Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IB 209



108 Ib 209

37. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 8. Oktober 1982 i.S. Q. gegen Eidg. Finanz- und Zolldepartement
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Angestelltenordnung: Kündigung des Probeverhältnisses.

    Wann ist die Kündigung des Dienstverhältnisses gemäss Art. 8 Abs. 2
AngO begründet?

    Sinngemässe Anwendung dieser Grundsätze auf die Kündigung des
Probeverhältnisses.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Angestellte im Probeverhältnis ist ein Bediensteter, der sich
vorerst über Fähigkeit und Eignung auszuweisen hat (Art. 3 Abs. 4, 1.
Satz der Angestelltenordnung; SR 172.221.104; AngO). Soweit für den
Angestellten im Probeverhältnis keine spezielle Regelung gilt, sind die
Bestimmungen über den Angestellten massgebend (Art. 3 Abs. 1 AngO). Was
die Beendigung des Dienstverhältnisses betrifft, kann das öffentliche
Anstellungsverhältnis nach Art. 8 Abs. 2 AngO von beiden Seiten nur unter
Angabe der Gründe gekündigt werden. Welche Tragweite das Erfordernis
der Begründung im Falle der Kündigung seitens des Angestellten hat,
braucht hier nicht untersucht zu werden. Jedenfalls darf die Verwaltung
das öffentlichrechtliche Anstellungsverhältnis nur kündigen, wenn sie
sich auf triftige Gründe stützen kann. Ob solche Gründe bestehen, muss
im Beschwerdeverfahren überprüft werden können; denn andernfalls wäre die
Vorschrift, dass die Verwaltung im Kündigungsschreiben die Gründe angeben
muss, kaum verständlich und hätte die Ordnung, welche dem Angestellten
die Weiterziehung der von der Verwaltung ausgesprochenen Kündigung auf dem
Beschwerdeweg bis ans Bundesgericht ermöglicht, wenig Sinn (BGE 97 I 544).

    Es stellt sich die Frage, was triftige Gründe sind, und wieweit die
Beschwerdeinstanz und insbesondere das Bundesgericht das Vorliegen
solcher Gründe im einzelnen prüfen kann. Die AngO enthält keine
näheren Bestimmungen über die Gründe, aus denen die Verwaltung ein
Anstellungsverhältnis kündigen darf. Der Entscheid darüber, ob eine
Kündigung angezeigt ist, ist dem Ermessen der Behörde überlassen. Die
Verwaltung ist in dieser Beziehung nicht weniger frei als beim Entscheid
über die Erneuerung des Dienstverhältnisses des Beamten gemäss Art. 57
BtG, der ausdrücklich bestimmt, dass die Wahlbehörde hierüber nach freiem
Ermessen befindet. Die Behörde hat aber ihr Ermessen beim Entscheid über
die Kündigungsfrage wie in jedem anderen Bereich pflichtgemäss auszuüben.
Ein wichtiger Grund im Sinne des Art. 77 AngO, d.h. ein Umstand, der
die fristlose Entlassung des Angestellten rechtfertigen würde, braucht
nicht nachgewiesen zu sein. Es muss genügen, dass die Kündigung sich im
Rahmen des der Verwaltung zustehenden Ermessens hält und angesichts der
Leistungen und des Verhaltens des Bediensteten sowie der personellen
und sonstigen betrieblichen Gegebenheiten als vertretbare Massnahme
erscheint. Nur sachlich nicht haltbare, willkürliche Kündigungen seitens
der Verwaltung sind im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren
aufzuheben. Das Bundesgericht prüft, ob die Verwaltung das ihr von
der AngO hinsichtlich der Kündigung eingeräumte Ermessen überschritten
oder missbraucht habe. Zu einer eigentlichen Ermessenskontrolle ist es
auf diesem Gebiete nicht befugt; denn hier liegt keiner der Fälle vor,
in denen nach Art. 104 lit. c OG die Rüge der Unangemessenheit zulässig
ist; insbesondere handelt es sich nicht um eine Disziplinarstrafe im
Sinne der Ziff. 2 dieser Bestimmung (BGE 99 Ib 136 f.). Weiter prüft
das Bundesgericht ohne Beschränkung der Kognition, ob der einer Kündigung
zugrundegelegte und für diesen Entscheid bedeutsame Sachverhalt unrichtig
oder unvollständig festgestellt worden ist (Art. 104 lit. b OG).

    Diese Grundsätze sind auch im Falle des Probeverhältnisses zu
beachten, das gemäss Art. 3 Abs. 4 AngO dazu dient, die Fähigkeit und
die Eignung eines Bediensteten zu erproben. Immerhin dürfen hinsichtlich
der Gründe, aus denen die Verwaltung dieses schon seiner Natur nach
lockere Verhältnis kündigen darf, keine strengen Anforderungen gestellt
werden. Die Kündigung des Probeverhältnisses durch die Verwaltung
muss namentlich zulässig sein, wenn die Annahme, dass der Ausweis der
Fähigkeit oder der Eignung des Angestellten nicht erbracht ist oder
voraussichtlich nicht erbracht werden kann, auf Grund der Wahrnehmungen
der Vorgesetzten hinlänglich gerechtfertigt erscheint. Es entspricht dem
Charakter des Probeverhältnisses, dass der Verwaltung in dieser Hinsicht
ein weiter Beurteilungsspielraum belassen wird (BGE 97 I 540 E. 5;
vgl. auch JUD, Besonderheiten öffentlichrechtlicher Dienstverhältnisse
nach schweizerischem Recht, insbesondere bei deren Beendigung aus
nichtdisziplinarischen Gründen, Diss. Freiburg, St. Gallen 1975,
S. 174 f.).