Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IB 157



108 Ib 157

30. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
7. Mai 1982 i.S. Tschudin gegen Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 105 Abs. 2 Landwirtschaftsgesetz; Verjährung von
Rückerstattungsansprüchen.

    Die einjährige Frist gemäss Art. 105 Abs. 2 LWG beginnt erst mit der
Kenntnis des Rückerstattungsanspruches durch die zuständigen Bundesstellen,
auch wenn der Vollzug den kantonalen Behörden übertragen ist.

Sachverhalt

    A.- Im November 1958 erhielt Ernst Tschudin-Äberhard an die Kosten
einer Stallsanierung Beiträge des Bundes und des Kantons Basel-Landschaft
von je 8'250 Franken, insgesamt somit 16'500 Franken. Bei einem Landverkauf
im Jahre 1968 zahlte er davon 66 Franken zurück.

    Am 31. März 1973 gab Ernst Tschudin-Äberhard die Rindviehhaltung
auf. In den Rindviehstall baute er Pferdeboxen ein, die er seit dem
1. Juli 1973 vermietet.

    Mit Verfügung vom 7. Juli 1978 forderte die Landwirtschaftsdirektion
des Kantons Basel-Landschaft von Ernst Tschudin-Äberhard wegen der
Zweckänderung des Stalles die Rückerstattung der Subventionen von
insgesamt 16'434 Franken. Diesen Betrag reduzierte sie am 12. März 1979
auf 12'310 Franken 50 Rappen, weil sich herausgestellt hatte, dass nur
für den Rindviehstall nicht jedoch für den Schweinestall eine dauernde
Zweckentfremdung vorlag.

    Am 24. Juli 1979 wies der Regierungsrat des Kantons
Basel-Landschaft eine Beschwerde Ernst Tschudin-Äberhards ab. Der
Regierungsrat verneinte insbesondere, dass die Rückforderung der
Stallbau-Beiträge verjährt sei. Gegen diesen Entscheid erhebt Ernst
Tschudin Verwaltungsgerichtsbeschwerde, soweit die Rückerstattung des
Bundesbeitrages angeordnet wird. Er macht im wesentlichen geltend, der
Anspruch sei verjährt. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Zu Unrecht bezogene Beiträge des Bundes sind nach Art.
105 des Landwirtschaftsgesetzes (LWG) zurückzuerstatten. Der Anspruch
auf Rückerstattung verjährt gemäss Art. 105 Abs. 2 LWG mit Ablauf eines
Jahres, nachdem die zuständigen Bundesstellen von ihm Kenntnis erhalten
haben, in jedem Fall aber nach Ablauf von zehn Jahren seit der Entstehung
des Anspruches. Die Verjährung wird nach Art. 105 Abs. 3 LWG durch jede
Einforderungshandlung unterbrochen. Diese Bestimmungen gelten gemäss
Art. 105 Abs. 4 LWG auch für Rückerstattungsforderungen im Abschnitt
Bodenverbesserungen (Art. 77 bis 94 LWG).

    a) Die Verjährungsbestimmungen des Art. 105 LWG wurden am
14. Dezember 1973 in das LWG eingefügt und stehen seit dem 1. Mai 1974
in Kraft (AS 1974, S. 771/774). Der Gesetzgeber wollte mit diesen
Verjährungsvorschriften im Interesse der Rechtssicherheit die frühere
Lücke schliessen und überdies klarstellen, dass er die nun geltende
Regelung das heisst eine einjährige (relative) Verjährungsfrist seit
Kenntnis des Anspruches verbunden mit einer (absoluten) zehnjährigen
Frist seit Entstehung des Rückerstattungsanspruches als sachlich richtig
erachte (vgl. Botschaft des Bundesrates in BBl 1973 I 1543). Die neu ins
Gesetz aufgenommene Verjährungsregelung gilt auch für früher entstandene
Ansprüche, soweit diese im Zeitpunkt des Inkrafttretens nicht bereits
verjährt waren (vgl. BGE 97 I 629 E. 6c mit Verweisen). Sie ist daher auf
die umstrittene Rückforderung der Bundessubvention anwendbar, auch wenn
die subventionierte Stallbaute bereits vor Inkrafttreten der geltenden
gesetzlichen Regelung ihrem Zwecke entfremdet wurde.

    b) Eine mit Bundesbeiträgen erstellte Hochbaute darf innert 20 Jahren
seit der Entrichtung der Beiträge dem Zweck, für den sie geleistet
wurden, nicht entfremdet werden (Art. 85 Abs. 1 in Verbindung mit
Art. 84 LWG). Der Eigentümer, der diese Vorschrift verletzt, hat die vom
Bund geleisteten Beiträge zurückzuerstatten (Art. 85 Abs. 2 LWG). Der
Eigentümer der subventionierten Baute ist somit verpflichtet, diese
während der ganzen Dauer des zwanzigjährigen Zweckentfremdungsverbotes
dem Subventionszweck entsprechend zu verwenden. Art. 85 LWG gebietet ihm
insofern ein dauerndes Verhalten. Der Rückerstattungsanspruch im Sinne
von Art. 85 Abs. 2 LWG wird dennoch nicht an den Zustand zweckwidriger
Verwendung der Baute geknüpft; er entsteht vielmehr mit der Verletzung
des Zweckentfremdungsverbotes, das heisst mit einer Zweckänderung,
die als Zweckentfremdung anzusehen ist. Würde anders entschieden,
und etwa im Sinne der Stellungnahme des Eidg. Meliorationsamtes an
die kantonale Landwirtschaftsdirektion vom 29. Mai 1979 angenommen, der
Beginn der Verjährung sei während der Dauer des Zweckentfremdungsverbotes
ausgeschlossen, so würde die Rückerstattungsforderung bis zum Ablauf
des Zweckentfremdungsverbotes überhaupt nicht verjähren, obwohl sie
nach Bestand und Höhe feststeht, sobald die Zweckentfremdung eingetreten
ist. Dieser Aufschub des Verjährungsbeginnes hätte praktisch zur Folge,
dass die Dauer der Verjährungsfrist im Einzelfall davon abhinge, wie
lange das Zweckentfremdungsverbot nach der Vornahme der Zweckänderung
noch andauert, und müsste dazu führen, dass die Verjährungsfrist in
einzelnen Fällen zehn Jahre ganz erheblich übersteigen könnte. Dies wäre
mit den Interessen der Rechtssicherheit und dem an einheitlichen Fristen
orientierten Institut der Verjährung unvereinbar.

    Im vorliegenden Fall wird der zum Zwecke der Rindviehhaltung
subventionierte Stall vom Beschwerdeführer seit Mitte 1973 als Pferdestall
verwendet. Der Rückerstattungsanspruch des Bundes entstand daher im Jahre
1973; er ist innerhalb der zehnjährigen Frist geltend gemacht worden. Es
kann sich nur fragen, ob die Verjährung eingetreten sei, weil mit der
Geltendmachung länger als ein Jahr nach Kenntnis zugewartet wurde.

    c) Der Anspruch auf Rückerstattung verjährt gemäss Art. 105 LWG
mit Ablauf eines Jahres, nachdem die zuständigen Bundesstellen von
ihm Kenntnis erhalten haben. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die
Kenntnis der Bundesbehörden im Sinne des Gesetzes könne nicht unabhängig
von der Kenntnisnahme durch die zuständigen kantonalen Behörden Bedeutung
erlangen. Er begründet diese Auffassung im wesentlichen damit, dass
die kantonalen Stellen am Vollzug beteiligt und namentlich nach Art. 57
Abs. 1 der Bodenverbesserungsverordnung zur Berichterstattung an den Bund
verpflichtet seien.

    aa) Nach Art. 54 Abs. 1 der Verordnung über die Unterstützung
von Bodenverbesserungen und landwirtschaftlichen Hochbauten vom
14. Juni 1971 (Bodenverbesserungs-Verordnung in SR 913.1) verfügt
der Kanton gegenüber dem Werkeigentümer die Rückerstattung des
Bundesbeitrages. Nötigenfalls verfügt das Eidgenössische Meliorationsamt
gegenüber dem Kanton die Rückerstattung des Bundesbeitrages (Art. 54
Abs. 4 Bodenverbesserungs-Verordnung). Der rückerstattungspflichtige
Subventionsempfänger tritt bei dieser Vollzugsregelung nicht in direkten
Kontakt mit den Bundesbehörden. Soweit diese an der Anordnung der
Rückerstattung beteiligt sind, wirken sie am Entscheid der kantonalen
Behörden mit (vgl. Art. 55 Bodenverbesserungs-Verordnung), während die
Verfügungen gegenüber dem Rückerstattungspflichtigen von den zuständigen
kantonalen Behörden erlassen werden. Dieser Vollzugsregelung würde es
zwar möglicherweise besser entsprechen, wenn auch für den Beginn der
Verjährungsfrist nicht die Kenntnis der zuständigen Behörden des Bundes,
sondern diejenige der verfügenden kantonalen Behörde massgebend wäre. Dies
vermag jedoch nichts daran zu ändern, dass das Gesetz im Gegensatz zu
andern Erlassen des Bundes (wonach zum Teil die Kenntnis der "zuständigen
Organe" genügt, vgl. etwa Art. 12 Abs. 2 des Bundesbeschlusses über
die inländische Zuckerwirtschaft vom 23. März 1979 in SR 916.114.1,
Art. 45 Abs. 2 des Tierseuchengesetzes vom 1. Juli 1966 in SR 916.4)
den Beginn der relativen Verjährungsfrist ausdrücklich von der Kenntnis
der Zweckentfremdung durch die zuständige Bundesbehörde abhängig macht
und damit offenbar dem Umstand Rechnung tragen will, dass in erster
Linie die Bundesbehörden über die Verwendung der Bundessubventionen zu
wachen haben. Diese vom Bundesgesetzgeber getroffene Ordnung ist für das
Bundesgericht verbindlich (Art. 113 Abs. 3 BV).

    bb) Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann die
Kenntnis der kantonalen Behörden auch nicht deshalb als Kenntnis der
Bundesstellen im Sinne von Art. 105 LWG fingiert werden, weil Art. 57
der Bodenverbesserungs-Verordnung die Kantone verpflichtet, dem Bund
jährlich bis zum 30. Juni über die im Vorjahre gemäss den Artikeln 85
und 86 des Landwirtschaftsgesetzes erteilten Bewilligungen sowie über die
festgestellten Zweckänderungen ohne Bewilligung Bericht zu erstatten. Diese
Meldung der kantonalen Behörden hat unter anderem die Berechnung der
zurückgeforderten Beiträge zu umfassen (Art. 57 Abs. 1 lit. c), wobei
gleichzeitig die zurückzuerstattenden Beiträge dem Bund zu überweisen sind
(Art. 57 Abs. 2). Die Meldung setzt daher voraus, dass die Rückerstattung
von den kantonalen Behörden bereits verfügt worden ist. Sie hat somit
nicht wie etwa die Meldung der Vernachlässigung von Bewirtschaftungs- und
Unterhaltspflichten (Art. 59 bis 61 der Bodenverbesserungs-Verordnung) zum
Zweck, den zuständigen Bundesbehörden den Entscheid über die Anordnung der
Rückerstattung zu ermöglichen. Eine allfällige Verletzung der Meldepflicht
im Sinne von Art. 57 der Bodenverbesserungs-Verordnung vermag daher den
Beginn der einjährigen Verjährungsfrist nicht herbeiführen.

    Der Beschwerdeführer behauptet im übrigen nicht, die zuständige
kantonale Behörde habe im vorliegenden Fall die Meldung im Sinne von
Art. 57 der Bodenverbesserungs-Verordnung unterlassen, um den Beginn der
Verjährungsfrist hinauszuzögern. Ein derartiges Verhalten ergibt sich auch
aus den Akten nicht. Es kann daher offen bleiben, ob in einem solchen
Fall die Verjährung trotz fehlender Kenntnis der Zweckentfremdung durch
die zuständigen Bundesstellen eintreten könnte.

    cc) Aus der Vernehmlassung des Eidgenössischen
Volkswirtschaftsdepartementes ergibt sich, dass das Eidg. Meliorationsamt
im vorliegenden Fall vom Rückerstattungsanspruch erst im November 1978
Kenntnis erhielt. Die einjährige Frist im Sinne von Art. 105 Abs. 2 LWG
hatte daher im Zeitpunkt der Rückerstattungsverfügung der kantonalen
Landwirtschaftsdirektion noch nicht begonnen und die Verjährung konnte
deshalb nicht eintreten.