Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 105 V 133



105 V 133

32. Auszug aus dem Urteil vom 25. Juli 1979 i.S. Bundesamt für
Sozialversicherung gegen Eisenring und Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen Regeste

    Art. 43bis Abs. 4 AHVG. Auf die Besitzstandsgarantie kann sich
nicht nur der Hilflose berufen, der bei Erreichen der Altersgrenze eine
Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung bezogen hat, sondern
auch derjenige, der eine solche im Rahmen der Verjährungsvorschrift des
Art. 48 Abs. 2 IVG nachfordern kann.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Art. 43bis Abs. 1 AHVG haben in der Schweiz wohnhafte
Personen, denen eine Altersrente zusteht und die in schwerem Grade hilflos
sind, Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Für den Begriff und die
Bemessung der Hilflosigkeit sind die Bestimmungen des Bundesgesetzes über
die Invalidenversicherung sinngemäss anwendbar (Art. 43bis Abs. 5 AHVG)...

    b) Auf Grund der Besitzstandsgarantie des Art. 43bis Abs. 4 AHVG sind
auch Rentenbezüger anspruchsberechtigt, die bei Entstehung des Anspruchs
auf eine Altersrente eine Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung
wegen bloss leichter oder mittelschwerer Hilflosigkeit bezogen haben oder
im Rahmen der Verjährungsvorschrift des Art. 48 Abs. 2 IVG nachfordern
können. In diesem Fall wird die Hilflosenentschädigung nach Erreichung
der massgeblichen Altersgrenze im bisherigen Betrag weitergewährt (Rz 297
der Wegleitung des Bundesamtes für Sozialversicherung über Invalidität
und Hilflosigkeit, Druckvorlage vom 1. Juni 1978).

Erwägung 2

    2.- Die Vorinstanz stützte sich im angefochtenen Entscheid auf die
Besitzstandsgarantie des Art. 43bis Abs. 4 AHVG. Sie nahm an, der Anspruch
der Versicherten auf eine Hilflosenentschädigung mittleren Grades habe
"grundsätzlich" ab 1. Januar 1975 bestanden; dieser Anspruch sei als
"virtuelles Recht" auch dann nicht untergegangen, als am 1. März 1976
der Anspruch der Versicherten auf eine Altersrente entstanden sei. Dieser
Auffassung kann jedoch nicht beigepflichtet werden.

    a) Nach Art. 43bis Abs. 4 AHVG setzt die Besitzstandsgarantie -
abgesehen von dem in nachstehender lit. b zu behandelnden Falle - den
effektiven Bezug einer Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung
beim Erreichen der Altersgrenze voraus. Wie den Akten zu entnehmen und
unbestritten ist, hat die Versicherte bis zum Erreichen der Altersgrenze
(1. März 1976) weder ein Gesuch um Hilflosenentschädigung gestellt
noch eine solche erhalten. Sie hatte lediglich seit Juni 1962 eine
Invalidenrente bezogen.

    b) Ebensowenig hätte die Versicherte bei Entstehung ihres Anspruches
auf eine Altersrente eine Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung
- im Rahmen der Verjährungsvorschrift des Art. 48 Abs. 2 IVG - nachfordern
können. Nach dieser Vorschrift können einem Versicherten, der sich
mehr als 12 Monate nach Entstehung des Anspruchs anmeldet, lediglich
Leistungen für die 12 der Anmeldung vorangehenden Monate ausgerichtet
werden. Weitergehende Nachzahlungen werden erbracht, wenn der Versicherte
den anspruchsbegründenden Sachverhalt nicht kennen konnte und die Anmeldung
innert 12 Monaten seit Kenntnisnahme vornimmt.

    Im vorliegenden Fall wurde die Versicherte am 28. April 1978 zum Bezuge
einer Hilflosenentschädigung angemeldet. Es hätte ihr somit frühestens
ab 1. April 1977 eine Hilflosenentschädigung der Invalidenversicherung
zugesprochen werden können. In jenem Zeitpunkt aber hatte die Versicherte
die Altersgrenze bereits überschritten. Am 11. Februar 1976, als die
Versicherte 62 Jahre alt wurde, konnte deshalb ein Anspruch auf eine
Hilflosenentschädigung nicht entstanden sein.