Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 108 IA 234



108 Ia 234

44. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10.
November 1982 i.S. Jenni und Vögeli gegen Grosser Rat des Kantons Bern
(staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 6b bern. KV; Art. 85 lit. a OG; Finanzreferendum, elektronische
Datenverarbeitung.

    1. Ausgabenbeschluss (E. 2b).

    2. Begriff der gebundenen Ausgabe (E. 3b), im Kanton Bern (E. 3c).

    3. Elektronische Datenverarbeitung:
   a) Gehört sie zum normalen Gang der Verwaltung (E. 5a)?

    b) Steht der entscheidenden Behörde für die Durchführung eine
verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit zu (E. 5)?

    4. Anforderungen an einen Grunderlass, mit welchem die daraus folgenden
Aufwendungen gebilligt werden (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Im Jahre 1970 wurde die Firma Bernische Datenverarbeitung AG
(BEDAG) mit einem Grundkapital von Fr. 90'000.-- gegründet. Der Kanton
Bern ist stark überwiegender Mehrheitsaktionär. Der Gründung lag ein
Kreditbewilligungsbeschluss des Grossen Rates vom 7. September 1970
zugrunde, der wie folgt lautete:

    "Der Regierungsrat wird ermächtigt, mit einer zu gründenden

    Aktiengesellschaft einen Vertrag über die Benützung eines

    Datenverarbeitungssystems IBM 360-65 abzuschliessen. Hierzu wird eine
   jährliche Ausgabe von Fr. 1'000'000.-- bewilligt, erstmals für das Jahr

    1972."

    Indessen stiegen die Aufwendungen des Staates für die Bezahlung
von Computerleistungen an die BEDAG bis 1981 auf jährlich rund sieben
Millionen Franken an. Raummangel, Sicherheitsgründe und die fortschreitende
Entwicklung der Technik veranlassten den Kanton Bern und die BEDAG,
nach neuen Lösungen zu suchen.

    Sie regelten deshalb in einem neuen Vertrag vom 17. September 1981
ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung,
so dass die BEDAG ein Rechenzentrum betreibt und als einzige neben
automatischen Kleinanlagen für den Kanton die Informationsverarbeitung
durchführt. Die EDV-Anwendungen werden vom Kanton entwickelt und von
der BEDAG verarbeitet. Der Kanton stellt der BEDAG das Personal für den
Betrieb des Rechenzentrums zur Verfügung. Dieses Personal untersteht
dem Beamtenstatut der bernischen Staatsverwaltung. Die BEDAG vergütet
dem Kanton den Personaleinsatz und bezahlt die Inanspruchnahme von
Infrastruktur. Der Kanton bezahlt der BEDAG die Computerleistung. Die
politische Kontrolle erfolgt dadurch, dass die Mehrheit der Mitglieder des
Verwaltungsrates der BEDAG vom Kanton Bern bestimmt wird; ferner steht
dem Regierungsrat das Recht zu, diese Staatsvertreter zu instruieren,
und es ist ihm der Geschäftsbericht zur Kenntnis zu bringen.

    Mit einem weiteren Vertrag vom gleichen Tage räumte der Kanton Bern
der BEDAG für die Errichtung eines Rechenzentrums ein Baurecht an einer
kantonalen Liegenschaft auf die Dauer von 100 Jahren ein, unter Festsetzung
einer jährlichen Grundrente von Fr. 281'680.--. Beide Verträge wurden
vom Regierungsrat und dem Grossen Rat genehmigt und dem fakultativen
Referendum nicht unterstellt.

    Gestützt auf Art. 85 lit. a OG führen Daniele Jenni und Lukas
Vögeli staatsrechtliche Beschwerde unter anderem gegen den Beschluss
des Grossen Rates des Kantons Bern vom 19. November 1981 betreffend der
Zusammenarbeit des Kantons mit der BEDAG, soweit damit das fakultative
Referendum ausgeschlossen worden ist.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 6 Ziff. 4 der bernischen Kantonsverfassung (KV)
unterliegen der Volksabstimmung die Beschlüsse des Grossen Rates, welche
für den gleichen Gegenstand eine neue, nicht gebundene Gesamtausgabe von
mehr als zehn Millionen Franken zur Folge haben; jährlich wiederkehrende
Ausgaben, die einer fortgesetzten Aufgabe oder einer ständigen Einrichtung
dienen, werden nicht zusammengerechnet (obligatorisches Referendum). Nach
Art. 6b KV unterliegen ferner der Volksabstimmung auf Begehren von 5000
Stimmberechtigten diejenigen Beschlüsse des Grossen Rates, welche für den
gleichen Gegenstand eine Gesamtausgabe von mehr als einer Million Franken
zur Folge haben (fakultatives Referendum). Über Erwerb und Veräusserung
von Grundstücken im Betrage von mehr als Fr. 200'000.-- entscheidet
nach Art. 26 Ziff. 12 KV der Grosse Rat endgültig; das Referendum ist
dort ausgeschlossen.

    b) Der Beschluss des Grossen Rates vom 19. November 1981 betreffend
die Genehmigung des Vertrages über die Zusammenarbeit zwischen dem
Kanton Bern und der BEDAG vom 17. September 1981 ist kein formeller
Ausgabenbeschluss. Das bedeutet indessen nicht, dass er nicht Gegenstand
eines Referendums bilden könnte. Wird er rechtskräftig, so werden dem
Kanton Bern aus dessen Vollzug unbestrittenermassen jährliche Ausgaben von
mindestens sieben Millionen Franken erwachsen. Der Genehmigungsbeschluss
des Grossen Rates, der die Schuldpflicht des Kantons auslöst, ist daher
einem Ausgabenbeschluss gleichzusetzen (Urteil des Bundesgerichts vom
4. Oktober 1978, veröffentlicht in ZBl 80/1979, S. 75 E. 3). Damit
fällt er, rein betragsmässig gesehen, klarerweise unter das fakultative
Referendum. Der Grosse Rat und der Regierungsrat des Kantons Bern halten
indessen die Referendumspflicht für nicht gegeben, weil es sich um
gebundene Ausgaben handle. Dieser Standpunkt wird einmal damit begründet,
dass die elektronische Datenverarbeitung heute ein unersetzliches
Arbeitshilfsmittel jeder Staatsverwaltung darstelle; zum andern wird
ausgeführt, der neue Vertrag betreffend Zusammenarbeit mit der BEDAG beruhe
auf dem Grossratsbeschluss vom 7. September 1970 und führe daher nur die
bereits seit zehn Jahren bestehende Lösung weiter. Was den Baurechtsvertrag
betrifft, so anerkennen die Beschwerdeführer, dass Verträge dieser Art
nach Art. 26 Ziff. 12 KV an sich dem Referendum nicht unterstehen. Sie
halten jedoch dafür, dieser Vertrag bilde mit dem Zusammenarbeitsvertrag
eine einheitliche Konstruktion, weshalb auch er in Umgehung des Referendums
zustandegekommen sei.

Erwägung 3

    3.- a) Unabhängig davon, ob eine Ausgabe neu sei oder nicht, bedarf es
nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes dann keiner Volksabstimmung,
wenn die Kompetenz zur Bewilligung von Ausgaben vom Volk an das Parlament
oder an die Regierung delegiert worden ist (BGE 105 Ia 82 ff., E. 4 und
5). Im vorliegenden Fall wird nicht geltend gemacht, es sei eine Delegation
erfolgt. Es ist daher zu prüfen, ob eine neue oder eine gebundene Ausgabe
vorliege. Dabei ist im besonderen zu beachten, dass es hier darum geht,
eine öffentliche Aufgabe durch eine juristische Person des Privatrechtes
erfüllen zu lassen. Es wird zu untersuchen sein, ob und allenfalls in
welchem Umfange diese Tatsache den Entscheid darüber beeinflusst, ob die
Ausgabe als neu zu betrachten sei oder nicht.

    b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes gelten Ausgaben
dann als gebunden und damit nicht als referendumspflichtig, wenn sie
durch einen Rechtssatz prinzipiell und dem Umfange nach vorgesehen
oder zur Erfüllung der gesetzlich geordneten Verwaltungsaufgaben
unbedingt erforderlich sind. Gebunden ist eine Ausgabe ferner,
wenn anzunehmen ist, die Stimmbürger hätten mit einem vorausgehenden
Grunderlass auch die daraus folgenden Aufwendungen gebilligt, falls ein
entsprechendes Bedürfnis voraussehbar war oder falls gleichgültig ist,
welche Sachmittel zur Erfüllung der vom Gemeinwesen mit dem Grunderlass
übernommenen Aufgaben gewählt werden. Es kann also auch dann, wenn
die Frage, "ob" eine mit Ausgaben verbundene Aufgabe zu erfüllen sei,
weitgehend durch den Grunderlass präjudiziert ist, das "wie" wichtig
genug sein, um die Mitsprache des Volkes zu rechtfertigen. Immer dann,
wenn der entscheidenden Behörde in bezug auf den Umfang der Ausgabe, den
Zeitpunkt ihrer Vornahme oder andere Modalitäten eine verhältnismässig
grosse Handlungsfreiheit zusteht, ist eine neue Ausgabe anzunehmen (BGE
105 Ia 84/85, E. 6a; 103 Ia 447; 102 Ia 459 E. 3a; 101 Ia 133 E. 4; 100
Ia 370 E. 3a). In seiner Arbeit "Kantonale Subventionen als Gegenstand
des Finanzreferendums" (in: Festschrift 500 Jahre Solothurn im Bund,
Solothurn 1981, S. 156), erklärt PETER SALADIN diese Rechtsprechung als
grundsätzlich überzeugend. Er bemerkt zwar, die Unterscheidung zwischen
Ausgaben, die durch einen Grunderlass präjudiziert und solchen, die durch
einen Rechtssatz prinzipiell und dem Umfang nach vorgeschrieben seien,
sei nicht unbedingt klar (aaO, S. 153 Fussnote 13). Dieser Kritik kann
eine gewisse Berechtigung nicht abgesprochen werden. Indessen kann hier
die Frage offen bleiben, ob die von der Praxis geschaffene Definition der
gebundenen Ausgaben einer Präzisierung bedürfe, da sich - wie darzulegen
sein wird - für den vorliegenden Fall dadurch nichts ändern würde.

    c) Allerdings besteht kein verbindlicher bundesrechtlicher Begriff
der neuen und gebundenen Ausgaben. Von der dargelegten Begriffsbestimmung
des Bundesgerichtes darf deshalb dort abgewichen werden, wo sich bei der
Auslegung des kantonalen Rechtes oder aufgrund einer feststehenden und
unangefochtenen Rechtsauffassung und Praxis des kantonalen Gesetzgebers
eine andere Betrachtungsweise aufdrängt (BGE 105 Ia 85 E. 6b, 102 Ia
459/460 E. 3a). Indessen wurde im neueren dieser Fälle ausgeführt, es
bestünden keine Hinweise dafür, dass der bernische Verfassungsgeber bei der
Teilrevision der Kantonsverfassung in den Jahren 1969/1970, als in Art. 6
Ziff. 4 erstmals die Begriffe der "neuen" und der "gebundenen" Ausgaben
in den Verfassungstext aufgenommen wurden, von der bundesgerichtlichen
Begriffsbestimmung habe abweichen wollen; im Gegenteil habe der Präsident
der vorberatenden Kommission im Grossen Rat auf diese Rechtsprechung
ausdrücklich Bezug genommen. Diese Feststellungen wurden im vorliegenden
Verfahren nicht in Frage gestellt, so dass es dabei sein Bewenden haben
muss.

Erwägung 4

    4.- Der Regierungsrat vertritt in seiner Vernehmlassung die
Auffassung, der mit dem Einsatz moderner Methoden der Informatik
verbundene Sachaufwand des Staates müsse nach heutiger Auffassung als
sachlich gebunden betrachtet werden; er beruft sich dabei auf das den
Kanton Aargau betreffende Urteil BGE 97 I 820 ff. Tatsächlich ist das
Bundesgericht in jenem Falle mindestens teilweise von einem früheren
Entscheid (BGE 93 I 620 ff.) abgewichen, in dem erklärt worden war,
die Anschaffung einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage sei für
die Stadt Zürich nicht unerlässlich und daher referendumspflichtig. In
BGE 97 I 826 E. 5 wurde demgegenüber ausgeführt, seit dem Erlass
jenes Urteils hätten sich die Verhältnisse erheblich geändert. Die
elektronische Datenverarbeitung (EDV) sei in grösseren Unternehmen der
Privatwirtschaft zum unentbehrlichen Hilfsmittel geworden, und auch die
öffentlichen Verwaltungen sähen sich in zunehmendem Masse veranlasst,
zur EDV überzugehen, um die ihnen übertragenen Aufgaben zuverlässig und
wirtschaftlich erfüllen zu können. Dies gelte insbesondere für den Bund,
aber auch für die Verwaltungen grösserer Kantone und grosser Städte. Ob
gleichwohl an der im Urteil BGE 93 I 620 ff. vertretenen Auffassung
festgehalten werden könne, wurde jedoch schliesslich offengelassen.

Erwägung 5

    5.- a) Selbst wenn man anerkennen wollte, dass die Anschaffung oder
Erneuerung einer EDV-Anlage heute zum normalen Gang der Verwaltung
gehört und somit wegen der Frage des "ob" nicht dem Referendum zu
unterstellen wäre, so rechtfertigt in Fällen der hier vorliegenden Art
doch das "wie" eine Volksabstimmung. Es lässt sich nicht bestreiten,
dass die elektronische Datenverarbeitung vom Staat auch in eigener Regie
durchgeführt werden kann und nicht nur durch eine gemischtwirtschaftliche
Organisation, so dass eine echte Wahlmöglichkeit selbst dann besteht,
wenn man die dritte denkbare Variante, die Vergebung der EDV an private
Firmen, als zu aufwendig ausser Betracht lässt. Der entscheidenden Behörde
steht somit hinsichtlich der Organisation der Datenverarbeitung eine
verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit zu, was nach der vorstehend
dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung zum Finanzreferendum die
Referendumspflicht der Ausgabe begründet (BGE 105 Ia 84/85 mit Hinweisen;
vgl. im übrigen E. 3b). Beide Experten haben den Regierungsrat vor der
Behandlung der Vorlage im Grossen Rat mindestens im Sinne einer Möglichkeit
darauf hingewiesen.
   b) Alles, was der Regierungsrat vor dem Grossen Rat und im
vorliegenden Beschwerdeverfahren zugunsten der gewählten
gemischtwirtschaftlichen Lösung vorgebracht hat, lässt sich vertreten. Es
sind aber keine Argumente ersichtlich, welche einen Staatsbetrieb von
vornherein ausschlössen. Der Finanzdirektor des Kantons Bern hat in seinem
Votum im Grossen Rat die verschiedenen Möglichkeiten selbst erwähnt. Dass
die Durchführung der EDV durch eine Gesellschaft des Privatrechtes nicht
die einzige für ein Staatswesen mittlerer Grösse in Betracht kommende
Möglichkeit ist, folgt schliesslich auch daraus zwingend, dass - soweit
dem Bundesgericht bekannt ist - sowohl die Eidgenossenschaft als auch
die meisten anderen Kantone und die grösseren Städte diese Aufgaben
selbst lösen. Die zweckmässige Beteiligung der Universität und des
Inselspitals (Kantonsspital) an der BEDAG ist kein Hindernis für die
staatliche Organisation. Sowohl die Universität als auch das Inselspital
werden finanziell vom Kanton Bern getragen, so dass nicht einzusehen ist,
weshalb diese Institutionen - falls die Lösung "BEDAG" vom Volke verworfen
werden sollte - nicht veranlasst werden könnten, sich einem staatseigenen
Betrieb gleicher Art anzuschliessen. Dass die fünfprozentige Beteiligung
einer Firma der Privatindustrie für das bernische Datenverarbeitungssystem
unabdingbar wäre, machen der Regierungsrat und der Grosse Rat selbst
nicht geltend.

    c) Es lässt sich auch nicht sagen, es könne dem Stimmbürger
gleichgültig sein, ob die Datenverarbeitung für den Kanton Bern durch den
Staat oder durch eine gemischtwirtschaftliche Organisation erfolge. Die
grundsätzliche Seite dieser Frage stellt einen politischen Entscheid
dar, der - sofern die Referendumsgrenze bei den Ausgaben überschritten
ist - dem Volk zusteht. Zu bemerken ist in diesem Zusammenhang,
dass das Kontrollrecht der vom Volke gewählten Behörden bei der
gemischtwirtschaftlichen Lösung keineswegs identisch ist mit demjenigen,
wie es gegenüber einem Staatsbetrieb ausgeübt werden könnte. Zwar wird
die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungsrates der BEDAG vom Kanton Bern
bestimmt; dem Regierungsrat steht das Recht zu, diese zu instruieren und es
ist ihm der Geschäftsbericht zur Kenntnis zu bringen. Indessen ist nicht
zu verkennen, dass Verantwortlichkeit und politische Kontrolle bei der
gewählten Lösung um eine Stufe nach unten verschoben werden. Für einen
Staatsbetrieb wäre der Regierungsrat unmittelbar verantwortlich und es
stünde dem Grossen Rat die Oberaufsicht zu (Art. 26 Ziff. 7 KV); bei der
gemischtwirtschaftlichen Unternehmung dagegen liegt die unmittelbare
Verantwortung beim Verwaltungsrat, und die politische Aufsicht kann
höchstens dem Regierungsrat zukommen.

    d) Es ist selbstverständlich, dass das Bundesgericht nicht in die
Entscheidungsfreiheit des Kantons Bern eingreifen und vor allem nicht
zum Ausdruck bringen will, die rein staatliche Lösung der gestellten
Aufgabe sei derjenigen über einen gemischtwirtschaftlichen Betrieb
vorzuziehen. Mit den vorstehenden Ausführungen soll einzig dargetan werden,
dass mindestens zwei Varianten ernstlich in Betracht zu ziehen sind. Der
Grosse Rat hat demnach über eine Frage entschieden, die jedenfalls dann
in die Zuständigkeit der Stimmberechtigten fällt, wenn die entsprechenden
Ausgaben nicht aufgrund früherer Entscheide als gebunden zu gelten haben.

Erwägung 6

    6.- a) Der Regierungsrat erblickt die Bindung der Ausgabe
in der ersten Vereinbarung mit der BEDAG vom Jahre 1970, der eine
Kreditbewilligung des Grossen Rates vom 7. September 1970 im Betrage
von jährlich Fr. 1'000'000.-- zugrundelag. Er stützt sich dabei auf
das Urteil BGE 97 I 820 ff. Es ging dort ebenfalls um eine EDV-Anlage,
und zwar um deren Beschaffung durch den Kanton Aargau. Das Bundesgericht
betrachtete damals die Ausgaben für eine neue Anlage dieser Art deshalb
als gebunden, weil der Grosse Rat acht Jahre früher einen Kredit für die
Anschaffung einer ersten, im Zeitpunkt der Behandlung der neuen Vorlage
veralteten EDV-Anlage bewilligt hatte. Es führte aus, jener frühere
Kreditbewilligungsbeschluss hätte vermutlich dem fakultativen Referendum
unterstellt werden müssen. Da dies jedoch nicht geschehen sei und kein
Stimmbürger dagegen staatsrechtliche Beschwerde erhoben habe, müsse
jener Beschluss, auf den faktisch nicht mehr zurückgekommen werden könne,
als von den Stimmbürgern stillschweigend gebilligter Grundsatzentscheid
betrachtet werden. Demnach seien die technisch bedingten Aufwendungen
für den Unterhalt und den Ersatz der Anlage als gebunden und dem
Finanzreferendum nicht unterstehend zu betrachten.

    b) Es ist fraglich, ob bei neuer Prüfung an dieser Rechtsprechung
uneingeschränkt festgehalten werden könnte. Sie erweckt deshalb
gewisse Bedenken, weil den Stimmbürgern zugemutet wird, gegen einen
Parlamentsbeschluss etwas zu unternehmen, der gerade nicht in der Form,
welche für die dem fakultativen Referendum unterliegenden Kreditbeschlüsse
vorgesehen ist, veröffentlicht wurde. Es geht wohl etwas weit, einen
solchen Beschluss in der gleichen Weise als vom Stimmbürger stillschweigend
gebilligt zu betrachten wie einen anderen, der dem fakultativen Referendum
unterstellt worden, aber nicht mit einem solchen angefochten worden ist.
Indessen braucht hierüber nicht entschieden zu werden, da sich der
vorliegende Sachverhalt in einem wesentlichen Punkt von demjenigen
unterscheidet, der dem Urteil BGE 97 I 820 ff. zugrundelag. Hier ging
es im Jahre 1970 um die Bewilligung einer Ausgabe, die unzweifelhaft im
Rahmen der endgültigen Zuständigkeit des Grossen Rates lag (Kreditbetrag:
jährlich Fr. 1'000'000.--; vgl. Art. 6b in Verbindung mit Art. 6 Ziff. 4
KV). Das fakultative Referendum kam daher im vornhinein gar nicht in
Betracht, so dass nicht eingewendet werden kann, die Stimmbürger hätten den
Beschluss stillschweigend genehmigt, da eine staatsrechtliche Beschwerde
nicht erhoben wurde. Auch die seit 1973 bewilligten jährlichen Kredite
von mehr als 1 Million Franken für die Bezahlung der Computerleistungen
an die BEDAG stellen keine Grundsatzentscheide dar, die für spätere
Ausgaben das Referendum ausschliessen. Wie dem Rechtsgutachten von Saladin
entnommen werden kann, war weder aus dem kantonalen Budget noch aus der
Staatsrechnung klar ersichtlich, dass für die BEDAG jährlich mehr als
1 Million Franken ausgegeben wurden. Zudem konnte über den Voranschlag
keine Volksabstimmung verlangt werden (Art. 26 Ziff. 8 KV). Von einer
stillschweigenden Genehmigung der Kreditbeschlüsse kann somit keine
Rede sein. Dass aber als Grunderlass im Sinne der bundesrechtlichen
Rechtsprechung zum Finanzreferendum nur ein solcher in Betracht kommt,
der vom Stimmbürger ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt worden
ist, bedarf keiner weiteren Ausführungen. Andernfalls könnten der
Volksabstimmung unterliegende Kredite unter Umgehung der Referendumsgrenze
aufgespalten werden, was die Institution des Referendums weitgehend
aushöhlen würde (BGE 104 Ia 427).

    c) Ob in rein tatsächlicher Hinsicht ein gewisser Sachzwang bestehe
oder nicht, braucht unter diesen Umständen nicht mehr entschieden zu
werden; denn der Grosse Rat war aufgrund der vorstehenden Darlegungen
mindestens einmal verpflichtet, die wesentliche Frage, ob die staatlichen
Aufwendungen für die EDV über eine gemischtwirtschaftliche Unternehmung
zu leiten seien oder nicht, dem Volke zur Abstimmung zu unterbreiten.