Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 III 10



108 III 10

5. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 8.
Februar 1982 i.S. Bachmann (Rekurs) Regeste

    Lohn- bzw. Verdienstpfändung.

    Die Betreibungsbehörden haben die Einkommensverhältnisse des Schuldners
im Zusammenhang mit einer Lohn- oder Verdienstpfändung von Amtes wegen
abzuklären. Dies gilt nicht, wenn der Schuldner im Beschwerdeverfahren
prozessual unzulässige Noven vorbringt (E. 3).

    Bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens ist auf die Umstände im
Zeitpunkt der Vornahme der Einkommenspfändung abzustellen. Nachträglichen
Änderungen der Verhältnisse ist mit einer Revision der Pfändung Rechnung
zu tragen (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Rechtsanwalt Roger Girod und die Techno Basel AG betreiben Walter
Bachmann für Forderungen von insgesamt Fr. 1'200.--. Mit Verfügung vom
24. Juli 1981 pfändete das Betreibungsamt Bertschikon das monatliche
Erwerbseinkommen des Schuldners, soweit es dessen Existenzminimum
von Fr. 850.-- übersteigt. Der Schuldner focht diese Verfügung mit
einer Beschwerde bei der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde über
Schuldbetreibung und Konkurs an und beantragte, sein monatliches
Existenzminimum sei neu auf Fr. 1'160.-- festzusetzen. Die Beschwerde
wurde am 2. Oktober 1981 abgewiesen.

    Gegen diesen Beschluss erhob der Schuldner Rekurs an die obere
kantonale Aufsichtsbehörde und verlangte die Festsetzung seines
Notbedarfs auf Fr. 1'340.-- monatlich. Der Rekurs wurde am 14. Januar
1982 abgewiesen, soweit darauf einzutreten war.

    Hiegegen führt Walter Bachmann Rekurs an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts mit dem Antrag, sein Existenzminimum
auf Fr. 1'340.-- pro Monat festzusetzen. Die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer weist den Rekurs ab, soweit darauf einzutreten ist.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Vorinstanz ist in zutreffender Weise davon ausgegangen, dass
die Betreibungsbehörden bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens die
massgebenden tatsächlichen Verhältnisse von Amtes wegen abzuklären haben
(BGE 107 III 2 und 106 III 13). Zu den Betreibungsbehörden gehören der
Betreibungsbeamte und die kantonale Aufsichtsbehörde. Besteht die kantonale
Aufsichtsbehörde jedoch aus zwei Instanzen, so folgt aus Art. 17 SchKG,
dass vor der obern Aufsichtsbehörde eine Verfügung nur insoweit angefochten
werden kann, als sie nicht mangels Anfechtung durch Beschwerde an die
untere Instanz rechtskräftig geworden ist (BGE 82 III 149). Im vorliegenden
Fall hat der Rekurrent im Verfahren vor der oberen Aufsichtsbehörde
neu vorgebracht, bei der Berechnung seines Existenzminimums seien die
Kosten für das Telefon, für die Arbeitskleider und deren Reinigung,
für den Strom in der Werkstatt, für die Kehrichtabfuhr, das Wasser und
das Auto nicht berücksichtigt worden. Wenn die Vorinstanz auf diese
neuen Vorbringen mit der Begründung nicht eingetreten ist, sie würden
nach kantonalem Prozessrecht eine unzulässige Klageänderung darstellen,
so hat sie mit dieser Argumentation nicht gegen Bundesrecht verstossen
(vgl. auch BGE 100 Ia 129 E. 6). Anders wäre die Rechtslage, wenn der
Rekurrent diese Vorbringen bereits vor der unteren Aufsichtsbehörde geltend
gemacht hätte. Diese wäre nach dem Ausgeführten verpflichtet gewesen,
die Behauptungen des Rekurrenten von Amtes wegen abzuklären.

Erwägung 4

    4.- In der vorliegenden Rekursschrift wiederholt der Rekurrent die
im Verfahren vor Obergericht neu erhobenen Einwände. Diese sind auch
vor Bundesgericht nicht zu hören, da der Rekurrent bereits im kantonalen
Verfahren, d.h. vor der unteren kantonalen Aufsichtsbehörde, Gelegenheit
gehabt hätte, sie anzubringen (Art. 79 Abs. 1 OG).

    Im weitern macht der Rekurrent geltend, die tatsächlichen
Verhältnisse hätten sich insofern geändert, als seine drei Söhne nicht
mehr mit ihm zu Hause essen würden und er sein Essen selber kaufen und
zubereiten müsse, weshalb ein entsprechender Abzug an seinem Notbedarf
nicht mehr gerechtfertigt sei. Massgebend für die Beurteilung der
Einkommensverhältnisse des Schuldners und der Pfändbarkeit seines Erwerbes
ist indessen der Zeitpunkt der Pfändung (BGE 102 III 16). Nachträgliche
Änderungen in den tatsächlichen Verhältnissen hat der Schuldner nicht
auf dem Beschwerdewege, sondern mit einem Gesuch um Revision der
Einkommenspfändung beim Betreibungsamt geltend zu machen.

    Der Rekurrent wirft dem Betreibungsbeamten vor, er habe ihn nicht
pflichtgemäss eingeschätzt, er habe seine Vorbringen gar nicht beachtet
und deshalb pflichtwidrig gehandelt. Diese Rügen sind aber zu allgemein
gehalten und nicht genügend substantiiert. Dem angefochtenen Entscheid
ist vielmehr zu entnehmen, dass der Rekurrent weder dem Betreibungsamt
noch der unteren Aufsichtsbehörde die zum Beweis seiner Vorbringen
verlangten Belege eingereicht hat. Er muss sich daher damit abfinden,
dass der Betreibungsbeamte die Höhe der Miete und der Heizkosten nach
seinem Ermessen in den Notbedarf eingesetzt hat. Dass er dabei sein
Ermessen überschritten oder missbraucht hätte, ergibt sich weder aus der
vorliegenden Rekursschrift noch aus den Akten. Der Rekurs erweist sich
daher als unbegründet, soweit auf ihn überhaupt eingetreten werden kann.