die Zahlung nicht rechtzeitig erfolgt. Wie das Bundesgericht bereits
in BGE 30 I 177 und 856/857 entschieden hat, liegt ein Zahlungsverzug
im Sinne dieser Bestimmung nur vor, wenn der Ersteigerer die Bezahlung
einer dem Betreibungs- beziehungsweise dem Konkursamt zu leistenden
Summe verweigert. Dazu gehören der Zuschlagspreis, soweit er nach den
Steigerungsbedingungen bar zu bezahlen ist, aber auch die dem Ersteigerer
überbundenen Kosten. Ein Verzug in der Erfüllung einer dem Ersteigerer
überbundenen Verpflichtung gegenüber Drittpersonen hat dagegen nicht die
Aufhebung des Zuschlags zur Folge; Ansprüche gegen den Ersteigerer aus
solchen Verpflichtungen sind ausserhalb des Betreibungs- beziehungsweise
Konkursverfahrens geltend zu machen (ebenso JAEGER, N. 1 zu Art. 143
SchKG; BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen Schuldbetreibungsrechtes,
S. 474; HÜSLER, Die Steigerungsbedingungen in der Zwangsversteigerung
von Grundstücken, Diss. Bern 1937, S. 65/66).

    Von diesem Grundsatz hat das Bundesgericht in der Folge nur in
BGE 32 I 225 ff. eine Ausnahme gemacht. In jenem Fall hatte sich der
Ersteigerer geweigert, die ihm in den Steigerungsbedingungen auferlegte
Handänderungsgebühr zu bezahlen. Die Bezahlung dieser Gebühr bildete aber
die Voraussetzung für die Eintragung des Eigentumsübergangs im Grundbuch;
anderseits konnten die Grundpfandgläubiger nach dem anwendbaren kantonalen
Recht die dem Ersteigerer überbundenen Zinsen nur geltend machen,
wenn dieser als Eigentümer im Grundbuch eingetragen war. Das Konkursamt
hatte deshalb vom Ersteigerer die Hinterlegung der Handänderungsgebühr
innert einer Frist von 10 Tagen verlangt, ansonst der Zuschlag aufgehoben
würde. Das Bundesgericht billigte dieses Vorgehen. Zur Begründung führte
es aus, Art. 143 SchKG wolle dem Amt durch Einräumung der Befugnis, eine
neue Steigerung anzuordnen, ein Mittel in die Hand geben, um gegenüber
dem Ersteigerer wirksam auf richtige und rechtzeitige Erfüllung aller
Verbindlichkeiten dringen zu können, die für den Ersteigerer aus dem
Steigerungsgeschäft entstanden seien und deren Liquidation im betreffenden
Betreibungsverfahren selbst erfolgen müsse. Der Ausdruck "Zahlung" umfasse
also nicht nur die Geldleistungen, welche der Ersteigerer als Erlös, zur
Berichtigung der Kosten usw. dem Amte zu machen habe, sondern auch sonstige
Leistungen, von deren Vornahme die Weiterführung des Verfahrens abhänge,
also gegebenenfalls auch Zahlungen an Dritte. Andernfalls behielte der
Ersteigerer die Möglichkeit, durch Bestreitung der Leistungspflicht der
Betreibung ein Hindernis in den Weg zu legen. Die geforderte gerichtliche
Hinterlegung des streitigen Gebührenbetrags sei nun aber eine Leistung,
deren Erfüllung das Amt vom Ersteigerer verlangen müsse, um das Verfahren
in ordentlicher Weise weiterführen zu können (BGE 32 I 229/230).

Erwägung 2

    2.- Der Rekurrent behauptet nicht, die Ersteigerin sei gegenüber
dem Konkursamt mit der Bezahlung des Zuschlagspreises oder der
Verwertungskosten im Verzug. Er macht vielmehr geltend, sie habe
die ihr in den Steigerungsbedingungen überbundenen Mietverträge
über Bootsplätze nicht gegen sich gelten lassen beziehungsweise die
Vermietung der Bootsplätze auf eigene Rechnung vorgenommen. Diese
angebliche Verletzung einer in den Steigerungsbedingungen überbundenen,
gegenüber einem Dritten bestehenden Verpflichtung lässt sich jedoch nicht
mit der Nichtleistung der Handänderungsgebühr im erwähnten Entscheid
vergleichen, ohne deren Bezahlung der Eigentumsübergang im Grundbuch
nicht eingetragen werden konnte. Die Weiterführung des vorliegenden
Konkursverfahrens hängt in keiner Weise davon ab, ob die Ersteigerin die
ihr überbundenen Verpflichtungen gegenüber den Mietern der Bootsplätze
erfülle oder nicht. Wenn der Rekurrent glaubt, aus der Überbindung der
Mietverträge Ansprüche gegen die Ersteigerin zu haben, so kann er sie beim
Richter einklagen. Es besteht keinerlei Anlass, deswegen den bereits vor
drei Jahren erfolgten Zuschlag aufzuheben und eine neue Versteigerung
anzuordnen, die möglicherweise weniger einbringen würde. Ein solches
Vorgehen läge auch nicht im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger. Zur
Sicherung individueller Interessen Dritter kann aber Art. 143 Abs. 1 SchKG
nicht dienen, auch wenn sie mit dem Konkursverfahren zusammenhängen. Würde
man anders entscheiden, so könnte auch dann, wenn der Ersteigerer seine
Verpflichtungen gegenüber den Gläubigern der überbundenen Pfandforderungen
nicht erfüllt, die Aufhebung der Versteigerung verlangt werden, selbst
wenn diese schon Jahre zurückliegt. Das würde jedoch eine ordentliche
Verwertung von Grundstücken unmöglich machen und kann nicht der Sinn des
Gesetzes sein.

    Der Umstand, dass der Rekurrent selbst Konkursgläubiger ist und dass
sich die Höhe seiner Konkursforderung nach seiner Darstellung um den Betrag
der von ihm für die untervermieteten Bootsplätze einkassierten Mietzinse
vermindert, kann zu keinem andern Ergebnis führen. Die Auseinandersetzung
mit der Ersteigerin hat deswegen nicht innerhalb des Konkursverfahrens
zu erfolgen. Der Streit zwischen dem Rekurrenten und der Ersteigerin
bildet auch kein Hindernis für die Fortsetzung des Konkursverfahrens,
selbst wenn es zutreffen sollte, dass die Höhe der Konkursforderung
des Rekurrenten von seinem Ausgang abhängt. Einer allfälligen Änderung
des Forderungsbetrags könnte ohne weiteres Rechnung getragen werden,
sei es in der Verteilungsliste, sei es durch nachträgliche Kollokation
der wiederauflebenden Forderung im Falle einer erfolgreichen Anfechtung
der Mietzinsbezüge durch die Ersteigerin. Diese denkbaren Komplikationen
rechtfertigen es nicht, das Konkursverfahren praktisch auf den Stand vom
8. Dezember 1978 zurückzuversetzen.

Erwägung 3

    3.- Die Vorinstanz hat das Begehren des Rekurrenten um Aufhebung
des Zuschlags somit zu Recht abgewiesen. Ob die Ersteigerin die ihr
in den Steigerungsbedingungen überbundenen Verpflichtungen gegenüber
dem Rekurrenten verletzt habe oder nicht, kann unter diesen Umständen
dahingestellt bleiben. Auf die entsprechenden Ausführungen in der
Rekursschrift ist deshalb nicht einzutreten.

Entscheid:

    Demnach erkennt die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer:

    Der Rekurs wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.